BEGRÜNDUNG
Der Berufungswerber brachte am 26. 6. 2002 beim Bundesasylamt einen Antrag auf Gewährung von Asyl ein.
Am 21. 8. 2002 wurde der Berufungswerber beim Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen einvernommen. Dabei führte er aus, dass er lange Zeit in dem Dorf A. gelebt habe, danach lange Zeit in E. und circa ein Jahr in Istanbul. Er sei immer wieder zwischen E. und Istanbul gependelt. Nach der Ermordung seines Vaters am 00.00 1998 sei er von K. nach E. gezogen. Sein Vater habe in Österreich als Gastarbeiter gearbeitet. Er habe seinen Urlaub in der Türkei verbracht. Sein Vater habe einen Bekannten, der querschnittsgelähmt gewesen sei und in K. gelebt habe, besucht. Er sei kurz hinausgegangen, um Zigaretten zu holen und als er zurückgekommen sei, sei sein Vater erschossen auf dem Boden gelegen. Er sei von den Mitarbeitern des Geheimdienstes erschossen worden. Dies sei 1998 geschehen. Er habe dann noch zwei bis drei Jahre in E. gelebt. Der Mörder seines Vaters sei zu einer Haftstrafe von 24 Jahren verurteilt worden, er sei aber nach einem Jahr freigekommen. Sein Vater sei deshalb erschossen worden, da er ein PKK-Anhänger gewesen sei. Im Jahre 2002 sei er aus der Türkei nach Österreich geflüchtet.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. 3. 2003, Zl 02 17.152- BAT, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I) und weiters festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers in die Türkei gemäß § 8 Abs.1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II).Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. 3. 2003, Zl 02 17.152- BAT, wurde der Asylantrag gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins) und weiters festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers in die Türkei gemäß Paragraph 8, Absatz , AsylG zulässig ist (Spruchpunkt römisch II).
Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 1. 4. 2003 Berufung.
Der unabhängige Bundesasylsenat führte am 20. 6. 2006, am 5. 1. 2007, am 6. 3. 2007, am 2. 5. 2007 und am 2. 8. 2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher das Bundesasylamt als weitere Partei des Verfahrens nicht teilgenommen hat. Dabei führte der Berufungswerber ergänzend aus, dass sein Vorbringen, wonach sein Vater vom türkischen Geheimdienst erschossen worden wäre, nicht der Wahrheit entsprechen würde. Vielmehr sei sein Vater Opfer einer Fehde zwischen zwei Sippen geworden.
Der unabhängige Bundesasylsenat hat erwogen:
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
Der Berufungswerber ist ethnischer Kurde, Staatsangehöriger der Türkei und stammt aus dem Dorf A. im Bezirk Göksun in der Provinz K.Maras in der Südosttürkei. Der Berufungswerber gehört der Sippe der Gebike an. In dem Heimatdorf des Berufungswerbers lebt auch die Sippe der C.. Zwischen diesen beiden Sippen besteht eine jahrelange Feindschaft, die sich in zahlreichen gegenseitigen Tötungen der Angehörigen beider Sippen widerspiegelt. Der Vater des Berufungswerbers wurde ebenso Opfer einer solchen Blutrache. Der Täter war ein Beamter und ist dafür vom Gericht für schwere Strafen in K. verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Bestrafung des Täters nach Artikel 450 Abs 4 tStGB (vorsätzlicher Mord mit Todesstrafe). Das zuständige Gericht beschloss jedoch die Bestrafung des Täters nach Artikel 448 (Tötungsdelikt) und verhängte eine zwanzigjährige Haftstrafe. Diese Vorgehensweise wurde auch vom Kassationsgericht bestätigt. Die vom Gericht gewählte den Täter begünstigende Heranziehung des zuvor genannten Straftatbestandes könnte nach Ansicht des Sachverständigen für die politische Situation in der Türkei durch den sozialen Status des Täters als auch durch seine Verbindungen zu verschiedenen Beamten hervorgerufen worden sein. Aus dem Gerichtsakt geht hervor, dass der Täter sechsmal auf den Vater des Berufungswerbers geschossen hatte, wobei der Täter das Opfer anlässlich des letzten Schusses regelrecht hingerichtet hatte. Zudem soll diese Tat bereits längere Zeit geplant gewesen sein. Der Täter wurde nach zwei Jahren enthaftet.Der Berufungswerber ist ethnischer Kurde, Staatsangehöriger der Türkei und stammt aus dem Dorf A. im Bezirk Göksun in der Provinz K.Maras in der Südosttürkei. Der Berufungswerber gehört der Sippe der Gebike an. In dem Heimatdorf des Berufungswerbers lebt auch die Sippe der C.. Zwischen diesen beiden Sippen besteht eine jahrelange Feindschaft, die sich in zahlreichen gegenseitigen Tötungen der Angehörigen beider Sippen widerspiegelt. Der Vater des Berufungswerbers wurde ebenso Opfer einer solchen Blutrache. Der Täter war ein Beamter und ist dafür vom Gericht für schwere Strafen in K. verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Bestrafung des Täters nach Artikel 450 Absatz 4, tStGB (vorsätzlicher Mord mit Todesstrafe). Das zuständige Gericht beschloss jedoch die Bestrafung des Täters nach Artikel 448 (Tötungsdelikt) und verhängte eine zwanzigjährige Haftstrafe. Diese Vorgehensweise wurde auch vom Kassationsgericht bestätigt. Die vom Gericht gewählte den Täter begünstigende Heranziehung des zuvor genannten Straftatbestandes könnte nach Ansicht des Sachverständigen für die politische Situation in der Türkei durch den sozialen Status des Täters als auch durch seine Verbindungen zu verschiedenen Beamten hervorgerufen worden sein. Aus dem Gerichtsakt geht hervor, dass der Täter sechsmal auf den Vater des Berufungswerbers geschossen hatte, wobei der Täter das Opfer anlässlich des letzten Schusses regelrecht hingerichtet hatte. Zudem soll diese Tat bereits längere Zeit geplant gewesen sein. Der Täter wurde nach zwei Jahren enthaftet.
Im Februar 2006 erschoss ein Onkel des Berufungswerbers einen Angehörigen der generischen Sippe. Nun befürchtet der Berufungswerber bei einer Rückkehr in die Türkei ebenso Opfer einer solchen Blutrache zu werden.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Vater des Berufungswerbers von einem Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes getötet wurde.
Weiters konnte nicht festgestellt werden, dass der Berufungswerber mit der PKK sympathisierte.
Weiters stellte sich der vom Berufungswerber vorgelegte Strafregisterauszug, wonach der Berufungswerber zur Fahndung ausgeschrieben wäre, als Fälschung heraus.
Zur Situation im Heimatland des Berufungswerbers:
Allgemeine politische Lage:
Die Türkei verbindet Elemente einer modernen, westlichen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft mit einem lebendigen und in der türkischen Gesellschaft tief verwurzelten Islam, mit ausgeprägtem Nationalismus, Klientelstrukturen und zum Teil noch traditionellen Lebensformen, insbesondere in ländlichen Gegenden. Die Türkei betrachtet sich als Modell eines laizistischen Staates mit überwiegend islamischer Bevölkerung. Die früher starken politischen Gegensätze hatten sich in den vergangen drei Jahren zunächst abgeschwächt, die Polarisierung zwischen Vertretern des Laizismus und der AKP nahm jedoch zuletzt vor dem Hintergrund der 2007 anstehenden Wahlen (Staatspräsident, Parlament) wieder zu. Seit November 2002 hat die AKP-Regierung ein umfangreiches gesetzgeberisches Reformprogramm verwirklicht, das als das umfassendste in der türkischen Geschichte seit den Atatürkschen Reformen in den 1920er Jahren gilt. Insgesamt wurden seit 2002 acht sog. "Reformpakete" verabschiedet, die in kurzer Zeit umwälzende gesetzgeberische Neuerungen brachten; ein neuntes Reformpaket wurde am 12.04.2006 von AM Gül angekündigt; das parlamentarische Verfahren soll bis zur Sommerpause abgeschlossen werden. Zuletzt traten zum 01.06.2005 u.a. ein neues Strafgesetzbuch, eine neue Strafprozessordnung sowie ein neues Strafvollzugsgesetz in Kraft. Die Implementierung einiger der neuen Gesetze geht jedoch langsamer vonstatten als erwartet. Diese Feststellung gilt, obwohl das gesetzliche Instrumentarium vollständig zur Verfügung steht, z.B. auch für Fälle von Folter und Misshandlung und die Verfolgung entsprechenden strafrechtlich relevanten Verhaltens.
