Landesverwaltungsgerichte (LVwG)

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Entscheidungstext VGW-123/061/22559/2014

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

VGW-123/061/22559/2014

Entscheidungsdatum

20.05.2014

Index

97 Öffentliches Auftragswesen
L72009 Beschaffung Vergabe Wien

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch Dr. Neumann als Vorsitzenden, Mag.a Schreiner-Hasberger als Berichterin und Mag. Fischer als Beisitzer über die Beschwerde der O., vertreten durch Rechtsanwälte, Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend die Vergabe eines Dienstleistungsauftrages betreffend „die Vollwartung von Fahrtreppen für die Dauer von 10 Jahren“ (Los 2), GZ: ..., durch die W., nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.5.2014 durch Verkündung zu Recht erkannt:

römisch eins.               Der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 19.02.2014 wird abgewiesen.

römisch II.               Der Antrag auf Erstattung der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren wird abgewiesen.

römisch III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.

Rechtsgrundlagen: Paragraphen eins, , 7 Absatz eins und Absatz 2, Ziffer 2,, 11, 13, 16, 20, 22 Absatz eins und Absatz 2,, 26 WVRG 2014 in Verbindung mit Paragraphen 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, a, a,, 3 Absatz eins, Ziffer 2,, 6, 163ff, 267, 268, 269 BVergG 2006

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

römisch eins.              Zuständigkeit:

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (WVRG 2014) ist das Verwaltungsgericht Wien auf Antrag zur Durchführung der Verfahren nach den Bestimmungen dieses Hauptstückes zuständig. Die Anträge sind unmittelbar beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen.

Gemäß Paragraph 7, Absatz 2, Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (WVRG 2014) ist bis zur Zuschlagserteilung oder Widerrufserklärung das Verwaltungsgericht Wien zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG 2006 oder die hierzu ergangenen Verordnungen oder wegen eines Verstoßes gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

 

2.  zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen der Auftraggeberin oder des Auftraggebers im Rahmen der von der Antragstellerin oder vom Antragsteller innerhalb der Antragsfristen (Paragraph 24,) geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Die gegenständliche Beschwerde enthält einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt.

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins und Absatz 2, WVRG 2014 ist daher die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde gegeben.

Die Zuständigkeit des Senates ergibt sich aus Paragraph 2, Absatz 4, WVRG 2014.

römisch II.              Zur Sache:

1. Die O., vertreten durch Rechtsanwälte, brachte mit Schriftsatz vom 3.3.2014, eingelangt beim Verwaltungsgericht Wien am selben Tag, die gegenständliche Beschwerde, Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung, Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein. Begehrt wurde weiters die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht und Kostenersatz.

Die Antragstellerin begehrte die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 19.2.2014 sowie die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 19.2.2014. Der Antragstellerin seien am 20.2.2014 die Entscheidungen der Auftraggeberin übermittelt worden, ihr Angebot auszuscheiden und der T. den Zuschlag erteilen zu wollen.

Zu ihrer Antragslegitimation führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, sie sei im Vergabeverfahren an die 2. Stelle gereiht worden, sie hätte nicht ausgeschieden werden dürfen, da ihrem Angebot ein behebbarer Mangel zugrunde gelegen sei, die Zuschlagsentscheidung laute im Ergebnis zu Unrecht nicht auf sie, ihre Antragslegitimation sei jedenfalls gegeben.

Die Antragstellerin erachtet sich durch das Verhalten der Antragsgegnerin insbesondere in ihren subjektiven Rechten auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens, auf Nichtausscheiden bei Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen, auf Durchführung ordnungsgemäßer vertiefter Angebotsprüfung(en), auf Nichtausscheiden eines auszuscheidenden Angebots eines Mitbieters, auf Nicht-Erlassung einer Zuschlagsentscheidung zugunsten eines nachgebesserten Angebots eines Mitbieters sowie auf Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung aller Bieter im Zuge des Vergabeverfahrens verletzt.

Zur Sicherung ihrer Rechtsposition begehrte die Antragstellerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dem Begehren, der Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Erteilung des Zuschlages zu untersagen.

Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 10.3.2014, GZ: VGW-123/V/061/22560/2014-3, stattgegeben und die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Nachprüfungsverfahrens erlassen.

Mit der frist- und formgerecht eingebrachten Beschwerde bekämpft die Antragstellerin zunächst das Ausscheiden ihres Angebotes, welches ihr mit Entscheidung der Antragsgegnerin vom 19.2.2014 mitgeteilt wurde.

Im Wesentlichen führt sie aus, die W. (im Folgenden Antragsgegnerin) führe ein offenes Verfahren nach den für Sektorenauftraggeber geltenden Bestimmungen des BVergG 2006 für den Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages betreffend „die „Vollwartung von Fahrtreppen für die Dauer von 10 Jahren“ (Los 2), GZ: ..., durch, welches in vier Lose unterteilt worden sei. Die Fahrtreppen der jeweiligen Hersteller seien in folgender Losstruktur gebündelt: Los 1 - Fahrtreppen S., Los 2 - Fahrtreppen O., Los 3 – Fahrtreppen T., Los 4 - Fahrtreppen K..

Der Zuschlag solle auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis (Billigstbieterprinzip) erfolgen. Der Schlusstermin für den Eingang der Angebote sei der 24.9.2013 gewesen. Die Angebotsöffnung habe anschließend stattgefunden.

Die Antragstellerin habe am 23.9.2013, sohin rechtzeitig, ein ausschreibungskonformes Angebot im Hinblick auf alle Lose (1-4) gelegt.

Die Antragsgegnerin habe die Antragstellerin in weiterer Folge mit dem Aufklärungsersuchen (Angebotskalkulation, Anfrage bezüglich Preisangemessenheit) vom 12.11.2013, sowie dem Aufklärungsersuchen (Nachweise Unterschriften, Aufklärung Firmenstempel, Referenzen) vom 16.1.2014, um Aufklärung hinsichtlich ihres Angebotes ersucht. Zu diesen Ersuchen sei mit Schreiben vom 20.11.2013 eine Antwort durch die Antragstellerin ergangen. Die Angebotsprüfung habe sich im Wesentlichen auf Regieleistungen bezogen, an den Stellen „50% ÜStd“ und „100% ÜStd“ seien von der Antragstellerin irrtümlich nur die Überstundenzuschläge angesetzt worden. Zusätzlich sei am 28.11.2013 ein persönliches Aufklärungsgespräch erfolgt, in welchem die Antragstellerin unter anderem erneut erklärt habe, dass die ausschließliche Eintragung der Überstundenzuschläge eben irrtümlich erfolgt sei und dass sich sowohl die Normalstundensätze als auch die 50%- und die 100% Überstundenzuschläge verbindlich aus dem Angebot ergäben, eine Berichtigung laut Rechtsansicht der Antragstellerin daher zulässig sei. Die Antragsgegnerin habe auf die jüngere Judikatur des VKS verwiesen, wonach in einem Eingabefehler ein unbehebbarer Mangel zu sehen sei. Die Antragstellerin habe auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es sich gegenständlich um einen behebbaren Mangel handle, es sei nämlich ein offensichtlicher Irrtum vorgelegen und seien sämtliche preisbildenden Faktoren angeboten gewesen.

Mit Entscheidung vom 19.2.2014 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass sie „das in der Ausschreibung genannte Zuschlagskriterium (…) Angebot mit dem niedrigsten Gesamtpreis“ nicht erfülle. Für den Zuschlag in den Losen 1- 4 sei nach Ablauf der Stillhaltefrist die Firma T. vorgesehen. Die Stillhaltefrist ende am 3.3.2014.

