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Entscheidungstext 1Ob2029/96f

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

MietSlg 48.164

Geschäftszahl

1Ob2029/96f

Entscheidungsdatum

11.03.1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert J*****, vertreten durch Dr.Peter Sparer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr.Klaus R*****, wegen S 446.148,20 s.A. (Revisionsstreitwert S 388.703,20), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom 28.Juli 1995, GZ 4 R 165/95-25, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 14.Februar 1995, GZ 10 Cg 118/94-17, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

römisch eins. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es einschließlich der nicht in Beschwerde gezogenen Ansprüche als Teilurteil insgesamt zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 137.445,-- samt 4 % Zinsen aus S 57.445,-- vom 24.Dezember 1993 bis 5.Mai 1994, aus S 107.445,-- vom 6.Mai 1994 bis 22.Jänner 1995 und aus S 137.445,-- seit 24.Jänner 1995 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren von S 20.000 samt 4 % Zinsen seit 23.September 1992, aus S 446.148,20 vom 23.September 1992 bis 23.Dezember 1993, aus S 50.000,-- vom 24.Dezember 1993 bis 5.Mai 1994 und aus S 30.000,-- vom 24.Dezember 1993 bis 23.Jänner 1995 wird dagegen abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.“

römisch II. den

Beschluß

gefaßt:

Im übrigen (Abweisung des Begehrens im Teilbetrag von S 288.703,20 samt 4 % Zinsen seit 24.Dezember 1993) wird das berufungsgerichtliche Urteil aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 13.März 1986 kaufte der Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, Anteile einer Liegenschaft, mit welchen das Wohnungseigentum an einer näher bezeichneten Wohnung verbunden sein sollte, um den Preis von 1,8 Mio S. Diesen Kaufvertrag hatte der Beklagte verfaßt.

Mit Schreiben vom 24.April 1986 forderte der Beklagte den Kläger auf, die vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern vorgeschriebene Grunderwerbssteuer im Betrag von S 144.000,-- zu bezahlen. Der Kläger überwies diesen Betrag am 28.Mai 1986. Auch das vom Beklagten für die Vertragserrichtung in Rechnung gestellte Honorar von S 57.445,-- beglich der Kläger. Die Wohnung wurde von ihm aus- und umgebaut, eingerichtet und auch bewohnt. Zeitweilig wurde sie vermietet. Nachdem der Verkäufer den Kaufvertrag bei der Grundverkehrsbehörde angezeigt hatte, wurde diesem die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt, was dessen Rückabwicklung zur Folge hatte.

Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz des insgesamt mit S 446.148,20 s.A. bezifferten Schadens, weil ihn dieser über die Risken des Vertrags nicht ausreichend aufgeklärt habe. Der Beklagte habe zwar erklärt, der bücherliche Eigentumserwerb sei für Ausländer angesichts der Grundverkehrsbeschränkungen schwierig, er habe aber dennoch vorgeschlagen, den Kaufvertrag zu errichten und dem Finanzamt anzuzeigen. Die Vorlage an die Grundverkehrsbehörde habe er für „derzeit nicht sinnvoll“ erachtet, weil mit einer Genehmigung nicht zu rechnen sei; dem Kläger könne aber „außerbücherliches Eigentum“ verschafft werden. Insbesondere habe es der Beklagte unterlassen, den Kläger über sämtliche Schwierigkeiten und Gefahren sowie dessen rechtliche Stellung nach Unterfertigung des Vertrags aufzuklären. Er hafte daher für alle aus dem Abschluß des Vertrags, insbesondere auch aus dessen Rückabwicklung entstandenen Schäden. Im einzelnen fordere er den Ersatz folgender Schäden:

1. Die Wohnungseinrichtung sei speziell für die Eigentumswohnung angeschafft worden und könne anderweitig nicht mehr verwendet werden; unter Bedachtnahme auf den Abzug neu für alt und den Umstand, daß Gegenstände teilweise doch verkäuflich sein könnten, seien 50 % des Neuwerts, also S 134.000,--, zu veranschlagen.

2. Der Kläger habe im Zuge der Rückabwicklung des Kaufvertrags Käufer für die Wohnung gesucht; an Inseratskosten seien ihm S 6.148,-- aufgelaufen.

