Entscheidungstext 1Ob143/16k

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

1Ob143/16k

Entscheidungsdatum

30.08.2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerald G*****, vertreten durch Dr. Günther Riess und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hannes Paulweber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 30.694,46 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Juni 2016, GZ 1 R 69/16f-34, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 11. Februar 2016, GZ 8 Cg 155/14s-28, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Den Inhaber eines Geschäfts trifft jedenfalls gegenüber jener Person, die das Geschäft in Kaufabsicht oder zwecks eines sonstigen Geschäftsabschlusses betritt, die (vor-)vertragliche Pflicht, für die Sicherheit des Geschäftslokals zu sorgen (RIS-Justiz RS0016407 [T1]; vergleiche auch RS0023597). Der Geschäftsinhaber hat die seiner Verfügung unterliegenden Anlagen, die er dem Kunden zur Benützung einräumt in verkehrssicherem und gefahrlosem Zustand zu halten. Bei eintretenden Schäden ist er dafür beweispflichtig, nicht schuldhaft gehandelt zu haben (RIS-Justiz RS0016402 [T6]). Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (RIS-Justiz RS0110202Nächster Suchbegriff). Eine Verkehrssicherungspflicht entfällt, wenn sich jeder selbst schützen kann, weil die Gefahr leicht (das heißt ohne genauere Betrachtung) erkennbar ist (RIS-Justiz RS0114360). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (RIS-Justiz RS0023726).

Der konkrete Inhalt einer Verkehrs-sicherungspflicht und das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt richten sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0023487 [T20]; RS0029874; Vorheriger SuchbegriffRS0110202). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte aufgrund der am Unfalltag herrschenden Witterungsverhältnisse und der dadurch verursachten Vereisung verpflichtet gewesen wäre, Streugut im Bereich des Automaten vor der Waschbox auszubringen, was für die verantwortliche Mitarbeiterin leicht möglich gewesen wäre, ist jedenfalls vertretbar. Ein über dem Automaten angebrachtes Warnschild, das eine ausrutschende Person zeigt, vermag die Beklagte nicht zu exkulpieren, stürzte doch der Kläger bereits davor, nach Verlassen der Waschbox, in die er zunächst sein Fahrzeug gestellt hatte.

2. Auch die Fragen der Verschuldensteilung und der Berücksichtigung eines Mitverschuldens betreffen stets den Einzelfall, womit auch insofern eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht gegeben ist (RIS-Justiz RS0087606). Dass das Berufungsgericht dem Kläger einen geringeren Verschuldensanteil zuwies, ist nicht zu beanstanden. Zwar ist von jedem Fußgänger zu verlangen, dass er „vor die Füße schaut“ (RIS-Justiz RS0027447). Der Kläger richtete beim Verlassen der Waschbox seine Aufmerksamkeit auf den Automaten, um darin seinen Bon hineinzustecken und so den Waschvorgang einzuleiten. Wenn ihm das Berufungsgericht als Aufmerksamkeitsfehler anlastete, nicht vor die Füße geschaut zu haben, diese Sorglosigkeit jedoch weit weniger stark gewichtete als jene der Beklagten wegen des unterlassenen Streuens der vereisten Fläche, liegt darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung.

3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Schlagworte

Gruppe: Verkehrsrecht,Verkehrsopfergesetz

Textnummer

E115614

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00143.16K.0830.000

Im RIS seit

16.09.2016

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2016

Dokumentnummer

JJT_20160830_OGH0002_0010OB00143_16K0000_000

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