1. Die hier maßgebliche Frage, ob die Verwertung des OeNB-Berichts dem Unmittelbarkeitsgrundsatz des § 276 ZPO widerspricht, wurde vom Obersten Gerichtshof vor dem Hintergrund der gegen die Drittbeklagte angestrengten Verfahren mit Beschluss vom 22. Oktober 2015, 1 Ob 39/15i, grundlegend überprüft und verneint.
Die Ansicht lässt sich dahin zusammenfassen, dass der OeNB-Prüfbericht zwar keine öffentliche Urkunde, keine schriftliche Zeugenaussage und auch kein gerichtliches Sachverständigengutachten ist, dies jedoch noch nicht seiner Verwertung entgegenstehe. Denn es „ist der Grundsatz der (sachlichen) Unmittelbarkeit 'kein Gut an sich, kein sogenannter Selbstzweck' (OBDK RIS-Justiz RS0056185); er ist vielmehr Mittel zur Wahrheitsfindung, steht in einem Spannungsfeld zur Prozessökonomie und ist daher unter gewissen Voraussetzungen auch verzichtbar (vgl RIS-Justiz RS0041499). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die ZPO kaum Beweisverbote kennt. Die Beweismittel sind in der ZPO nicht taxativ aufgezählt (Rechberger aaO [in Fasching/Konecny², Vor § 266 ZPO] Rz 100 mwN). Vielmehr kommt auch im Zivilverfahren - wie dies § 46 AVG für das Verwaltungsverfahren statuiert - als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falls zweckdienlich ist (Rechberger aaO). Demgemäß plädiert Rechberger (aaO Rz 100, Vor §§ 351 ff Rz 12) überzeugend dafür, sich von der strikten Zuordnung zu einem in der ZPO angeführten Beweismittel zu lösen. (...)
Der offene Zugang gegenüber allen in Betracht kommenden Erkenntnisquellen ist in gewisser Weise Korrelat zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Ebenso wie der Beweiswert einzelner Beweismittel im Gegensatz zu früheren Rechtsordnungen nicht gesetzlich geregelt ist, sind auch die zur Gewinnung von Feststellungen heranzuziehenden Quellen kaum gesetzlichen Beschränkungen unterworfen. Letztlich geht es stets um die Frage, welchen Stellenwert derartige Beweismittel im Rahmen des gesamten Prozessstoffes haben und inwieweit die Aufnahme zusätzlicher mittelbarer oder unmittelbarer Beweise geboten ist. Dies ist aber regelmäßig nur im Einzelfall zu beantworten. Die Frage, inwieweit durch Aufnahme unmittelbarer Beweise ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten ist, fällt in den den Tatsacheninstanzen vorbehaltenen Bereich der Beweiswürdigung (vgl RIS-Justiz RS0043414; RS0043320). …
Gerade bei öffentlichen Stellen ist bereits seit langem anerkannt, dass schriftliche Angaben ein zulässiges Beweismittel darstellen; das Bestehen auf der Einvernahme eines informierten Vertreters würde nämlich in aller Regel keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn verschaffen. So entspricht es völlig herrschender Auffassung, dass es sich auch bei der schriftlichen Beantwortung einer Anfrage um ein zulässiges Beweismittel handelt, das entweder als Urkunden-oder als Sachverständigenbeweis qualifiziert werden kann (Bittner aaO [in Fasching/Konecny²], § 292 ZPO Rz 44; Rechberger aaO Vor § 266 ZPO Rz 102; [nur für Urkundenbeweis] G. Kodek in Fasching/Konecny², § 301 ZPO Rz 13). ...
Demnach kann auch im Gerichtsverfahren der OeNB-Bericht, der weder schriftliche Zeugenaussage noch Gerichtsgutachten ist und für den Zivilprozess am ehesten - eine streng kategorische Einordnung zu den nicht taxativ aufgezählten Beweismitteln ist wie dargelegt nicht zwingend erforderlich - dem Urkundenbeweis gleichgestellt werden kann, ergänzt oder widerlegt werden. …
Der OeNB-Prüfbericht ist demnach grundsätzlich bei der Beurteilung der Streitsache zu berücksichtigen.“
Dies kann im vorliegenden Fall nicht anders gesehen werden, zumal auch hier für die Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere des Zustandekommens der Ad-hoc-Meldungen maßgebliche Personen im Hinblick auf anhängige Strafverfahren von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht haben (Vorstandsmitglied der Erstbeklagten; Zweitbeklagter als CFO der Drittbeklagten; N***** G***** als der Drittbeklagten „überlassene“ Angestellte).
2. Zur Verwertbarkeit des UVS-Bescheids hat das Berufungsgericht richtig darauf hingewiesen, dass die Zivilgerichte nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden gebunden sind (RIS-Justiz RS0036981). Dagegen können Dritte, die am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt waren, nur durch die Gestaltungs- oder Tatbestandswirkung des Bescheids gebunden sein (RIS-Justiz RS0036981 [T18], RS0121545). Beide Wirkungen stehen hier nicht zur Diskussion.
