Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

Navigation im Suchergebnis

Entscheidungstext Ro 2016/22/0017

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

Ro 2016/22/0017

Entscheidungsdatum

27.07.2017

Index

E1T;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
59/04 EU - EWR;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

12003T/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union;
61992CJ0432 The Queen / MAFF, ex parte Anastasiou VORAB;
PassGDV 2006 §6 Abs1;
UniversitätsG 2002 §88 Abs1;
UniversitätsG 2002 §88 Abs1a;
UniversitätsG 2002 §88;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr, Dr. Schwarz und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des A G in S, vertreten durch Waltl & Partner, Rechtsanwälte in 5500 Bischofshofen, Bodenlehenstraße 2-4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 26. September 2016, 405- 10/122/1/7-2016, betreffend Abweisung eines Antrages in einer Angelegenheit nach dem Passgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

römisch eins.

1. Am 9. November 2015 beantragte der Revisionswerber die Ausstellung eines österreichischen Reisepasses mit der Eintragung des akademischen Grades "Dr." (vorangestellt). Dem Antrag beigegeben war eine Bescheinigung der "Cyprus International University" (im Folgenden: CIU) der "Turkish Republic of Northern Cyprus", der zufolge der Antragsteller den Grad eines "Doctor of Business Administration (DBA)" verliehen bekommen habe.

2. Mit Bescheid vom 12. Mai 2016 wies die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (BH) diesen Antrag gemäß Paragraph 6, Absatz eins, Passgesetz-Durchführungsverordnung (PassG-DV) ab.

Die BH verwies auf die Auskunft des für Fragen zur internationalen Anerkennung von akademischen Abschlüssen und Titeln zuständigen Nationalen Informationszentrums für akademische Anerkennung (ENIC-NARIC Austria) beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wonach es sich beim akademischen Grad "Doctor of Business Administration (DBA)" der CIU um einen türkischen akademischen Grad handle, weil die Universitäten in Nordzypern türkische Universitäten seien; es handle sich um keinen dem EU-Mitgliedstaat Zypern zurechenbaren Grad und er könne daher nicht in öffentliche Urkunden eingetragen werden. Weiters führte die BH aus, die im türkisch-zypriotischen Nordteil der Insel ausgerufene sogenannte "Türkische Republik Nordzypern" werde - außer von der Türkei - international nicht anerkannt und die Regierung der Republik Zypern übe über das Gebiet der "Türkischen Republik Nordzypern" keine Kontrolle aus. Somit sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 26. September 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die CIU "bei der sogenannten Türkischen Republik Nordzypern staatlich akkreditiert und anerkannt ist und zum türkischen Hochschulsystem gehört (Aufsicht durch den türkischen Hochschulrat; Geltung des türkischen Hochschulrechts)". Die "Türkische Republik Nordzypern" sei keine Vertragspartei des EU-Vertrages. Die - der EU 2004 beigetretene - Republik Zypern habe keine Kontrolle über das Gebiet der "Türkischen Republik Nordzypern". Diesbezüglich stützte sich das Verwaltungsgericht auf eine eingeholte Stellungnahme des Völkerrechtsbüros des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres.

Dem Beschwerdevorbringen, der Revisionswerber könne als Absolvent einer ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung gemäß Paragraph 6, Absatz eins, zweiter Fall PassG-DV die Eintragung des von ihm erworbenen akademischen Grades in seinem Reisepass unabhängig davon beantragen, ob es sich bei "Nordzypern" um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union handle, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, dass die "Türkische Republik Nordzypern" kein international anerkannter Staat und damit kein "Ausland" im Sinn der zitierten Bestimmung sei. Zudem könne Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV nur in Zusammenhalt mit Paragraph 88, Absatz eins a, Universitätsgesetz 2002 (UG) ausgelegt werden, der einen Rechtsanspruch auf Eintragung eines akademisch erworbenen Grades (neben einem inländischen Grad) nur dann vorsehe, wenn dieser von einer anerkannten postsekundären Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages verliehen worden sei. Eine (vom Revisionswerber behauptete) Unsachlichkeit könne in dieser Ungleichbehandlung nicht erblickt werden.

