Diesem Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens kommt keine Berechtigung zu:
Soweit die K***** GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) zunächst das Vorliegen eines legitimen Ziels iSd Abs 2 des Art 10 MRK problematisiert, genügt der Hinweis darauf, dass das in Rede stehende Privat- und Familienleben unbestritten vom „Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer" umfasst ist (EGMR 24.6.2004, von Hannover, Nr 59320/00 Rz 58 f, MR 2004/246; Grabenwarter EMRK3 § 23 Rz 24).
Der im Fall konfligierender Grundrechte von der Konvention geforderte faire Ausgleich zwischen - hier - dem Anspruch auf Achtung des Privatlebens (Art 8 MRK), der insbesondere auch positive Schutzpflichten des Staates auslöst (EGMR 15.11.2007, Pfeifer, Nr 12556/03 Rz 37, MR 2007/362), und dem Recht auf freie Meinungsäußerung (Art 10 MRK) wird auf innerstaatlicher Ebene für den hier interessierenden Bereich durch § 7 MedienG gewährleistet.
Danach hat der Betroffene, dessen höchstpersönlicher Lebensbereich in einem Medium in einer Weise erörtert oder dargestellt wird, die geeignet ist, ihn in der Öffentlichkeit bloßzustellen, gegen den Medieninhaber einen Anspruch auf Entschädigung (Abs 1 leg cit).
Der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereiches soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers mit dem des Privat- und Familienlebens im Sinne von Art 8 MRK decken, wobei der EGMR den Begriff des Privat- und Familienlebens sehr weit versteht (Rami in WK² MedienG § 7 Rz 3 mwN). Wenngleich die genannte Bestimmung nicht das gesamte private Leben eines Menschen schützt, umfasst der höchstpersönliche Lebensbereich aber insbesondere jene Angelegenheiten, deren Kenntnisnahme durch Außenstehende die persönliche Integrität im besonderen Maß berührt; dazu gehören vor allem das Leben in der Familie, die Gesundheitssphäre und das Sexualleben, aber auch Kontakte mit engsten Vertrauten (vgl Rami in WK² MedienG § 7 Rz 4 sowie Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley MedienG² § 7 Rz 6 bis 9).
Das Tatbestandsmerkmal der Bloßstellung soll den spezifischen Verletzungstatbestand umschreiben, dh das mediale Eindringen in eine schutzwürdige Privatsphäre und die damit verbundene Beschädigung der persönlichen Integrität. Ausgehend von einem objektiven Maßstab (das Gesetz stellt auf die Eignung zur Bloßstellung ab) und bezogen auf das Schutzgut der Privatsphäre lässt sich somit sagen, dass jene Erörterungen und Darstellungen bloßstellend wirken, die dem Einzelnen die Chance der Selbstbestimmung über das der Umwelt eröffnete Persönlichkeitsbild nehmen (Berka aaO Rz 17 ff).
Bei Angelegenheiten der intimsten Sphäre wird jede Informationsteilhabe durch Außenstehende die private Identität verletzen, weil sensible Informationen vor einer nicht eingrenzbaren und beherrschbaren Öffentlichkeit ausgebreitet werden. In solchen Fällen wirkt also bereits die mediale Indiskretion als solche bloßstellend und braucht eine weitere nachteilige Auswirkung nicht besonders nachgewiesen werden. Im darüber hinausgehenden Bereich sind bei Prüfung der Bloßstellungseignung nach Art eines beweglichen Systems auch Begleitumstände und Auswirkungen einer Veröffentlichung mit in Betracht zu ziehen, sodass ein geringerer Grad an berührter Privatheit durch eine besonders beeinträchtigende Form der Darstellung aufgewogen werden kann. Ob diesfalls eine Missachtung des Privatlebens vorliegt, richtet sich somit einerseits nach der Privatheit des betroffenen Sachverhaltes und andererseits nach der Intensität des Eingriffs in formaler wie inhaltlicher Hinsicht.
Die Bloßstellungseignung kommt sohin zum einen Informationen zu, die den engsten Kernbereich der Privatsphäre (sensible und besonders schutzwürdige Daten [insbesondere auch im Bereich des Familienlebens], Gesundheit, Sexualität) betreffen. Andererseits sind Mitteilungen über Angelegenheiten, die nicht diesem engsten Kreis der Intimsphäre zugehören (und vielfach sogar für eine begrenzte Öffentlichkeit sichtbar oder einem begrenzten Kreis von Personen bekannt waren), bei entsprechend Mitleid heischender, den Betroffenen als außergewöhnlich bedauernswert hinstellender, trivialer und emotionsgeladener Berichterstattung als zur Bloßstellung geeignet einzustufen (zum Ganzen MR 2005/422; Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley MedienG² § 7Rz 8, 19 f).
