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Entscheidungstext 12Os17/17t

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Strafrecht

Geschäftszahl

12Os17/17t

Entscheidungsdatum

02.03.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dominik T***** wegen des Vergehens des Diebstahls nach Paragraph 127, StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 6. Oktober 2016, GZ 28 U 222/16z-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer zu Recht erkannt:

Spruch

         Das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 6. Oktober 2016, GZ 28 U 222/16z-30, verletzt das Gesetz

         1./ in der unterlassenen Bildung einer Subsumtionseinheit hinsichtlich der den Schuldsprüchen 1./, 2./ und 4./ zugrunde liegenden Taten als das Vergehen des Diebstahls nach Paragraph 127, StGB in Paragraph 29, StGB;

         2./ im Strafausspruch in Paragraph 5, Ziffer 4, JGG;

         3./ im Einziehungserkenntnis betreffend „das sichergestellte Fahrrad zu Stbl.Nr. 1198/16 (ON 12)“ in Paragraph 26, Absatz eins, StGB.

Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in der rechtlichen Unterstellung der dem Angeklagten Dominik T***** zu 1./, 2./ und 4./ zur Last liegenden Taten als mehrere Vergehen des Diebstahls nach Paragraph 127, StGB, demzufolge auch im Strafausspruch (samt den Beschlüssen im Umfang des Ausspruchs auf Verlängerung der Probezeiten zu AZ 14 Hv 154/15b des Landesgerichts für Strafsachen Graz und zu AZ 79 Hv 19/16z des Landesgerichts Klagenfurt) sowie im Einziehungserkenntnis aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Salzburg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem (in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 6. Oktober 2016, GZ 28 U 222/16z-30, wurde der am 20. März 2000 geborene (daher noch jugendliche) Dominik T***** „der Vergehen“ des Diebstahls nach Paragraph 127, StGB (1./, 2./ und 4./) sowie des Vergehens der Entwendung nach Paragraphen 15, Absatz eins,, 141 (zu ergänzen:) Absatz eins, StGB (3./) schuldig erkannt und hiefür „unter Anwendung des Paragraph 5, JGG und Paragraph 28, StGB nach Paragraph 127, StGB“ zu einer – gemäß Paragraph 43, Absatz eins, StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen – Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

         Danach hat er in S***** (zusammengefasst wiedergegeben) – neben einer versuchten Entwendung einer Tafel Schokolade im Wert von 1,29 Euro (3./) – mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anderen fremde bewegliche Sachen weggenommen, und zwar:

1./ am 2. Mai 2016 Daniel L***** ein Mobiltelefon der Marke Samsung Galaxy S5 im Wert von 599 Euro;

         2./ am 3. Mai 2016 einem unbekannten Opfer ein Mountainbike der Marke Proceed unbekannten Werts;

         4./ am 16. Juli 2016 Gewahrsamsträgern des Drogeriemarkts M***** eine Flasche Parfum im Wert von 63,95 Euro.

Zugleich sprach das Bezirksgericht Salzburg gemäß Paragraph 494 a, Absatz eins, Ziffer eins, StPO aus, dass kein Anlass zu einem nachträglichen Strafausspruch in Bezug auf das Urteil des Bezirksgerichts Graz-West vom 26. November 2015, AZ 15 U 150/15p, bestehe; vom Widerruf der mit Urteilen des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15. Dezember 2015, AZ 14 Hv 154/15b, sowie des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. Juni 2016, AZ 79 Hv 19/16z, gewährten bedingten Strafnachsichten sah es gemäß Paragraph 494 a, Absatz eins, Ziffer 2 und Absatz 6, StPO unter jeweiliger Verlängerung der Probezeiten auf fünf Jahre ab.

„Gemäß Paragraph 26, Absatz eins, StGB“ wurde „das sichergestellte Fahrrad zu Stbl.Nr. 1198/16 (ON 12)“ eingezogen.

Rechtliche Beurteilung

         Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht das erwähnte Urteil in mehrfacher Hinsicht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

1./ Nach dem Zusammenrechnungsprinzip des Paragraph 29, StGB bilden alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten Diebstähle, mögen sie weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen oder jeder für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung eine Subsumtionseinheit. Die (zu 1./, 2./ und 4./ erfolgte) getrennte Annahme mehrerer Vergehen des Diebstahls nach Paragraph 127, StGB (neben [insoweit zutreffend] einem Vergehen der Entwendung nach Paragraphen 15, Absatz eins,, 141 Absatz eins, StGB; vergleiche RIS-Justiz RS0090858) war daher verfehlt (RIS-Justiz RS0114927, RS0090615).