Es sei daher zu klären, ob es sich bei der "Türkischen Republik Nordzypern" um eine Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum handle. Unstrittig sei, dass die Republik Zypern über das "nordzypriotische" Gebiet keine Kontrolle ausübe und die hier fragliche Hochschule (CIU) keine von der Republik Zypern anerkannte Hochschule sei. Daher handle es sich bei einem an der CIU erworbenen akademischen Grad nicht um einen solchen einer Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages.

Abgesehen davon - so das Verwaltungsgericht weiter - habe der Revisionswerber nicht den akademischen Grad "Dr.", sondern den Titel "Doctor of Business Administration (DBA)" erworben, weshalb er im Sinn des Paragraph 88, Absatz 2, UG ohnehin nicht befugt wäre, den Titel "Dr." - wie von ihm beantragt - seinem Namen voranzustellen.

Soweit der Revisionswerber das Lissabonner Anerkennungsübereinkommen (Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region, Bundesgesetzblatt Teil 3, Nr. 71 aus 1999,) ins Treffen führe, sei dem wiederum entgegenzuhalten, dass es sich bei der "Türkischen Republik Nordzypern" um keinen international anerkannten Staat handle und diese daher auch nicht Vertragspartner des genannten Übereinkommens sei.

Eine - vom Revisionswerber beantragte - Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erachtete das Verwaltungsgericht als nicht erforderlich.

Das Verwaltungsgericht erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig, weil die maßgebenden Rechtsfragen vom Verwaltungsgerichtshof bisher noch nicht judiziert worden seien, eine andere Auslegung (als jene des Verwaltungsgerichtes) nicht undenkbar erscheine und der zu lösenden Frage über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme.

4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

Revisionsbeantwortung wurde keine erstattet.

römisch II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Revision erweist sich aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen als zulässig.

2.1. Paragraph 3, des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 6 aus 2009,, lautet auszugsweise:

Ausstellung von Reisepässen und Personalausweisen

Paragraph 3, ...

  1. Absatz 2Die Gestaltung der Reisepässe und Personalausweise wird entsprechend den international üblichen Anforderungen an Reisedokumente durch Verordnung des Bundesministers für Inneres im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates bestimmt. ...
  2. Absatz 2 aDie Verordnung gemäß Absatz 2, hat auf die Handhabbarkeit, Fälschungssicherheit und Maschinenlesbarkeit Bedacht zu nehmen sowie jedenfalls Angaben über das Format, den Einband und die Anzahl der Seiten zu enthalten. An identitätsbezogenen Daten dürfen Namen, Geschlecht, akademischer Grad, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsbürgerschaft, Größe, besondere Kennzeichen, Lichtbild und die Unterschrift des Dokumenteninhabers vorgesehen werden, wobei in der maschinenlesbaren Zone nur die Namen, das Geschlecht, die Staatsbürgerschaft und das Geburtsdatum erkennbar sein dürfen, sowie der ausstellende Staat, die Dokumentenart, Dokumentennummer und Gültigkeitsdauer des Reisepasses oder Personalausweises enthalten sein muss.

..."

2.2. Paragraph 6, der Passgesetz-Durchführungsverordnung (PassG-DV), Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 223 aus 2006, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 79 aus 2009,, lautet auszugsweise:

"Akademische Grade, Standesbezeichnungen, Amts-, Berufs-, Ehrentitel und Künstlernamen

Paragraph 6, (1) Personen, denen von einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung oder von einer anerkannten postsekundären Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ein akademischer Grad verliehen wurde, können die Eintragung des akademischen Grades in abgekürzter Form in den Pass beantragen. Andere Standesbezeichnungen dürfen in den Pass nur dann eingetragen werden, wenn dafür eine gesonderte gesetzliche Grundlage besteht.