Einschränkung der Meinungsfreiheit:
Die türkische Verfassung garantiert in Art. 26 die Freiheit der Meinungsäußerung. Durch mehrere Verfassungsänderungen und Änderungen des Strafrechts in den letzten Jahren wurde die Meinungsfreiheit gestärkt. Für die Meinungsfreiheit bestehen aber nach wie vor Gesetzesvorbehalte (siehe Art. 26, öffentliche Sicherheit und Ordnung, Einheit des Staates, Rechte anderer etc.). Aufgrund der neuen, zum 01.06.2005 in Kraft getretenen strafrechtlichen Bestimmungen zu Meinungsdelikten (u.a. Art. 216 und 301 tStGB n.F.) ergibt sich eine Strafbarkeit in einem ähnlichen Rahmen, wie sie bereits zuletzt im Rahmen des mehrfach reformierten, bis 30.5.2005 gültigen tStGB gegeben war. Die Entwicklung nach Inkrafttreten des neuen tStGB bleibt abzuwarten (vgl. auch zu Ziffer II 1 g). Von Pressevertretern und Nichtregierungsorganisationen werden die Änderung vor allem von Art. 216 (Volksverhetzung) und 301 (Erniedrigung des Türkentums) gefordert, was von der Regierung bislang abgelehnt wird. Sie möchte zunächst die einschlägige Rechtsprechung abwarten. Die Meinungsfreiheit in der Türkei endete aufgrund der früheren Gesetzeslage dort, wo Justiz und Sicherheitskräfte den Staat durch "Islamismus” oder "Separatismus" gefährdet sahen. Die einfachgesetzlichen Strafrechtsbestimmungen in Art. 159 a.F. ("Beleidigung des Türkentums"), Art. 169 a.F. ("Unterstützung einer verbotenen Vereinigung") und Art. 312 Abs. 2 tStGB ("Volksverhetzung") wurden von Gerichten und Staatsanwaltschaften großzügig zur Beschränkung der Meinungsfreiheit herangezogen, bis zu seiner Abschaffung Mitte 2003 auch Art. 8 Antiterrorgesetz ("separatistische Propaganda"). Diese Gesetze wurden bereits in den letzten Jahren deutlich zugunsten des Bürgers modifiziert, so dass die Zahl der entsprechenden Anklagen und vor allem Verurteilungen bereits von 2003 bis 2005 kontinuierlich zurückging. Meinungsäußerungen, die nur Kritik beinhalten und die nicht beleidigend oder zersetzend gemeint sind, wurden nicht mehr bestraft. Nach einer vom türkischen EU-Generalsekretariat vorgelegten Statistik kam es bei Strafverfahren nach Art. 159 a.F. (Art. 301 n.F.) in dem Zeitraum Januar bis September 2004 in 9,3 % der Fälle zu einer Verurteilung zu einer Haftstrafe, im Zeitraum Januar bis September 2005 in 11,6 % der Fälle bei sinkenden Fallzahlen. Dagegen stieg die Verurteilungsquote zu Haftstrafen nach Art. 7 des Anti-Terror-Gesetzes (ATG) in den genannten 9- Monatszeiträumen von 8,6 % auf 18,2 % bei leicht sinkenden Fallzahlen. In diesen Zahlen sind z.T. Verfahren nach Art. 216, 301 und 305 StGB gegen Schriftsteller, Journalisten, Verleger, Übersetzer und Menschenrechtsverteidiger enthalten, die vor allem von einer Gruppe nationalistischer Anwälte angestrengt wurden. Die weit überwiegende Zahl dieser Verfahren wurde eingestellt, endete in Freisprüchen oder dauert noch an. Von Januar 2004 bis Juni 2005 haben die Gerichte in mindestens 224 Urteilen, die mit Freispruch endeten, auf Artikel 10 der EMRK verwiesen und der YargÕtay hat mit mehreren Urteilen die Meinungsfreiheit gestärkt.Die türkische Verfassung garantiert in Artikel 26, die Freiheit der Meinungsäußerung. Durch mehrere Verfassungsänderungen und Änderungen des Strafrechts in den letzten Jahren wurde die Meinungsfreiheit gestärkt. Für die Meinungsfreiheit bestehen aber nach wie vor Gesetzesvorbehalte (siehe Artikel 26,, öffentliche Sicherheit und Ordnung, Einheit des Staates, Rechte anderer etc.). Aufgrund der neuen, zum 01.06.2005 in Kraft getretenen strafrechtlichen Bestimmungen zu Meinungsdelikten (u.a. Artikel 216 und 301 tStGB n.F.) ergibt sich eine Strafbarkeit in einem ähnlichen Rahmen, wie sie bereits zuletzt im Rahmen des mehrfach reformierten, bis 30.5.2005 gültigen tStGB gegeben war. Die Entwicklung nach Inkrafttreten des neuen tStGB bleibt abzuwarten vergleiche auch zu Ziffer römisch II 1 g). Von Pressevertretern und Nichtregierungsorganisationen werden die Änderung vor allem von Artikel 216, (Volksverhetzung) und 301 (Erniedrigung des Türkentums) gefordert, was von der Regierung bislang abgelehnt wird. Sie möchte zunächst die einschlägige Rechtsprechung abwarten. Die Meinungsfreiheit in der Türkei endete aufgrund der früheren Gesetzeslage dort, wo Justiz und Sicherheitskräfte den Staat durch "Islamismus” oder "Separatismus" gefährdet sahen. Die einfachgesetzlichen Strafrechtsbestimmungen in Artikel 159, a.F. ("Beleidigung des Türkentums"), Artikel 169, a.F. ("Unterstützung einer verbotenen Vereinigung") und Artikel 312, Absatz 2, tStGB ("Volksverhetzung") wurden von Gerichten und Staatsanwaltschaften großzügig zur Beschränkung der Meinungsfreiheit herangezogen, bis zu seiner Abschaffung Mitte 2003 auch Artikel 8, Antiterrorgesetz ("separatistische Propaganda"). Diese Gesetze wurden bereits in den letzten Jahren deutlich zugunsten des Bürgers modifiziert, so dass die Zahl der entsprechenden Anklagen und vor allem Verurteilungen bereits von 2003 bis 2005 kontinuierlich zurückging. Meinungsäußerungen, die nur Kritik beinhalten und die nicht beleidigend oder zersetzend gemeint sind, wurden nicht mehr bestraft. Nach einer vom türkischen EU-Generalsekretariat vorgelegten Statistik kam es bei Strafverfahren nach Artikel 159, a.F. (Artikel 301, n.F.) in dem Zeitraum Januar bis September 2004 in 9,3 % der Fälle zu einer Verurteilung zu einer Haftstrafe, im Zeitraum Januar bis September 2005 in 11,6 % der Fälle bei sinkenden Fallzahlen. Dagegen stieg die Verurteilungsquote zu Haftstrafen nach Artikel 7, des Anti-Terror-Gesetzes (ATG) in den genannten 9- Monatszeiträumen von 8,6 % auf 18,2 % bei leicht sinkenden Fallzahlen. In diesen Zahlen sind z.T. Verfahren nach Artikel 216,, 301 und 305 StGB gegen Schriftsteller, Journalisten, Verleger, Übersetzer und Menschenrechtsverteidiger enthalten, die vor allem von einer Gruppe nationalistischer Anwälte angestrengt wurden. Die weit überwiegende Zahl dieser Verfahren wurde eingestellt, endete in Freisprüchen oder dauert noch an. Von Januar 2004 bis Juni 2005 haben die Gerichte in mindestens 224 Urteilen, die mit Freispruch endeten, auf Artikel 10 der EMRK verwiesen und der YargÕtay hat mit mehreren Urteilen die Meinungsfreiheit gestärkt.
Der Verdacht staatlicher Repression begründete sich meist auf vermeintliche oder tatsächliche Aktionen, die als Unterstützung des kurdischen (PKK) Terrorismus, des Separatismus oder islamistischen Terrorismus gewertet wurden. Aufgrund der jüngsten Erkenntnisse im Kontext der Reformen werden Meinungsäußerungen, die im Rahmen der EMRK zulässig sind, in der Türkei nicht mehr in bestandskräftiger Weise kriminalisiert.
