Landesverwaltungsgerichte (LVwG)

Navigation im Suchergebnis

Entscheidungstext LVwG-AV-217/001-2018

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

LVwG-AV-217/001-2018

Entscheidungsdatum

26.06.2018

Norm

WaffG 1996 §12 Abs1
WaffG 1996 §12 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Ing. Mag. Ferschner als Einzelrichter über die Beschwerde des A, wohnhaft in der *** in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 29.1.2018, Zl. ***, zu Recht erkannt:

römisch eins.

Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

römisch II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten verhängte mit Bescheid vom 29.1.2018, Zl. ***, gegenüber dem Beschwerdeführer ein Verbot zum Besitz von Waffen und Munition.

Begründend führte die Behörde aus:

                                        

„Laut Bericht der Polizeiinspektion *** wurde über Sie am 15.12.2017 um 15:15 Uhr unter GZ. ***, eine Wegweisung ausgesprochen und ein Betretungsverbot gemäß Paragraph 38 a, Sicherheitspolizeigesetz verhängt.

Diesem Bericht liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ihre Ex-Lebensgefährtin, Frau C, hat gegenüber den Polizeibeamten angegeben, Dass sie im Oktober 2016 mit den beiden Kindern aus dem gemeinsamen Haus gezogen ist, da Sie Frau C psychisch fertig gemacht haben. Sie haben Ihr des Öfteren vorgeworfen, dass sie unfähig sei und keine Freunde habe. Auch in der Arbeit der C möge sie keiner. Des Weiteren gab sie an, dass es in Ihrer Beziehung mehrmals zu Gewaltanwendungen gekommen ist. Einmal haben Sie sich mit Frau C in einen Raum gesperrt, hielten sie am Oberarm fest und beschimpften sie. Ihre Ex-Lebensgefährtin hatte dadurch Angst, dass Sie ihr und den Kindern etwas antun würden. Zum Vorfall vom 15.12.2017 gab Frau C an, dass sie mit Ihnen verabredet war, da Sie ihr beim Umsiedeln halfen. Sie verwickelten Frau C dabei in ein Gespräch wobei es um einen Neuanfang der gemeinsamen Beziehung ging. Frau C wies den Vorschlag ab und dies akzeptierten Sie nicht. Daraufhin bedrohten Sie C mit den Worten „Ich schneid dir den Kopf ab und schneid dich in Stücke. Ich habe mir aus Ungarn eine Pistole besorgt. Ich werde nicht nur mit einer Kugel auf dich schießen, sondern ich werde 100 Mal auf dich schießen.“ Des Weiteren sagten Sie, dass Ihr Leben keinen Sinn mache und Sie ohne Frau C und den Kindern nicht mehr leben wollen. Weiters gab sie an, dass Sie manchmal schlimme Gedanken haben und dann löschen Sie alle aus. Frau C fühlte sich durch Ihre Aussagen in Furcht und Unruhe versetzt und fuhr zur Polizei.

Die Behörde hat aufgrund dieses Sachverhaltes ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, um prüfen zu können, ob über Sie ein Waffenverbot verhängt werden muss. Diese Absicht wurde Ihnen mit Schreiben vom 19.12.2017 in Wahrung des Parteiengehörs nachweislich am 22.12.2017 durch Hinterlegung zur Kenntnis gebracht, wobei Ihnen eine Frist von 2 Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden war.

Dazu haben Sie keine Stellungnahme abgegeben.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens nimmt die Behörde, den im Sachverhalt beschriebenen Tatbestand als erwiesen an, weil Sie durch Ihre Ausführungen die für ein Waffenverbot relevanten Elemente nicht entkräften konnten.

Rechtlich war dazu zu erwägen:

Gemäß Paragraph 12, Absatz 1 des Waffengesetzes 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Paragraph 12, Absatz 3, WaffG lautet:

Eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot hat keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes gelten

1. die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen;

2. die im Absatz 2, Ziffer 2, angeführten Urkunden als entzogen.