Gleichzeitig wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihre Angebote gemäß

Paragraph 269, Absatz eins, Ziffer 3 und Ziffer 5, BVergG 2006 ausgeschieden werden müssten.

Im Preisteil Regieleistungen Los 1- Los 4 (50 % ÜStd., 100% ÜStd.) seien vom Bieter irrtümlich nur die Überstundenzuschläge eingesetzt worden. Hierbei handle es sich um einen unbehebbaren Mangel, die Angebote seien nach der gültigen Rechtsprechung auszuscheiden.

Es sei zu bemerken, dass – wie die Aufklärungen vom 28.11.2013 gezeigt hätten – falsche Einheitspreise eingesetzt worden seien. Aufgrund der Unumstößlichkeit der Einheitspreise, wie sie einhellig judiziert würde, liege kein Rechenfehler vor, zumal bei Angeboten mit Einheitspreisen die angebotenen Einheitspreise nicht geändert werden dürften vergleiche ua BVA vom 15.7.2013; N/0061-BVA/09/2013-24, VKS vom 27.6.2012, VKS-6478/12).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 3.3.2014 und damit rechtzeitig eingelangte Beschwerde.

Mit Schriftsatz vom 12.3.2014 erstattete die Antragsgegnerin folgende (zusammengefasste) Stellungnahme. Der Antragstellerin käme aufgrund des rechtsrichtigen Ausscheidens ihres Angebotes keine Antragslegitimation zu. Beide Entscheidungen, das Ausscheiden ihres Angebotes und die Zuschlagsentscheidung stünden im Einklang mit den Bestimmungen des BVergG 2006. Die Antragstellerin habe kein ausschreibungskonformes Angebot gelegt, auch habe die Antragstellerin die von ihr angebotenen Preise nicht „richtig“ dargestellt, es läge kein zur Preisberichtigung berechtigender Rechenfehler vor. Eine Preiskorrektur sei nicht zulässig.

Was die vermeintlich rechtswidrige Ausscheidensentscheidung beträfe, so handle es sich bei der von der Antragstellerin behaupteten irrtümlichen Ansetzung lediglich der Überstundenzuschläge in mehreren Positionspreisen um unbehebbare Mängel, da Einheitspreise nicht geändert werden dürften.

Es sei festzuhalten, dass die Antragstellerin den Ausschreibungsbedingungen zufolge nach dem von der Antragsgegnerin vorgegebenen Mengengerüst als Teil ihres Angebotes Regieleistungen anzubieten und für diese Leistungen einen Preis pro Stunde anzugeben hatte. Dabei habe sie die außerhalb der Normalarbeitszeit zu erbringenden Regieleistungen unter Berücksichtigung eines 50 – 100 % Überstundenzuschlages dem Arbeitnehmer zu vergüten. Die Antragstellerin habe in diesem Zusammenhang völlig unplausible Preise angesetzt. So habe die Antragstellerin bei jenen Regieleistungen, welche unter Berücksichtigung eines 50 % Überstundenzuschlages zu kalkulieren seien, nur ein Drittel der Normalstunde und bei Regieleistungen, welche zu einem Zeitpunkt erbracht würden, der einen 100 % Überstundenzuschlag bedingen würde, nur zwei Drittel der Normalstunde angeboten.

Die von ihr angebotenen Preise berücksichtigten – wie sie selbst zutreffend ausführe – auch die Normalstunden nicht. Es läge diesen Preisen jedoch jedenfalls kein iSd BVergG 2006 zu berücksichtigender Rechenfehler zugrunde. Zunächst würden die Bestimmungen für Sektorenauftraggeber (3. Teil des BVergG 2006) keine „Rechenfehlerregelungen“ beinhalten. Die Antragstellerin sei aus diesem Grund schon nicht berechtigt, ihre Regiepreise zu ändern. Paragraph 126, Absatz 4, BVergG 2006 sei nicht anwendbar, es läge aber auch kein Rechenfehler iSd Paragraph 126, Absatz 4, BVergG 2006 vor. Als Rechenfehler iSd Paragraph 126, Absatz 4, BVergG 2006 könnten nur solche Fehler angesehen werden, welche sich aus dem Angebot selbst ergeben würden. Würde ein Bieter einem Angebot falsche Annahmen zugrunde legen, so handle es sich nicht um einen Rechenfehler (Fink/Hofer, Handbuch Vergaberecht (2010)) Rz 1382; Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG-Kommentar (2009) Paragraph 126, Rz 41), sondern schlicht um eine nachträgliche Preisänderung.

Die Materialien zum BVergG 2006 kategorisierten den Rechenfehler zivilrechtlich, es handle sich dabei um „eine mit einem evidenten Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters (Fehler im Erklärungsakt)“ (RV 1171 BlgNR GP 69). Aus dem Angebot der Antragstellerin sei aber ein evidenter Fehler im Erklärungsakt nicht ersichtlich, es seien nur die von ihr angebotenen Preise für die Überstunden nicht auskömmlich und nachvollziehbar. Sie habe auch mit ihrem Angebot keine diesbezüglichen Kalkulationsgrundlagen angegeben, sodass ein evidenter Erklärungsirrtum der Antragstellerin nicht angenommen werden könne.

Eine Rechenfehler iSd Paragraph 126, Absatz 4, BVergG 2006 könne immer nur dann angenommen werden, wenn dieser aus dem Angebot selbst ersichtlich sei, sohin ohne Zutun des Bieters korrigiert werden könne. Auch den Materialien zum BVergG 2006 sei zu entnehmen, dass ein Rechenfehler durch den Antragsgegner selbst vorgenommen müsse, „es könne aber auch keine Vorreihung durch infolge der vom Antragsgegner vorgenommenen Berichtigung erfolgen (…)“ (RV 1171 Blg römisch XXII 70). Eine beachtlicher zur Korrektur des Angebotspreises berechtigender Rechenfehler läge nicht vor.

Auch die von der Antragstellerin behauptete Evidenz des Rechenfehlers läge nicht vor. So habe diese eine Monteurnormalstunde zu einem Preis von € xxx angeboten und die Monteurstunde unter Berücksichtigung eines 50 % Überstundenzuschlages zu einem Preis von € xxx. Der Preis von € xxx könne aber auch nicht der bloße Überstundenzuschlag von 50% sein, da dieser nur 33% des Normalstundenpreises ausmache. Zwar seien auch die seitens der Antragsgegnerin mit der Preisprüfung befassten Personen davon ausgegangen, dass hier eben nur mit 50% der Überstundezuschlag ausgewiesen worden sei, dies könne jedoch nicht sein, da 50 % von € xxx ja € xxx wären.

Diese Frage könne jedoch dahingestellt bleiben, da keine beachtlicher Rechenfehler vorliege, die von der Antragstellerin angebotenen Preise schlicht unplausibel und nicht kostendeckend und nicht im Einklang mit den kollektivvertraglichen Bestimmungen stünden.

Die Antragstellerin habe sich nicht verrechnet, sondern verkalkuliert. Preisaufgliederungen oder Ähnliches seien dem Angebot nicht beigeschlossen gewesen. Aus den von ihr richtiggestellten Angebotspreisen ergebe sich, dass der Kalkulationsfehler mehr als € xxx ausmache.