Jedoch: im 2.Halbjahr 2005 und Anfang 2006 wurde in einigen prominenten Fällen Anklage nach Art. 301 n.F wegen "Beleidigung des Türkentums" erhoben (u.a. Orhan Pamuk, Baskin Oran). Die Verfahren wurden eingestellt, dauern noch an bzw. die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Mit der Bestätigung der auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe gegen Hrant Dink am 11.07.2006 durch den Yargitay ist es erstmalig zu einer rechtskräftigen Verurteilung nach Art. 301 StGB gekommen. Die türkische Regierung hat dem Druck, die kritisierten Vorschriften des neuen tStGB erneut, und zwar im Sinne einer deutlichen Ausweitung der Meinungsfreiheit, zu ändern oder aufzuheben, bisher nicht nachgegeben, weil sie die Entwicklung der Rechtsprechung abwarten wollte. Mit jenem höchstinstanzlichen Urteil wird der Druck zunehmen, den umstrittenen Art. 301 StGB zu ändern. Mit dem Wiedererstarken des PKK-Terrorismus wurde seit Mitte 2005 der Ruf nach einschneidenderen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung lauter. Am 29.06.2006 hat das Parlament zahlreiche Verschärfungen im Anti-Terror-Gesetz verabschiedet (das Gesetz ist am 18.7.2006 in Kraft getreten). Die von Menschenrechts-Organisationen und den Medien stark kritisierten Änderungen sehen u.a. eine Rückkehr des abgeschafften Art. 8 Anti-Terror-Gesetz ("separatistische Propaganda"), eine sehr offen formulierte Terror-Definition, eine Ausweitung von Straftatbeständen, die Schwächung der Rechte von Verhafteten und eine Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitskräfte vor. Das Anti-Terror-Gesetz in seiner veränderten Form droht die Meinungsfreiheit weiter zu beschneiden und ermöglicht für viele Handlungen, die nicht in Zusammenhang mit Gewaltakten stehen, die Verurteilung als Beteiligung an Terrordelikten. Das veränderte Anti-Terrorgesetz, wird allgemein als Konzession an die türkischen Sicherheitskräfte angesehen.Jedoch: im 2.Halbjahr 2005 und Anfang 2006 wurde in einigen prominenten Fällen Anklage nach Artikel 301, n.F wegen "Beleidigung des Türkentums" erhoben (u.a. Orhan Pamuk, Baskin Oran). Die Verfahren wurden eingestellt, dauern noch an bzw. die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Mit der Bestätigung der auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe gegen Hrant Dink am 11.07.2006 durch den Yargitay ist es erstmalig zu einer rechtskräftigen Verurteilung nach Artikel 301, StGB gekommen. Die türkische Regierung hat dem Druck, die kritisierten Vorschriften des neuen tStGB erneut, und zwar im Sinne einer deutlichen Ausweitung der Meinungsfreiheit, zu ändern oder aufzuheben, bisher nicht nachgegeben, weil sie die Entwicklung der Rechtsprechung abwarten wollte. Mit jenem höchstinstanzlichen Urteil wird der Druck zunehmen, den umstrittenen Artikel 301, StGB zu ändern. Mit dem Wiedererstarken des PKK-Terrorismus wurde seit Mitte 2005 der Ruf nach einschneidenderen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung lauter. Am 29.06.2006 hat das Parlament zahlreiche Verschärfungen im Anti-Terror-Gesetz verabschiedet (das Gesetz ist am 18.7.2006 in Kraft getreten). Die von Menschenrechts-Organisationen und den Medien stark kritisierten Änderungen sehen u.a. eine Rückkehr des abgeschafften Artikel 8, Anti-Terror-Gesetz ("separatistische Propaganda"), eine sehr offen formulierte Terror-Definition, eine Ausweitung von Straftatbeständen, die Schwächung der Rechte von Verhafteten und eine Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitskräfte vor. Das Anti-Terror-Gesetz in seiner veränderten Form droht die Meinungsfreiheit weiter zu beschneiden und ermöglicht für viele Handlungen, die nicht in Zusammenhang mit Gewaltakten stehen, die Verurteilung als Beteiligung an Terrordelikten. Das veränderte Anti-Terrorgesetz, wird allgemein als Konzession an die türkischen Sicherheitskräfte angesehen.
Minderheiten / Kurdenfrage / Konflikt im Südosten:
In der Türkei leben Bevölkerungsgruppen verschiedener ethnischer Zugehörigkeit und unterschiedlicher religiöser Orientierung. Zu osmanischer Zeit genossen religiöse Minderheiten in inneren Angelegenheiten weitgehende Autonomie (Millet-System), während ethnische Unterschiede kaum eine Rolle spielten. Die Türkei erkennt Minderheiten als Gruppen mit rechtlichem Sonderstatus grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des Lausanner Vertrags von 1923 an, der sich auf den Schutz nichtmuslimischer Minderheiten beschränkt. Dahinter steht die Sorge, dass die Anerkennung ethnischer Unterschiede etwaige Forderungen nach Loslösung der von diesen Gruppen besiedelten Gebiete aus dem türkischen Staatsverband begründen könnte. Im Zusammenhang mit den Bestrebungen, der EU beizutreten, wird die trotz der Ausweitung kultureller Rechte für die kurdischstämmige Bevölkerung nach wie vor starre türkische Interpretation in den letzten Monaten auch öffentlich diskutiert. Es hat ein Nachdenken über flexiblere Regelungen begonnen. Für eine öffentliche Kontroverse bis dato nicht gekannten Ausmaßes sorgte im Oktober 2004 ein Berichtsentwurf, der von einer Arbeitsgruppe des Menschenrechtsbeirats beim Ministerpräsidentenamt verfasst worden war. Der Minderheitenbericht stellte das "überkommene Minderheitenverständnis" des türkischen Staates auf der Basis des Lausanner Vertrages in Frage und forderte eine radikale Neuorientierung der TUR Minderheitenpolitik hin auf ein pluralistisches und multikulturelles Modell - eine für die kemalistischen Eliten und AKP-Regierung wegen des Axioms der Einheit des Staates mit seinem Land und mit seiner Nation inakzeptable Haltung. Man geht davon aus, dass ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Türkei von 72 Millionen - also ca. 14 Millionen Menschen - (zumindest teilweise) kurdischstämmig ist. Im Westen der Türkei und an der Südküste leben die Hälfte bis annähernd zwei Drittel von ihnen: ca. 3 Mio. im Großraum Istanbul, 2-3 Mio. an der Südküste, 1 Mio. an der Ägäis-Küste, 1 Mio. in Zentralanatolien gegenüber ca. 6 Mio. in der Ost- und Südost-Türkei, wo sie in einigen Gebieten die Bevölkerungsmehrheit bilden. Kurden leben auch im Nord-Irak, Iran, in Syrien und Georgien. Nur ein Teil der kurdischstämmigen Bevölkerung in der Türkei ist auch einer der kurdischen Sprachen mächtig.
Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit nie staatlichen Repressionen unterworfen. Auch über erhöhte Strafzumessung in Strafverfahren ist nichts bekannt. Aus den Ausweispapieren, auch aus Vor- oder Nachnamen, geht in der Regel nicht hervor, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist (Ausnahme: Kleinkindern dürfen seit 2003 kurdische Vornamen gegeben werden). Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus. Innenminister Aksu z.B. ist kurdischer Abstammung. Er hat Reden auf kurdisch gehalten, allerdings nicht bei offiziellen Anlässen. Die Tatsache, dass "Separatismus" und "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande" kurdischstämmigen Türken weit öfter als anderen Türken vorgeworfen wurden, liegt daran, dass Verbindungen mit und Unterstützung der Terrororganisation PKK sich nahezu ausschließlich aus kurdischstämmigen Kreisen rekrutierte. Türkische Regierungen versprechen seit langem, die wirtschaftliche und soziale Lage des in weiten Teilen noch semifeudal strukturierten und wenig entwickelten Südostens zu verbessern. Nach offiziellen Angaben sind bis Juni 2005 ca.
