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Entscheidungstext 10Ob16/16z

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

wobl 2016,423/134 - wobl 2016/134 = MietSlg 68.304

Geschäftszahl

10Ob16/16z

Entscheidungsdatum

13.04.2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Clemens Lintschinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Mag. Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. Jänner 2016, GZ 38 R 265/15z-45, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. In dritter Instanz ist ausschließlich der Kündigungsgrund nach Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 4, erster Fall MRG zu prüfen. Dieser ist gegeben, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz (oder teilweise unter bestimmten Voraussetzungen) weitergegeben hat und ihn offenbar in nächster Zeit nicht für sich oder eintrittsberechtigte Personen iSd Paragraph 14, Absatz 3, MRG dringend benötigt. Die Erfüllung des Kündigungstatbestands setzt also das Vorliegen zweier Tatbestandsmerkmale voraus, nämlich einerseits die gänzliche - entgeltliche oder unentgeltliche (RIS-Justiz RS0070718; RS0070650) - Weitergabe und andererseits den Nichtbedarf. Fehlt es an einem dieser Tatbestandsmerkmale, so ist der Kündigungsgrund nicht erfüllt (7 Ob 709/89; 3 Ob 129/13m).

Das Berufungsgericht hat unter Beachtung dieser Rechtsprechung das Vorliegen des geltend gemachten Kündigungsgrundes nach den maßgeblichen Umständen des konkreten Einzelfalls bejaht. Eine die Revision dennoch rechtfertigende Unvertretbarkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zeigt der Revisionswerber nicht auf.

2. Bei der Weitergabe geht es um die Überlassung des Mietgegenstands an Dritte, also um den tatsächlichen Vorgang des Verlassens der Wohnung durch den Mieter und deren Übernahme durch einen Dritten. Dieser Vorgang muss vom Willen der Parteien, vor allem des die Wohnung verlassenden Mieters, umfasst sein (3 Ob 129/13m; RIS-Justiz RS0068541). Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass das Vorbehalten der Verfügungsbefugnis über die aufgekündigte Wohnung durch den Beklagten ihrer Weitergabe - hier: an einen dem Beklagten nicht bekannten und mit ihm auch nicht verwandten Asylwerber - nicht entgegenstehe. Nach der Rechtsprechung stelle auch die prekaristische Überlassung einer Wohnung eine Weitergabe dar (8 Ob 541/91 mwH; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I23 Paragraph 30, MRG Rz 32 mwH) und auch diese könne vom Mieter jederzeit widerrufen werden. Das Argument des Revisionswerbers, das Berufungsgericht habe ausschließlich geprüft, ob der Beklagte die aufgekündigte Wohnung weiterhin zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses verwende, trifft daher nicht zu.

3. Es trifft zu, dass keine gänzliche Überlassung des Mietgegenstands vorliegt, solange der Mieter die Wohnung weiterhin selbst regelmäßig (wenn auch nicht immer) benützt, auch wenn er dem Dritten die Benützung der ganzen Wohnung gestattet (4 Ob 75/97a; RIS-Justiz RS0070718 [T4]). Dieser Fall liegt hier aber nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen nicht vor, weil der Beklagte - entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers - die aufgekündigte Wohnung nicht regelmäßig zu Wohnzwecken verwendet, sondern lediglich sporadisch, als Absteigequartier. Die Revision weicht auch mit ihren weiteren Behauptungen, dass der Lebensschwerpunkt des Beklagten zumindest noch zum Teil in der aufgekündigten Wohnung liege und diese mit der von der Mutter des Kindes des Beklagten bewohnten Nachbarwohnung „faktisch eine Wohneinheit“ bilde, vom festgestellten Sachverhalt ab, sodass auch damit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird.

4. Hat der Vermieter - wie hier - die nicht regelmäßige Benützung der Wohnung nachgewiesen, so ist es Sache des Mieters zu beweisen, dass er in nächster Zukunft in die Wohnung zurückkehren wird, die Nichtbenützung der Wohnung daher eine absehbare, nur vorübergehende Unterbrechung darstellt (RIS-Justiz RS0079350). Der Mieter muss dazu - wenn auch nicht in allen Einzelheiten - konkrete Behauptungen aufstellen, aus welchen Gründen - trotz der fehlenden regelmäßigen Benützung - sein schutzwürdiges Interesse besteht (5 Ob 77/15g ua). Das Berufungsgericht hat das dahingehende Vorbringen des Beklagten, er wohne in der aufgekündigten Wohnung und benötige diese für sich, als nicht ausreichend angesehen. Eine Korrekturbedürftigkeit der Auslegung dieses Vorbringens durch die Vorinstanzen im Einzelfall (RIS-Justiz RS0042828) zeigt der Revisionswerber schon deshalb nicht auf, weil der Beklagte die aufgekündigte Wohnung bereits nach der ersten Zeit nach deren Anmietung nicht mehr im ursprünglichen Ausmaß bewohnte, sie schließlich an einen Dritten überließ und - wenn er in Wien ist - hauptsächlich in der - benachbarten und größeren - Wohnung der Mutter seines Kindes nächtigt.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Ein Kostenersatz für die ohne Freistellung durch den Obersten Gerichtshof eingebrachte Revisionsbeantwortung steht der Klägerin nach Paragraph 508 a, Absatz 2, Satz 2 ZPO nicht zu (RIS-Justiz RS0043690 [T6, T7]).

Textnummer

E114353

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00016.16Z.0413.000

Im RIS seit

29.04.2016

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2021

Dokumentnummer

JJT_20160413_OGH0002_0100OB00016_16Z0000_000

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