..."

2.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 (UG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 2002, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 131 aus 2015,, lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

Paragraph 51, ...

  1. Absatz 2Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1. Anerkannte postsekundäre Bildungseinrichtungen sind die

Bildungseinrichtungen, die Studien im Ausmaß von mindestens sechs Semestern durchführen, bei denen die Zulassung die allgemeine Universitätsreife im Sinne dieses Bundesgesetzes oder bei künstlerischen Studien den Nachweis der künstlerischen Eignung voraussetzt und die auf Grund der Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie ihren Sitz haben, als Bildungseinrichtungen im Sinne dieser Begriffsbestimmung anerkannt sind.

...

Führung akademischer Grade

Paragraph 88, (1) Personen, denen von einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung ein akademischer Grad verliehen wurde, haben das Recht, diesen in der in der Verleihungsurkunde festgelegten, auch abgekürzten, Form zu führen, wobei der akademische Grad einschließlich eines geschlechtsspezifischen Zusatzes geführt werden darf.

  1. Absatz eins aPersonen, denen von einer inländischen postsekundären Bildungseinrichtung oder einer anerkannten postsekundären Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages oder einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ein akademischer Grad verliehen wurde, haben das Recht, die Eintragung dieses akademischen Grades in abgekürzter Form ohne Zusatz gemäß Absatz eins, in öffentliche Urkunden zu verlangen.
  2. Absatz 2‚Mag.', ‚Dr.' und ‚Dipl.-Ing.' (‚DI') sind im Falle der Führung dem Namen voranzustellen, die übrigen akademischen Grade sind dem Namen nachzustellen."

    Die Erläuterungen, RV 1134 BlgNR 21. GP, 94, führen zu Paragraph 88, UG unter anderem Folgendes aus:

    "Die derzeitige Rechtslage, wonach Personen, denen von einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung ein akademischer Grad verliehen wurde, das Recht haben, diesen akademischen Grad ‚in der in der Verleihungsurkunde festgelegten Form zu führen', und auch das Recht haben, die Eintragung des akademischen Grades ‚in abgekürzter Form' in öffentliche Urkunden zu verlangen, kann im Hinblick auf die Vielzahl und Unterschiedlichkeit ausländischer akademischer Grade und die Vielfalt der Schriften und Sprachen nicht aufrecht erhalten werden. Die Bestimmung sieht nunmehr vor, dass lediglich die Eintragung eines von einer inländischen postsekundären Bildungseinrichtung oder einer anerkannten postsekundären Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages oder einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verliehenen akademischen Grades in abgekürzter Form in öffentliche Urkunden verlangt werden kann.

    Die Entscheidung darüber, ob ausländische akademische Grade in öffentliche Urkunden eingetragen werden dürfen, hängt somit in Zukunft davon ab, ob in die einzelnen Materiengesetze derartige Bestimmungen aufgenommen werden."

2.4. Artikel eins, des Protokolls Nr. 10 über Zypern zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge, ABl. Nr. L 236 vom 23.9.2003, S 955, lautet auszugsweise:

"Artikel 1

  1. Absatz einsDie Anwendung des Besitzstandes wird in den Teilen der Republik Zypern ausgesetzt, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt.

..."

3.1. Der Revisionswerber bringt vor, entscheidungswesentlich sei die Frage, ob Nordzypern eine Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sei. Dies sei seiner Ansicht nach zu bejahen. Im Umkehrschluss aus Artikel eins, des Protokolls Nr. 10 - wonach die Anwendung des Besitzstandes (Gesamtheit des EU-Rechts) im Gebiet Nordzyperns ausgesetzt sei - ergebe sich, dass das Gebiet der "Türkischen Republik Nordzypern" Teil der Republik Zypern im Sinn des Beitrittsvertrages sei, weil sich die zitierte Bestimmung des Protokolls Nr. 10 andernfalls erübrigt hätte. Ungeachtet der Aussetzung des Besitzstandes in diesem Teil bleibe Nordzypern "Beitrittsland".