Die Antragsgegnerin habe auch ohne Rücksprache mit der Antragstellerin diesen Fehler nicht beheben könne, eine „Mängelbehebung“ würde dazu führen, dass der Antragstellerin gestattet würde, ihre Angebotspreise zu ändern, was im offenen Verfahren nach Vorlage der Angebote nicht zulässig sei. Das Angebot der Antragstellerin sei daher zwingend gemäß Paragraph 269, Absatz eins, Ziffer 3, BVergG 2006 und gemäß Paragraph 269, Absatz eins, Ziffer 5, BVergG 2006 auszuscheiden gewesen.

Zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt die Antragsgegnerin aus, sie habe sehr wohl eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt, diese habe die Plausibilität der einzelnen Positionspreise des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ergeben.

Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt sie aus, das Vorbringen der Antragstellerin sei völlig unsubstantiiert und daher darauf nicht weiter einzugehen. Gemäß Paragraph 23, Absatz eins, Ziffer 6, WVRG 2014 habe der Nachprüfungsantrag zwingend jedenfalls die Gründe, auf die sich die Rechtswidrigkeit stützt, zu enthalten, nur eine hinreichend substantiiertes Vorbringen des Antragstellerin zu überprüfen (BVA 28.8.2008, N/0101-BVA/12/2008-34).

Die Antragstellerin erstattete mit Schriftsatz vom 8.4.2014 Folgendes (zusammengefasstes) Vorbringen:

Der Nachprüfungsantrag sei klar auf die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung betreffend Los 2 gerichtet, es käme nicht auf zufällige verbale Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes an.

Im Hinblick auf die Frage der Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung werde ausgeführt, dass ihr ein evidenter Fehler unterlaufen sei. Ob es sich hierbei um einen Rechenfehler handle, könne dahingestellt bleiben, zumal der Erklärungsirrtum jedenfalls evident sei (Eingabefehler). Die Behebbarkeit ergebe sich unabhängig Paragraph 126, Absatz 4, BVergG.

Die Antragsgegnerin ignoriere bei ihrer Argumentation ihr eindeutiges Schreiben („…die mit der Preisprüfung (…) befassten Personen sind zwar offenbar auch davon ausgegangen, dass hier nur der 50% Zuschlag ausgewiesen wurde“), weiters die im öffentlichen Bereich generell zur Anwendung kommenden Zuschläge (100% Überstundenzuschlag = 66 % der Normalstunde und 50% Überstundenzuschlag = 33% der Normalstunde, wie sich auch seit dem 18.8.2011 aus einem Aktenvermerk der Stadt Wien betreffend die Grundlage für die Preisangemessenheitsprüfung ergebe) sowie die bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen:

Nach den allgemeinen Vertragsbestimmungen der St. (St. 9313, Ausgabe 02.04.2013), Punkt 8.2.4. wie sie bestandsfester Teil der Ausschreibung sind vergleiche St. 9281 Teil 1 Anschreiben. Punkt 5; St. 9281 Teil 2 Angebot, Punkt 8.6.1) sei eindeutig, dass der 50% Überstundenzuschlag ein Drittel (1/3), der 100% Überstundenzuschlag zwei Drittel (2/3)“ betrage.

Dass die vergaberechtlichen Bestimmungen betreffend Sektorenauftraggeber keine Rechenfehlerregelungen beinhalten, bedeute nicht, dass es keine behebbaren Rechenfehler bei Sektorenauftraggebern gäbe. Gemäß Paragraph 267, Absatz 2, Ziffer 3, BVergG 2006 habe ein Angebot auch im Sektorenbereich rechnerisch richtig zu sein, nach Paragraph 268, Absatz 2, BVergG 2006 habe der Antragsgegner vom Bieter mündliche oder schriftliche Aufklärungen zu verlangen, wenn hinsichtlich des Angebotes Unklarheiten bestünden, Rechenfehler könnten insofern Unklarheiten darstellen. Es gebe freilich auch im Sektorenbereich Rechenfehler und seien diese grundsätzlich einer Berichtigung zugänglich (Gölles in SAFT, Paragraph 267, Rz 11). Im Hinblick auf das Vorbringen der Antragsgegnerin, der Rechenfehler müsse sich aus dem Angebot ergeben, sei darauf zu verweisen, dass das hier genau der Fall sei, sei doch der Antragsgegnerin der Rechenfehler unmittelbar aufgrund des Angebots (welches keine Kalkulationsgrundlagen beinhaltet habe) aufgefallen.

Dieser evidente Fehler im Erklärungsakt habe auch ohne Zutun der Bieterin korrigiert werden können, der Antragsgegnerin sei der Fehler nicht nur aufgefallen, sie habe auch erkannt, worin er läge.

Aus Paragraph 268, BVergG 2006 ergebe sich weiters, dass die an die vom Auftraggeber anschließende Prüfung des Angebots unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen zu erfolgen habe. Ein zu verbesserndes Angebot sei demnach erst dann wegen Unklarheiten auszuscheiden, wenn eine entsprechende Aufklärung nicht oder nicht innerhalb der vom Sektorenauftraggeber gesetzten Frist erfolge (Gölles in SAFT, Paragraph 267, Rz 11).

Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung verwies die Antragstellerin auf

Paragraph 268, Absatz 2, BVergG 2006 und tätigte nähere Ausführungen.

2. In dieser Angelegenheit (Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung) führte das Verwaltungsgericht Wien am 20.5.2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der sowohl die Antragstellerin und die Antragsgegnerin und deren rechtsfreundliche Vertretungen erschienen.

Beweis wurde erhoben durch Akteneinsicht.

Die Parteien des Verfahrens wurden zum Beweis einvernommen und brachten durch ihren jeweiligen rechtsfreundlichen Vertreter Folgendes vor:

Es wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

Die Antragstellerin beantragte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung Akteneinsicht in das Angebot der Teilnahmeberechtigten sowie Einsicht in das Prüfprotokoll hinsichtlich der Angebotsöffnung. Die Antragsgegnerin sprach sich durch ihre rechtsfreundliche Vertretung dagegen aus. Die Antragstellerin beantragte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung den Ausschluss der Öffentlichkeit mit der Begründung, dass die Frage in welcher Form des Angebots seitens der Antragstellerin erstellt wurde, ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis betreffe und Personen anwesend sein könnten, die diese in einem parallel anhängigem Verfahren verwerten könnten.

Die Parteien stimmten der Verlesung des Verhandlungsprotokolls VGW-123/074/22557/2014-19 zu und dieses sohin zum unmittelbaren Beweis erhoben.

VGW-123/074/22557/2014-19:

In dem Verfahren VGW-123/074/22557/2014-19 wurde die Frage erörtert, ob die präsumtive Zuschlagsempfängerin im Verfahren hinsichtlich Nachprüfung der Ausscheidensentscheidung Parteistellung habe. Der Vorsitzende verfügte, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin in der Verhandlung als Verfahrenspartei behandelt wurde.

Auf Befragen der Berichterin brachte die Antragstellerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung zur Nachprüfung der Ausscheidensentscheidung vor, dass ein Rechenfehler darin gesehen werde, dass anstelle der 133 % bzw. 166 % nur 33 % bzw. 66 % gerechnet wurden, bezogen auf die Normalstunde. Es reiche für die Behebbarkeit des Mangels aus, dass ein evidenter Erklärungsirrtum vorliege, indem statt 133 bzw. 166 % irrtümlich 33 bzw. 66 % erklärt (berechnet) worden seien. Darüber hinaus würde in diesem Irrtum ein Rechenfehler liegen, weil das irrtümlich Nichthinzurechnen von 100 % (Stundenlohn ohne Überstundenzuschlag) einen Rechenfehler darstellen würde.

