Begründung:
Der Kläger wurde am 31. 3. 2013 im Pflegschaftsverfahren der minderjährigen Tochter der Beklagten zum Sachverständigen mit dem Auftrag bestellt, Befund und Gutachten darüber zu erstatten, ob die Gewaltvorwürfe der Minderjährigen gegenüber ihrem Vater erlebnisfundiert oder erfunden sind. Er vereinbarte mehrfach mit der Beklagten Termine zur Befundaufnahme. Die Beklagte sagte alle Termine ab, sodass es zu einer Befundaufnahme nicht kam.
In dieser Pflegschaftssache erstattete der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 15. 7. 2013 über Aufforderung der Richterin sein Gutachten. Er wies mehrmals darauf hin, das Kind nicht befundet zu haben, sondern sich nur auf den Akt, die Vorgutachten und den Versuch einer Beobachtung der Interaktion zwischen dem Vater und seinem Kind anlässlich einer Ausübung seines Kontaktrechts zu stützen. Damals hatte die Beklagte den Kontakt mit dem Vater sofort abgebrochen, als sie den Kläger bemerkt hatte. Eine Interaktion zwischen Vater und Kind war deshalb nicht möglich. Aufgrund dieses Gutachtens hob das Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 17. 7. 2013 die vorläufige Einschränkung des Kontaktrechts auf, sodass dem Vater unbegleitete Kontakte mit seiner Tochter zustanden. Der Beschluss erwuchs in Rechtskraft. Die Beklagte verhinderte jedoch die Ausübung des gerichtlich festgesetzten Kontaktrechts, weshalb über sie Strafen von insgesamt 3.000 EUR verhängt wurden.
Mit Schriftsatz vom 29. 7. 2013 zeigte die von einer Rechtsanwältin – der Schriftsatzverfasserin – vertretene Beklagte den Kläger bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts der Urkundenfälschung, des Amtsmissbrauchs und der falschen Beurkundung im Amt an, „dies alles aufgrund des angeblich falschen Gutachtens“.
Die Staatsanwaltschaft Wien benachrichtigte den Kläger von der Einstellung des Verfahrens mit Schreiben vom 6. 8. 2016. Der Kläger sei kein Amtssachverständiger. Ein falsches Gutachten sei daher nicht nach § 302 StGB, sondern nach § 288 StGB (falsche Beweisaussage) zu prüfen. Der Kläger habe seine Ausführungen inhaltlich gut begründet und auch auf die Zwischengutachten hingewiesen. Das Pflegschaftsgericht habe die Ausführungen als schlüssig angesehen. Es liege daher nicht einmal der Anfangsverdacht einer Straftat nach § 288 StGB vor. Es könne höchstens eine Lugurkunde erstellt worden sein, jedoch keine falsche oder verfälschte Urkunde. Die Staatsanwaltschaft hielt fest: „Insgesamt ist klar ersichtlich, dass die gegenständliche Anzeige lediglich der Herabsetzung des [Klägers] zur Eröffnung einer Nebenfront im Pflegschaftsverfahren dient, wo die Anzeigerin offensichtlich keine Erfolge verzeichnen kann.“
Daraufhin ließ die Beklagte durch ihre Rechtsanwältin einen Fortführungsantrag stellen, in dem sie zudem den Verdacht der falschen Beweisaussage anführte. Über diesen Antrag wurde vom Gericht nicht entschieden, weil die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen hinsichtlich der falschen Beweisaussage fortsetzte. Mit Schreiben vom 5. 11. 2013 wurde das Verfahren mangels eines strafrechtlichen Verhaltens eingestellt.
Bei Einbringung der Strafanzeige und des Fortführungsantrags ging die Beklagte davon aus, dass diese gerechtfertigt seien.
Am 5. 2. 2014 brachte die durch ihre Rechtsanwältin vertretene Beklagte beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien Klage gegen den Beklagten ein, mit der sie den Ersatz der über sie im Pflegschaftsverfahren verhängten Strafen von 3.000 EUR begehrte. Der Beklagte habe diese durch sein falsches Gutachten verursacht.