         2./ Bei der Strafbemessung blieb – trotz expliziter Anführung im Strafausspruch – Paragraph 5, JGG unberücksichtigt, dessen Ziffer 4, für Jugendstraftaten (Paragraph eins, Ziffer 3, JGG) die Halbierung von (wie gegenständlich: sonstigen) Freiheitsstrafdrohungen vorsieht vergleiche Schroll in WK2 JGG Paragraph 5, Rz 25 mwN). Da der Angeklagte zu sämtlichen Tatzeitpunkten das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stand (neben einer ebenfalls herabgesetzten Geldstrafdrohung) nur ein Strafrahmen von bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe zur Verfügung. Indem das Bezirksgericht Salzburg dennoch eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängte, hat es – zum Nachteil des Angeklagten – seine Strafbefugnis überschritten (RIS-Justiz RS0086949; Schroll in WK2 JGG Paragraph 5, Rz 26).

         3./ Der Einziehung nach Paragraph 26, Absatz eins, StGB unterliegen Gegenstände, die der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei deren Begehung verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind („instrumenta et producta sceleris“), wobei Sachen nur dann als „hervorgebracht“ gelten, wenn ihre körperliche Entstehung oder gegenwärtige Beschaffenheit auf die Anlasstat zurückzuführen ist (was insbesondere bei der aus der Tat erlangten Beute nicht der Fall ist; vergleiche Ratz in WK2 StGB Paragraph 26, Rz 5 mwN).

         Voraussetzung eines Einziehungserkenntnisses ist überdies, dass diese vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken. Das Wort „geboten“ spricht dabei die Deliktstauglichkeit des Gegenstands an (RIS-Justiz RS0121298), von welcher in Ansehung eines „zu Stbl.Nr. 1198/16 (ON 12)“ erliegenden Fahrrads (der Marke Proceed; vergleiche Schuldspruch 2./; ON 5 S 11 f, 77) nicht ausgegangen werden kann.

         Da der aufgezeigte Rechtsfehler bei der Strafbemessung dem Angeklagten zum Nachteil gereicht und ein solcher Nachteil hinsichtlich der übrigen Rechtsdefizite nicht ausgeschlossen werden kann, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit der im Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verbinden (Paragraph 292, letzter Satz StPO).

Im neuen Verfahren wird das Erstgericht in Ansehung der dem Angeklagten angelasteten Diebstähle zunächst eine Subsumtionseinheit im Sinn des Paragraph 29, StGB zu bilden und auf dieser Basis unter Anwendung des Paragraph 5, Ziffer 4, JGG (aber auch des Paragraph 28, StGB) eine tat- und schuldangemessene Strafe zu verhängen haben. Zudem wird zu entscheiden sein, ob – mit Blick auf das (rechtskräftige) Unterbleiben von Widerrufsentscheidungen bezüglich der im Spruch erwähnten Vorverurteilungen – (neuerlich) die Verlängerung von Probezeiten auszusprechen ist (Paragraph 494 a, Absatz 6, StPO).

         Betreffend das aufgehobene Einziehungserkenntnis wird zu prüfen sein, ob es sich bei dem zu „Stbl.Nr. 1198/16 (ON 12)“ erliegenden Fahrrad um einen beim Angeklagten aufgefundenen Vermögenswert handelt, den dieser allem Anschein nach nicht rechtmäßig innehatte (zur Diebesbeute vergleiche 231 BlgNR 23. GP 21; RIS-Justiz RS0090462), dessen Eigentümer das Strafgericht nicht kennt. Bejahendenfalls wäre von Amts wegen (Spenling, WK-StPO Paragraph 375, Rz 5) das Bedenklichkeitsverfahren (Paragraphen 375 –, 379, StPO) durchzuführen, demnach die Beschlagnahme (Paragraph 115, Absatz eins, Ziffer 2, StPO) anzuordnen und der Gegenstand in einem Edikt (Paragraph 376, StPO) so zu beschreiben, dass dem Eigentümer zwar eine Identifizierung möglich, der Beweis des Eigentumsrechts jedoch der Bezeichnung wesentlicher Unterscheidungsmerkmale vorbehalten ist (Spenling, WK-StPO Paragraph 375, Rz 1, 8; 14 Os 186/10z).

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E117716

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00017.17T.0302.000

Im RIS seit

21.04.2017

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2017

Dokumentnummer

JJT_20170302_OGH0002_0120OS00017_17T0000_000

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