125.500 Personen von insgesamt etwa 355.800 Vertriebenen in die angestammten Dörfer zurückgekehrt. Menschenrechtsorganisationen, z. B. Human Rights Watch, schätzt die Zahl der Vertriebenen auf bis zu zwei Millionen und geht von geringeren Rückkehrerzahlen als die Regierung aus. An einem wirklichen Rückkehrer-Konzept fehlt es nach wie vor. Ohne eine staatliche Anschubfinanzierung wird den meisten der in die Städte geflüchteten Menschen eine Rückkehr in die Dörfer nicht möglich sein. Oft fehlt es auch am Willen, in die in beruflicher und privater Hinsicht meist perspektivlosen Dörfer des Südostens zurückzukehren. Ein erster symbolbeladener Besuch des Ministerpräsidenten Erdogan in Diyarbakir am 12.08.2005 führte zu der Hoffnung, dass die Regierung das "Kurdenproblem" nunmehr als solches wahrnimmt (Erdogan: "Es gibt ein kurdisches Problem. Dies ist auch mein Problem."). Viele türkische Bürger kurdischer Abstammung sind bzw. waren Anhänger oder Mitglieder der die Interessen von Kurden vertretenden Parteien DTP, DEHAP (bis zu ihrer Selbstauflösung) bzw. HADEP (bis zu ihrem Verbot). Dem Auswärtigen Amt wurden zahlreiche Anfragen zu Mitgliedschaften von Asylbewerbern in der HADEP vorgelegt, auch zu Mitgliedschaften, die schon viele Jahre zurückliegen. Abgesehen davon, dass solche Mitgliedschaften in der HADEP nicht mehr in zuverlässiger Weise überprüft werden können, ist kein Fall bekannt geworden, in dem die einfache Mitgliedschaft in der HADEP oder in der DEHAP - ohne besondere, z.B. strafrechtlich relevante Verdachtsmomente - zu Repressalien gegen die Betreffenden geführt hätte. Es ist jedoch bekannt, dass viele, nicht nur einfache ehemalige DEHAP- oder nun DTPMitglieder mehr oder weniger offen mit der PKK und besonders mit Abdullah Öcalan sympathisieren.
PKK:
Die Kurdenfrage ist eng verflochten mit dem jahrzehntelangen Kampf der türkischen Staatsgewalt gegen die von Abdullah Öcalan gegründete sog. "Kurdische Arbeiterpartei” (PKK) und ihre terroristischen Aktionen. Das in Deutschland und der EU bestehende Verbot der Terrororganisation PKK erstreckte sich auch auf die Nachfolgeorganisationen unter anderem Namen (s.u.). Die türkische Regierung hatte lange Zeit die Kurdenfrage nur einseitig als Kampf gegen Terrorismus und Separatismus der PKK betrachtet, ohne daneben die kulturelle Dimension zu sehen. Die 1984 von der PKK begonnenen und bis 1999 andauernden gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den türkischen Sicherheitskräften im Südosten der Türkei haben fast 35.000 Menschenleben unter PKK-Kämpfern, türkischen Sicherheitskräften und der Zivilbevölkerung gefordert. Seitdem hat sich die Lage beruhigt. Die Stärke der PKK wird aktuell auf noch 5.000-5.500 Kämpfer geschätzt, davon ca. zwei Drittel im Nordirak. Türkische Erwartungen, die USA würden im Nordirak gegen die PKK vorgehen, haben sich bisher nicht erfüllt. Die PKK verkündete jedoch zum 01.06.2004 die Beendigung des von ihr ausgerufenen "Waffenstillstands". Seitdem kam es im Südosten nach offiziellen Angaben wieder vermehrt zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen türkischem Militär und PKKTerroristen, die seit Mai 2005 weiter eskaliert sind. Nach türkischen Angaben kamen in den letzten drei Jahren 359 PKK-Terroristen, 203 türkische Soldaten, 21 Polizisten und 22 Dorfschützer zu Tode. Einen weiteren negativen Wendepunkt für das sich über die letzten Jahre langsam verbessernde Verhältnis zwischen kurdischstämmiger Bevölkerung und türkischem Zentralstaat bildete ein von Gendarmerieangehörigen begangener Anschlag auf das Buchgeschäft eines ehemaligen PKK-Mitglieds in einer Kleinstadt im Südosten der Türkei (Semdinli) im November 2005. Danach war ein weiterer deutlicher Anstieg der Spannungen in der Region zu verzeichnen. Aufgrund schwerer Vorwürfe gegen den designierten Generalstabschef leitete der Staatsanwalt Ermittlungen ein. Dies hatte zur Folge, dass gegen den Staatsanwalt ein Disziplinarverfahren wegen Überschreitung seiner Kompetenzen eröffnet wurde. Diese Begleitumstände im Fall Semdinli lösten erneut eine Kontroverse um die Rolle der Armee aus und dürften das in der Region vorhandene generelle Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen weiter verstärkt haben. Ein vorläufiger Höhepunkt der jüngsten Spannungen wurde nach den - wie schon in den vergangenen Jahren - friedlich verlaufenen Newroz-Feierlichkeiten erreicht, als es zwischen dem 28. und 31.03.2006 in Diyarbakr und im Südosten zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen oft mehreren Tausend meist jugendlichen Demonstranten aus dem Umfeld der PKK sowie türkischen Sicherheitskräften kam. Auslöser der Unruhen war die Beerdigung von vier in einem Gefecht mit türkischen Sicherheitskräften getöteten PKK-Terroristen. Die Ausschreitungen haben in der gesamten Türkei mindestens 15 Todesopfer, darunter mindestens drei Kinder unter 10 Jahren, sowie mehr als 350 Verletzte - hierunter knapp 200 Sicherheitskräfte - gefordert. Erstmals seit langer Zeit hat die PKK 2005 und 2006 auch wieder Bombenattentate gegen touristische Ziele verübt, so z.B. am 16.07.2005 in Kusadasi (bei Izmir) mit fünf Todesopfern, zuletzt am 02.04.2006 in Istanbul. Von 2002 bis 2004 hatte sich die Terrororganisation PKK mehrfach umbenannt (KADEK/KHK/KONGRA-GEL), ohne dass dies an ihrem Charakter als Terrororganisation etwas änderte. Mittlerweile ist sie zu ihrer alten Bezeichnung PKK zurückgekehrt. (Für die von ihr selbst als politisch bezeichnete Betätigung im Ausland hat sie jedoch die Bezeichnung KONGRA-GEL beibehalten). Ihr Anführer, der zu lebenslanger Haft verurteilte Abdullah Öcalan, befindet sich seit 1999 im Gefängnis auf der Insel Imrali im Marmara-Meer. Es wird vermutet, dass er aus der Haft über seine Rechtsanwälte weiterhin die PKK lenkt. Im Zusammenhang mit dem neuen Strafvollzugsgesetz war beabsichtigt, Möglichkeiten der Steuerung der PKK durch Öcalan durch Einschränkungen im Verkehr mit seinen Rechtsanwälten zu unterbinden. Kurdischen Quellen zufolge soll sich die PKK in letzter Zeit wieder verstärkt der Anwerbung "junger Kämpfer" widmen. Am 19. August 2005 verkündete die PKK einen auf einen Monat befristeten Waffenstillstand. Die PKK bezeichnet ihre terroristischen Aktionen als "Freiheitskampf". Sie befindet sich nach Einschätzung aller Beobachter vor einer Spaltung. Während ein Flügel, darunter die Führungskader in Mitteleuropa, die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes gegen den türkischen Staat propagiert und dies auch umsetzt, will ein anderer Teil die gewaltsamen Auseinandersetzungen beenden, der Idee eines eigenen kurdischen Staates abschwören und in einen Dialog mit der türkischen Regierung eintreten, um über diesen Weg eine erweiterte Amnestie anzustreben. Zwischen diesen beiden Extremen innerhalb der PKK dürfte es weitere Interessengruppen geben. Die überwiegende Mehrheit der kurdischstämmigen Bevölkerung tritt für ein friedliches Miteinander ein. Sie hat kein Interesse an einer Wiederaufnahme bzw. Fortsetzung des bewaffneten Kampfes. Die Wirkung des "Gesetzes zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft” vom 06.08.2003 ist mittlerweile bis auf einige wenige rechtliche Konstellationen ausgelaufen. Es eröffnete z.B. Mitgliedern und Unterstützern terroristischer Organisationen, die nicht an bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt waren und sich freiwillig stellen, Straffreiheit. Anträge auf Strafminderung sind noch möglich, nicht jedoch Anträge auf völlige Straffreiheit. Ausdrücklich ausgeschlossen vom Gesetz sind vor allem Führungskader der Organisationen, die gemäß Legaldefinition gegenüber allen Mitgliedern auf nationaler Ebene weisungsbefugt sind oder waren. Offiziellen Angaben (Stand: Ende 2004) zufolge hatten sich nur 352 PKK-Angehörige, die nicht bereits eine Haftstrafe verbüßten, gestellt. Hinzu kommen 1726 Personen, die wegen Delikten in Verbindung mit PKK-Aktivitäten inhaftiert sind. Mit Ausnahme der Inhaftierten haben wichtige PKK-Mitglieder angeblich nur ganz vereinzelt Anträge gestellt. Die Regierung erklärt den zahlenmäßigen Misserfolg mit dem großen Druck und der Kontrolle innerhalb der PKK, die ein Ausscheren aus der Gruppe unmöglich machten. Glaubwürdigen Presseberichten zufolge hat es Fälle gegeben, in denen wiedereingliederungsbereite PKK-Angehörige auf Anordnung von PKKFührungskadern hingerichtet wurden. Das führende DEHAP-Mitglied Fidan wurde im Juli 2005 allem Anschein nach von der PKK ermordet, nachdem er sich öffentlich von ihr distanziert hatte. Das Wiedereingliederungsgesetz war seinem Wortlaut nach nicht auf PKK-Straftäter beschränkt. Deshalb haben auch zahlreiche Anhänger anderer Organisationen (u.a. Hizbullah, DHKP-C, die sog. "Sivas-Attentäter” und sogar einige an den Anschlägen in Istanbul vom 15./20.11.2003 Beteiligte) Anträge gestellt. Ingesamt gingen bis Anfang März 2004 4100 Anträge ein, die meisten davon von bereits verurteilten Straftätern. Vor allem der Ausschluss von Führungskadern wurde von Teilen der Öffentlichkeit, insbesondere aber von der DEHAP und der PKK selbst kritisiert und dafür verantwortlich gemacht, dass die mit dem Gesetz verbundenen Erwartungen - dazu gehörte auch die Herauslösung von PKK-Angehörigen aus ihrem Rückzugsgebiet im Nordirak - nicht erfüllt wurden. Die DEHAP forderte nach wie vor eine Generalamnestie, auch für A. Öcalan und die Führungskader. Im Juni 2004 wurde ein Gesetz über die Entschädigung von Opfern terroristischer Gewalttaten und der Terrorbekämpfung verabschiedet. Art. 221 Abs. 2 n.F. tStGB (in Kraft seit 01.06.2005) fasst die Reuebestimmungen neu (s. Anlage S. 49). Aufgrund der neu gefassten Reuebestimmungen wurden im Jahre 2005 67 Mitglieder der PKK frei gelassen, sowie in der Regel ihre Strafakten geschlossen. Der Notstand ("OHAL”) bzw. zuvor "Ausnahmezustand” galt im Südosten der Türkei ununterbrochen ab 1979. Er wurde bereits zum 30.11.2002 in den letzten beiden Provinzen Diyarbakir und Sirnak endgültig beendet (Gutachten des Sachverständigen für die politische Situation in der Türkei vom 10. 2. 2007).Die Kurdenfrage ist eng verflochten mit dem jahrzehntelangen Kampf der türkischen Staatsgewalt gegen die von Abdullah Öcalan gegründete sog. "Kurdische Arbeiterpartei” (PKK) und ihre terroristischen Aktionen. Das in Deutschland und der EU bestehende Verbot der Terrororganisation PKK erstreckte sich auch auf die Nachfolgeorganisationen unter anderem Namen (s.u.). Die türkische Regierung hatte lange Zeit die Kurdenfrage nur einseitig als Kampf gegen Terrorismus und Separatismus der PKK betrachtet, ohne daneben die kulturelle Dimension zu sehen. Die 1984 von der PKK begonnenen und bis 1999 andauernden gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den türkischen Sicherheitskräften im Südosten der Türkei haben fast 35.000 Menschenleben unter PKK-Kämpfern, türkischen Sicherheitskräften und der Zivilbevölkerung gefordert. Seitdem hat sich die Lage beruhigt. Die Stärke der PKK wird aktuell auf noch 5.000-5.500 Kämpfer geschätzt, davon ca. zwei Drittel im Nordirak. Türkische Erwartungen, die USA würden im Nordirak gegen die PKK vorgehen, haben sich bisher nicht erfüllt. Die PKK verkündete jedoch zum 01.06.2004 die Beendigung des von ihr ausgerufenen "Waffenstillstands". Seitdem kam es im Südosten nach offiziellen Angaben wieder vermehrt zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen türkischem Militär und PKKTerroristen, die seit Mai 2005 weiter eskaliert sind. Nach türkischen Angaben kamen in den letzten drei Jahren 359 PKK-Terroristen, 203 türkische Soldaten, 21 Polizisten und 22 Dorfschützer zu Tode. Einen weiteren negativen Wendepunkt für das sich über die letzten Jahre langsam verbessernde Verhältnis zwischen kurdischstämmiger Bevölkerung und türkischem Zentralstaat bildete ein von Gendarmerieangehörigen begangener Anschlag auf das Buchgeschäft eines ehemaligen PKK-Mitglieds in einer Kleinstadt im Südosten der Türkei (Semdinli) im November 2005. Danach war ein weiterer deutlicher Anstieg der Spannungen in der Region zu verzeichnen. Aufgrund schwerer Vorwürfe gegen den designierten Generalstabschef leitete der Staatsanwalt Ermittlungen ein. Dies hatte zur Folge, dass gegen den Staatsanwalt ein Disziplinarverfahren wegen Überschreitung seiner Kompetenzen eröffnet wurde. Diese Begleitumstände im Fall Semdinli lösten erneut eine Kontroverse um die Rolle der Armee aus und dürften das in der Region vorhandene generelle Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen weiter verstärkt haben. Ein vorläufiger Höhepunkt der jüngsten Spannungen wurde nach den - wie schon in den vergangenen Jahren - friedlich verlaufenen Newroz-Feierlichkeiten erreicht, als es zwischen dem 28. und 31.03.2006 in Diyarbakr und im Südosten zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen oft mehreren Tausend meist jugendlichen Demonstranten aus dem Umfeld der PKK sowie türkischen Sicherheitskräften kam. Auslöser der Unruhen war die Beerdigung von vier in einem Gefecht mit türkischen Sicherheitskräften getöteten PKK-Terroristen. Die Ausschreitungen haben in der gesamten Türkei mindestens 15 Todesopfer, darunter mindestens drei Kinder unter 10 Jahren, sowie mehr als 350 Verletzte - hierunter knapp 200 Sicherheitskräfte - gefordert. Erstmals seit langer Zeit hat die PKK 2005 und 2006 auch wieder Bombenattentate gegen touristische Ziele verübt, so z.B. am 16.07.2005 in Kusadasi (bei Izmir) mit fünf Todesopfern, zuletzt am 02.04.2006 in Istanbul. Von 2002 bis 2004 hatte sich die Terrororganisation PKK mehrfach umbenannt (KADEK/KHK/KONGRA-GEL), ohne dass dies an ihrem Charakter als Terrororganisation etwas änderte. Mittlerweile ist sie zu ihrer alten Bezeichnung PKK zurückgekehrt. (Für die von ihr selbst als politisch bezeichnete Betätigung im Ausland hat sie jedoch die Bezeichnung KONGRA-GEL beibehalten). Ihr Anführer, der zu lebenslanger Haft verurteilte Abdullah Öcalan, befindet sich seit 1999 im Gefängnis auf der Insel Imrali im Marmara-Meer. Es wird vermutet, dass er aus der Haft über seine Rechtsanwälte weiterhin die PKK lenkt. Im Zusammenhang mit dem neuen Strafvollzugsgesetz war beabsichtigt, Möglichkeiten der Steuerung der PKK durch Öcalan durch Einschränkungen im Verkehr mit seinen Rechtsanwälten zu unterbinden. Kurdischen Quellen zufolge soll sich die PKK in letzter Zeit wieder verstärkt der Anwerbung "junger Kämpfer" widmen. Am 19. August 2005 verkündete die PKK einen auf einen Monat befristeten Waffenstillstand. Die PKK bezeichnet ihre terroristischen Aktionen als "Freiheitskampf". Sie befindet sich nach Einschätzung aller Beobachter vor einer Spaltung. Während ein Flügel, darunter die