Zutreffend hat das Berufungsgericht aber auch hervorgehoben, dass davon die Frage, ob ein rechtskräftiger Bescheid als Urkunde (§§ 292 ff ZPO) im Gerichtsverfahren vorgelegt und verwertet werden kann, zu unterscheiden ist.
Unzweifelhaft stellt der UVS-Bescheid eine öffentliche Urkunde dar. Öffentliche Urkunden begründen vollen Beweis dessen, was darin von der Behörde amtlich verfügt oder erklärt, oder von der Behörde oder der Urkundsperson bezeugt wird (§ 292 Abs 1 S 1 ZPO). Der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorgangs oder der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung ist jedoch zulässig (§ 292 Abs 2 ZPO). Aus Abs 2 ergibt sich, dass nur der Beweis der Unrichtigkeit der Verfügung oder Erklärung ausgeschlossen ist (formelle Beweiskraft, s nur Rechberger in Rechberger, ZPO4 § 292 Rz 1 mwN), während der Gegner des Beweisführers den Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorgangs oder der bezeugten Tatsache führen oder beweisen kann, dass die Beurkundung unrichtig ist (materielle Beweiskraft, Rechberger in Rechberger, ZPO4 § 292 Rz 3 mwN). Im Übrigen wird die materielle (innere) Beweiskraft von Urkunden durch keine besonderen Vorschriften festgelegt, sondern unterliegt der freien Beweiswürdigung (s dazu Bittner in Fasching/Konecny, ZPG III2 § 292 Rz 43).
Anders als die Drittbeklagte meint, geht es hier danach nicht um die Übernahme der Sachverhaltsausführungen des Bescheids im Sinne einer Auslagerung von Beweisaufnahmen und Beweiswürdigung auf Verwaltungsbehörden. Vielmehr ist es eine Frage der Beweiswürdigung, welche Schlussfolgerungen die Tatsacheninstanzen aus dem Umstand, dass mit dem Berufungsbescheid des UVS Wien (Beil ./Y) ein rechtskräftiges Straferkenntnis über ***** R***** wegen Übertretung von § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG 1989 idF BGBl I Nr 127/2004 vorliegt, ziehen. Dafür kann der Oberste Gerichtshof - der keine Tatsacheninstanz ist - keine inhaltlichen Vorgaben machen. Dass es dadurch zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Drittbeklagten als nicht an jenem Verwaltungsverfahren Beteiligter kommen könnte, trifft auch hier nicht zu, steht es ihr doch frei, zum Bescheid Stellung zu nehmen und Beweise zur Zweifelhaftigkeit oder Unrichtigkeit der Entscheidung anzubieten.
3. Die Drittbeklagte richtet sich auch gegen die Berücksichtigung der Beil ./E als jenem Schreiben, mit der sie der FMA die Kenntnis von drei ihrer Boardmitglieder von den Rückkaufsvorgängen zugestand, weil damit noch nicht deren Wahrheitsgehalt belegt sei. Das Schreiben stehe auch im Widerspruch zu den Beil ./F und ./Y. Auch damit spricht sie jedoch nur eine Frage der Beweiswürdigung an, die einer Stellungnahme durch den Obersten Gerichtshof entzogen ist. Der Oberste Gerichtshof kann aber auch der Einschätzung der zweiten Instanz zur notwendigen
Verbreiterung der Tatsachengrundlage nicht
entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).
4. Die Drittbeklagte vermisst Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, warum der von diesem festgestellte Verfahrensmangel für den Verfahrensausgang wesentlich sei. Auch ohne Berücksichtigung der (unzureichend gewürdigten) Urkunden ergebe sich aus den unbekämpft gebliebenen Feststellungen, dass die Klägerin ohnedies keinen von der Drittbeklagten hervorgerufenen Fehlvorstellungen unterlegen sei, sodass es am relevanten Kausalzusammenhang der Ad-hoc-Meldungen mit dem Erwerb der Klägerin fehle.
Richtig ist, dass ein Verfahrensmangel nur bejaht werden kann, wenn er für den Verfahrensausgang wesentlich ist und dass in der Verkennung der Wesentlichkeit ein Verfahrensmangel auch des Berufungsverfahrens liegen kann (RIS-Justiz RS0116273).