Fallbezogen ist der Antragsteller von der inkriminierten Veröffentlichung sowohl aus seiner Beziehung zu der durch den Verlust des ungeborenen Kindes unmittelbar (körperlich und psychisch) beeinträchtigten Ehefrau (um deren Wohl er sich berechtigte Sorgen macht) als auch unmittelbar (als Vater, der um das ungeborene Kind trauert und sich neu orientieren muss) betroffen, zumal die Mitteilung ganz klar die eheliche Beziehung - insbesondere den Aspekt der Familienplanung - berührt und ein Todesfall im engsten Familienkreis - und damit auch der Verlust des ungeborenen Kindes - schon für sich den höchstpersönlichen Lebensbereich einer Person betrifft. Die von der Antragstellerin vorgenommene Differenzierung zwischen Mutter und Vater („nicht er hat das Kind verloren, sondern seine Gattin...") vermengt - offensichtlich auf einem nicht mehr aktuellen, den partnerschaftlichen Charakter von Beziehungen verkennenden Rollenmodell basierend - die Frage konkreter Betroffenheit mit der Reichweite des höchstpersönlichen Lebensbereiches.
Die Nachricht über einen solchen Verlust gehört - wie bereits das Oberlandesgericht Graz zutreffend darlegte - unbestreitbar zum engsten das Privat- und Familienleben betreffenden Bereich und somit zu jenen Angelegenheiten, die nur die unmittelbar betroffenen Personen, nämlich die Eltern, etwas angehen und deren Verbreitung im Wege eines Massenmediums gegen den Willen der unmittelbar Betroffenen grundsätzlich zu unterbleiben hat.
Wenn auch der Verlust eines ungeborenen Kindes zwar weder ehrenrührig noch (in aller Regel) ansehensmindernd ist, so ist es doch schutzwürdig, dass ein - auch in der Öffentlichkeit stehender - Mensch diesen Umstand verbergen möchte (vgl Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley MedienG² § 7 Rz 2), zumal man sonst gezwungen wird, sich mit öffentlicher Neugierde, unerwünschter Anteilnahme oder ungebetenem Mitleid in einer Angelegenheit seiner Intimsphäre auseinander zu setzen (Berka aaO Rz 19 mwN). Auch daraus erhellt, dass der Anspruch auf Achtung des höchstpersönlichen Lebensbereiches in casu tatsächlich beeinträchtigt wurde.
Hinzu kommt, dass auch derjenige, der an hervorgehobener Position im öffentlichen Leben steht, also eine „public figure" wie etwa der Antragsteller, zweifellos ein Recht darauf hat, dass sein intimster Bereich respektiert wird, in dem er nur sich selbst gehört (Berka aaO Rz 26 f; vgl neuerlich EGMR 24.06.2004, von Hannover, Nr 59320/00; MR 2005, 232).
Nicht von Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, dass die Antragstellerin - nach ihrem Vorbringen - sachlich und nicht tendenziös berichtet hat. Denn im Kernbereich des Privat- und Familienlebens wirkt - wie schon erörtert - bereits die mediale Indiskretion an sich bloßstellend, weil sie dem Betroffenen die Chance der Selbstbestimmung über das der Umwelt eröffnete Persönlichkeitsbild nimmt. Gerade in der Frühphase einer Schwangerschaft besteht nämlich bei werdenden Eltern ein berechtigtes Interesse diesen noch nicht nach außen getretenen Umstand privat zu halten.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass - entgegen der dem Erneuerungsantrag stillschweigend zugrundeliegenden Prämisse - von den Gerichten nicht festgestellt wurde, dass die Tatsache der Schwangerschaft der Ehefrau des Karl Heinz G***** (allgemein) bekannt gewesen wäre (was übrigens von der Antragstellerin im Verfahren auch nicht releviert wurde). Gleiches gilt für die (bloße) Behauptung der Antragstellerin, Frau P***** habe den Umstand ihrer Schwangerschaft - gerichtsnotorisch - selbst verbreitet. Ein - eine andere rechtliche Beurteilung allenfalls ermöglichendes - Heraustreten des Faktums der Schwangerschaft aus der geschützten intimsten Sphäre, sei es durch Informationsweitergabe der Eltern, sei es durch sonstiges Bekanntwerden in der Öffentlichkeit, liegt somit nach der Aktenlage nicht vor. Dies entzieht aber auch dem weiteren Argument, die Öffentlichkeit hätte ohnehin vom Verlust des Kindes erfahren, den Boden.
Im Übrigen sei noch angemerkt, dass der Umstand allein, wonach eine mögliche Schwangerschaft der Ehefrau des Antragstellers bereits in Form von medialen Spekulationen in der Öffentlichkeit erörtert worden sei, einerseits nicht dem öffentlichen Bekanntsein der Tatsache gleichzuhalten wäre und andererseits den nachfolgenden, damit im Zusammenhang stehenden Ereignissen (wie eben etwa die Tatsache des Verlustes des ungeborenen Kindes) nicht schon die Eignung zur Bloßstellung nimmt (vgl Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley MedienG² § 7Rz 11 und Rami in WK² MedienG § 7 Rz 6).
