Entscheidungstext 10Nc2/10s

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

10Nc2/10s

Entscheidungsdatum

12.02.2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Andreas Wolfgang S*****, geboren am 8. Juli 2004, und der mj Herta Vanessa S*****, geboren am 4. April 2007, wegen Übertragung der Zuständigkeit nach Paragraph 111, Absatz 2, JN, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 9. 9. 2009, AZ 42 PS 56/09a, verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Mödling wird genehmigt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Zuständigkeit in der früher beim Bezirksgericht Steyr und beim Bezirksgericht Mattighofen anhängig gewesenen Pflegschaftssache wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 26. 1. 2009 übernommen, weil sich die beiden Minderjährigen mit ihrer Mutter im Frauenhaus Salzburg aufhielten. Der Vater stellte daraufhin am 18. 2. 2009 beim Bezirksgericht Salzburg den Antrag, ihm die (einstweilige) Obsorge über die beiden Minderjährigen zu übertragen. Die Mutter sprach sich in ihrer Stellungnahme gegen diesen Antrag aus und beantragte ihrerseits, dass ihr die alleinige Obsorge für die beiden Minderjährigen übertragen werde. Die vom Erstgericht angeforderte schriftliche Stellungnahme des Jugendwohlfahrtsträgers zu den Anträgen der Eltern liegt noch nicht vor. Die Mutter ist mit den beiden Kindern in der Folge in den Sprengel des Bezirksgerichts Mödling verzogen.

Mit Beschluss vom 9. 9. 2009 übertrug das Bezirksgericht Salzburg die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache gemäß Paragraph 111, JN dem Bezirksgericht Mödling, weil die beiden Minderjährigen ihren Aufenthalt nunmehr im Sprengel dieses Gerichts hätten. Auch die Mutter beantragte die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Mödling, weil sie mit den Kindern nunmehr ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichts habe und sie dort auch vom Jugendwohlfahrtsträger betreut werde. Das Bezirksgericht Mödling lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache unter Hinweis auf die noch offenen Obsorgeanträge der Eltern ab. Der Übertragungsbeschluss war den Parteien zunächst noch nicht zugestellt worden. Über Aufforderung des Obersten Gerichtshofs (10 Nc 19/09i) wurde die Zustellung nachgeholt. Die Parteien erhoben gegen den Übertragungsbeschluss kein Rechtsmittel, sodass nunmehr die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Paragraph 111, JN vorliegen.

Die Übertragung der Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Mödling ist gerechtfertigt.

Gemäß Paragraph 111, JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Pflegschaftssache an jenes Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt. Auch offene Anträge sind nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich kein Übertragungshindernis. Entscheidend ist immer das Wohl des Pflegebefohlenen, das nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu beurteilen ist vergleiche Mayr in Rechberger, ZPO3 Paragraph 111, JN Rz 1 f mwN). Eine Entscheidung über den Obsorgeantrag durch das bisher zuständige Gericht ist aber nur dann sinnvoll, wenn das Gericht bereits über entsprechende Sachkenntnisse verfügt oder jedenfalls in der Lage ist, sich diese Kenntnisse leichter zu verschaffen als das andere Gericht. Nur dann ist es für den Pflegebefohlenen von Vorteil, dass das bisher zuständige Gericht über den Obsorgeantrag entscheidet. Im vorliegenden Fall sind die für die Entscheidung über den Antrag auf Übertragung der (einstweiligen) Obsorge notwendigen Erhebungen erst durchzuführen. Es ist daher weder ein besonderer Vorteil aus der weiteren Sachbearbeitung durch das bisherige Pflegschaftsgericht zu erwarten, noch sprechen Gründe des Kindeswohls dafür, dass die Pflegschaftssache weiterhin von diesem Gericht geführt werden soll. Den Interessen des pflegebefohlenen Kindes wird es vielmehr in der Regel entsprechen, wenn als Pflegschaftsgericht jenes Gericht tätig wird, in dessen Sprengel sein gewöhnlicher Aufenthalt und der Mittelpunkt seiner Lebensführung liegt vergleiche RIS-Justiz Vorheriger SuchbegriffRS0047300 [T1]).

Die Übertragung war daher zu genehmigen.

Anmerkung

E93128 10Nc2.10s

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0100NC00002.10S.0212.000

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2010

Dokumentnummer

JJT_20100212_OGH0002_0100NC00002_10S0000_000

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