Führungskader in Mitteleuropa, die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes gegen den türkischen Staat propagiert und dies auch umsetzt, will ein anderer Teil die gewaltsamen Auseinandersetzungen beenden, der Idee eines eigenen kurdischen Staates abschwören und in einen Dialog mit der türkischen Regierung eintreten, um über diesen Weg eine erweiterte Amnestie anzustreben. Zwischen diesen beiden Extremen innerhalb der PKK dürfte es weitere Interessengruppen geben. Die überwiegende Mehrheit der kurdischstämmigen Bevölkerung tritt für ein friedliches Miteinander ein. Sie hat kein Interesse an einer Wiederaufnahme bzw. Fortsetzung des bewaffneten Kampfes. Die Wirkung des "Gesetzes zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft” vom 06.08.2003 ist mittlerweile bis auf einige wenige rechtliche Konstellationen ausgelaufen. Es eröffnete z.B. Mitgliedern und Unterstützern terroristischer Organisationen, die nicht an bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt waren und sich freiwillig stellen, Straffreiheit. Anträge auf Strafminderung sind noch möglich, nicht jedoch Anträge auf völlige Straffreiheit. Ausdrücklich ausgeschlossen vom Gesetz sind vor allem Führungskader der Organisationen, die gemäß Legaldefinition gegenüber allen Mitgliedern auf nationaler Ebene weisungsbefugt sind oder waren. Offiziellen Angaben (Stand: Ende 2004) zufolge hatten sich nur 352 PKK-Angehörige, die nicht bereits eine Haftstrafe verbüßten, gestellt. Hinzu kommen 1726 Personen, die wegen Delikten in Verbindung mit PKK-Aktivitäten inhaftiert sind. Mit Ausnahme der Inhaftierten haben wichtige PKK-Mitglieder angeblich nur ganz vereinzelt Anträge gestellt. Die Regierung erklärt den zahlenmäßigen Misserfolg mit dem großen Druck und der Kontrolle innerhalb der PKK, die ein Ausscheren aus der Gruppe unmöglich machten. Glaubwürdigen Presseberichten zufolge hat es Fälle gegeben, in denen wiedereingliederungsbereite PKK-Angehörige auf Anordnung von PKKFührungskadern hingerichtet wurden. Das führende DEHAP-Mitglied Fidan wurde im Juli 2005 allem Anschein nach von der PKK ermordet, nachdem er sich öffentlich von ihr distanziert hatte. Das Wiedereingliederungsgesetz war seinem Wortlaut nach nicht auf PKK-Straftäter beschränkt. Deshalb haben auch zahlreiche Anhänger anderer Organisationen (u.a. Hizbullah, DHKP-C, die sog. "Sivas-Attentäter” und sogar einige an den Anschlägen in Istanbul vom 15./20.11.2003 Beteiligte) Anträge gestellt. Ingesamt gingen bis Anfang März 2004 4100 Anträge ein, die meisten davon von bereits verurteilten Straftätern. Vor allem der Ausschluss von Führungskadern wurde von Teilen der Öffentlichkeit, insbesondere aber von der DEHAP und der PKK selbst kritisiert und dafür verantwortlich gemacht, dass die mit dem Gesetz verbundenen Erwartungen - dazu gehörte auch die Herauslösung von PKK-Angehörigen aus ihrem Rückzugsgebiet im Nordirak - nicht erfüllt wurden. Die DEHAP forderte nach wie vor eine Generalamnestie, auch für A. Öcalan und die Führungskader. Im Juni 2004 wurde ein Gesetz über die Entschädigung von Opfern terroristischer Gewalttaten und der Terrorbekämpfung verabschiedet. Artikel 221, Absatz 2, n.F. tStGB (in Kraft seit 01.06.2005) fasst die Reuebestimmungen neu (s. Anlage S. 49). Aufgrund der neu gefassten Reuebestimmungen wurden im Jahre 2005 67 Mitglieder der PKK frei gelassen, sowie in der Regel ihre Strafakten geschlossen. Der Notstand ("OHAL”) bzw. zuvor "Ausnahmezustand” galt im Südosten der Türkei ununterbrochen ab 1979. Er wurde bereits zum 30.11.2002 in den letzten beiden Provinzen Diyarbakir und Sirnak endgültig beendet (Gutachten des Sachverständigen für die politische Situation in der Türkei vom 10. 2. 2007).
Rückkehrfragen:
Türkische Staatsbürger haben generell das Recht in die Türkei einzureisen. Rückgekehrte oder abgeschobene Personen werden auf dem Flughafen von Istanbul routinemäßig über ihren Aufenthalt im Ausland befragt. Wenn dabei Verdachtsmomente hinsichtlich einer oppositionellen, politischen Tätigkeit aufkommen, erfolgt eine Überstellung in Polizeigewahrsam zu weiteren Verhören. Ein solcher Verdacht ist insbesondere dann gegeben, wenn ein Rückkehrer entweder kein gültiges, reguläres Personaldokument mit sich führt oder Dokumente mit sich führt die auf ein Asylverfahren im Ausland hinweisen. Ebenso wird der Verdacht erregt, wenn eine Abschiebung in Begleitung von Sicherheitskräften erfolgt. Sollte der Verdacht auf eine vermeintliche oder tatsächliche Unterstützung einer verbotenen Organisation bereits in der Türkei bekannt geworden sein und somit entsprechende Hinweise im Fahndungscomputer an den Grenzstationen oder bei der örtlichen Gendarmerie existieren, dann erfolgt ebenfalls eine Überstellung zu weiteren Verhören. Im Zuge dieser Verhöre kann es mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Anwendung von Folter und Misshandlungen kommen. Laut Amnesty International und dem Schweizerischem Flüchtlingshilfswerk verfügt der türkische Geheimdienst, aber auch Sicherheitskräfte, über detaillierte Registrierungen bezüglich politischer, oppositioneller Aktivitäten.
Wenn jemand illegal aus der Türkei ausreist, wird er bei einer Rückführung oder Abschiebung am Grenzübergang angehalten und seine Daten werden kontrolliert. Erstens droht ihm ein Verfahren wegen Vergehens gegen das Passgesetz. Im Art.33 Abs.2 des Passgesetzes wird die illegale Ausreise aus der Türkei, ohne gültigen Reisepass, um sich der Wehrdienst zu entziehen, mit 1 bis sechs Monaten leichte Gefängnisstrafe, einer leichten Geldstrafe 250- 1000 YTL oder beidem, bestraft.Wenn jemand illegal aus der Türkei ausreist, wird er bei einer Rückführung oder Abschiebung am Grenzübergang angehalten und seine Daten werden kontrolliert. Erstens droht ihm ein Verfahren wegen Vergehens gegen das Passgesetz. Im Artikel , Absatz , des Passgesetzes wird die illegale Ausreise aus der Türkei, ohne gültigen Reisepass, um sich der Wehrdienst zu entziehen, mit 1 bis sechs Monaten leichte Gefängnisstrafe, einer leichten Geldstrafe 250- 1000 YTL oder beidem, bestraft.
Blutrache:
Das türkische Strafrecht fasst Strafmaßnahmen wegen Delikten betreffend die "Ehre" in drei Kategorien zusammen: a) Geschlechtsehre, b) nationale Ehre und c) Blutrache. Blutrache ist ein Tatbestand, in welchem von einer straferhöhenden Wirkung wegen des Motivs des Erhalts der Familienehre, gesprochen werden kann. Die Bestimmung des Art. 450 Abs. 1 Zif. 10 des türk. StGB lautete: "Wird die Tötung begangen... mit dem Motiv der Blutrache… so wird der Täter mit dem Tode bestraft." Damit reagierte der Gesetzgeber sehr hart auf ein soziales Phänomen und versuchte es mit einem rechtspolitischen Instrument zu beenden.Das türkische Strafrecht fasst Strafmaßnahmen wegen Delikten betreffend die "Ehre" in drei Kategorien zusammen: a) Geschlechtsehre, b) nationale Ehre und c) Blutrache. Blutrache ist ein Tatbestand, in welchem von einer straferhöhenden Wirkung wegen des Motivs des Erhalts der Familienehre, gesprochen werden kann. Die Bestimmung des Artikel 450, Absatz eins, Zif. 10 des türk. StGB lautete: "Wird die Tötung begangen... mit dem Motiv der Blutrache… so wird der Täter mit dem Tode bestraft." Damit reagierte der Gesetzgeber sehr hart auf ein soziales Phänomen und versuchte es mit einem rechtspolitischen Instrument zu beenden.