3. Für die Schätzung der Liegenschaft und der vom Kläger getätigten Aufwendungen seien Gutachtenskosten im Betrage von S 9.366,-- aufgelaufen.

4. Einem Rechtsanwalt habe er für dessen Bemühungen um die Rückzahlung der Grunderwerbssteuer ein Honorar von S 20.000,-- bezahlt.

5. Für die Bemühungen eines anderen Rechtsanwalts bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags habe er ein Honorar von S 139.189,20 begleichen müssen.

6. Das dem Beklagten für die Errichtung des Kaufvertrags bezahlte Honorar von S 57.445,-- sei eine rückzahlbare Nichtschuld.

7. Der Kläger habe schließlich einen Zinsenschaden von S 80.000,-- erlitten, weil er die noch nicht fällig gewesene Grunderwerbssteuer über Aufforderung durch den Beklagten bereits am 28.Mai 1986 bezahlt habe, die Rückerstattung des Betrags von S 144.000,-- aber erst am 29.Dezember 1994 erfolgt sei.

Der Beklagte wendete insbesondere ein, der Verkäufer habe mit dem Kläger über den Kauf schon vor Inanspruchnahme der anwaltlichen Tätigkeit des Beklagten Einigkeit erzielt. Die Vertragsteile hätten gewußt, daß es wegen der Verbücherung des Vertrags Schwierigkeiten geben werde, auf die sie auch aufmerksam gemacht worden seien. Sie seien davon ausgegangen, daß eine Erleichterung der Grundverkehrsbeschränkungen eintreten werde, weshalb man zunächst nur das wirtschaftliche Ergebnis des Kaufvertrags habe herbeiführen wollen. Dies sei auch im Vertrag zum Ausdruck gekommen. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kaufvertrag der Grundverkehrsbehörde vorzulegen. Eine solche Vorlage hätten die Vertragsteile zu einem späteren Zeitpunkt beabsichtigt. Der Kläger habe das mit dem Kaufvertrag verbundene Risiko bewußt in Kauf genommen. Aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Ehegattinnen der Vertragsteile sei der Vertrag vom Verkäufer bei der Grundverkehrsbehörde schließlich doch angezeigt worden, um die vertraglichen Beziehungen mit dem Kläger zu beenden. Der Kläger habe die Rückabwicklung provoziert und den Schaden daher selbst zu tragen; zumindest aber falle ihm ein erhebliches Mitverschulden zur Last. Der Kläger habe im Wege der Rückabwicklung 4,5 Mio S erhalten, also keinen Schaden erlitten; er sei im Gegenteil bereichert. Die Bezahlung der Grunderwerbssteuer sei zu Recht erfolgt. Der Wert der Einrichtungsgegenstände sei nach wie vor zur Gänze erhalten geblieben. In Ansehung der nicht entfernbaren Investitionen sei dem Kläger eine Verletzung seiner Schadensminderungspflicht vorzuwerfen, weil er sich diese hätte ablösen lassen müssen. Ganz allgemein sei dem eingetretenen Schaden die Nutzung der Wohnung durch den Kläger im Weg der Vorteilsanrechnung gegenüberzustellen. Das Honorar für die Rückabwicklungsbemühungen sei überhöht.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von S 251.796,60 samt 4 % Zinsen seit 11.Februar 1994 und wies das Mehrbegehren von S 194.351,60 samt 4 % Zinsen seit 23.September 1992 sowie von 4 % aus S 251.796,60 für die Zeit vom 23.September 1992 bis 10.Februar 1994 ab.