Wesentlich ist ausschließlich die Tatsache, dass dem vom Waffenverbot betroffenen Menschen, der im Affekt gewaltsam gegen einen anderen Menschen vorgegangen ist, aufgrund seines Verhaltens in anderen Affektsituationen auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (VwGH v. 27.4.1994, Zl. 93/01/0337 und vom 23.1.1997, 97/20/0019).

Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist schon die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Missbrauches von Waffen vergleiche VwGH vom 29.4.1987, Zl.: 85/01/0274); eine tatsächliche missbräuchliche Verwendung muss daher gar nicht stattgefunden haben.

Bei der Beurteilung der mit dem Besitz und Gebrauch von Waffen, insbesondere von Schusswaffen, verbundenen Gefahren für die öffentliche Sicherheit ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen (VwGH vom 23.11.1976, 1342/76).

So gelten z.B. schon als zulässige Annahme der Gefahr einer "missbräuchlichen Waffenverwendung" im Sinne des Waffengesetzes 1996 Umstände, wie z.B. das Abfeuern von Schüssen aus einer Waffe auch ohne die Absicht, jemanden zu treffen oder auch nur zu gefährden (VwGH vom 23.11.1976, 1342/76) oder Vorfälle mit Gewalttätigkeiten im alkoholisierten Zustand oder grundsätzlich latente Neigungen zu Gewalttätigkeiten oder Aggressionshandlungen (VwGH vom 11.9.1979, 1192/79).

Eine in familiären Auseinandersetzungen bewiesene Aggressionsbereitschaft bleibt auch nach Bereinigung des zugrunde liegenden familiären Konfliktes in waffenrechtlicher Hinsicht bedeutsam, weil sie in ähnlichen Situationen auch aus gänzlich anderem Anlass wirksam werden kann und es nicht der Befürchtung bedürfe, der Betroffene werde auch ohne Vorliegen einer (möglicherweise andersartigen) Ausnahmesituation Waffen missbräuchlich verwenden vergleiche VwGH v. 27.4.1994, Zl.93/01/0337, ZfVB 1996/1/379 und 23.1.1997, 97/20/0019).

Die Behörde war zur Annahme der Richtigkeit der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung im Rahmen der von ihr vorzunehmenden "freien Beweiswürdigung" schon deshalb berechtigt, weil die Überzeugungskraft der ihr vorliegenden Beweise (deren innerer Wahrheitsgehalt) auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens für eine solche Annahme spricht (VwGH vom 18.4.1977, 2942/76 vom 23.5.1977, 1938/75 vom 17.10.1984, 83/11/0182 und vom 16.3.1978, 2715/77, 747/78).

Der vorliegende Sachverhalt, insbesondere der gefährlichen Drohung gegen Ihre Ex-Lebensgefährtin C, ist im Lichte der obigen Ausführungen als wesentlicher Indikator dafür zu werten, dass bei Ihnen die Gefahr eines Missbrauches von Waffen gegen die Schutzgüter Leben, Gesundheit, Freiheit bzw. fremdes Eigentum latent besteht. Eine Gefahr, der behördlicherseits nur mit einem Waffenverbot begegnet werden kann, um Ihnen zumindest im rechtlichen Bereich die Möglichkeit zu nehmen, sich in den Besitz derartiger Gegenstände zu setzen, oder Sie im Besitz derartiger Gegenstände zu belassen, die eine missbräuchliche Verwendung von Waffen ermöglicht. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte vor, dass er nicht aggressiv sei. Jedes Verfahren gegen ihn sei eingestellt worden, bzw. sei er nicht verwaltungsstrafrechtlich oder gerichtlich verurteilt worden.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.4.2018, fortgesetzt am 5.6.2018, in der Beweis erhoben wurde durch die Einvernahme des Beschwerdeführers und der Zeugin C sowie unter Einbeziehung des verwaltungsbehördlichen Aktes und der vorgelegten Urkunden, Nachstehendes erwogen:

Sachverhalt:

Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer seiner Ex-Lebensgefährtin gedroht hat. Ebenso konnten keine Misshandlungen festgestellt werden.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer konnte in der Verhandlung glaubhaft darlegen, dass er niemals aggressiv gegenüber seiner Ex-Lebensgefährtin C war. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel (Telefonmitschnitt und Videoüberwachung in der Firma) legen nahe, dass der Beschwerdeführer die Wahrheit angegeben hat. Während der ganzen Zeit blieb der Beschwerdeführer ruhig und gefasst. Dies selbst noch in dem Zeitpunkt in dem die Zeugin C angefangen hat Flaschen auf den Boden zu werfen und den Beschwerdeführer mit einem Kennzeichen mehrfach geschlagen hat.

Die Aussage der Zeugin C hingegen erscheint wenig glaubwürdig. Dies vor allem in Zusammenhang mit den vorgelegten Urkunden. So gab die Zeugin an, einfach nur raus aus der Beziehung zu wollen. Aus dem Video der Firmenüberwachung ist ersichtlich, dass die Zeugin sich in dieser Situation aggressiv und unberechenbar verhält. Auch hat sie dort nicht die Auseinandersetzung gescheut, sondern hat den vollständig passiven Beschwerdeführer mehrmals angegriffen. Dies passierte sogar im Beisein von mehreren Zeugen. Darüber hinaus ist der Telefonmitschnitt und die vorgelegten Nachrichten per Whatsapp jedenfalls als bedenklich zu werten, da die Zeugin dort Forderungen stellt.

Rechtlich folgt:

Gemäß Paragraph 12, Absatz 1 des Waffengesetzes 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Paragraph 12, Absatz 3, WaffG lautet:

Eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot hat keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes gelten

1. die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen;

2. die im Absatz 2, Ziffer 2, angeführten Urkunden als entzogen.

Es muss noch keine missbräuchliche Verwendung von Waffen mitsamt Gefährdung von Personen oder Sachen erfolgt sein. Tatbildlich ist bereits die zukünftige Missbrauchsmöglichkeit und diese kann auch aus anderen Umständen gefolgert werden. (Erkenntnis des VwGH 3.9.2008, Zl. 2005/03/0090) In seinem Erkenntnis vom 18.5.2011, Zl. 2008/03/0011, entschied der VwGH weiter, dass die Androhung oder Anwendung von Gewalt auch dann, wenn dabei keine Waffe verwendet wird, eine Grundlage für die Verhängung eines Waffenverbotes darstellen kann.

Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist schon die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Missbrauches von Waffen vergleiche VwGH vom 29.4.1987, Zl.: 85/01/0274); eine tatsächliche missbräuchliche Verwendung muss daher gar nicht stattgefunden haben. Bei der Beurteilung der mit dem Besitz und Gebrauch von Waffen, insbesondere von Schusswaffen, verbundenen Gefahren für die öffentliche Sicherheit ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen (VwGH vom 23.11.1976, 1342/76).

Im gegenständlichen Fall gab es zwischen dem Beschwerdeführer und der Zeugin C verbale Auseinandersetzung auf Grund der bevorstehenden Trennung. Misshandlungen oder Drohungen seitens des Beschwerdeführers konnten nicht festgestellt werden. Die diesbezüglichen Verfahren gegen den Beschwerdeführer vor Gericht wurden eingestellt. Da weder ein aggressives Verhalten festgestellt werden konnte, noch sonst eine Handlung vorlag die eine missbräuchliche Verwendung von Waffen seitens des Beschwerdeführers nahelegen würde, war das Waffenverbot aufzuheben, weil es einer negativen Gefährdungsprognose fehlt.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Ordnungsrecht; Waffenrecht; Waffenverbot; missbräuchliche Verwendung; Prognose;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.217.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2018

Dokumentnummer

LVWGT_NI_20180626_LVwG_AV_217_001_2018_00

Navigation im Suchergebnis