Befragt vom Vorsitzenden verwies die Antragsgegnerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung daraufhin, dass lt. VwSlg 5253 A/1960 ein Rechenfehler nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vorliege, wenn eine (offengelegte) rechnerische Operation unrichtig vorgenommen wurde. Es werde auf Hengstschläger/Leeb, AVG – Onlinekommentar, Paragraph 62,, RZ 41verwiesen. Weiters werde auf das Erkenntnis vom 27.06.2007, Zl. 2005/04/0111, wo ein offengelegter Rechenfehler vorgelegen sei, verwiesen und auf die allgemeinen Angebotsbestimmungen der St., St. 9310 Teil 2 Punkt 1.6.8, wo ausdrücklich drinnen stehe: „Der Bieter verzichtet ausdrücklich auf die Geltendmachung von Irrtum bezüglich der angebotenen Preise.“

Die Antragstellerin hielt dem durch ihre rechtsfreundliche Vertretung entgegen, dass es nicht auf die Offenlegung der rechnerischen Operation als Selbstzweck ankomme, sondern darauf, ob der Rechenfehler als solcher erkennbar war. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin den Rechenfehler erkannt und der Antragstellerin vorgehalten.

Die Antragsgegnerin richtete durch ihre rechtsfreundliche Vertretung an die Antragstellerin die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage diese ihre Rechtsansicht, wonach der Preis änderbar sei, stütze. Die Antragstellerin antwortete durch ihre rechtsfreundliche Vertretung, dass, wie sie in den Schriftsätzen bereits ausgeführt habe, die Änderung des Preises eine Konsequenz der Behebung des Rechenfehlers sei. Es werde auch auf den Aufsatz ZVB zu VKS 6478/2012 verwiesen.

Die Teilnahmeberechtigte verwies durch ihre rechtsfreundliche Vertretung auf die ihrer Ansicht nach einschlägige, noch nicht veröffentlichte, Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.02.2014, Zl. W138 2000 177-1/27E. Eine Kopie des Erkenntnisses wurde zum Akt genommen und kurz dahingehend erörtert, dass nach den Ausführungen der Teilnahmeberechtigten die Nichtangabe eines Nettohonorarvolumens als nichtverbesserbar beurteilt worden ist.

Die Teilnahmeberechtigte führte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung aus, ein allfälliger Erklärungsirrtum könne deswegen nicht evident gewesen sein, weil die Antragsgegnerin der Antragstellerin diesen Fehler vorgehalten und es ein Aufklärungsgespräch gegeben habe. Im Fall des Vorliegens von Evidenz hätte es des Vorhaltes und des Aufklärungsgespräches nicht bedurft.

Die Antragstellerin brachte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung vor, dass es ihrer Ansicht nach tatsächlich weder eines Vorhaltes noch eines Aufklärungsgespräches bedurft hätte, weil der Fehler evident gewesen sei. Es liege im Ermessen der Antragsgegnerin, auch bei Vorliegen eines evidenten Rechenfehlers dennoch einen Vorhalt und ein Aufklärungsgespräch durchzuführen, was geschehen sei.

Auf ausdrückliches Verlangen der Antragstellerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung wurde Folgendes festgehalten: Die Teilnahmeberechtigte äußerte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung die Vermutung, dass es sich bei der Festlegung im Protokoll über die Aufklärung um das Ergebnis eines Aufklärungsgespräches gehandelt haben müsse.

Die Antragsgegnerin verwies durch ihre rechtsfreundliche Vertretung weiters auf Punkt 1.9.1 der allgemeinen Angebotsbestimmungen (St. 9310 Teil 2), wonach der Bieter die Angebote vollständig sowie frei von Zahlen- und Rechenfehlern abzugeben habe. Insoweit erweise sich das Angebot ihrer Ansicht nach auch als ausschreibungswidrig.

Im Anschluss an diese Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet und die Beschwerde, Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 20.2.2014, abgewiesen.

Im gegenständlichen Verfahren erging in der öffentlichen mündlichen Verhandlung seitens des Vorsitzenden der Beschluss die Öffentlichkeit hinsichtlich der Erörterung der Erstellung des Angebotes, insbesondere der Errechnung des Überstundenzuschlages, auszuschließen. Die Öffentlichkeit wurde ausgeschlossen.

Der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde die Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob die Antragstellerin zu Recht ausgeschieden wurde, nicht zuerkannt.

Die Antragsgegnerin legte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung St. 9310 Teil 2 vor und verwies auf Punkt 1.6.8 wonach der Bieter ausdrücklich auf die Geltendmachung von Irrtum bezüglich der angebotenen Preise verzichtet habe.

Die Antragstellerin brachte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung dazu vor, dass selbst wenn dieser Passus Teil der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen wäre, Ausschreibungsunterlagen auch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Folge stets vergaberechtskonform auszulegen wären. Es werde auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu 2008/04/0087 verwiesen. Es werde darauf verwiesen, dass es sich hier um die vergaberechtliche Frage des behebbaren Mangels handle und nicht um die zivilrechtliche Frage der Irrtumsanfechtung. Man könne sich die gesamte Diskussion um die Behebung eines aus vergaberechtlicher Sicht behebbaren Mangels sparen, wenn man ausschließlich die Zivilgerichte anrufen müsste.

Es werde auf VKS 2353/09 verwiesen.

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin stellten keine weiteren Beweisanträge.

Im Anschluss an die Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.

römisch III. Sachverhaltsfeststellungen:

Aufgrund der Aktenlage und der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung unmittelbar aufgenommenen Beweise wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die Antragsgegnerin ist ein öffentliches Unternehmen, das im Sektorenbereich tätig ist. Sie führt ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages, nämlich die Vollwartung von Fahrtreppen für die Dauer von 10 Jahren durch. Der Zuschlag soll nach dem Billigstbieterprinzip erfolgen. Das Vergabeverfahren ist in vier Lose unterteilt. Die Lose umfassen die zu wartenden Fahrtreppen je Hersteller.

In der Ausschreibung waren auf dem Blatt „Regieleistungen 2014 – 2023“ je Los die „Monteur Normalstunde“, die „Monteur ÜStd 50%„ und die „Monteur ÜStd 100%“ anzugeben. Ebenso waren diese Überstunden-Werte für den „Spezialmonteur“ und die „Monteurpartie“ einzusetzen.

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, das als Bieterin im Vergabeverfahren der Auftraggeberin je ein Angebot für alle Lose abgegeben hat. (Dem zu VGW-123/074/22557/2014-19 abgeführten (Parallel-)Verfahren lag zugrunde, dass die Antragstellerin ebenso Angebote für vier Lose betreffend die Wartung von Aufzügen abgegeben hat). Im Angebot wurden unter „Regieleistungen 2014 - 2023“ die Normalstunde und die Überstunde mit einem Zuschlag von 50% bzw. 100% angegeben. Die Antragstellerin setzte in ihrem Angebot in die Zeile „Monteur Normalstunde“ ihren Wert für eine Normalstunde, in die Zeile „Monteur 50% ÜStd“ 33% und in die Zeile „Monteur 100% ÜStd“ 66% des Wertes der von ihr angegebenen Normalstunde ein. Ebenso verfuhr sie bei den Positionen für den „Spezialmonteur“ und die „Monteurpartie“. In den Angeboten der anderen Bieter wurde in den Zeilen „Monteur 50% ÜStd“ und „Monteur 100% ÜStd“, „Spezialmonteur 50% ÜStd“ und „Spezialmonteur 100% ÜStd“, „Monteurpartie 50% ÜStd“ und „Monteurpartie 100% ÜStd“ die jeweilige Summe aus Normalstunde und Überstundenzuschlag eingesetzt. Dieser „Fehler“ unterlief der Antragstellerin auch in dem zu VGW-123/074/22557/2014-19 abgehandelten Verfahren hinsichtlich der Angebote zu jeweils vier Losen.

