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Entscheidungstext 7Ob153/17a

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

RdW 2018/132 S 163 -RdW 2018,163 = AnwBl 2018/72 S 270 - AnwBl 2018,270

Geschäftszahl

7Ob153/17a

Entscheidungsdatum

18.10.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** R*****, vertreten durch Mag. Alexander Todor-Kostic, LL.M., und Mag. Silke Todor-Kostic, Rechtsanwälte in Velden am Wörthersee, gegen die beklagte Partei J*****, vertreten durch Dr. Bernhard Fink und andere, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. Mai 2017, GZ 7 R 44/16v-25, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 19. September 2016, GZ 26 Cg 88/14h-21, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.175,22 EUR (darin enthalten 195,87 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu zahlen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO abhängt. Die Begründung dieser Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

1. Die Unterlassung der Erörterung eines bisher nicht beachteten rechtlichen Gesichtspunkts kann nur dann einen Verfahrensmangel darstellen, wenn dadurch einer Partei die Möglichkeit genommen wurde, zur bisher unbeachtet gebliebenen Rechtslage entsprechendes Tatsachenvorbringen zu erstatten. Werden hingegen nur dieselben Tatsachen, die schon der bisher erörterten Rechtslage zugrunde lagen, rechtlich anders bewertet, kann die Verletzung des Paragraph 182 a, ZPO keine Rechtsfolgen haben (RIS-Justiz RS0120056 [T13, T14]). In einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des Paragraph 182 a, ZPO hat der Rechtsmittelwerber überdies darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RIS-Justiz RS0120056 [T12]). Entsprechende Behauptungen ist die Beklagte aber in ihrer Revision schuldig geblieben, sodass sie auch die Wesentlichkeit des von ihr geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dargetan hat.

2. Der behauptete Verstoß nach Paragraph 498, Absatz eins, ZPO liegt nicht vor. Selbst dann, wenn das Berufungsgericht aus den erstgerichtlichen Feststellungen andere tatsächliche (und nicht andere rechtliche) Schlüsse zieht als das Erstgericht, ist eine Beweiswiederholung oder Beweisergänzung in der Berufungsverhandlung nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0118191; vergleiche RS0043165).

Wenn das Berufungsgericht die festgestellten Inhalte der Protokolle über die Mitgliederversammlungen und das Gesamtverhalten des Klägers, insbesondere seine unverzüglichen Protokollberichtigungsanträge und seine Schreiben an das Schiedsgericht dahingehend versteht, dass der Kläger die Strafanzeige wegen Urkundenfälschung gegen den Vereinsobmann, seinen Stellvertreter, die Schriftführerin und den Obmann des Schiedsgerichts nicht wider besseren Wissens eingebracht habe, ist ein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht zu erkennen. Diese Schlussfolgerung des Berufungsgerichts widerspricht
– entgegen der Ansicht der Beklagten – auch keiner Feststellung des Erstgerichts. Die von ihr herangezogenen
– im Rahmen der Beweiswürdigung erfolgten – Ausführungen des Erstgerichts sagen lediglich etwas über das Motiv des Klägers für sein Vorgehen aus, nicht aber, dass er seine Strafanzeige in Kenntnis ihrer allfälligen Unrichtigkeit erstattete.

3. Der Kläger wurde gemäß Paragraph 7, Absatz 2, Litera c, der Vereinsstatuten, der den Fall betrifft, dass das Verhalten des Mitglieds geeignet ist, das Ansehen und die Interessen der Jagdgesellschaft zu schädigen, ausgeschlossen.

3.1 In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Vereinsausschluss die weitestgehende Vereinsstrafe darstellt und nur aus wichtigen Gründen erfolgen darf (RIS-Justiz RS0080399 [T1]). Ein wichtiger Ausschließungsgrund liegt insbesondere in der Verletzung von Mitgliedspflichten, die geeignet ist, den Bestand des Mitgliedschaftsverhältnisses und das Vertrauen zwischen Mitglied und Verein ernstlich zu erschüttern (RIS-Justiz RS0080399 [T3]). Ist jemand Mitglied eines Vereins geworden, so soll er nur aus ihn belastenden wichtigen Gründen gegen seinen Willen diese Mitgliedschaft verlieren (RIS-Justiz RS0022285 [T3]). Ob derartige wichtige Gründe vorliegen, kann naturgemäß nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO dar (RIS-Justiz RS0080399 [T2], RS0022285 [T5]).

3.2 Die Beklagte begründet den Ausschluss des Klägers damit, dass er gegenüber dem Vorstand haltlose und massive Vorwürfe erhoben, unberechtigte Disziplinar- und Strafanzeigen gegen Vereinsmitglieder eingebracht und immer wieder Protokollberichtigungsanträge gestellt habe, was sowohl das Ansehen des Vereins schädige als auch das Klima zwischen den Mitgliedern beeinträchtige. Im Übrigen habe er zwei Füchse trotz abgelaufener Jagdberechtigung geschossen.

