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Entscheidungstext 1Ob242/14s

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

1Ob242/14s

Entscheidungsdatum

23.12.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** B*****, vertreten durch den Verfahrenshelfer Dr. Patrick Panholzer, LL.M., Rechtsanwalt in Graz, dieser vertreten durch die Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH, Graz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 33.663,06 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 5. November 2014, GZ 5 R 128/14d-26, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Juli 2014, GZ 13 Cg 51/13b-22, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Landesgericht Klagenfurt bestätigte mit Beschluss vom 15. 10. 2009 die vom Bezirksgericht Klagenfurt am 21. 8. 2009 erlassene einstweilige Verfügung, mit der der nunmehrigen Klägerin über Antrag ihres Ehemanns und dessen Vaters unter anderem das Verlassen des ehelichen Wohnhauses aufgetragen und die Rückkehr dorthin untersagt wurde. Ihren außerordentlichen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurück (5 Ob 275/09s). Die Klägerin erhob die Rechtsmittel durch einen gewählten Rechtsvertreter, der nachfolgend zu ihrem Verfahrenshelfer bestellt wurde. Ihren durch den Verfahrenshelfer gegen die einstweilige Verfügung eingebrachten Widerspruch wies das Bezirksgericht Klagenfurt mit mangels Anfechtung rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 26. 4. 2010 als verspätet zurück.

Die nunmehrige Klägerin strebte nachfolgend die Aufhebung der einstweiligen Verfügung an. Das Landesgericht Klagenfurt gab mit Beschluss vom 10. 12. 2010 dem Rekurs des Ehemanns (sein Vater war zwischenzeitig verstorben) Folge und wies - in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung - den Antrag der Klägerin, die einstweilige Verfügung aufzuheben, ab. Sie erhob dagegen keinen außerordentlichen Revisionsrekurs.

Die Klägerin macht Amtshaftungsansprüche aus dem Verfahren des Bezirksgerichts Klagenfurt und den zwei im Rechtsmittelverfahren ergangenen Entscheidungen des Landesgerichts Klagenfurt geltend.

Das Erstgericht wies sowohl das Zahlungs- als auch das Feststellungsbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

In der außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

2. Gemäß Paragraph 2, Absatz 3, AHG können aus Erkenntnissen der Höchstgerichte keine Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, weil dies die nachträgliche Überprüfung eines höchstgerichtlichen Erkenntnisses durch ein ordentliches Gericht („unterer Instanz“) bedeuten würde und eine andere Regelung theoretisch zu einer unendlichen Prozesskette führen könnte. Paragraph 2, Absatz 3, AHG statuiert somit eine Grenze des Rechtsschutzes, um letztlich eine endgültige Entscheidung zu gewährleisten. Amtshaftungsansprüche sind auch dann ausgeschlossen, wenn der Amtshaftungskläger seine Klage auf eine behauptete unvertretbare Rechtsansicht stützt und der Oberste Gerichtshof im zugrundeliegenden Verfahren den Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückwies. Die Entscheidung des Rekursgerichts ist in solchen Fällen vom Zurückweisungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs gedeckt, auch wenn nicht die Berechtigung des Rechtsmittels, sondern lediglich die Frage, ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn dieser Bestimmung vorliegt, geprüft und verneint wurde vergleiche RIS-Justiz RS0102269 [T3]). Der Ausspruch des Obersten Gerichtshofs, es lägen die Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO nicht vor, kann nämlich nur so verstanden werden, dass er das Vorliegen eines für den Streitausgang erheblichen groben Auslegungs- oder Denkfehlers verneinte, hätte er doch sonst einen solchen schon zur Wahrung der Rechtssicherheit und aus Erwägungen der Einzelfallgerechtigkeit wahrzunehmen und in die sachliche Prüfung der Berechtigung des Revisionsrekurses einzutreten gehabt. Damit hat der Oberste Gerichtshof bei seiner Entscheidung über den (außerordentlichen) Revisionsrekurs denknotwendiger Weise die Vertretbarkeit der der zweitinstanzlichen Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsauffassung unterstellt, weil er bei Annahme einer unvertretbaren Rechtsansicht selbst in einem Fall, in dem der zur Lösung anstehenden Rechtsfrage keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung zuzumessen ist, aus Erwägungen der Einzelfallgerechtigkeit das Rechtsmittel meritorisch zu erledigen gehabt hätte (zuletzt RIS-Justiz RS0107173; 1 Ob 159/07z mwN).