Es stellte - über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus - noch fest, die Vertragsteile seien sich über den Erwerb der Wohnung einig geworden, noch ehe sie den Beklagten mit der Errichtung des Kaufvertrags beauftragt hätten. Sie hätten gewußt, daß es für einen deutschen Staatsangehörigen beim Erwerb einer solchen Wohnung Probleme gebe. Es sei auch erörtert worden, daß der Kläger als deutscher Staatsangehöriger „keine Möglichkeit“ habe, „ins Grundbuch zu kommen“. Über die Konsequenzen daraus sei nicht „großartig geredet“ worden, vielmehr habe man besprochen, daß die Ehegattin des Klägers versuchen werde, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen, um danach grundbücherliche Eigentümerin zu werden. Es sei im Beisein des Beklagten darüber gesprochen worden, daß es für den Kläger ein Risiko bedeute, wenn er nicht grundbücherlicher Eigentümer sei. Über das Ausmaß dieses Risikos, insbesondere was dem Kläger tatsächlich „blühen“ könne, sei aber nicht ausführlich gesprochen worden, der Beklagte habe den Kläger hierüber nicht belehrt. Es sei dem Kläger „zu keiner Zeit klar“ gewesen, daß er, sei alles bezahlt, zwar „Eigentümer“ sei, aber eine bücherliche Eintragung auf lange Zeit nicht in Frage komme. Der Beklagte habe dem Kläger in Aussicht gestellt, daß die grundbücherliche Eintragung „irgendwann“ erfolgen könne; dem Kläger sei es gleichgültig gewesen, ob die Eintragung in fünf oder in zehn Jahren erfolgen werde. Der Kläger habe gewußt, daß der Kaufvertrag nicht der Gesetzeslage entspreche, er sei aber über die daraus resultierenden Folgen nicht in aller Schärfe informiert gewesen. Im Vertrag sei festgehalten, daß der Verkäufer einverstanden sei, wenn der Käufer die grundbücherliche Durchführung des Vertrags verzögere und daher der Verkäufer selbst auf „einen unbestimmten Zeitraum“ nach außen hin noch bücherlicher Eigentümer bleibe. Zwischen den Streitteilen sei vereinbart gewesen, daß der Vertrag der Grundverkehrsbehörde erst vorgelegt werde, bis die grundbücherliche Durchführung statthaft sein werde. Der Beklagte habe den Kläger zur Zahlung der Grunderwerbssteuer mit dem Bemerken aufgefordert, die Vorschreibung entspreche dem Gesetz und gehe in Ordnung. Am 28.August 1991 habe der vom Kläger beauftragte Rechtsanwalt beim Finanzamt die Rückzahlung der Grunderwerbssteuer beantragt, dieser Antrag sei indes mit dem Hinweis darauf, daß der seinerzeitige Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei, abgewiesen worden. Für seine Tätigkeit habe dieser Rechtsanwalt ein Honorar von S 20.000,-- verlangt und erhalten. Infolge der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sei dem Kläger klar gewesen, daß er die Wohnung nicht weiter behalten könne. Er habe allerdings nach wie vor die Auffassung vertreten, Eigentümer der Wohnung zu sein und diese selbst verkaufen zu können. Zu diesem Zweck habe er von Mai bis Oktober 1991 entsprechende Inserate in verschiedenen Zeitungen schalten lassen, wofür ihm Kosten im Betrag von S 6.148,-- entstanden seien. Zur Rückabwicklung des Kaufvertrags (und eines weiteren, über eine zweite Wohnung abgeschlossenen Vertrags) habe sich der Kläger anwaltlicher Hilfe bedient und dafür S 139.189,20 an Honorar bezahlt. Im Rahmen der Rückabwicklung sei ein Sachverständiger mit der Schätzung baulicher Investitionen und der Einrichtung in den Wohnungen des Klägers beauftragt gewesen. Die Hälfte der Kosten dieses Gutachtens, nämlich S 9.366,--, habe der Kläger bezahlt. Der Kläger habe für die Wohnung Einrichtungsgegenstände im Gesamtwert von S 268.592,40 angeschafft. Im Zeitpunkt der Rückabwicklung des Kaufvertrags hätten sich diese Gegenstände in sehr gepflegtem Zustand befunden. Sie seien allesamt nach Maß angefertigt worden und anderswo nicht verwendbar. Die Einrichtung sei im Zuge der Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht abgenützt worden. Der Kläger könne die Einrichtung nicht verwenden. Am 29.Dezember 1994 sei dem Kläger die Grunderwerbssteuer zurücküberwiesen worden. In der Zeit vom 1.Juni 1986 bis 31.Dezember 1994 habe er einen Kontokorrentkredit im Ausmaß von zumindest DM 20.500,-- in Anspruch genommen, der im Durchschnitt mit 10 % jährlich verzinst worden sei. Mit Schreiben vom 20.Dezember 1993 habe er vom Beklagten den Betrag von S 536.918,20 eingefordert. Es könne nicht festgestellt werden, wann der Beklagte dieses Schreiben erhalten habe; am 10.Februar 1994 habe er die Forderung abgelehnt. Es sei nicht feststellbar, daß der Kläger den vom Beklagten verfaßten Kaufvertrag auch bei Belehrung über alle drohenden Konsequenzen abgeschlossen hätte.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der vom Beklagten errichtete Kaufvertrag sei von Anfang an nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz (TGVG) nichtig gewesen sei. Rechtsanwälte, die Klienten zum Abschluß unerlaubter Umgehungsgeschäfte rieten und am Zustandekommen von entsprechenden (nichtigen) Verträgen mitwirkten, hätten für die von ihnen erbrachten Leistungen keinen Entgeltanspruch. Deshalb habe der Beklagte das erhaltene Honorar zur Gänze zurückzuzahlen. Er hafte aber auch für die dem Kläger entstandenen Schäden, weil er seine Mitwirkung am Vertragswerk hätte ablehnen müssen. Jedenfalls habe er die ihm obliegende Pflicht zur Belehrung dahin, daß der Vertrag gegen zwingendes Recht verstoße, verletzt. Er hätte den Kläger über die Konsequenzen der Rückabwicklung und über den Umstand, daß er die Wohnung nicht selbst verkaufen könne, belehren müssen. Es stehe nicht fest, daß der Kläger auch bei umfassender Belehrung durch den Beklagten den Kaufvertrag dennoch geschlossen hätte; die Beweislast dafür treffe den Beklagten. Dem Kläger sei ein Mitverschulden von 50 % anzulasten, weil er gewußt habe, daß er ein verbotenes Rechtsgeschäft abschließe. Deshalb sei dem Kläger nur der Ersatz der Hälfte des von ihm geltend gemachten Schadens zuzuerkennen. Dieser setze sich aus den frustrierten Aufwendungen für die Einrichtung im gemäß Paragraph 273, ZPO festgesetzten Betrag von S 134.000,--, den Kosten für das Sachverständigengutachten von S 9.366,--, den Anwaltshonoraren von S 20.000,-- bzw. S 139.189,20, den Inseratskosten von S 6.148,-- und dem Zinsenschaden im Ausmaß von S 80.000,-- zusammen, so daß der Beklagte dem Kläger angesichts dessen Mitverschuldens in Höhe von S 194.351,60 Ersatz zu leisten habe. Verzugszinsen könnten erst ab 11.Februar 1994 zuerkannt werden, weil nicht feststehe, wann dem Beklagten das Forderungsschreiben zugegangen sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Klagebegehren lediglich mit S 57.445,--samt 4 % Zinsen seit 24.Dezember 1993 statt und wies das Mehrbegehren von S 388.703,20 samt 4 % Zinsen seit 23.September 1992 und 4 % Zinsen aus S 57.445,-- vom 23.September 1992 bis 23.Dezember 1993 ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte aus, der Berufung des Klägers sei nur soweit Folge zu geben, als ihm Verzugszinsen bereits ab 24.Dezember 1993 zuzuerkennen seien, weil nach der Lebenserfahrung und unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Postlaufs davon ausgegangen werden könne, daß dem Beklagten das Schreiben des Klagevertreters, mit dem die Klagsforderung fälliggestellt worden sei, spätestens am 23.Dezember 1993 zugegangen sei.

