Justiz

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Entscheidungstext 5Ob97/11t

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

immolex-LS 2011/76 = Zak 2011/665 S 355 - Zak 2011,355 = EvBl-LS 2011/149 = Jus-Extra OGH-Z 5030 = iFamZ 2011/249 S 336 - iFamZ 2011,336 = EF-Z 2012/22 S 40 (Perscha) - EF-Z 2012,40 (Perscha) = wobl 2012,20/7 - wobl 2012/7 = immolex 2012/44 S 124 - immolex 2012,124 = NZ 2012/AGS 785 S 125 (Hoyer, NZ 2012,127) - NZ 2012,125 (Hoyer, NZ 2012,127) = NZ 2012/92 S 264 - NZ 2012,264 = MietSlg 63.566 = MietSlg 63.814 = SZ 2011/89

Geschäftszahl

5Ob97/11t

Entscheidungsdatum

07.07.2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Mag. Dr. B*****, vertreten durch Dr. Manfred Schreiber, öffentlicher Notar in Wien, wegen Anmerkung einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ob der Liegenschaft EZ 181 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. März 2011, AZ 46 R 128/11f, mit dem über Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 17. Februar 2011, TZ 630/2011, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Ob der im Kopf dieser Entscheidung angeführten Liegenschaft sind die Antragstellerin (B-LNR 11) und die am 15. 7. 2010 verstorbenen Margarete H***** (B-LNR 12) als Miteigentümer zu je 91/2730 Anteilen (Eigentümerpartnerschaft) einverleibt. Mit diesen Anteilen ist das Wohnungseigentum an W 9 verbunden.

Die Antragstellerin begehrte die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft als bücherliche Eigentümerin hinsichtlich B-LNR 11 und als Eigentümerin gemäß Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer eins, WEG 2002 zufolge Ablebens der Partnerin Margarete H***** hinsichtlich B-LNR 12 und legte ihrem Antrag die Sterbeurkunde bei.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Eine Anmerkung der Rangordnung gemäß Paragraph 53, Absatz eins, GBG könne nur der im Grundbuch eingetragene Eigentümer einer Liegenschaft begehren. Dem einzelnen Wohnungseigentümer fehle die Berechtigung zur Antragstellung hinsichtlich des Mindestanteils, mit dem Partnerwohnungseigentum verbunden sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Paragraph 14, WEG stelle eine lex specialis zum allgemeinen Erbrecht dar. Beim Zuwachs nach Paragraph 14, Absatz eins, handle es sich um einen Fall der Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen. Da aber der unmittelbare Erwerb des halben Mindestanteils durch Verzicht oder Vereinbarung mit den Erben (Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer 2, WEG) rückgängig gemacht werden könne, sei er auflösend bedingt und komme auch nur dann zum Tragen, wenn keine Vereinbarung nach Absatz 5, dieser Bestimmung abgeschlossen worden sei. Für einen Eigentumserwerb gemäß Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer eins, WEG sei daher vorausgesetzt, dass keine Vereinbarung unter Lebenden auf den Todesfall vorliege. Einen Nachweis dafür habe die Antragstellerin nicht vorgelegt, weshalb nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne, dass sie tatsächlich gemäß Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer eins, WEG Eigentum erworben habe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege, ob der überlebende Partner die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung unter Berufung auf Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer eins, WEG ohne Amtsbestätigung des Verlassenschaftsgerichts (über das Nichtvorliegen von Vereinbarungen gemäß Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer 2, oder Absatz 5, WEG) beantragen könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, unter welchen Voraussetzungen der überlebende Partner einer Eigentümerpartnerschaft (Paragraph 13, WEG) zur Antragstellung nach Paragraph 53, GBG berechtigt ist. Er ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass die dem Rechtsmittel vorangestellte Verweisung der Antragstellerin auf die Ausführungen in ihrem Rekurs unbeachtlich ist, weil jede Rechtsmittelschrift einen in sich geschlossenen selbständigen Schriftsatz darstellt und nicht durch die Bezugnahme auf den Inhalt anderer in derselben oder einer anderen Sache erstattete Schriftsätze ersetzt oder ergänzt werden kann (RIS-Justiz RS0007029 [für das wohnrechtliche Außerstreitverfahren: T9]; RS0043616). Es können nur diejenigen Ausführungen berücksichtigt werden, die im Rechtsmittel selbst enthalten sind (RIS-Justiz RS0043579 [T12]).