3.2. Dieses Vorbringen zielt der Sache nach darauf ab, dass es sich bei der CIU um eine Einrichtung "einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages" handelt (auf die weiters vorgesehene Alternative einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum wird in der Folge nicht gesondert hingewiesen).

Der Revisionswerber weist zwar dem Grunde nach zutreffend darauf hin, dass - wie sich implizit auch Artikel eins, des zitierten Protokolls Nr. 10 entnehmen lässt - die Republik Zypern ungeteilt der EU beigetreten ist und daher das gesamte Territorium Unionsgebiet ist (siehe auch die entsprechende Länderinformation der EU unter https://europa.eu/european-union/about-eu/countries/member-countries/cyprus_de). Der Revisionswerber verkennt aber, dass es auf diesen Umstand im vorliegenden Zusammenhang nicht ankommt.

Paragraph 6, Absatz eins, dritter Fall PassG-DV stellt (ebenso wie Paragraph 88, Absatz eins a, UG) auf eine "anerkannte" Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages ab. Es kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kein Zweifel daran bestehen, dass eine Anerkennung im Sinn dieser Bestimmung einen entsprechenden Akt der zuständigen Behörden des betreffenden Staates - vorliegend somit der Republik Zypern als Mitgliedstaat der EU - voraussetzt vergleiche - wenn auch den Zeitraum vor dem Beitritt und somit die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Zypern betreffend - das Urteil des EuGH vom 5. Juli 1994 in der Rs. C-432/92, Anastasiou u.a., Rn. 38 ff, 54 und 64, in dem die Begriffe Zollbehörden bzw. befugte Dienststellen dahingehend verstanden wurden, dass sie sich ausschließlich auf die Behörden der Republik Zypern beziehen, nicht hingegen auf Behörden eines "Gebildes, wie es im Nordteil Zyperns besteht und das weder von der Gemeinschaft noch von den Mitgliedstaaten anerkannt wird"). Dass die CIU von den zuständigen Stellen der Republik Zypern anerkannt bzw. akkreditiert worden sei, findet aber weder in den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes Deckung noch wurde dies vom Revisionswerber behauptet. Eine Anerkennung durch andere Stellen (sei es durch Stellen der "Türkischen Republik Nordzypern", sei es durch die Republik Türkei) kann dem EU-Mitgliedstaat Republik Zypern nicht zugerechnet werden. Der Umstand, dass eine Bildungseinrichtung ihren Sitz auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates hat, ist für die hier maßgebliche Beurteilung nicht hinreichend.

Ausgehend davon sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst, dem EuGH - wie vom Revisionswerber angeregt - die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob der von der Regierung der Republik Zypern nicht kontrollierte Teil Zyperns vom EU-Beitrittsvertrag mitumfasst sei, weil die Beantwortung dieser Frage vorliegend nicht entscheidungserheblich ist.

Das Verwaltungsgericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei einem an der CIU erworbenen akademischen Grad nicht um einen solchen einer anerkannten Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages handelt.

4.1. Weiters macht der Revisionswerber geltend, seinem Antrag wäre schon deshalb Folge zu geben gewesen, weil es sich bei der CIU um eine anerkannte ausländische postsekundäre Bildungseinrichtung handle. In diesem Zusammenhang verweist er auf ein (betreffend einen anderen Absolventen des auch von ihm abgeschlossenen Studiums ergangenes) Rechtsgutachten des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vom 12. Oktober 2016. Selbst wenn kein Rechtsanspruch nach Paragraph 88, Absatz eins a, UG bestünde, wäre seinem Antrag stattzugeben gewesen, weil Paragraph 88, Absatz eins, UG und Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV inhaltsgleich seien.