Bei Erledigung des Rechtsmittels des Beklagten ging das Berufungsgericht davon aus, daß bei Vertragserrichtung eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrags nicht zu erreichen gewesen wäre. Das sei allen Beteiligten klar gewesen. Der Beklagte habe seine Sorgfaltspflicht als Rechtsanwalt verletzt, hätte er den Kläger doch darauf hinweisen müssen, daß er sich mit dem Kaufvertrag in die völlige Abhängigkeit vom Verkäufer begebe. Er hafte aber nicht für die diesem im Zusammenhang mit der Rückabwicklung des nichtigen Vertrags entstandenen Schäden, weil der Kläger dafür beweispflichtig sei, daß er bei entsprechender Belehrung durch den Beklagten den Vertrag nicht geschlossen hätte. Wohl genügte dafür der Beweis des ersten Anscheins, der Kläger habe aber nicht einmal behauptet, er hätte bei entsprechender Belehrung den Vertrag nicht geschlossen. Nach den Beweisergebnissen und den erstinstanzlichen Feststellungen bestehe auch nicht der erste Anschein eines solchen hypothetischen Entschlusses des Klägers. Es lägen angesichts der Tatsache, daß er trotz Kenntnis davon, er gehe damit ein verbotenes Rechtsgeschäft ein, den Vertrag abgeschlossen habe, keine überwiegenden Gründe für die Annahme, der Vertragsabschluß und dessen daraus entstandener Schaden seien durch die mangelhafte Belehrung des Beklagten herbeigeführt worden. Vielmehr sei anzunehmen, daß der Kläger den Vertrag auch geschlossen hätte, wäre er vom Beklagten ordnungsgemäß belehrt worden. Dem Beklagten sei somit jedenfalls der Erschütterungsbeweis gelungen, weil er einen anderen Tatsachenzusammenhang gleich wahrscheinlich gemacht bzw eine andere ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit des Geschehensablaufs aufgezeigt habe, so daß der Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung der Belehrungspflicht durch den Beklagten und dem im Vermögen des Klägers eingetretenen Schaden zu verneinen sei. Deshalb sei das Schadenersatzbegehren nicht berechtigt. Dem Kläger sei lediglich das Honorar zurückzuerstatten, weil der Beklagte im Zuge der Vertragsverfassung an einem unerlaubten Umgehungsgeschäft mitgewirkt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Wohl hat der Kläger nicht ausdrücklich behauptet, er hätte bei pflichtgemäßer Belehrung durch den Beklagten den Kaufvertrag nicht geschlossen, doch kann sein Vorbringen, er sei aufgrund der Vertragsurkunde und der Beratung durch den Beklagten der Meinung gewesen, daß der Kaufvertrag zumindest obligatorische Wirkung entfalte und ihm die „außerbücherliche Eigentümereigenschaft“ verschaffe, nicht anders verstanden werden, als daß für ihn bei ordnungsgemäßer Beratung durch den Beklagten der Abschluß eines solchen Vertrags nicht in Frage gekommen wäre; jedenfalls aber hätte dieses Vorbringen die Vorinstanzen veranlassen müssen, gemäß Paragraph 182, ZPO auf eine Klarstellung hinzuwirken. Zu diesem - wenngleich nicht wünschenswert deutlichen - Vorbringen hat der Kläger auch Beweise angeboten. Das Erstgericht stellte dazu fest, es könne nicht festgestellt werden, daß der Kläger den vom Beklagten verfaßten Kaufvertrag auch bei Belehrung über alle ihm drohenden (rechtlichen) Konsequenzen geschlossen hätte. Die Formulierung dieser Negativfesttsellung ist ganz augenscheinlich darauf zurückzuführen, daß es - wie noch zu zeigen sein wird, entgegen richtiger rechtlicher Beurteilung - den Beklagten mit dem Beweis der mangelnden Kausalität von dessen pflichtwidrigen Unterlassung belastet ansah. Die Frage der Beweislastverteilung hat dagegen das Berufungsgericht grundsätzlich richtig gelöst: Dem geschädigten Kläger obliegt der Beweis des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Eintritt des Schadens jedenfalls dann, wenn ihn keine Verletzung eines auf den Sachverhalt anwendbaren Schutzgesetzes zur Last fällt (ZfRV 1994, 249; JBl 1994, 47 und 185; EvBl 1993/57 uva).