3.3 Straf- und Disziplinaranzeigen an die zuständige Stelle sind grundsätzlich gerechtfertigt, es sei denn die Beschuldigung wird vom Anzeiger wider besseren Wissens erhoben (RIS-Justiz RS0031957 [T2, T4, T5]). Damit sind Mitteilungen an Stellen, die zur gewissenhaften Nachprüfung verpflichtet sind, selbst wenn sich die Tatsachenmitteilungen als unzutreffend erweisen sollten, nicht schlechthin verpönt.

3.3.1 Der Kläger beantragte eine Berichtigung des Protokolls, weil dieses den von ihm wahrgenommenen Ablauf der Versammlung nicht richtig wiedergegeben haben soll. Nachdem dem nicht entsprochen worden war, erstattete er gegen den Vereinsobmann, dessen Stellvertreter, die Schriftführerin und den Obmann des Schiedsgerichts Strafanzeige wegen Urkundenfälschung. Dass es sich dabei um eine wissentlich falsche Anzeige gehandelt hat, steht nicht fest. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich dies auch nicht aus dem Umstand, dass der Obmannstellvertreter und der Obmann des Schiedsgerichts nicht an der Verfassung des Protokolls beteiligt gewesen seien. Der Kläger muss als juristischer Laie nicht wissen, dass der Obmann des Schiedsgerichts nicht allein durch Untätigkeit zum Beteiligten wird. Der Obmannstellvertreter wird wohl im Hinblick darauf als Angezeigter genannt, dass die vermeintlich nicht protokollierte Aussage von ihm stammt, im Übrigen wird ihm aber gar kein konkretes Verhalten im Zusammenhang mit der behaupteten Urkundenfälschung vorgeworfen.

3.3.2 Der Kläger berief das Schiedsgericht mit der Begründung ein, dass ein Vereinsmitglied die Abschussquote überschritten habe. Nachdem das Schiedsgericht – trotz Verpflichtung iSd Paragraph 16, der Statuten zu einer zügigen Verhandlungsführung – über zwei Monate untätig geblieben war, beantragte der Kläger die Überprüfung der Entscheidung des Schiedsgerichts durch den Disziplinarrat. Auch wenn das Disziplinarverfahren eingestellt wurde, erwies sich doch die Beanstandung der Überschreitung der Abschussquote als objektiv richtig. In der letztlich doch ergangenen Entscheidung des Schiedsgerichts wurde der Abschuss „als auf einer Fehleinschätzung“ beruhend beurteilt, und dem Vereinsmitglied der Erwerb und das Studium eines konkret bezeichneten Fachbuchs aufgetragen.

3.3.3 Wenn das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund die Erstattung der Straf- und Disziplinaranzeige nicht als Verstöße wertete, die derart schwer wiegen, dass sie den Ausschluss aus dem Verein rechtfertigen, ist dies jedenfalls vertretbar.

3.4 Dass das wiederholte – zeitweise sicher lästige – Bestehen auf der Einhaltung der Statuten und auf wortgetreue Protokollierungen sowie die häufig geäußerte Kritik an der Vereinsführung für einen Ausschluss nicht ausreicht, stellt gleichfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts dar.

3.5 Die Ansicht des Berufungsgerichts, der ohne Jagderlaubnisschein erfolgte Abschuss von zwei Füchsen durch den Kläger, der ohnedies (abschließend) durch die Verhängung eines zweijährigen Entzugs der Jagderlaubnis sanktioniert worden sei, stelle keinen Ausschlussgrund dar, ist nicht zu beanstanden. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich ausdrücklich dafür entschuldigte und eine Selbstbeschränkung anbot, lässt sich eine gewichtige Erschütterung des Vertrauensverhältnisses nicht erkennen.

3.6 Zusammengefasst folgt, dass die im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Beurteilung des Berufungsgerichts im Ergebnis, die Verhaltensweisen des Klägers seien weder für sich noch in ihrer Gesamtheit geeignet, einen für den Ausschluss geforderten wichtigen Grund darzustellen, jedenfalls vertretbar ist.

4. Soweit die Beklagte einen unrichtigen „vorprozessualen Kostenersatzanspruch zugunsten des Klägers“ durch das Berufungsgericht bemängelt, erübrigt sich ein Eingehen bereits unter Hinweis auf Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO.

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

6. Die Kostenentscheidung gründet auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E119811

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00153.17A.1018.000

Im RIS seit

15.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2018

Dokumentnummer

JJT_20171018_OGH0002_0070OB00153_17A0000_000

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