Paragraph 53, Absatz eins, GBG eröffnet dem Eigentümer der Liegenschaft die Möglichkeit einer Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung. Antragsberechtigt ist grundsätzlich derjenige, dessen Eigentum im Grundbuch einverleibt oder vorgemerkt ist vergleiche RIS-Justiz RS0115745). Darüber hinaus ist die Antragslegitimation auch für Fälle außerbücherlichen Eigentums anerkannt. So hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass der eingeantwortete Erbe zur Erwirkung einer Anmerkung der Rangordnung legitimiert ist, weil er schon vor Verbücherung Eigentum erlangt, sodass sich dessen Rechtsposition nicht von jener des verbücherten Eigentümers unterscheidet (5 Ob 28/90 = SZ 63/79 = WoBl 1991, 53/41 [zust Hoyer] = JBl 1991, 51 = NZ 1990, 235 [zust Hofmeister]; 5 Ob 86/90 = EvBl 1991/31; RIS-Justiz RS0060724). In den Fällen, die zu einer Bewilligung des Ansuchens führten, war das (außerbücherliche) Eigentumsrecht durch Vorlage der rechtskräftigen Einantwortungsurkunde nachgewiesen worden (5 Ob 28/90; 5 Ob 86/90).

Für das Ableben eines Eigentumspartners regelt Paragraph 14, WEG das Schicksal von dessen halben Mindestanteil. Danach geht der auf den verstorbenen Eigentumspartner entfallende Mindestanteil von Gesetzes wegen unmittelbar mit dem Tod in das Eigentum des überlebenden Teils über, es sei denn, es existiert eine schriftliche Vereinbarung im Sinne des Paragraph 14, Absatz 5, WEG über das Schicksal des Mindestanteils. In diesem Fall ist der Eigentumserwerb des überlebenden Partners subsidiär (S. Ganter in Hausmann/Vonkilch WEG Paragraph 14, Rz 3).

Die Akkreszenz in das Eigentum des Überlebenden nach Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer eins, WEG erfolgt unmittelbar, ohne dass es eines besonderen Erwerbungsakts bedürfte (arg.: „geht unmittelbar ins Eigentum über“). Der Verbücherung kommt nur noch deklarative Bedeutung zu, sodass insoweit eine Durchbrechung des Intabulationsgrundsatzes vorliegt (S. Ganter aaO Rz 14; Eccher in KBB³ Paragraph 431, Rz 2; Würth in Rummel ABGB³ Paragraph 14, WEG Rz 5; Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht Paragraph 10, Rz 3; 5 Ob 65/06d; zur Vorgängerbestimmung des Paragraph 10, WEG 1975 [Wohnungseigentum der Ehegatten im Todesfall] vergleiche RIS-Justiz RS0082946). Es ist daher grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, dem überlebenden Eigentumspartner, dem der halbe Mindestanteil zuwächst, als außerbücherlichem Eigentümer gleich einem rechtskräftig eingeantworteten Erben die Legitimation zur Erwirkung einer Anmerkung nach Paragraph 53, Absatz eins, GBG zuzubilligen.

Der Eigentumsübergang durch Zuwachs ist auflösend bedingt, solange die Option des Überlebenden zum Verzicht bzw zu einer Vereinbarung betreffend den Übergang des Mindestanteils innerhalb einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist (Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer 2, WEG) noch möglich ist (S. Ganter aaO Rz 13). Dieser Schwebezustand dauert an, solange vom Verlassenschaftsgericht die Frist nicht gesetzt wurde oder diese noch offen ist (Würth aaO Rz 5). Solange der Schwebezustand andauert, kann auch eine Ausstellung einer beschlussmäßigen Bestätigung nach Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer 5, WEG in Verbindung mit Paragraph 182, Absatz 3, AußStrG nicht erfolgen vergleiche 5 Ob 158/92 = SZ 65/158 zur Rechtslage nach dem WEG 1975 bzw zu Paragraph 175, AußStrG alt).