Mit Aufklärungsschreiben vom 12.11.2013 wurden der Antragstellerin im Zuge der Angebotsprüfung sowohl zum Vergabeverfahren „Wartung Aufzüge“ als auch zum gegenständlichen Vergabeverfahren Fragen zur Kalkulation in einem Schreiben übermittelt; auch zum eingesetzten Überstundenzuschlag im „Preisteil Regieleistungen“ wurde von der Antragsgegnerin nachgefragt.

Das Aufklärungsschreiben vom 12.11.2013 lautet auszugsweise:

Ausschreibung Wartung Fahrtreppen:

        Der bei der Vollwartung angebotene Nachtwartungsaufschlag von € xxx erscheint niedrig. Sind bei der Preisbildung sämtliche im Leistungsverzeichnis enthaltenen Leistungen und die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Randbedingungen berücksichtigt worden? Wir ersuchen um Aufklärung der Preiszusammensetzung.

        Preisteil Regieleistungen: statt 50% und 100% Überstunde wurde nur der Überstundenzuschlag eingesetzt.“

Mit Schreiben vom 20.11.2013 beantwortete die Antragstellerin die an sie gerichteten Fragen zu beiden Vergabeverfahren. Zum Punkt Regieleistungen legte die Antragstellerin die Blätter „Regieleistungen 2014-2023“ pro Los jeweils ergänzt um die Summe aus Normalstunde und Überstundenzuschlag sowie einer verbalen Erklärung dazu, dass „irrtümlich die Überstundenzuschläge als solche eingesetzt“ wurden, vor.

Am 28.11.2013 fand darauf hin ein Aufklärungsgespräch statt, in welchem zu den übermittelten Fragen in den beiden Vergabeverfahren sowie zu den von der Antragstellerin mit den dargestellten Ergänzungen vorgelegten Blättern „Regieleistungen 2014-2023“ mündlich erörtert wurde.

Die Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung vom 19.2.2014 gingen der Antragstellerin am 20.2.2014 zu. Die Ausscheidensentscheidung stützt sich auf Paragraphen 269, Absatz eins, Ziffer 3 und 5 BVergG 2006. Die Zuschlagsentscheidung lautet für die Lose 1 bis 4 je auf das Angebot der Teilnahmeberechtigten im Wesentlichen mit der Begründung, dass das Angebot der Teilnahmeberechtigten den niedrigsten Gesamtpreis aufweise.

Das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin wurde damit begründet, dass das Angebot in den offenen Verfahren „Vollwartung von Aufzügen für die Dauer von 10 Jahren“ und „Vollwartung von Fahrtreppen für die Dauer von 10 Jahren“ gem Paragraph 269, Absatz eins, Ziffer 3 und Ziffer 5, BVergG 2006 idgF ausgeschieden werde. Im Preisteil Regieleistungen Los 1 – Los 4 (50% ÜStd., 100% ÜStd.) seien seitens der Bieterin irrtümlich nur die Überstundenzuschläge eingesetzt worden und handle es sich hierbei um einen unbehebbaren Mangel, womit die Angebote entsprechend der Rechtsprechung auszuscheiden seien. Zu bemerken sei, dass – wie die Aufklärungen vom 28.11.2013 gezeigt hätten – falsche Einheitspreise eingesetzt worden seien. Aufgrund der Unumstößlichkeit der Einheitspreise, wie sie einhellig judiziert würden, läge kein Rechenfehler vor, zumal bei Angeboten mit Einheitspreisen die angebotenen Einheitspreise nicht geändert werden dürften vergleiche ua BVA vom 15.7.2013, N/0061-BVA/09/2013-24, VKS 27.6.2012, VKS-6478/12).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung. Die neben Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, mündlicher Verhandlung, Akteneinsicht und Pauschalgebührenersatz beantragte einstweilige Verfügung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 10.3.2014, GZ: VGW-123/V/061/22560/2014-3 erlassen.

römisch IV. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

römisch IV. 1. Maßgebliche Rechtsvorschriften

Gemäß Paragraph eins, Absatz 2, Ziffer 4, WVRG 2014 regelt dieses Landesgesetz die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten und die Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen (einschließlich der Vergabe von Baukonzessionen und der Durchführung von Wettbewerben, nicht jedoch der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen) durch folgende Auftraggeberinnen und Auftraggeber (öffentliche Auftraggeberinnen, öffentliche Auftraggeber und öffentliche Unternehmen im Sinne der Paragraphen 3, Absatz eins,, 164 und 165 des Bundesvergabegesetzes 2006 – BVergG 2006 und Auftraggeberinnen oder Auftraggeber im Sinne des Paragraph 4, Ziffer eins bis 4 des Bundesvergabegesetzes Verteidigung und Sicherheit 2012 – BVergGVS 2012):

 

Die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten und die Nachprüfung jedenfalls die Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Artikel 127, Absatz 3, B-VG und des Artikel 127 a, Absatz 3, B-VG;

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG 2006 gilt dieses Bundesgesetz mit Ausnahme seines 3. Teiles für die Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern (im Folgenden: Auftraggeber), das sind Einrichtungen, die

 

a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind, und

 

b) zumindest teilrechtsfähig sind und

 

c) überwiegend von Auftraggebern gemäß Ziffer eins, oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziffer 2, finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von Auftraggebern gemäß Ziffer eins, oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziffer 2, ernannt worden sind;

Gemäß Paragraph 11, Absatz eins, WVRG 2014 hat das Verwaltungsgericht Wien auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß Paragraph 13, Absatz eins, WVRG 2014 hat das Verwaltungsgericht Wien, sofern der Antrag nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache mit Erkenntnis zu erledigen. Gemäß Absatz 2, sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

Gemäß Paragraph 20, Absatz eins, erster Satz WVRG 2014 kann eine Unternehmerin oder ein Unternehmer, die oder der ein Interesse am Abschluss eines dem BvergG 2006 unterliegenden Vertrages behauptet, die Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (Paragraph 2, Ziffer 16, Litera a, BvergG 2006) der Auftraggeberin oder des Auftraggebers im Verfahren zur Vergabe von Aufträgen wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihr oder ihm durch eine behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Gemäß Paragraph 22, Absatz eins, WVRG 2014 sind Parteien des Nichtigerklärungsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien jedenfalls die Antragstellerin oder der Antragsteller und die Auftraggeberin oder der Auftraggeber.

Gemäß Paragraph 22, Absatz 2, WVRG 2014 sind Parteien des Nichtigerklärungsverfahrens ferner jene Unternehmerinnen oder Unternehmer, die durch die von der Antragstellerin oder vom Antragsteller begehrte Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen nachteilig betroffen sein können (mitbeteiligte Parteien); insbesondere ist im Falle der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieterin oder der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter Partei des Nichtigerklärungsverfahrens.

Gemäß Paragraph 26, Absatz eins, WVRG 2014 hat das Verwaltungsgericht Wien eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung einer Auftraggeberin oder eines Auftraggebers als nichtig zu erklären, wenn

 

1. die Entscheidung oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung die Antragstellerin oder den Antragsteller in dem geltend gemachten Recht verletzt und

2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Gemäß Paragraph 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, a, a, BVergG 2006 ist gesondert anfechtbar im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung.

