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Entscheidungstext 2Ob231/16h

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

Zak 2017/242 S 138 - Zak 2017,138

Geschäftszahl

2Ob231/16h

Entscheidungsdatum

23.02.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr.

 Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** W*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1. D***** V*****, vertreten durch Dr. Rainer Welte, Rechtsanwalt in Rankweil, und 2. I*****, vertreten durch Dr. Rolf Philipp, Dr. Frank Philipp, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen 35.721,20 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. November 2016, GZ 1 R 109/16p-30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Eine Schipiste ist zwar keine Straße im Sinn der StVO (1 Ob 16/12b = ZVR 2013/7). Nach den Feststellungen verläuft die Schipiste auf einem Güterweg, der auch im Winter bei Schneelage als Weg erkennbar ist. Dieser wird nicht nur von pistenfahrenden Wintersportlern, sondern auch von Tourengehern und Wanderern genutzt. Damit entspricht dieser Güterweg, auf dem sich die Piste befindet, dem Begriff der Straße gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins, StVO, und zwar einer solchen mit öffentlichem Verkehr. Der auf diesem Weg verwendete Skidoo (Motorschlitten), der eine Geschwindigkeit von 130 km/h erreichen kann, ist sowohl unter dem allgemeinen Begriff des Kraftfahrzeugs gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins, KFG als auch unter dem eines Sonderkraftfahrzeugs gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 23, KFG subsumierbar. Auf den Skidoo ist daher hier das EKHG anzuwenden (zu all dem: 2 Ob 142/01y = ZVR 2004/4 = RIS-Justiz RS0116495; 8 ObA 78/04k = ZVR 2005/37).

Der Fall eines auf einer Piste (die nicht gleichzeitig – wie hier – die Voraussetzungen eines Wegs erfüllt) verwendeten Skidoos, für den die Anwendung des EKHG verneint wird (8 ObA 78/04k = ZVR 2005/37, 128), liegt hier nicht vor.

Der von der Revisionswerberin behauptete Widerspruch zu den Entscheidungen 9 ObA 49/04b = ZVR 2005/30 (Apathy) und 2 Ob 30/10s = ZVR 2012/7 liegt nicht vor, weil sich dort Unfälle nicht mit einem Skidoo auf einem Weg, sondern mit auf Pisten verwendeten Pistengeräten ereignet hatten.

2. Das Berufungsgericht hat aber – ohnehin im Sinn der Rechtsmittelwerberin – im vorliegenden Fall die Gefährdungshaftungsnormen des EKHG gemäß Paragraph 3, Ziffer 2, EKHG für nicht anwendbar gehalten.

3. Dass die Revisionswerberin Halterin des Skidoos war, bestreitet sie nicht. Das Berufungsgericht ist somit vertretbar davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Haftung der Revisionswerberin gemäß Paragraph 19, Absatz 2, EKHG vorliegen vergleiche auch 8 Ob 22/85, 8 Ob 23/85 = ZVR 1986/132), es sei denn, es läge eine Schwarzfahrt im Sinn des Paragraph 6, EKHG vor (RIS-Justiz RS0058106; RS0124851).

4. Das Berufungsgericht hat aus der Alkoholisierung des erstbeklagten Lenkers des Skidoos trotz diesbezüglichen Verbots durch die zweitbeklagte Halterin im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung keine Schwarzfahrt abgeleitet (RIS-Justiz RS0058431; RS0058430; RS0058377). Der Sachverhalt der von der Revisionswerberin herangezogenen Entscheidung 2 Ob 59/15p = ZVR 2015/164 (Reisinger) (nicht genehmigte „Spritztour“ nach genehmigter Fahrt; vergleiche auch RIS-Justiz RS0058533) ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

5. Das Berufungsgericht hat sich zwar mit dem Einwand der Revisionswerberin in ihrer Berufung, die Klägerin treffe aufgrund der Erkennbarkeit der Alkoholisierung des Erstbeklagten das Alleinverschulden (welcher Vorwurf auch den Einwand des Mitverschuldens impliziert, vergleiche RIS-Justiz RS0027044) am Unfall, nicht befasst. Dadurch, dass es das erstgerichtliche Teilzwischenurteil, das die Haftung der Beklagten dem Grunde nach zur Gänze aussprach, bestätigte, hat es aber implizit das Alleinverschulden oder ein Mitverschulden der Klägerin verneint.

Die Beweislast dafür, ob und inwieweit die Klägerin damit rechnen musste, dass der Erstbeklagte aufgrund seiner Alkoholisierung nicht mehr fahrtüchtig war, trifft die Revisionswerberin (RIS-Justiz RS0027127 [T1]). Erwiesen ist nur, dass die Klägerin wusste, dass der Erstbeklagte drei „kleine saure Radler“ (0,33 l, halb Bier, halb Mineralwasser, somit insgesamt einen halben Liter Bier) konsumiert hatte (S 11 des Ersturteils). Die Klägerin nahm bei Antritt der Fahrt beim Verhalten des Erstbeklagten keine seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigende Alkoholisierung wahr. Die einzelfallbezogene (RIS-Justiz RS0027145 [T12]; RS0026903; RS0044262 [T9, T36e]) Beurteilung des Erstgerichts, es liege kein Mitverschulden der Klägerin vor, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung vergleiche RIS-Justiz RS0027110; RS0027145).

6. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ist somit das Berufungsgericht nicht von oberstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, sondern hat diese – jedenfalls im Ergebnis – vertretbar auf den vorliegenden Fall angewendet.

Schlagworte

Gruppe: Verkehrsrecht,Verkehrsopfergesetz

Textnummer

E117639

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00231.16H.0223.000

Im RIS seit

06.04.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2017

Dokumentnummer

JJT_20170223_OGH0002_0020OB00231_16H0000_000

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