Auch im Fall des Zuschlags in der Zwangsversteigerung wird zunächst auflösend bedingtes Eigentum erworben. Dazu hat der Oberste Gerichtshof bereits erkannt, dass beim Ersteher, will er im Grundbuchsverfahren die Rechte eines Liegenschaftseigentümers für sich in Anspruch nehmen, besondere Kautelen für die Endgültigkeit seines Rechtserwerbs vorhanden sein müssen, um das Grundbuchsgericht nicht mit der Dokumentation einer noch unsicheren Rechtslage zu belasten (5 Ob 7/93 = SZ 66/14). Erst mit Rechtskraft des Zuschlags und der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen ist seine Rechtsstellung der eines grundbücherlichen Eigentümers vergleichbar (5 Ob 95/09w = NZ 2010, 92). Der Ersteher hat daher dem Grundbuchsgericht neben der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen die Rechtskraft der Zuschlagserteilung urkundlich nachzuweisen, wenn er vor der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums um eine Ranganmerkung für die beabsichtigte Veräußerung ansucht (RIS-Justiz RS0008292). Das Fehlen dieses Nachweises bildet einen Abweisungsgrund (5 Ob 7/93). Dieselben Erwägungen haben auch im vorliegenden Fall zu gelten, sodass dem Grundbuchsgericht der unbedingte Rechtserwerb urkundlich nachzuweisen ist, will der überlebende Eigentumspartner auch hinsichtlich der zweiten Hälfte des Mindestanteils die Rechte eines Eigentümers iSd Paragraph 53, Absatz eins, GBG ausüben. Der Revisionsrekurswerberin ist zwar zuzugestehen, dass ihr die Vorlage einer Bestätigung über das Nichtvorhandensein von Tatsachen - wie vom Rekursgericht gefordert - nicht aufgebürdet werden kann. Wie auch sonst in den Fällen des außerbücherlichen Eigentumserwerbs ist aber der urkundliche Nachweis, dass die Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentumsrechts am halben Mindestanteil erfüllt sind, zu verlangen.

Für den Erwerb nach Paragraph 14, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 2, WEG ordnet die Ziffer 5 dieser Regelung für die Eintragungen ins Grundbuch die sinngemäße Anwendung des Paragraph 182, Absatz 3, AußStrG an. Danach hat das Verlassenschaftsgericht Erwerbern, die nicht aufgrund der Einantwortung Rechte an bücherlich zu übertragenden Sachen erworben haben, eine Bestätigung darüber auszustellen, dass sie als Eigentümer in die öffentlichen Bücher eingetragen werden können. Dadurch wird bestätigt, dass dem Erwerbsvorgang keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegenstehen vergleiche Fucik/Kloiber, AußStrG Paragraph 182, Rz 6). Für den hier interessierenden Anwendungsbereich des Paragraph 14, WEG wird mit einer solchen Bestätigung der Nachweis erbracht, dass der überlebende Eigentumspartner durch Anwachsung unmittelbar Eigentum am halben Mindestanteil des verstorbenen Teils erworben hat, sodass ihm eine dem (bücherlichen) Eigentümer vergleichbare Rechtsstellung zukommt. Sucht er vor der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums um eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung an, kann der Antrag nur bewilligt werden, wenn der überlebende Teil der Eigentümerpartnerschaft diesen urkundlichen Nachweis erbringt.

Da die Antragstellerin lediglich die Sterbeurkunde vorlegte, haben die Vorinstanzen ihrem Antrag sohin zu Recht nicht Folge gegeben. Ihre Entscheidung war daher spruchgemäß zu bestätigen.

Schlagworte

Grundbuchsrecht,Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E98195

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00097.11T.0707.000

Im RIS seit

13.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2013

Dokumentnummer

JJT_20110707_OGH0002_0050OB00097_11T0000_000