Gemäß Paragraph 6, BVergG 2006 sind Dienstleistungsaufträge entgeltliche Aufträge, die keine Bau- oder Lieferaufträge sind und deren Vertragsgegenstand Dienstleistungen im Sinne der Anhänge römisch III (prioritäre Dienstleistungsaufträge) oder römisch IV (nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge) sind.

Gemäß Paragraph 2, Ziffer 26, Litera b, BVergG 2006 ist Einheitspreis der Preis für die Einheit einer Leistung, die in Stück, Zeit-, Masse- oder anderen Maßeinheiten erfassbar ist.

Gemäß Paragraph 2, Ziffer 26, Litera f, BVergG 2006 ist Regiepreis der Preis für eine Einheit (zB Leistungsstunde oder Materialeinheit), welche nach tatsächlichem Aufwand abgerechnet wird.

Gemäß Paragraph 163, BVergG 2006 gilt für Vergabeverfahren von Sektorenauftraggebern, das sind Auftraggeber nach den Paragraphen 164,, 165 und 166, dieses Bundesgesetz mit Ausnahme seines 2. Teiles.

Gemäß Paragraph 267, Absatz 2, Ziffer 3, BVergG 2006 ist bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, im Einzelnen zu prüfen, ob das Angebot rechnerisch richtig ist.

Gemäß Paragraph 268, Absatz 3, BVergG 2006 muss der Sektorenauftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche – bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische – Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Sektorenauftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.

Paragraph 269, Absatz eins, Ziffer 3 und Ziffer 5, BVergG 2006 lautet: Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektorenauftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung im Oberschwellenbereich folgende Angebote auszuscheiden:

3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen;

5. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind.

Gemäß Paragraph 16, Absatz eins, WVRG 2014 hat die oder der vor dem Verwaltungsgericht Wien, wenn auch nur teilweise, obsiegende Antragstellerin oder Antragsteller Anspruch auf Ersatz ihrer oder seiner gemäß Paragraph 15, entrichteten Gebühren durch die Auftraggeberin oder den Auftraggeber. Die Antragstellerin oder der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz ihrer oder seiner gemäß Paragraph 15, entrichteten Gebühren durch die Auftraggeberin oder den Auftraggeber, wenn sie oder er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt (Paragraph 21,) wird.

römisch IV. 2. Rechtlich folgt daraus:

Die Auftraggeberin ist zweifelsfrei öffentliche Auftraggeberin iSd Paragraph 3, Absatz eins, BVergG 2006 und Paragraph eins, Absatz 2, Ziffer 4, WVRG 2014. Sie ist Sektorenauftraggeberin im Sinne des Paragraph 165, BVergG 2006. Die Ausschreibung wurde nicht angefochten, die Ausschreibung ist sohin bestandsfest.

Sowohl bei der Ausscheidens- als auch der Zuschlagsentscheidung handelt es sich um gesondert anfechtbare Entscheidungen gemäß Paragraph 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, , BVergG 2006.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.5.2008, 2007/04/0232 ua) kommt einem Bieter, dessen Angebot im Vergabeverfahren zwingend auszuscheiden war, keine Antragslegitimation zur Anfechtung der Zuschlagsentscheidung zu. Die Antragstellerin hat in ihrer Beschwerde sowohl die sie betreffende Ausscheidungsentscheidung als auch die Zuschlagsentscheidung vom 19.2.2014 bekämpft. Im Hinblick auf die Frage des Bestehens der Antragslegitimation hinsichtlich der Überprüfung der Zuschlagsentscheidung hatte der erkennende Senat daher zunächst über deren Rechtmäßigkeit zu entscheiden.

Bemerkt wird, dass nach Ansicht des erkennenden Senates der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Verfahren betreffend die Frage der Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung vom 19.2.2014 keine Parteistellung zukommt und die von der Antragstellerin begehrten Entscheidungen daher zu trennen waren.

Die Antragstellerin vermeint zunächst, die Ausscheidensentscheidung sei deshalb rechtswidrig, weil die Auftraggeberin diese damit begründet, dass Einheitspreise nicht geändert werden dürften. Nach Ansicht der Antragstellerin lägen jedoch Regiepreise vor.

Vor dem Hintergrund des Paragraph 2, Ziffer 26, Litera b und f BVergG 2006 und Punkt 8.2.4 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen der St. für Lieferungen und materielle Dienstleistungen (St. 9313), welcher lautet: „Regieleistungen werden nach der anerkannten Art und dem anerkannten Ausmaß den vertraglich vereinbarten Regiepreisen monatlich abgerechnet. (…)“, scheint die Antragstellerin mit ihrem Argument, es lägen Regiepreise zugrunde im Recht.

Da gemäß der Ausschreibung in den Angeboten Normalstunden und Überstunden auszupreisen waren, ist im Fall der im Angebot ausgepreisten Überstunde, welche sich aus Normalstunde und Zuschlag zusammenzusetzen hatte, von einem Regiepreis auszugehen, da geleistete Überstunden nach dem tatsächlichem Aufwand abgerechnet werden. Aus der oben zitierten Bestimmung der St. 9313, welche bestandfester Teil der Ausschreibung wurde, ergibt sich, wie mit Regieleistungen, das sind im gegebenen Fall Überstunden, verfahren werden soll.

Insofern ist die Begründung der der Ausscheidensentscheidung insoweit verfehlt, als die Antragsgegnerin sich auf das „falsche Ansetzen von Einheitspreisen“ gestützt hat und ausführt, dass kein Rechenfehler vorliegen könne, weil „falsche Einheitspreise eingesetzt wurden“.

Diese verfehlte Annahme der Antragsgegnerin, es lägen „Einheitspreise“ vor, schadet aber nicht, da die Begründung der Ausscheidensentscheidung klar darauf ausgerichtet ist, dass das Angebot der Antragstellerin – der Rechtsansicht der Antragsgegnerin zufolge - aufgrund des Vorliegens eines unbehebbaren Mangels, dem nicht die Qualität eines Rechenfehlers zukommt, auszuscheiden ist. Ein allfälliger, die Antragstellerin in ihrem Rechtsschutz schmälernder Begründungsmangel ist darin nicht zu erblicken.

Die Antragstellerin vermeint weiters, es handle sich bei dem von ihr innerhalb (zu acht Losen innerhalb von zwei Ausschreibungen) abgegebenen Angeboten unbestrittener Weise erfolgten irrtümlichen Ansetzen lediglich der Überstundenzuschläge anstelle der Überstunden um einen Rechenfehler, der einer Mängelbehebung zugänglich sei. Nach Ansicht der Antragstellerin ist ein Rechenfehler eine „mit einem evidenten Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters“ (EBRV 1171 BlgNR römisch XXII.GP 69) und könne ein solcher auch vorliegen, wenn der Bildung des Gesamtpreises fehlerhafte Rechenvorgänge zugrunde lägen. Auch sei nach den allgemeinen zivilrechtlichen Auslegungsregeln von Willenserklärungen gemäß Paragraphen 914 f, ABGB, die nach ständiger Rechtsprechung auch im Vergabeverfahren gelten, nicht nur auf den Wortsinn, sondern auch auf die Absicht des Erklärenden abzustellen, welche ganz klar im Verlangen von 133%- bzw. 166%-Überstunden gelegen wäre.