Nach ständiger Judikatur des EGMR stellt die Verpflichtung eines Medieninhabers zur Zahlung einer Entschädigung nach § 7 MedienG einen Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art 10 Abs 1 MRK dar. Ein solcher Eingriff ist nach Abs 2 des Art 10 MRK nur insoweit zulässig, als er gesetzlich vorgesehen ist, ein legitimes Ziel verfolgt und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Schließlich darf der Eingriff in Relation zum verfolgten Ziel - hier dem Schutz des Privat- und Familienlebens - nicht unverhältnismäßig sein.
Demgemäß steht das durch § 7 Abs 1 MedienG geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 MRK mitunter in einem Spannungsverhältnis zu der nach Art 10 Abs 1 MRK garantierten Freiheit der Meinungsäußerung.
Während nun auf der einen Seite § 7 Abs 1 MedienG entsprechend dem Gesetzesvorbehalt des Art 10 Abs 2 MRK (insbesondere mit Blick auf Art 8 MRK) die Durchsetzung des Anspruchs auf Achtung des Privat- und Familienlebens bezweckt, trägt andererseits § 7 Abs 2 MedienG dem Recht auf freie Meinungsäußerung Rechnung, indem durch die Normierung von „Ausschlussgründen", bei deren Vorliegen der Anspruch auf Entschädigung nach § 7 Abs 1 MedienG nicht besteht, die notwendige Balance zwischen den widerstreitenden Grundrechtsgarantien wiederhergestellt wird.
Zu der hier relevanten Regelung des § 7 Abs 2 Z 2 MedienG, wonach Veröffentlichungen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich dann zulässig sind, wenn sie wahr sind und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben stehen, wurde im Erneuerungsantrag (ebenso wie zum Ausschlussgrund des anzunehmenden Einverständnisses nach Z 3 des § 7 Abs 2 MedienG) kein Vorbringen erstattet, sodass sich mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung einer in der Nichtannahme dieses Ausschlussgrundes gelegener Grundrechtsverletzung ein Eingehen darauf erübrigt.
Darüberhinaus aber ist der Argumentation der Generalprokuratur zu folgen: Öffentliches Leben bezeichnet den Bereich des öffentlichen Handelns in gemeinschaftswichtigen Angelegenheiten. Dazu gehören jedenfalls der staatliche Bereich, dh das Handeln der Organwalter in Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit, ferner natürlich auch das politische Leben. Der vom Gesetz explizit geforderte unmittelbare Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben besteht dann, wenn der Bericht über Tatsachen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich im Umfang und in der Intensität notwendig ist, um die auf den öffentlichen Lebensbereich bezogenen Informationsinteressen sachgerecht zu befriedigen (Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley MedienG² § 7 Rz 26 f).
Die Frage, ob ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben vorliegt, wurde von den damit befassten Gerichten in unbedenklicher Weise gelöst.
Wenngleich es sich beim Antragsteller Mag. Karl-Heinz G***** um eine Person des öffentlichen Lebens handelt, kann der veröffentlichte Artikel über den Verlust des ungeborenen Kindes nicht in Relation zu dessen politischen Funktion gesetzt werden, zumal der Tod eines Kindes mit der politischen Tätigkeit als Finanzminister keinen (geschweige denn einen unmittelbaren) Sachzusammenhang aufweist. Wie bereits das Erstgericht zutreffend darlegte, läge der Ausschlussgrund des § 7 Abs 2 Z 2 MedienG selbst dann nicht vor, wenn das berichtete Geschehen beim Betroffenen tatsächlich emotionale, sich auf das Berufsleben auswirkende Konsequenzen ausgelöst hätte; denn unter dieser Annahme, dass sich jeder höchstpersönliche Umstand auf die Befindlichkeit des davon Betroffenen und in weiterer Folge auch auf dessen Berufsleben auswirkt, würde die Schutzfunktion des § 7 MedienG in unzulässiger Weise untergraben werden.
Aus all dem folgt, dass die von den Gerichten für die in der Verurteilung der Antragstellerin gelegene Beschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung angegebenen Gründe maßgeblich und ausreichend waren, und dass dieser Eingriff auch unter dem Blickwinkel einer zugesprochenen Entschädigung von 1.000 Euro (vgl zur Frage der Bedeutung der Höhe von Strafen und Schadenersatzbeträgen bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit: EGMR 13.7.1995, Tolstoy Miloslavsky, A/316-B, ÖJZ 1995/49 [MRK]) nicht unverhältnismäßig war.
Der Antrag der K***** GmbH & Co KG auf Erneuerung des Strafverfahrens war somit - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.