Bei diesem Phänomen wird der Mordanschlag auf den Einzelnen als ein Anschlag auf die Familie verstanden. Der, der die daran anknüpfende Verpflichtung den begangenen Anschlag zu sühnen nicht nachkommt, verwirkt seine eigene Ehre und beschmutzt die Familienehre. Für Sulhi Dönmezer, einen der bedeutendsten Strafrechtsprofessoren, ist die Weigerung der sozialen Verpflichtung nachzukommen, dh den Ehrverletzer zu töten, den eigenen Tod entgegen zu nehmen. Die Blutrache wird ausschließlich von männlichen Familienmitgliedern ausgeübt.
Tötungsdelikte wurden/werden im türkischen Strafrecht mit einer mindestens 24- jährigen Freiheitsstrafe sanktioniert. (Art 448 tStGB - alte Fassung). Die Sanktion wird aufgrund eines Verwandtschaftsverhältnisses zwischen Opfer und Täter oder wenn sie gegen Persönlichkeiten gerichtet ist, auf eine lebenslängliche Freiheitsstrafe erhöht (Art 449 tStGB - alte Fassung). Für Mord aus Blutrache war früher die Todesstrafe vorgesehen (450 Abs.1 Zif. 10 tStGB - alte Fassung), seit August 2002 wird dieses Delikt aber nach der Abschaffung der Todesstrafe mit erschwerter lebenslänglicher Freiheitsstrafe bestraft.Tötungsdelikte wurden/werden im türkischen Strafrecht mit einer mindestens 24- jährigen Freiheitsstrafe sanktioniert. (Artikel 448, tStGB - alte Fassung). Die Sanktion wird aufgrund eines Verwandtschaftsverhältnisses zwischen Opfer und Täter oder wenn sie gegen Persönlichkeiten gerichtet ist, auf eine lebenslängliche Freiheitsstrafe erhöht (Artikel 449, tStGB - alte Fassung). Für Mord aus Blutrache war früher die Todesstrafe vorgesehen (450 Absatz , Zif. 10 tStGB - alte Fassung), seit August 2002 wird dieses Delikt aber nach der Abschaffung der Todesstrafe mit erschwerter lebenslänglicher Freiheitsstrafe bestraft.
Strafminderung gemäß dem Art. 59 tStGB unterliegt dem richterlichen Ermessen und wird vom Kassationsgerichtshof sehr zurückhaltend überprüft, wenn keine eindeutigen diesbezüglichen Widersprüche in der Berufung vorgebracht werden. Das tStGB sah vor der Abschaffung der Todesstrafe bei der Verhängung einer solchen eine lebenslängliche Freiheitsstrafe vor, während eine lebenslängliche Freiheitsstrafe in eine Freiheitsstrafe bis zu dreißig Jahren umgewandelt werden konnte.Strafminderung gemäß dem Artikel 59, tStGB unterliegt dem richterlichen Ermessen und wird vom Kassationsgerichtshof sehr zurückhaltend überprüft, wenn keine eindeutigen diesbezüglichen Widersprüche in der Berufung vorgebracht werden. Das tStGB sah vor der Abschaffung der Todesstrafe bei der Verhängung einer solchen eine lebenslängliche Freiheitsstrafe vor, während eine lebenslängliche Freiheitsstrafe in eine Freiheitsstrafe bis zu dreißig Jahren umgewandelt werden konnte.
R.-TV wird zurzeit in Dänemark ausgestrahlt. Zuvor existierte M.-TV, dessen Ausstrahl ung wegen des Vorwurfes der Ausübung terroristischer Aktivitäten verboten wurde. Danach wurde M.-TV eingerichtet, dessen Ausstrahlung ebenfalls verboten wurde.
R. ist eine von links liberalen türkischen Intellektuellen herausgegebene Tageszeitung und steht in keinem Zusammenhang mit der PKK. Diese Zeitung nimmt eine sehr kritische Position gegenüber der PKK ein.
Staatlicher Schutz bei Blutrache im Herkunftsstaat des Berufungswerbers:
Der türkische Staat versucht im Osten des Landes die bestehenden Konflikte nicht zu beseitigen, um eine bessere Kontrolle über die Bevölkerung zu haben. Ehemalige DEP-Abgeordnete wurden deshalb angeklagt, da sie versucht hatten, verfeindete Sippen miteinander zu versöhnen. Im Jahre 2004 wurde eine breit angelegte Kampagne gegen die Begehung von Ehrenmorden durchgeführt. In Diyarbakir wurde die Organisation dieser Kampagne verboten, während sie in Istanbul gefördert wurde. Alleine dieser Umstand zeigt deutlich, dass fehlende Interesse des türkischen Staates diesbezügliche Konflikte in dieser Region hintanzuhalten. Selbst wenn auch eine Bereitschaft dazu bestehen würde, wäre diese kurzfristig gesehen nicht effektiv genug, um Personen vor solchen Aktionen zu schützen. Dabei geht es nämlich um Feindschaften, die lange geplant und lediglich durch eine langfristige kulturelle und politische Aufklärung eingedämmt werden können. Maßnahmen einer staatlichen Schutzgewährung sind nicht bekannt. Personen, die sich aus Gründen der Blutrache bedroht fühlen, erhalten in der Türkei keinen staatlichen Schutz.
Diese Feststellungen resultieren aus den Einvernahmen des Berufungswerbers bei Bundesasylamt sowie anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung beim unabhängigen Bundesasylsenat, den mündlichen und schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen für die politische Situation in der Türkei, und aus folgenden Quellen:
Bericht des Council of Europ; Report to the Turkish government on the visit to Turkey carried out by the European committee for the prevention of Torture an
inhuman or degrading treatment of punishment (CPT) from 7 to 14
December
2005;
Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe zur aktuellen
Situation - Mai 2006 vom 29. 5. 2006;
Bericht des Home Office über die Türkei - Oktober 2005;
Bericht des Home Office über die Türkei vom 11. 7. 2006;
Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei (Stand: Juni 2006);
Bericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Erkenntnisse - Türkei 2006;
Bericht der International Helsinki Federation for human rights in the OSCE region: Europe, Central Asia and North America, Report 2006 (Events 2005);
Bericht des Bureau of Democracy, Human rights, and labor from March 8 2006, Country reports on human rights practices - 2005 Turkey;
Gutachten des Sachverständigen, Mag. A., für die politische Lage in der Türkei
Die von dem Berufungswerber sowohl im erstinstanzlichen als auch im zweitinstanzlichen Verfahren dokumentierten Geschehnisse haben sich nach Gesamtbetrachtung der Geschehnisse, als auch auf Grund der herangezogenen Materialien und dem Gutachten des Sachverständigen durchaus in Einklang bringen lassen und stellen sich als in sich schlüssig und glaubwürdig dar und entsprechen der Situation in dem Herkunftsstaat des Berufungswerbers, wenngleich diese Beurteilung erst dann erfolgen konnte, als der Berufungswerber sein vorerst erstattetes Vorbringen, wonach sein Vater von einem Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes erschossen worden wäre und der Berufungswerber selbst mittels eines Haftbefehles gesucht worden wäre, als nicht der Wahrheit entsprechend zurückgenommen hat.
Es ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber bei einer Rückkehr in die Türkei Opfer eines Verbrechens wegen einer seit vielen Jahren bestehenden Feindschaft zweier Sippen aus Gründen der Blutrache wird, bei welcher der Vater des Berufungswerbers bereits getötet wurde. Daher ist auf Grund der genannten Gründe - unter Zugrundelegung der Sachverhaltsfeststellungen - eine Verfolgungsgefahr für den Berufungswerber als maßgeblich wahrscheinlich zu erachten.