Die Frage, ob bei einer Schutzgesetzverletzung der Schädiger auch mit dem Beweis der mangelnden Ursächlichkeit seiner Unterlassung belastet sei, muß hier nicht beantwortet werden, weil die vom Kläger in der Revision in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Bestimmungen des Paragraph 9 und des Paragraph 11, Absatz eins, RAO keine Schutznormen im Sinne des Paragraph 1311, ABGB sind: Diese Vorschriften umschreiben keineswegs zur Vermeidung eines konkreten Schadens gebotenes oder verbotenes Verhalten genau; vor allem kann diesen Normen nicht entnommen werden, daß sie gerade den Schutz ganz bestimmter Interessen im Auge hätten (SZ 57/134 ua). Diese Bestimmungen umreißen vielmehr ganz allgemein die Sorgfaltsanforderungen an den Rechtsanwalt in Vertretung seiner Partei gleichsam in näherer Ausgestaltung des in Paragraph 1299, ABGB dem Sachverständigen aufgebürdeten Sorgfaltsmaßstabs. Zu Recht hat daher das Gericht zweiter Instanz den Kläger mit dem Beweis des Kausalzusammenhangs zwischen der unvollständigen Belehrung durch den Beklagten und den ihm durch den deshalb abgeschlossenen Vertrag zugefügten Schaden belastet; verfehlt sind indessen seine Ausführungen über den Anscheins- und Erschütterungsbeweis:

Es billigte dem Kläger zur Dartuung des Ursachenzusammenhangs zwar den Anscheinsbeweis zu, schloß aber - ohne Beweiswiederholung oder -ergänzung - abweichend vom Erstgericht aus dessen Feststellungen über das Zustandekommen des Vertrags, der Informationsstand des Klägers spreche dafür, daß dieser in seiner Bereitschaft, ein verbotenes Rechtsgeschäft abzuschließen und mangels Möglichkeit der Verbücherung des Vertrags ein „gewisses, wenn auch nicht klar umrissenes Risiko“ zu übernehmen, sowie angesichts des bestehenden Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und dem Verkäufer den Kaufvertrag auch geschlossen hätte, wäre er vom Beklagten über die Folgen der - zu gewärtigenden - Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung belehrt worden. Damit sei dem Beklagten jedenfalls der „Erschütterungsbeweis“ gelungen, weil er einen anderen Tatsachenzusammenhang gleich wahrscheinlich gemacht bzw eine andere ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit des Geschehensablaufs aufgezeigt habe.

Mit diesen Ausführungen überschreitet das Gericht zweiter Instanz die Grenzen des von der Rechtsprechung abgesteckten Anwendungsbereichs des Anscheinsbeweises: Dieser ist eine (auflösend bedingte) Verschiebung des Beweisthemas von der tatbestandsmäßig geforderten Tatsache auf eine andere, leichter erweisliche Tatsache, die mit jener in einem typischen Erfahrungszusammenhang steht. Wohl liegen seine wichtigsten Anwendungsgebiete im Schadenersatzrecht, wo formelhafte, typische Kausalabläufe bestehen (Kausalzusammenhang) oder typische Verhaltensweisen stets gleichartige und zuverlässige Schlüsse auf bestimmte innere Zustände eines Menschen (Verschulden) zulassen, der Anscheinsbeweis ist indessen stets dort ausgeschlossen, wo und wann der Kausalablauf durch den individuellen Willensentschluß eines Menschen bestimmt werden kann (SZ 65/132; SZ 57/20 ua; zuletzt wieder 1 Ob 5/96; Fasching, LB2 Rz 894). Ein bestimmter Geschehensablauf ist bei der mangelnden oder unvollständigen Belehrung des Klienten durch den von diesem betrauten Rechtsanwalt über die Folgen bestimmter rechtlich bedeutsamer Schritte (hier des Abschlusses eines von vornherein nichtigen Liegenschaftskaufvertrages und der deshalb stets drohenden Verpflichtung zur Räumung der daraufhin bezogenen Eigentumswohnung) keinesfalls typisch, sondern der Kausalablauf wird durchwegs von individuellen Willensentschlüssen der daran beteiligten Personen bestimmt vergleiche dazu insbesondere SZ 57/20). War somit dem Kläger der Anscheinsbeweis zur Dartuung eines bestimmten typischen Kausalablaufs verwehrt, so erübrigen sich auch die Erwägungen des Berufungsgerichts über die Erbringung eines ausreichenden „Wahrscheinlichkeitsgegenbeweises“ durch den Beklagten. Es ist vielmehr allein Sache des mit dem Beweis eines entsprechenden Kausalzusammenhangs belasteten Klägers, den Beweis für seine Behauptung, er hätte den Kaufvertrag bei vollständiger Belehrung durch den Beklagten nicht geschlossen, anzutreten, so daß unaufgeklärt bleibende Umstände daher zu seinen Lasten gehen. Es kommt somit nicht auf die vom Erstgericht getroffene (negative) Feststellung an, es sei nicht feststellbar, daß der Kläger den vom Beklagten verfaßten Kaufvertrag auch abgeschlossen hätte, wäre er von diesem über alle Folgen belehrt worden, sondern - wenn schon eine positive Feststellung in einer der beiden Richtungen nicht getroffen werden könnte - darauf, ob eine Feststellung, daß der Beklagte den Kaufvertrag bei vollständiger Belehrung durch den Beklagten nicht geschlossen hätte, nicht zu treffen sei. Lediglich eine solche (negative) Feststellung würde - neben einer Feststellung, daß der Kläger den Vertrag auch bei vollständiger Belehrung geschlossen hätte - der Stattgebung des darauf gestützten Ersatzbegehrens mangels erweislichen Kausalzusammenhangs entgegenstehen. Feststellungen darüber im aufgezeigten Sinn werden im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.