Nach der Zustellung der Klage erklärte sich der Kläger im Pflegschaftsverfahren für befangen.
Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien wies die Klage ab, weil es ständiger höchstgerichtlicher Judikatur entspräche, dass derjenige, über den aufgrund eines gesetzwidrigen Verhaltens von einer Behörde eine Strafe verhängt worden sei, diese Strafe nicht im Rahmen des Schadenersatzes auf Dritte überwälzen könne, da dies Sinn und Zweck der Rechtsordnung widerspräche. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.
Die Beklagte wusste nicht, dass „das Einklagen einer Ordnungsstrafe als Schadenersatz nicht möglich sei“. Ob es ihr bei der Einbringung der Klage darauf ankam, dass der Kläger sich im Pflegschaftsverfahren für befangen erklären müsse, kann nicht festgestellt werden. Sie hatte sich vor der Einbringung der Strafanzeige, des Fortsetzungsantrags und der Klage mit ihrer Rechtsanwältin beraten. Was ihr die Rechtsanwältin mitteilte, kann nicht festgestellt werden. Die Beklagte war zu jedem Zeitpunkt überzeugt, dass das Gutachten des Klägers inhaltlich falsch war.
Der Kläger begehrt von der Beklagten den Ersatz von 12.449,38 EUR Verdienstentgang und der Kosten der Verteidigung von 513 EUR. Die Beklagte habe ihm durch die wissentlich falsche Strafanzeige und durch eine missbräuchliche und in Schädigungsabsicht getätigte Klagsführung einen erheblichen Schaden zugefügt. Er sei gezwungen gewesen, sich ernst und intensiv mit der Strafanzeige auseinanderzusetzen, sodass ihm Arbeitszeit verloren gegangen sei. Der Beklagten sei es auch darauf angekommen, durch die Einbringung der Strafanzeige und der Klage eine Befangenheit des Klägers im Pflegschaftsverfahren herbeizuführen. Die Beklagte müsse sich das Verhalten ihrer Rechtsvertreter zurechnen lassen. Die wissentliche rechtsmissbräuchliche Klagsführung ergebe sich bereits aus der vorauszusetzenden Kenntnis eines nach ständiger Rechtsprechung fehlenden Rechtsanspruchs vor Klagseinbringung in Verbindung mit dem intendierten eigentlichen Verfahrensziel, nämlich der Befangenheit des Klägers.
Das Erstgericht traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Den Feststellungen sei nicht zu entnehmen, dass die Strafanzeige und der Fortsetzungsantrag wider besseres Wissen oder allenfalls rechtsmissbräuchlich erfolgt seien, sodass diese Handlungen der Beklagten nicht haftungsbegründend seien. Die Beklagte müsse im Rahmen der Haftung für rechtsmissbräuchliche Prozesshandlungen auch für Fehler ihrer Rechtsanwältin einstehen. Die vom Prozessgericht im klagsabweisenden Urteil im Vorprozess zitierte Judikatur (RIS-Justiz RS0026746) betreffe Strafansprüche des Staats, nicht aber eine Strafe zur Rechtsdurchsetzung. Von einer aussichtslosen Rechtsansicht könne deshalb nicht ausgegangen werden. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass die Klage nur eingebracht worden sei, um auf den Kläger Druck auszuüben, sich im Pflegschaftsverfahren für befangen zu erklären.
Nachträglich ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision zu. Es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob bei einem Begehren auf Ersatz einer Geldstrafe, bei der es sich um einen Fall der Rechtsdurchsetzung (Durchsetzung eines Kontaktrechts über Betreiben des Kontaktrechtsberechtigten) handelt, von einer aussichtslosen Rechtsverfolgung bzw unvertretbaren Rechtsansicht gesprochen werden könne.