Trotz Paragraph 2, Absatz 3, AHG sind zwar Amtshaftungsansprüche dann nicht vollständig ausgeschlossen, wenn in der Rechtssache ein Höchstgericht entschieden hat, diesem jedoch die Überprüfung der bekämpften Entscheidung nach den einschlägigen Verfahrensvorschriften nur in eingeschränktem Ausmaß möglich war (RIS-Justiz RS0077496; 1 Ob 41/97d = SZ 70/260 = RS0102269 [T2]). Dass ein solcher Fall vorliegt, wird im Revisionsverfahren gar nicht behauptet.

Zutreffend kam das Berufungsgericht zum Ergebnis, dass die Klägerin, nachdem ihr außerordentlicher Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO vom Obersten Gerichtshof zu 5 Ob 275/09s zurückgewiesen worden ist, aus dem bekämpften Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 15. 10. 2009 keinen Amtshaftungsanspruch ableiten kann. Mit Ausführungen zum Verschuldensgrad zeigt sie keine Fehlbeurteilung auf.

3. Das Berufungsgericht bejahte eine schuldhafte Verletzung der Rettungspflicht im Sinn des Paragraph 2, Absatz 2, AHG (in der Fassung vor der Novelle BGBl römisch eins 2013/33). Die Klägerin müsse sich das Verschulden ihres (gewählten) Rechtsvertreters anrechnen lassen (Schragel, AHG3 Rz 192 unter Berufung auf 1 Ob 373/98d = SZ 72/51; vergleiche RIS-Justiz RS0050093). Dass ihr ursprünglich frei gewählter Rechtsvertreter nicht gleichzeitig mit dem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung vom 21. 8. 2009 den Rechtsbehelf des Widerspruchs und nach der Bestellung zum Verfahrenshelfer den Widerspruch verspätet erhoben habe, sei ihr ebenso als schuldhafte Unterlassung zuzurechnen wie die eines außerordentlichen Revisionsrekurses gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 10. 12. 2010.

Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig. Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie sich das Verhalten ihres Rechtsvertreters zurechnen lassen muss. Unter „Rechtsmittel“ im Sinn des Paragraph 2, Absatz 2, AHG sind prozessuale Rechtsbehelfe zu verstehen, die dazu dienen, fehlerhafte gerichtliche Entscheidungen, sei es im Instanzenweg, sei es auf andere Weise, zu beseitigen (RIS-Justiz RS0050080; RS0110188). Das trifft sowohl auf den Widerspruch nach Paragraph 397, EO als auch auf den außerordentlichen Revisionsrekurs zu. Die Klägerin führt überhaupt keine Gründe an, warum die (rechtzeitige) Einbringung dieser zweckmäßigen Abhilfemaßnahmen unterlassen wurde. Damit bestehen auch keine sekundären Feststellungsmängel.

4. Zwar hätte die Erhebung eines Widerspruchs nicht die Vollziehung der vom Bezirksgericht Klagenfurt getroffenen einstweiligen Verfügung vom 21. 8. 2009 gehemmt (Paragraph 397, Absatz 3, EO), jedoch hat die Klägerin zu behaupten und zu beweisen, welcher Teil des geltend gemachten Schadens auch durch das Ergreifen dieses möglichen Rechtsbehelfs nicht mehr vermeidbar war (RIS-Justiz RS0108081). War ein Teil des Schadens abwendbar, dann hat die Unterlassung der Abgrenzung, welcher Schaden abwendbar war und welcher nicht, die Abweisung ihres Begehrens zur Gänze zur Folge (1 Ob 169/04s; Schragel aaO Rz 182). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe eine solche Abgrenzung unterlassen, ist zumindest vertretbar.

Die Klägerin zeigt in der außerordentlichen Revision nicht auf, welcher Schaden ihr selbst bei rechtzeitigem Widerspruch bis zur Entscheidung darüber jedenfalls entstand und nicht mehr abwendbar war. Die begehrten - teils pauschalen - Schadenspositionen lassen sich diesem Zeitraum gerade nicht zuordnen.

5. Abgesehen vom schuldhaft unterlassenen außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 10. 12. 2010 scheitern allfällige aus dieser Entscheidung resultierende Amtshaftungsansprüche schon an fehlenden Behauptungen zu deren Rechtswidrigkeit. Das Vorbringen der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren, die Begründung dieses Beschlusses sei „objektiv verfehlt“ und Ergebnis einer „unrichtigen erstinstanzlichen Beweiswürdigung“, zudem sei der Vorsitzende des Rechtsmittelsenats (aus nicht dargelegten Gründen) befangen gewesen, wird nicht begründet und zeigt somit kein rechtswidriges Organverhalten auf. Damit ist das Klagebegehren insofern auch nicht schlüssig.

6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Schlagworte

Gruppe: Amtshaftungsrecht

Textnummer

E109989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00242.14S.1223.000

Im RIS seit

02.03.2015

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2015

Dokumentnummer

JJT_20141223_OGH0002_0010OB00242_14S0000_000

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