4.2. Diesbezüglich ist vorweg festzuhalten, dass Personen, denen von einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung oder von einer anerkannten postsekundären Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ein akademischer Grad verliehen wurde, nach Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV die Eintragung des akademischen Grades in den Pass beantragen können. Das Erfordernis der Verleihung des akademischen Grades durch die Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages bezieht sich nach dem Wortlaut der Bestimmung nur auf den dritten darin vorgesehenen Fall, nicht hingegen auf den (zweiten) Fall der Verleihung durch eine ausländische postsekundäre Bildungseinrichtung. Auch eine systematische Betrachtungsweise spricht nicht dafür, anzunehmen, dass Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV - abgesehen von der Verleihung eines akademischen Grades durch eine inländische Bildungseinrichtung - nur den Fall der Verleihung durch eine Einrichtung eines anderen EU-Mitgliedstaates vor Augen hat. Diesfalls wäre die gesonderte Bezugnahme auf ausländische Bildungseinrichtungen neben der Bezugnahme auf Einrichtungen eines EU-Mitgliedstaates nämlich nicht erklärbar.

Somit bleibt dieses Revisionsargument von den unter Punkt 3.2. erfolgten Ausführungen unberührt.

4.3. Das Verwaltungsgericht hat zu diesem bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Vorbringen ausgeführt, Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV könne nur in Zusammenhalt mit Paragraph 88, Absatz eins a, UG ausgelegt werden, der wiederum einen Rechtsanspruch auf Eintragung eines ausländischen akademischen Grades nur bei Verleihung durch eine Einrichtung einer Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages vorsehe. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der vom Verwaltungsgericht ins Treffen geführte Paragraph 88, UG differenziert zwischen dem Recht, einen akademischen Grad zu führen (Absatz eins,), und dem Recht, die Eintragung des akademischen Grades in öffentliche Urkunden zu verlangen (Absatz eins a,). Während hinsichtlich der Führung des akademischen Grades auf die Verleihung durch eine anerkannte - inländische oder ausländische - postsekundäre Bildungseinrichtung abgestellt wird, wird das generelle Recht auf Eintragung des akademischen Grades in öffentliche Urkunden auf solche Grade beschränkt, die von inländischen oder von Einrichtungen eines EU-Mitgliedstaates verliehen worden sind. Daraus ergibt sich aber nicht, dass in anderen, bestimmte Urkunden betreffenden und somit spezielleren Normen nicht darüber hinausgehende Regelungen getroffen werden können. Die zitierten Erläuterungen zu Paragraph 88, UG sprechen zwar davon, dass in Hinkunft lediglich die Eintragung eines von einer inländischen postsekundären Bildungseinrichtung oder einer anerkannten postsekundären Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages verliehenen akademischen Grades in öffentliche Urkunden verlangt werden könne. Weiter heißt es aber, die Entscheidung darüber, ob ausländische akademische Grade in öffentliche Urkunden eingetragen werden dürfen, hänge somit in Zukunft davon ab, ob in die einzelnen Materiengesetze derartige Bestimmungen aufgenommen werden. Paragraph 6, Absatz eins, erster Satz PassG-DV stellt eine derartige Bestimmung dar. Diese Regelung ist daher auch in Verbindung mit Paragraph 88, Absatz eins a, UG nicht dahin auszulegen, dass die Eintragung eines ausländischen akademischen Grades in den Pass nur dann erfolgen kann, wenn er durch eine Einrichtung eines EU-Mitgliedstaates verliehen worden ist.

Daran vermag auch nichts zu ändern, dass Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV davon spricht, dass Personen die Eintragung beantragen "können". Weder diese Bestimmung noch der (insoweit die Grundlage für die Verordnungsbestimmung bildende) Paragraph 3, Passgesetz 1992 enthalten nämlich nähere Parameter dazu, unter welchen Umständen die Eintragung trotz Erfüllung der darin genannten Voraussetzungen (Verleihung eines akademischen Grades durch eine der genannten Einrichtungen) versagt werden kann. In Ermangelung weiterer Determinanten ist daher davon auszugehen, dass bei Erfüllung der darin normierten Voraussetzungen ein Anspruch auf Eintragung besteht. Dass für die Eintragung keine über die Anordnung des Paragraph 6, Absatz eins, erster Satz PassG-DV hinausgehende gesetzliche Grundlage erforderlich ist, ergibt sich im Umkehrschluss auch aus dem zweiten Satz dieser Bestimmung, demzufolge andere Standesbezeichnungen nur bei Bestehen einer gesonderten gesetzlichen Grundlage in den Pass eingetragen werden dürfen.