Der Auftraggeberin habe schon nach dem äußeren Erscheinungsbild der Kalkulation auffallen müssen, dass es sich bei den eingetragenen Zahlen um einen evidenten Erklärungsirrtum und somit um einen Rechenfehler handeln musste.

Dazu ist zunächst zu bemerken, dass die Rechtsvorschriften für den Sektorenbereich, anders als im klassischen Bereich, keine dem Paragraph 126, Absatz 4, BVergG 2006 vergleichbare (ausdrückliche) „Rechenfehlerregelung“ beinhalten.

Der Antragstellerin ist jedoch dahingehend zuzustimmen, dass die für den Sektorenbereich einschlägigen Bestimmungen, nämlich Paragraphen 267,, 268 BVergG 2006 wohl grundsätzlich auch eine „Rechenfehlerberichtigung“ im Auge haben vergleiche auch Gölles in S/A/F/T Bundesvergabegesetz 2006, Rz 11 zu Paragraph 267,).

Paragraph 268, Absatz 3, BVergG 2006 normiert nämlich, dass der Sektorenauftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche – bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische – Aufklärung verlangen muss. Im Hinblick darauf, dass Angebote auch im Sektorenbereich gemäß Paragraph 267, Absatz 2, Ziffer 3, BVergG 2006 auf rechnerische Richtigkeit hin zu prüfen sind, wird man zur Ansicht gelangen müssen, dass auch Rechenfehler (in sehr eingeschränkten Umfang) grundsätzlich behebbar sein müssen.

Dies vermag der Antragstellerin jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, da es sich einerseits beim irrtümlichen Ansetzen von Werten – und nur so kann der der Antragstellerin beim Stellen von immerhin acht Angeboten unterlaufene Fehler– verstanden werden, eben um keinen Rechenfehler handelt. Die Antragstellerin hat hier keine Rechenoperation vorgenommen, die zur Unrichtigkeit der von ihr eingesetzten Zahlen geführt hat. Sie hat nicht falsch addiert, multipliziert oder dividiert, sondern lediglich einen von ihr offensichtlich korrekt errechneten Wert (nämlich den jeweiligen Überstundenzuschlag) eingesetzt, den Wert der Normalarbeitsstunde irrtümlich völlig außer Betracht gelassen und aus Sicht des erkennenden Senates damit einen bloßen (Eintragungs-) Fehler begangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27.6.2007, Zl. 2005/04/0111 unter anderem ausgesprochen, dass es sich bei einem Rechenfehler um eine „mit einem evidenten Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters“ handelt. Diesem Erkenntnis lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Beschwerdeführerin irrtümlich (nach dem klaren, sonstigen Inhalt des Angebotes nicht mitzuaddierenden) Eventualpositionen mitaddiert hat, sohin eine zu einem unrichtigen Ergebnis führende Rechenoperation durchgeführt hat. Der Antragstellerin war ihrer in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht, dass auch ein (irrtümliches) Nichthinzurechnen eines Zuschlages einen Rechenfehler im eben zitierten Sinne darstelle, jedoch nicht zu folgen. Zum einen unterscheidet sich der dem oben zitierten Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt vom gegenständlichen dahingehend, dass diesem Irrtum eben eine Rechenoperation zugrunde liegt.

Zum anderen ist aus nachstehenden Erwägungen die Evidenz des Erklärungsirrtums der Antragstellerin jedenfalls in Frage zu stellen.

Ein korrigierbarer Rechenfehler ist nämlich dann evident, wenn dieser so offensichtlich ist, dass die Auftraggeberin den Rechenfehler richtig stellen kann, ohne hierfür die Aufklärung seitens des Bieters und damit auch die Möglichkeit sein Angebot zu seinen Gunsten ändern zu können, benötigt vergleiche auch S/A/F/T Bundesvergabegesetz 2006, Rz. 39 zu Paragraph 126,).

Eine solche Evidenz liegt jedoch im gegenständlichen Fall nicht vor, da nach Ansicht des Senates die Überstunde im Angebot der Antragstellerin nicht falsch berechnet war, sondern deren Erklärungswert bei Angebotsprüfung für die Auftraggeberin Fragen aufwarf, welche sie zur Aufklärung veranlasste. Mit anderen Worten konnte die Antragsgegnerin, wiewohl sie in ihrem Schreiben richtiger Weise davon ausging, die Antragstellerin habe irrtümlich bloß die Überstundenzuschläge angesetzt, sich ohne Unterstützung der Antragstellerin nicht auf diese Einschätzung verlassen. Sie war auf die Aufklärung durch die Antragstellerin angewiesen.

Sie hat zwar, soweit ist der Antragstellerin zu folgen, in ihrem Aufklärungsschreiben grundsätzlich zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgeht, die Antragstellerin habe irrtümlich nur die Überstundenzuschläge angesetzt. Sie hat sohin eine richtige Vermutung geäußert. Sie konnte aber aus Sicht des erkennenden Senates ohne eine klarstellende Aufklärung von Seiten der Antragstellerin nicht gesichert davon ausgehen. Anders gewendet, ohne, dass ihr die Antragstellerin diese Einschätzung bestätigt, konnte die Antragsgegnerin nicht gesichert davon ausgehen, dass irrtümlich lediglich die Überstundenzuschläge angesetzt wurden.

Nach der Rechtsprechung des VKS Wien (VKS 26.7.2012, VKS-6478/12) ist jedoch ab der Erforderlichkeit der Nachfrage der Auftraggeberin bei der Bieterin zum Inhalt ihres Angebotes ein evidenter Erklärungsirrtum nicht mehr gegeben. Ein schnelles und unbürokratisches Berücksichtigen von offensichtlichen Rechenfehlern ist ab dem Anstellen von Nachforschungen zum Inhalt des Angebotes der Bieterin durch die Auftraggeberin nicht mehr möglich. Damit muss die Aussage getroffen werden, dass eben kein evidenter Erklärungsirrtum ab Erkennen der unklaren Angabe bei der 50%- und 100%-Überstunde im Angebot der Bieterin gegeben war. Dass die Auftraggeberin nachgefragt hat, indiziert aus Sicht des Senates die Erforderlichkeit dieser Aufklärungsschritte, verursacht durch eine unklare Angabe im Angebot der Antragstellerin. Ein (Rechen)fehler im Sinn eines „mit einem evidenten Erklärungsirrtum(s) behaftete Willenserklärung des Bieters“ liegt demnach nicht vor.

Der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, dass selbst bei Evidenz eines Fehlers dies nicht unbedingt zur Folge haben muss, dass dieser einer Mängelbehebung zugänglich sein muss.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin, der Fehler habe der Antragsgegnerin auch sofort auffallen müssen und sei er auch aus diesem Grund evident, ist zu bemerken, dass dies wohl auch der Antragstellerin entgegen zu halten ist. Ihr hätte als zur Sorgfalt verpflichtete, redliche Bieterin bei der Stellung ihrer Angebote für immerhin acht Lose dieser Fehler leicht auffallen können und müssen. Die einschlägigen Bestimmungen vergleiche zB Paragraph 269, Absatz eins, Ziffer 3, BVergG 2006 „spekulative Preisgestaltung“) und die Judikatur betreffend Mängelbehebungen haben aber unter anderem auch im Auge, Manipulationen bei der Angebotslegung zu vermeiden und sind daher aus Sicht des erkennenden Senates jedenfalls restriktiv auszulegen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass bei tatsächlicher Berichtigung solcher Irrtümer in der Kalkulation durch den Auftraggeber einem Bieter die Möglichkeit eingeräumt wäre, in einem offenen Verfahren nach Ende der Angebotsfrist sein Angebot zu ändern oder spekulativ anzubieten.