Folgende weitere Angaben des Berufungswerbers haben sich nach einer Überprüfung durch den Sachverständigen als nicht authentisch erwiesen:
Es ist nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht glaubhaft, dass der Berufungswerber mit der PKK sympathisierte. Der Berufungswerber behauptete anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung beim unabhängigen Bundesasylsenat, dass er kurdische Zeitungen mit dem kurdischen Namen "R." und "R." verteilt habe. Als für die PKK agierendes Organ habe er ebenfalls "R." genannt.
Dazu führte der Sachverständige aus, dass es sich bei "R." um einen Fernsehsender handelt. R.-TV wird zurzeit in Dänemark ausgestrahlt. Zuvor existierte M.-TV, dessen Ausstrahlung wegen des Vorwurfes der Ausübung terroristischer Aktivitäten verboten wurde. Danach wurde M.-TV eingerichtet, dessen Ausstrahlung ebenfalls verboten wurde. Zu dem vom Berufungswerber angegebenen Organ der PKK "R." ist hervorzuheben, dass es sich bei "R." um eine von links liberalen türkischen Intellektuellen herausgegebene Tageszeitung handelt, die in keinem Zusammenhang mit der PKK steht. Diese Zeitung nimmt eine sehr kritische Position gegenüber der PKK ein. Auf Grund der unrichtigen Ausführungen des Berufungswerbers hinsichtlich der Organe und der vermeintlichen von der PKK herausgegebenen Zeitungen ist eine solche von ihm behauptete Nähe zur PKK als nicht glaubhaft anzunehmen.
Weiters stellte sich der vom Berufungswerber vorgelegte Strafregisterauszug der Staatsanwaltschaft F., des Zentralregisters und der statistischen Generaldirektion des Justizministeriums der Republik Türkei als Fälschung heraus. Darin wurde festgehalten, dass der Berufungswerber wegen des Verstoßes gegen die Artikel 2, 3, 14 (Beschädigung der Unteilbarkeit des Landes und der Nation wird unter Strafe gestellt), 68 der türkischen Verfassung und gegen die Artikel 78 und 81 des Gesetzes Nr 2820 (Parteiengesetz) vorbestraft sei und gesucht werde.
Der Sachverständige führte aus, dass das Gesetz Nr 2820 als "Parteiengesetz" bezeichnet werde und ausschließlich Parteien betreffe. Daraus ist zu folgern, dass die in diesem Gesetz aufgezählten Bestimmungen ausschließlich Parteien betreffen. Somit können dem Berufungswerber die ihm im vorgelegten Strafregisterzauszug angeführten Bestimmungen nicht zu Last gelegt werden können. Dies trifft ebenso für die angeführten Bestimmungen der türkischen Verfassung, wonach in den Artikel 2. 3, 14 und 81 Gebote und Verbote aufgezählt werden, die jedoch keinen strafrechtlichen Charakter haben. Somit können auch diese Bestimmungen beim Berufungswerber zu keiner strafrechtlichen Verfolgung führen.
Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBI. I Nr. 100/2005, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.Gemäß Paragraph 75, Absatz eins, AsylG 2005, BGBI. römisch eins Nr. 100/2005, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Paragraph 44, AsylG 1997 gilt. Die Paragraphen 24,, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. Paragraph 27, ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. Paragraph 57, Absatz 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl I Nr 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 126/2002 geführt.Gemäß Paragraph 44, Absatz eins, AsylG werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 76 aus 1997, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 126 aus 2002, geführt.
Da gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBI I Nr 101/2003 auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung abzustellen ist, war gegenständlich auch über die Berufung gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr 76/1997 idF BGBI I Nr 126/2002 abzusprechen.Da gemäß Paragraph 44, Absatz eins, AsylG 1997 in der Fassung BGBI römisch eins Nr 101/2003 auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung abzustellen ist, war gegenständlich auch über die Berufung gemäß Paragraph 7, AsylG 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 76 aus 1997, in der Fassung BGBI römisch eins Nr 126/2002 abzusprechen.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG begehren Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) suchen, mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl.Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG begehren Fremde, die in Österreich Schutz vor Verfolgung (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) suchen, mit einem Asylantrag die Gewährung von Asyl.
Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich infolge von vor dem 01. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich infolge von vor dem 01. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.Gemäß Paragraph 7, AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 19.04.2001, Zl. 99/20/0273).Zentraler Aspekt der dem Paragraph 7, AsylG zugrundeliegenden, in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 19.04.2001, Zl. 99/20/0273).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH E vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH E vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können jedoch auch Blutrachen oder Blutfehden im Hinblick auf den Konventionsgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe asylrechtlich relevant sein (vgl. VwGH vom 26.02.2002, ZI. 2000/20/0517). Richtet sich die Rache gegen einen unbeteiligten Dritten bloß wegen dessen mit dem Täter gemeinsamen oder von ihm herrührenden Abstammung, so stellt sich bei Prüfung der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Verfolgungsgründe die Frage nach einer Verfolgung aus Gründen der ethnischen oder rassischen oder der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe "Familie" (mit Verweisen zur Familie als "sozialer Gruppe" im Sinne der Flüchtlingskonvention auf Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Aufl. (Nachdruck 1998), 359; sowie zum Begriff der "sozialen Gruppe" auf das Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/01/0197; im Zusammenhang mit "Sippenhaftung" auf die Erkenntnisse vom19. Dezember 2001, Zl. 98/20/0312 und Zl. 98/20/0330).Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können jedoch auch Blutrachen oder Blutfehden im Hinblick auf den Konventionsgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe asylrechtlich relevant sein vergleiche VwGH vom 26.02.2002, ZI. 2000/20/0517). Richtet sich die Rache gegen einen unbeteiligten Dritten bloß wegen dessen mit dem Täter gemeinsamen oder von ihm herrührenden Abstammung, so stellt sich bei Prüfung der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Verfolgungsgründe die Frage nach einer Verfolgung aus Gründen der ethnischen oder rassischen oder der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe "Familie" (mit Verweisen zur Familie als "sozialer Gruppe" im Sinne der Flüchtlingskonvention auf Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Aufl. (Nachdruck 1998), 359; sowie zum Begriff der "sozialen Gruppe" auf das Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/01/0197; im Zusammenhang mit "Sippenhaftung" auf die Erkenntnisse vom19. Dezember 2001, Zl. 98/20/0312 und Zl. 98/20/0330).
Es ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber bei einer Rückkehr in die Türkei Opfer eines Verbrechens wegen einer seit vielen Jahren bestehenden Feindschaft zweier Sippen aus Gründen der Blutrache wird, bei welcher der Vater des Berufungswerbers bereits getötet wurde. Daher ist auf Grund der genannten Gründe - unter Zugrundelegung der Sachverhaltsfeststellungen - eine Verfolgungsgefahr für den Berufungswerber als maßgeblich wahrscheinlich zu erachten.
Der Konnex zu den in der GFK genannten Gründen ergibt sich aus der Zugehörigkeit des Berufungswerbers, der ausschließlich aufgrund seiner Angehörigeneigenschaft gefährdet ist, zur sozialen Gruppe der "Familie" iSd oa. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Dass es sich hier nichtstaatliche Verfolgung handelt, ändert an diesem Ergebnis nichts, da - wie sich aus den Feststellungen zur staatlichen Ahndung solcher Fehden ergibt - effektiver Schutz mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht erlangt werden kann.
Zu einer möglichen inländischen Fluchtalternative ist festzuhalten, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (vgl. VwGH vom 8. 10. 1980, Slg Nr 10.255/A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatlandes offen, in denen er frei vor Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht.Zu einer möglichen inländischen Fluchtalternative ist festzuhalten, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss vergleiche VwGH vom 8. 10. 1980, Slg Nr 10.255/A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatlandes offen, in denen er frei vor Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht.
In solche inländische Fluchtalternative ist für den Berufungswerber auf Grund der obigen Feststellungen ausgeschlossen, da Maßnahmen einer staatlichen Schutzgewährung nicht bekannt sind. Personen, die sich aus Gründen der Blutrache bedroht fühlen, erhalten in der Türkei keinen staatlichen Schutz.
Aus all diesem Gesagten ist festzuhalten, dass bei Gesamtbetrachtung der geschehenen Vorfälle im Falle einer Rückkehr des Berufungswerbers Verfolgungsmaßnahmen durch die Behörden und mögliche Vergeltungsmaßnahmen durchaus nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden können.