Begründung:
Ende Juni 2016 wurden gegenüber einem Landesrat im Zusammenhang mit dessen betriebswirtschaftlicher Dissertation aus dem Jahr 2000 Plagiatsvorwürfe erhoben. Diese stellten sich später als zutreffend heraus. In der Folge wurde ihm von der Universität der akademische Grad des Dr. aberkannt. Der Landesrat hatte am Beginn seiner Dissertation folgende Ehrenerklärung abgegeben:
„Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benützt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe ...“
Diese Erklärung stellte sich somit als unrichtig heraus. In weiterer Folge trat der Landesrat auch als Obmann des Wirtschaftsbundes S***** zurück. Innerhalb des Wirtschaftsbundes erging, ausgehend vom Wirtschaftsbunddirektor, am 10. 4. 2017 der Aufruf, sich mit dem Landesrat solidarisch zu zeigen und zu diesem Zweck einen an die Mitglieder des Wirtschaftsbundes S***** gerichteten vorformulierten Brief zu unterzeichnen. Auch der Kläger als Spartenobmann hätte diesen Brief unterzeichnen sollen.
Die Funktionäre, die in diesem Briefentwurf als Unterzeichner angeführt sind, wurden gefragt, ob sie dem Schreiben zustimmen. Der Kläger sagte auf die diesbezügliche Anfrage des Wirtschaftsbunddirektors aber nicht pauschal zu, den Brief mitzuunterzeichnen, sondern forderte stattdessen eine Sitzung, um die Vorwürfe gegen den Landesrat intern zu diskutieren und zu prüfen. Seiner Ansicht nach sollte der Landesrat den Bescheid offen legen, um dann über die Maßnahmen sinnvoll diskutieren zu können, zumal seiner Ansicht es in der Republik Österreich nicht oft vorkomme, dass ein Doktortitel aberkannt werde. Der Wirtschaftsbunddirektor lehnte eine solche Sitzung ab und verwies den Kläger auf einen Jour fixe am folgenden Freitag. Ein Jour fixe ist nicht beschlussfähig, dem Kläger war es allerdings wichtig, eine beschlussfähige Sitzung abzuhalten. Von einer anderen Form des Zusammentreffens mit Beschlussfähigkeit, etwa die vom Wirtschaftsbunddirektor angesprochene Landesleitungssitzung oder Präsidiumssitzung, wusste der Kläger nichts, diese wurde ihm gegenüber auch nicht erwähnt. Es ging dem Kläger lediglich darum, die Vorwürfe zu besprechen und zu prüfen und sich mit den betroffenen Personen, also denen, die auf dem Brief aufscheinen, abzusprechen. Der Kläger erklärte gegenüber dem Wirtschaftsbunddirektor, dass er den Brief derzeit nicht unterschreiben könne. Daraufhin strich der Wirtschaftsbunddirektor den Namen des Klägers vom Briefentwurf.
Am 11. 4. 2017 wurde vom Wirtschaftsbund die Solidaritätsbekundung laut dem Briefentwurf ohne den Namen des Klägers an die Mitglieder des ***** Wirtschaftsbundes versandt.
Der Kläger besprach sich auch mit anderen Persönlichkeiten des Wirtschaftsbundes, die meinten, eine Sitzung wäre sinnvoll.
Der Kläger ist Obmann der größten Sparte, nämlich der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer S*****. An der Spitze der Wirtschaftskammer stehen der Präsident mit zwei Vizepräsidenten. Die Kammer ist in sieben Sparten aufgeteilt.
Der Kläger fühlt sich als Spartenobmann den Landesinnungsmeistern seiner Sparte gegenüber verantwortlich und wollte daher ohne Rücksprache mit diesen einen solchen Brief nicht unterzeichnen.
Am 12. 4. 2017 verfasste der Kläger einen Brief, den er den 21 Landesinnungsmeistern seiner Sparte zukommen ließ. Darin erklärte er, warum er den vom Wirtschaftsbund versandten Solidaritätsbrief nicht unterzeichnen konnte bzw wollte.
Verschiedene Medien erhielten offenbar die Aussendungen des Wirtschaftsbundes und des Klägers, woraufhin zahlreiche Anfragen an diesen gerichtet wurden, warum er die Aussendung des Wirtschaftsbundes nicht mittrage. Der Kläger betonte dabei, dass es ihm ausschließlich um die Glaubwürdigkeit und Moral in der Politik gehe und dass in seinen Augen jemand, der eine Ehrenerklärung abgebe, danach aber de facto der Lüge überführt werde, ein Glaubwürdigkeitsproblem habe.
Der Kläger forderte als Privatperson und nicht in seiner Eigenschaft als Spartenobmann auch den Rücktritt des Landesrats. Es ginge aber nie um diesen direkt, wie der Kläger auch in einem Interview mit der APA betonte, sondern er hätte den Rücktritt auch bei jedem anderen gefordert.