4.4. Weiters hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis diesbezüglich die Auffassung vertreten, dass Nordzypern kein "Ausland" im Sinn des Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV darstelle, weil die "Türkische Republik Nordzypern" kein international anerkannter Staat sei. Dazu ist Folgendes anzumerken:

Nach den - auf einer Stellungnahme des Völkerrechtsbüros des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres beruhenden -

Feststellungen des Verwaltungsgerichtes gehört die CIU zum türkischen Hochschulsystem, sie unterliegt der Aufsicht durch den türkischen Hochschulrat und dem türkischen Hochschulrecht. Diesen Aussagen liegt, wie sich der im Akt befindlichen Stellungnahme entnehmen lässt, insoweit eine Mitteilung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zugrunde. Auch im bekämpften Bescheid der BH vom 12. Mai 2016 wird auf eine Mitteilung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft abgestellt, der zufolge Universitäten in Nordzypern türkische Universitäten seien und der von der CIU an den Revisionswerber verliehene Titel ein türkischer akademischer Grad sei.

Ausgehend davon kann aber die Anwendbarkeit des Paragraph 6, Absatz eins, erster Satz PassG-DV nicht allein mit dem Hinweis auf die fehlende internationale Anerkennung der "Türkischen Republik Nordzypern" begründet werden. Eindeutige Feststellungen dazu, ob die CIU aus anderen Gründen nicht als anerkannte postsekundäre Bildungseinrichtung im Sinn des Paragraph 51, Absatz 2, Ziffer eins, UG angesehen werden kann, fehlen.

5. Dessen ungeachtet erweist sich die Abweisung des Antrags des Revisionswerbers aber aus folgenden Gründen als im Ergebnis zutreffend.

Nach Paragraph 6, Absatz eins, PassG-DV kann die Eintragung des akademischen Grades "in abgekürzter Form" beantragt werden. Nähere Angaben zu den zu verwendenden Abkürzungen enthält die Verordnung nicht. Nach den Erläuterungen (abgedruckt bei Fuchs/Keplinger, Passgesetz (2009) 184) können akademische Grade "in der in der Verleihungsurkunde festgelegten Form" eingetragen werden. Auch Paragraph 88, Absatz eins, UG spricht im Zusammenhang mit dem Recht auf Führung eines akademischen Grades von der "in der Verleihungsurkunde festgelegten, auch abgekürzten, Form". Es ist daher davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen die Verleihungsurkunde eine Abkürzung des betreffenden akademischen Grades enthält, die Eintragung des akademischen Grades nur in dieser abgekürzten Form beantragt werden kann.

Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber die Eintragung des vorangestellten akademischen Grades "Dr." beantragt. In der dem Antrag beiliegenden Verleihungsurkunde der CIU wird der verliehene Grad "Doctor of Business Administration" mit "DBA" abgekürzt. Ausgehend davon ist es nicht als rechtswidrig anzusehen, dass das Verwaltungsgericht den auf Voranstellung des akademischen Grades "Dr." gerichteten Antrag des Revisionswerbers abgewiesen hat, weil ihm ein Recht auf Eintragung in der von ihm begehrten Form nicht zukam.

6. Die Revision war daher gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Juli 2017

Gerichtsentscheidung

EuGH 61992CJ0432 The Queen / MAFF, ex parte Anastasiou VORAB

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016220017.J00

Im RIS seit

31.08.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2017

Dokumentnummer

JWT_2016220017_20170727J00

Navigation im Suchergebnis