Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext Ra 2018/02/0039

Entscheidungsart

Beschluss

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

Ra 2018/02/0039

Entscheidungsdatum

06.02.2018

Index

86/01 Veterinärrecht allgemein;

Norm

TierschutzG 2005 §38 Abs1 Z1;
TierschutzG 2005 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des L in D, vertreten durch Dr. Dieter Klien, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Kapuzinergasse 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 21. November 2017, Zl. LVwG-1-434/2017-R7, betreffend Übertretung des Tierschutzgesetzes (Partei gemäß Paragraph 21, Absatz eins, Ziffer 2, VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe vier Hängebauchschweinen eine sedierende Injektion (Mittel: Stresnil, Wirkstoff: Azaperon) verabreicht, wodurch die Tiere in einen tiefschlafähnlichen Zustand verfallen seien, aus welchem sie nicht mehr erwachten und in weiterer Folge verendet seien. Dadurch habe er den Tieren den maximalen Schaden, nämlich den Tod zugefügt, welcher in kausalem Zusammenhang mit der Verabreichung der Spritzen stehe. Wegen Übertretung des Paragraph 5, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 38, Absatz eins, Ziffer eins, TSchG wurde über den Revisionswerber eine Strafe von EUR 1.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe 45 Stunden) verhängt und er zum Kostenbeitrag verpflichtet. Das Landesverwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig sei.

2 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerber sei in einem näher bezeichneten Tierhilfeverein, der ein Gut betreibe, als Obmann tätig und übernehme auf dem Gut spezielle Aufgaben wie etwa das Schneiden von Klauen der Schweine. Dazu habe er vom Betreuungstierarzt fünf aufgezogene und dosierte Spritzen für die Sedierung der Tiere erhalten. Dem Revisionswerber fehle Erfahrung mit der Aufwachphase von sedierten Tieren. Der Revisionswerber habe am 8. März 2016 gegen 13.00 Uhr die Injektionen nach den Angaben des Tierarztes hinter dem Ohr der Tiere intramuskulär gesetzt und an den schlafenden Schweinen die Klauen geschnitten. Der Revisionswerber habe zwischen 18.00 und 19.00 Uhr desselben Tages nochmals nach den Tieren gesehen und diese - weil sie noch schliefen - mit einer Schicht Stroh bedeckt. Am nächsten Tag sei er von einem Helfer verständigt worden, dass vier der fünf Schweine verendet seien. Derartige sedierende Injektionen dürften nur von einem Tierarzt gesetzt werden, der auch durch Überprüfen von Reflexen in der Lage sei zu erkennen, ob das verabreichte Mittel bei den behandelten Tieren bis zum Stammhirn anflute, was zum Aussetzen der Atmung und schließlich zum Tod der Tiere führe. Der Revisionswerber hätte aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Verein und seinen Erfahrungen auf dem Gut sensibilisiert sein müssen, dass die Verabreichung einer sedierenden Injektion bei zehn Jahren alten und herzschwachen Hängebauchschweinen Komplikationen nach sich ziehen könnten. Es sei ihm zuzumuten gewesen, dass er einen Tierarzt die Sedierung vornehmen und überwachen lasse.

3 Nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach Paragraph 34, Absatz eins, VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach Paragraph 34, Absatz eins a, VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (Paragraph 28, Absatz 3, VwGG) zu überprüfen.

6 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, "ob Sedierungsmittel und notwendige Tierarzneimittel bei Hängebauchschweinen an Personen abgegeben werden dürfen, welche bereits jahrelang in der Tierhaltung tätig sind" und "ob Sedierungsmaßnahmen - wenn auch nach genauer Anweisung - von Personen durchgeführt werden dürfen, welche über keine veterinärmedizinische Ausbildung verfügen."

7 Von der Lösung dieser Fragen hängt jedoch die Revision nicht ab, weil selbst eine mögliche Erlaubnis der Abgabe von Sedierungsmittel an Tierhalter diese nicht vom Verbot des Paragraph 5, Absatz eins, TSchG ausnimmt, Tieren Schäden zuzufügen. Ebenso wenig wäre eine abstrakte Erlaubnis zur Durchführung von Sedierungsmaßnahmen geeignet, einen Verstoß gegen Paragraph 5, Absatz eins, TSchG zu rechtfertigen. Das Landesverwaltungsgericht stellte unabhängig davon auf die fehlende Erfahrung des Revisionswerbers mit der Aufwachphase sedierter Tiere und die Notwendigkeit der Beiziehung eines Tierarztes ab.

8 Für die weiters behauptete Verletzung von Ermittlungspflichten, ob die Voraussetzungen für die Abgabe von Stresnil an den Revisionswerber vorliegen, fehlt es aus denselben Gründen an der Relevanz, weil ihm nicht der Besitz des Mittels angelastet wurde, sondern dessen Verabreichung trotz fehlender Erfahrung mit den danach zu erwartenden Komplikationen.

9 Die zuletzt noch vorgeworfene Unschlüssigkeit des verwerteten Gutachtens wird mit fehlender Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten am Gut begründet, ohne aufzuzeigen, welche Umstände der Sachverständige zu berücksichtigen unterließ, sodass es auch hier an der Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels fehlt. Ebenso wenig wird dargetan, welchen Bezug die angebliche Zulässigkeit der Abgabe von Stresnil für die Rinderhaltung zu den verendeten Hängebauchschweinen haben soll.

10 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Februar 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020039.L00

Im RIS seit

20.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2018

Dokumentnummer

JWT_2018020039_20180206L00

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