Am 25. 4. 2017 erschien in der Tageszeitung deren Medieninhaberin die Zweitbeklagte ist, ein vom erstbeklagten Journalisten verfasster Artikel mit folgendem Wortlaut:
„Causa B***** und kein Ende
Spartenobmann geht es an den Kragen
Die Causa B***** hat Nebenwirkungen, da braucht man sich nicht einmal bei seinem Arzt oder Apotheker darüber informieren …
Ganz sicher bald einmal für [Kläger], Fußpfleger und Masseur, Obmann der Sparte Gewerbe in der Wirtschaftskammer, der dort nie wirklich viele Freunde gehabt hat. Seit er sich allerdings in den Medien für den Rücktritt von C***** B***** stark gemacht hat, ist er überhaupt Persona non grata, Verräter, Aussätziger, Judas
– alles Original-Töne von WK-Fuktionären – in einer Person …
Und auch ihm wird, davon kann man ausgehen, in der Kammer-Funktion kein sehr langes Leben mehr beschieden sein – das behaupten zumindest die stets gut informierten Kreise. Es kursiert bereits eine Unterschriftenliste, die den Rücktritt [des Klägers] ‘aus allen Funktionen‘ fordert.
Initiator der Aktion ist H***** S*****, der Landesinnungsmeister der Dachdecker-Glaser-Spengler, der die ‘moderne Hetzjagd mehr als abscheulich‘ empfand, sich durch den medialen Alleingang [des Klägers] ‘hintergangen und verraten‘ fühlt.
Schon im Vorfeld soll es – zuletzt bei einer Landesleitungs-Sitzung im Wirtschaftsbund – ‘Keks mit Stahlkanten‘ gegeben haben. Mehrere Sparten-Obleute hatten [dem Kläger] nahe gelegt, sich zu überlegen, ob in der Gemeinschaft noch Platz für ihn sei. Und Präsident J***** H***** hatte (lautstark) die Illoyalität des Funktionärs gegeißelt.“
Als dieser Artikel veröffentlicht wurde, kontaktierte der Kläger den Landesinnungsmeister der Dachdecker-Glaser-Spengler, um ihn zur angeblich kursierenden Unterschriftenliste zu befragen. Eine derartige Liste war dem Kläger bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht bekannt, wobei man innerhalb der Wirtschaftskammer eigentlich nichts geheim halten kann.
Vom Erstbeklagten wurde der Kläger nicht kontaktiert, um ihn zur Sache des Landesrats oder den im Artikel anonym zitierten Äußerungen zu befragen.
Zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte der Kläger die Erlassung der einstweiligen Verfügung, den Beklagten werde die Behauptung und/oder Verbreitung der (oder einer sinngleichen) Äußerung verboten, dass er ein „Judas“ sei. Er brachte vor, er habe niemanden verraten. Vielmehr sei es ihm um die Glaubwürdigkeit in der Politik und um eine Rücktrittskultur gegangen. Die Verbreitung der angeblichen Äußerung, er sei ein „Judas“, sei ehrenrührig und kreditschädigend.
Die Beklagten wendeten ein, der Kläger habe medial eine politische Debatte über den Rücktritt jenes Dritten entfacht. Nun werde er selbst kritisiert und zum Rücktritt aufgefordert. Der Erstbeklagte habe daraufhin herumtelefoniert und von verschiedenen, ihm sehr gut bekannten Personen innerhalb der Wirtschaftskammer, die er nicht nennen könne, die inkriminierten Vorwürfe, unter anderem „Judas“, vernommen. Er habe nur neutral zitiert und sich damit nicht identifiziert. Die bloß anonyme Wiedergabe mache im gegenständlichen Fall keinen Unterschied, da dem Kläger die Urheber der zitierten Äußerungen bekannt seien.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung.
Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und führte aus, der Begriff „Judas“ sei (keine Tatsachenbehauptung, sondern) ein Werturteil. Unter diesem Begriff verstehe man im allgemeinen Sprachgebrauch jemanden, der treulos an jemandem handle, ihn verrate, was ua mit den Bezeichnungen „Verräter, (Ver)Naderer“ gleichgesetzt werde. Jemanden als „Judas“ zu bezeichnen, sei ehrenrührig. Solange bei wertenden Äußerungen die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten würden, also kein Wertungsexzess vorliege, sei auch bei massiver, in die Ehre eines anderen eingreifender Kritik insbesondere zu beachten, ob sie sich an konkreten Fakten orientiere, sie also zumindest auf einem wahren Tatsachenkern beruhe. Ob ein Wertungsexzess vorliege, könne aber dahingestellt bleiben. Das Besondere des vorliegenden Falls sei nämlich, dass die Beklagten gar nicht selbst die Wertung vorgenommen hätten, der Kläger sei aufgrund seines in Rede stehenden Verhaltens als „Judas“ zu bezeichnen. Nur dann, wenn sie solches als ihre eigene Meinung artikuliert hätten, wäre deren Deckung durch die Meinungsfreiheit zu erörtern; sie hätten vielmehr die Bezeichnung des Klägers als „Judas“ als Zitate nicht genannter Dritter ausgegeben. Es stehe aber nicht einmal fest, dass es sich tatsächlich um Zitate handle. Dem Persönlichkeitsinteresse des Klägers auf Wahrung seiner Ehre stehe daher kein erkennbares Interesse der Beklagten daran gegenüber, die nicht bescheinigten ehrenrührigen Zitate zu verbreiten.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil oberstgerichtliche Judikatur dazu fehle, ob die Interessenabwägung nach § 1330 Abs 1 ABGB im Fall eines beleidigenden anonymen angeblichen Zitats jedenfalls zu Lasten des Äußernden vorzunehmen sei oder ob auch die allenfalls gerechtfertigte Perspektive eines fiktiven Äußernden in die Beurteilung einfließe.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der vom Kläger beantwortete Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Sicherungsantrag abgewiesen werde.