Ergänzend wird bemerkt, dass dem Vorbringen der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung, wonach es im Ermessen der Auftraggeberin läge, auch bei Vorliegen eines evidenten Rechenfehlers einen Vorhalt und ein Aufklärungsgespräch durchzuführen, aus Sicht des Senates aus folgenden Gründen nur eingeschränkt gefolgt werden konnte.

Nach Paragraph 267, Absatz 2, Ziffer 3, BVergG 2006 ist bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, im Einzelnen zu prüfen, ob das Angebot rechnerisch richtig ist. Die der Ausschreibung zugrunde liegende St. 9310 Teil 2 bestimmt in Punkt 1.9.1 das Vorgehen der Auftraggeberin bei rechnerisch fehlerhaften Angeboten wie folgt: „Der Bieter hat die Angebote vollständig sowie frei von Zahlen- und Rechenfehlern abzugeben. Sofern in der Ausschreibung nichts anderes angegeben ist, werden rechnerisch fehlerhafte Angebote nicht ausgeschieden. Sofern in der Ausschreibung nichts anderes angegeben ist, erfolgt eine Vorreihung infolge der Berichtigung eines Rechenfehlers.“

Aus Sicht des Senates war daher bei der rechnerischen Prüfung der Angebote dem Auftraggeber ein Ermessen in genau diesem Rahmen eingeräumt. Der Maßstab bei der rechnerischen Prüfung des Angebotes durch den Auftraggeber kann die Richtigkeit der mathematischen Operation sein und nicht, ob vom Bieter „richtig kalkuliert“ wurde. Der Auftraggeberin muss zugestanden werden, zur Klärung dieser Unterscheidung, ob (nur) falsch gerechnet wurde oder ein Kalkulationsmangel vorliegt, Aufklärungsschritte unter Beachtung der Vergabegrundsätze zu setzen. Die Auftraggeberin hat, wie sich nachvollziehbar aus dem Vergabeakt ergibt, im konkreten Fall innerhalb dieses Rahmens gehandelt vergleiche auch VGW-123/074/22557/2014-19).

Lediglich der Vollständigkeit Halber wird angemerkt, dass selbst wenn man der Argumentation der Antragstellerin, es handle sich um einen Rechenfehler folgen würde, diesem angesichts seiner Auswirkung keinesfalls die Qualität einer bloßen Unklarheit iSd Paragraph 267, Absatz 3, BVergG 2006 zukommen kann. Im Ergebnis würde sich durch die von der Antragstellerin begehrte „Mängelkorrektur“ ihr Angebot nämlich wesentlich verändern.

Dies muss der Antragstellerin auch entgegen gehalten werden, wenn sie vermeint, es läge ein behebbarer Mangel vor, weil mit der Korrektur keine materielle Verbesserung ihrer Wettbewerbsstellung gegenüber den Mitbewerbern einhergehe. Ungeachtet dessen, dass sie damit grundsätzlich im Recht ist, übersieht sie dabei, dass eine Berichtigung gegenständlich die Toleranzgrenze der Mängelbehebung überschritten würde.

So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 35.2.2004, Zl. 2003/04/0186 folgende Mängel als behebbar aufgezählt: das Fehlen der firmenmäßigen Fertigung eines ohnehin rechtsgültig unterfertigten Angebots, die Namhaftmachung von mehreren Vertretern einer Bietergemeinschaft anstelle des von der Ausschreibung geforderten einzigen Vertreters, das Fehlen des Nachweises einer vorhandenen Befugnis, die Nachreichung eines Datenträgers, das Fehlen eines Formblattes. Wie bereits ausgeführt würde die gegenständliche Berichtigung zu einer inhaltlichen Änderung des Angebotes führen, deren Qualität weit darüber hinaus geht. Es handelt sich hier um einen gravierenden inhaltlichen Mangel, der einer Verbesserung nicht zugänglich ist vergleiche VwGH vom 27.9.2000, Zl. 2000/04/0050).

Gestützt werden diese Überlegungen auch durch die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.3.2010, Zl. 2005/04/0144 geäußerte Rechtsansicht. Diesem lag der aus Sicht des erkennenden Senates vergleichbare Sachverhalt zugrunde, dass die Bieterin in ihrem Angebot anstelle der geforderten Pauschale von 17 Monaten irrtümlich nur die für einen Monat angeboten hat. Ein Irrtum, der ebenso wie der gegenständliche leicht auffallen kann und mit dessen Richtigstellung keine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung des Bieters eingehgeht. Das Höchstgericht sprach dazu aus, dass eine Berichtigung des Angebotes der Beschwerdeführerin durch „Hochrechnen“ der monatlichen Pauschale von einem (angebotenen) Monat auf die geforderten 17 Monate nur unter der Voraussetzung des Vorliegens eines (derartigen) Rechenfehlers zulässig gewesen wäre. Das irrtümliche Ansetzen von einem Monat anstelle von den geforderten 17 Monaten wurde jedoch nicht als Rechenfehler gewertet. Vielmehr wurde in diesem Erkenntnis festgehalten, dass die Behebung eines solchen Mangels eine inhaltliche Änderung des Angebotes hinsichtlich eines Bereiches, der für die Bewertung der Angebote relevant ist, bedeuten würde, weshalb von einem unbehebbaren Mangel auszugehen sei. Insofern vermag der Antragstellerin auch ihr Argument, sämtliche preisbildenden Komponenten seien in ihrem Angebot ausgepreist gewesen, weshalb der Irrtum evident war und der Auftraggeberin aufzufallen hatte bzw. zu beheben war, nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Aus den vorgenannten Gründen ist somit der Mangel im Angebot der Antragstellerin als unbehebbar zu qualifizieren.

Im vorliegenden Fall hat die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin demnach zu Recht ausgeschieden, weil das Angebot im offenen Verfahren nach Ende der Angebotsfrist unveränderbar ist, die Berichtigung von Rechenfehlern als Ausnahme davon im Interesse der Transparenz und Gleichbehandlung aller Bieter eng auszulegen ist und im gegenständlichen Fall zu Recht ein unbehebbarer Mangel im Angebot der Antragstellerin angenommen wurde.

Der von der Antragstellerin beantragten Akteneinsicht in Teile des Angebotes der Teilnahmeberechtigten sowie in die im Verfahren ergangenen Stellungnahmen und Beilagen, welche ihr unter Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in teils anonymisierter Version übermittelt wurden, war im Verfahren nicht Folge zu geben, da aus Sicht des Verwaltungsgerichts ein überwiegendes Interesse an der Geheimhaltung der im Angebot der Teilnahmeberechtigten enthaltenen Betriebs-, Geschäfts- und Kalkulationsgeheimnisse bestand.

Die Entscheidungen über den Gebührenersatz gründen sich auf Paragraph 16, Absatz eins, WVRG 2014.

                                 Zulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren mit der Frage des Vorliegens eines korrigierbaren Rechenfehlers eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt (Erkenntnis vom 27.6.2007, 2005/04/0111, und Erkenntnis vom 25.3.2010, 2005/04/0144).

Schlagworte

Sektorenauftraggeber; Einheitspreis; Regiepreis; Evidenz eines Rechenfehlers; Mängelkorrektur

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2014:VGW.123.061.22559.2014

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2014

Dokumentnummer

LVWGT_WI_20140520_VGW_123_061_22559_2014_00

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