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Entscheidungstext 11Os65/11k

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Strafrecht

Geschäftszahl

11Os65/11k

Entscheidungsdatum

30.06.2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Sadoghi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf S***** wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach Paragraphen 83, Absatz eins,, 86 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 7. Oktober 2010, GZ 10 Hv 86/10h-59, sowie über dessen Beschwerde gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsichten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

              Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf S***** des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach Paragraphen 83, Absatz eins,, 86 StGB (1) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach Paragraph 27, Absatz eins, achter Fall und Absatz 2, SMG (2), des Vergehens nach Paragraph 50, Absatz eins, Ziffer 2, WaffG (3) und des Vergehens des Diebstahls nach Paragraph 127, StGB (4) schuldig erkannt.

              Danach hat er in Leoben und anderen Orten

              1) am 30. oder 31. Jänner 2010 Kevin So***** durch Injektion von morphinhältigem Substitol in beide Armbeugen vorsätzlich am Körper verletzt, was dessen Tod zur Folge hatte;

              2) durch die zu 1) beschriebene Tat vorschriftswidrig Suchtgift einem anderen überlassen;

              3) von Jänner 2010 bis 1. Februar 2010 eine verbotene Waffe, nämlich einen Schlagring, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt besessen;

              4) am 6. Jänner 2010 Monika P***** fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Kennzeichentafeln mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

              Die nur gegen die Schuldsprüche 1) und 2) aus Ziffer 4,, 5 und 9 Litera a, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

              Die Verteidigerin hatte in der Hauptverhandlung am 31. August 2010 „unter Hinweis auf den Aktenvermerk AS 73 in ON 28 die Auswertung der damals mittels Tupferabrieb gesicherten Blutspuren“ beantragt, „zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass dieses Blut von Kevin So***** stammt“ (ON 52 S 29). Entgegen der Verfahrensrüge (Ziffer 4,) wurden durch die Abweisung dieses Antrags Verteidigungsrechte nicht verletzt, weil ein auf seine Relevanz überprüfbares konkretes Beweisthema nicht genannt wurde (RIS-Justiz RS0099301) und (demgemäß) auch nicht dargelegt wurde, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller (fallbezogen gar nicht) behauptete Ergebnis erwarten lasse (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 327). Das Begehren zielte somit auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis ab (Paragraph 55, Absatz eins, letzter Satz StPO). Das ergänzende Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegt dem Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

              Indem der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Ziffer 5,) unter Anführung einzelner (örtlicher und zeitlicher) Elemente der ausführlich erörterten (US 8 bis 16) Indizienkette den logisch und empirisch einwandfreien Überlegungen der Tatrichter für ihn günstigere Schlussfolgerungen aufgrund eigener Beweisthesen zu einem möglichen anderen Kausalverlauf (Suchtmittelinjektion durch das Tatopfer selbst oder eine andere Person) entgegenstellt, bekämpft er bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0116732 [T3]). Gleiches gilt für den - die gegenteiligen Urteilsannahmen vernachlässigenden - Einwand, dass auf Basis des Sachverständigengutachtens eine letale Selbstinjektion durch das Tatopfer nicht ausgeschlossen werden könne. Aus welchem Grund das Erstgericht eine angebliche, ein bis zwei Wochen vor seinem Tod gegenüber dem Angeklagten gefallene Äußerung des Kevin So*****, wonach er eine Injektion nicht zum ersten Mal sehe, feststellen hätte müssen, verschweigt die weitere Rüge (Ziffer 5, zweiter Fall), die sich insoweit auch nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene erhebliche Verfahrensergebnisse bezieht (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 421). Schließlich kann eine tatrichterliche Feststellung (hier: dass sich Kevin So***** zuvor nie Suchtgift injiziert hat - US 12) mit dem Vorwurf der Aktenwidrigkeit nicht bekämpft werden (RIS-Justiz RS0099492, RS0099431, RS0099524; Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 393, 467).

              Die gegen die Annahme der Qualifikation des Paragraph 86, StGB gerichtete Subsumtionsrüge (nominell Ziffer 9, Litera a, - der Sache nach jedoch Ziffer 10,) bestreitet das konstatierte Wissen des Angeklagten um die bestehende Beeinträchtigung des Kevin So***** durch suchtmittelhältige Medikamente (US 5, 10) und verfehlt damit den - striktes Festhalten am festgestellten Sachverhalt erfordernden - Anfechtungsrahmen des geltend gemachten (materiellen) Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099984, RS0118415).

              Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung (Paragraph 285 d, Absatz eins, StPO) sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (Paragraphen 285 i,, 498 Absatz 3, StPO).

              Bleibt - wie auch das Erstgericht zutreffend ausführt (US 18 f) - anzumerken, dass durch ein in der Wegnahme bestehendes Unterdrücken von Kennzeichentafeln (Paragraph 49, KFG) Diebstahl nicht begründet wird (13 Os 52/10m verst Senat = EvBl 2011/28, 181; zuletzt 14 Os 41/11b). Die tatrichterliche Beurteilung von Kennzeichentafeln als diebstahlstaugliche Objekte (Schuldspruch 4) bietet mangels dadurch bewirkten Nachteils für den Angeklagten vergleiche dazu Ratz WK-StPO, Paragraph 290, Rz 21) jedoch keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme nach Paragraph 290, Absatz eins, zweiter Satz StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E97771

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00065.11K.0630.000

Im RIS seit

21.07.2011

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2011

Dokumentnummer

JJT_20110630_OGH0002_0110OS00065_11K0000_000

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