Hier steht unbekämpft fest, dass Anlass für die Investition zu diesem Zeitpunkt der davor gefallene Kurs in Verbindung mit der Entscheidung des Managements war, diesen Preis durch ein Aktienrückkaufprogramm wieder anzuheben, wobei der wesentliche Faktor für die Investitionsentscheidung der Klägerin war, dass sie in eine Gesellschaft mit einem gesunden Wachstum investieren wollte, in der das Management an den Wert der Aktien glaubt. Durch die Ad-hoc-Meldungen wurde ihr vermittelt, dass der wahre Wert des Unternehmens über dem derzeitigen Kurs liege. Verhält es sich so, dass die Drittbeklagte wusste oder wissen musste, dass der Kurs nur durch den der Öffentlichkeit verschwiegenen Aufkauf von nahezu 30 % ihrer Zertifikate zustande gekommen war, wären allerdings schon die Angaben der Ad-hoc-Meldung vom 27. 7. 2007 eines weiteren Wachstumskurses der Drittbeklagten, der zu erwartenden Wertsteigerungen, eines stabilen Wachstums ihres Net Asset Values und des unterbewerteten Kurses irreführend. Maßgeblich ist danach nicht, ob die Klägerin ihr Investment auch ohne den Beschluss über ein zukünftiges „umfangreiches Aktienrückkaufprogramm“ getätigt hätte, sondern vielmehr der Umstand, dass die Drittbeklagte - auch vor dem Hintergrund ihrer bisherigen Ad-hoc-Meldungen - insoweit einen unrichtigen Eindruck über ihre Rückkaufpolitik vermittelte. Der Argumentation der Drittbeklagten zur Verkennung der Wesentlichkeit des Verfahrensmangels ist insofern nicht zu folgen.
5. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist die Rechtssache aber auch nicht im Sinne einer Klagsstattgabe spruchreif:
Bereits mehrfach wurde ausgesprochen, dass die Ad-hoc-Publizitätsbestimmung des § 48d Abs 1 BörseG Schutzwirkung zugunsten von Anlegern entfaltet (9 Ob 26/14k mwN; 4 Ob 239/14x; 6 Ob 71/15g; jüngst 1 Ob 39/15i; RIS-Justiz RS0127724). Wird ein Schadenersatzanspruch auf die Verletzung eines Schutzgesetzes gestützt, dann hat der Geschädigte den Schadenseintritt und die Verletzung des Schutzgesetzes als solche zu beweisen. Für letzteres reicht der Nachweis aus, dass die Schutznorm objektiv übertreten wurde (RIS-Justiz RS0112234; zur irreführenden Ad-hoc-Meldung s 4 Ob 239/14x). Hingegen hat dann der Schädiger den Nachweis zu erbringen, dass ihm die objektive Übertretung des Schutzgesetzes nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist (vgl RIS-Justiz RS0112234).
Ebenso wurde bereits mehrfach erkannt, dass der Tatbestand der Marktmanipulation iSd § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG nicht erst bei Wissentlichkeit, sondern schon bei schuldhafter Unkenntnis, dass die Informationen falsch oder irreführend waren, vorliegt (9 Ob 26/14k; 6 Ob 71/15g = RIS-Justiz RS0127724 [T4]; 1 Ob 39/15i). Zutreffend weist die Klägerin danach darauf hin, dass eine Haftung der Drittbeklagten nicht erst bei Wissentlichkeit, sondern auch bei fahrlässiger Unkenntnis von der Irreführung oder der Unrichtigkeit der Ad-hoc-Meldungen gegeben sein kann und eine Unkenntnis bei fehlender Überprüfung des Wahrheitsgehalts der veröffentlichten Mitteilung auch vorwerfbar wäre (s 4 Ob 239/14x: 9 Ob 26/14k; 1 Ob 39/15i).
Im vorliegenden Fall liegen jedoch unter Bedachtnahme auf die bekämpften Feststellungen selbst für eine Fahrlässigkeitshaftung der Drittbeklagten noch keine ausreichenden Feststellungen vor. Zunächst stehen die personellen Verflechtungen der Organwalter der in die Rückkäufe eingebundenen Rechtsträger mit den Boardmitgliedern der Drittbeklagten nicht fest. Stellt sich heraus, dass deren Wissen über die bereits erfolgten Aktienrückkäufe schon infolge ihrer Organstellung der Drittbeklagten zuzurechnen ist, bedarf es keiner Erwägungen zu einer Fahrlässigkeit. Sollte dies nicht der Fall sein, fehlen Feststellungen dazu, ob und in welcher Intensität von der Drittbeklagten ausreichende Nachforschungen über die Verwendung ihrer Mittel angestellt und Informationen über den Wahrheitsgehalt der Ad-hoc-Meldungen vom 27. 7. 2007 und 31. 7. 2007 eingeholt wurden. Für den Fall einer der Drittbeklagten vorwerfbaren Fehlinformation fehlt es aber auch an Feststellungen zu einem Alternativverhalten der Klägerin, aus denen sich ein von der Drittbeklagten kausal verursachter konkreter Schaden der Klägerin ableiten ließe.
In Summe steht der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts damit im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, sodass dazu kein Korrekturbedarf besteht.
6. Da der Rekurs der Drittbeklagten keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft, zu der höchstgerichtlich noch nicht Stellung genommen worden wäre, ist er zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Wird ein nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobener Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, sind die Kosten nicht nach § 52 ZPO vorzubehalten; vielmehr findet ein Kostenersatz statt, wenn - wie hier - der Rechtsmittelgegner auf diese Unzulässigkeit hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0123222; RS0035976 [T2]).