Daß der Beklagte seiner Pflicht zur - richtigen und vollständigen - Belehrung des Klägers (AnwBl 1991, 51; NZ 1988, 200 uva) nicht nachkam, kann im vorliegenden Fall nicht bezweifelt werden, hätte der Beklagte den Kläger doch vor allem darauf hinweisen müssen, daß der Kaufvertrag bei Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, mit der mit Sicherheit zu rechnen war, nichtig sei und sich der Kläger deshalb bei Abschluß des Kaufvertrags in völlige Abhängigkeit vom Verkäufer begebe. Ob der Beklagte dem Kläger dessen mit der Rückabwicklung des Kaufvertrags verbundenen Aufwand zu ersetzen haben wird, also die Kosten für die Einschaltung der Inserate, mit welchen der Kläger zur Rückabwicklung des Kaufvertrags Käufer für die Wohnung suchte, die Kosten des Sachverständigengutachtens, das er zum gleichen Zweck zur Schätzung der baulichen Investitionen in der Wohnung und deren Einrichtung in Auftrag gegeben hatte, und die für die Bemühungen des Rechtsanwalts im Rahmen der Rückabwicklung aufgelaufenen Honorarkosten, wird demgemäß von den Ergebnissen des noch abzuführenden Beweisverfahrens abhängen. In diesem Umfang ist die Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung unumgänglich.

Der Kläger brachte vor, er sei der Meinung gewesen, daß er „außerbücherlicher“ Eigentümer der Wohnung sei, und er habe diese dementsprechend mit speziell für sie angefertigten Einrichtungsgegenständen versehen. Dieses Vorbringen kann nur so verstanden werden, daß er die Wohnung angesichts des vermeintlichen Erwerbs von (Wohnungs-)Eigentum mit einer - nunmehr nicht verwertbaren - Einrichtung ausgestattet habe. Damit wird sich das Gericht zweiter Instanz ungeachtet des Ergebnisses des Beweisverfahrens über den Kausalzusammenhang zwischen unvollständiger Belehrung durch den Beklagten und Vertragsabschluß zu befassen haben, ist doch die Berechtigung dieses Schadenersatzanspruchs nicht (allein) davon abhängig, daß der Kläger den Kaufvertrag auch bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den Beklagten geschlossen hätte. Der dem Kläger vom Gericht zweiter Instanz unterstellte Vertragsabschluß würde für sich allein noch keinen Schluß darauf zulassen, daß er auch das Risiko eingegangen wäre, bei erzwungener Räumung nicht verwertbare Einrichtungsgegenstände anzuschaffen und die Wohnung entsprechend zu adaptieren. Das Berufungsgericht bezweifelte die Richtigkeit der Feststellungen des Erstgerichts darüber, daß es sich bei allen Einrichtungsgegenständen um Maßanfertigungen handle, tat diese Feststellungen indessen als für den Streitausgang unerheblich ab. Auch in dieser Richtung wird das Beweisverfahren somit zu ergänzen sein.

Die Erstattung des von ihm an den von ihm beauftragten Rechtsanwalt bezahlten Honorars von S 20.000,-- für dessen Bemühungen um die Rückzahlung des über Anraten des Beklagten überwiesenen Grunderwerbssteuerbetrags kann der Kläger nicht erzwingen, weil dessen Schritte nicht nur erfolglos waren, sondern von vornherein aussichtslos erschienen und daher für den Kläger wertlos waren (JBl 1991, 654 ua), so daß der Kläger das dafür in Rechnung gestellte Honorar nicht hätte bezahlen müssen und ihm daher auch der Rückersatz durch den Beklagten verwehrt bleibt.

Berechtigt erweist sich die Revision dagegen auch, soweit das Berufungsgericht dem Kläger den Ersatz des von ihm begehrten Zinsenschadens von S 80.000,-- versagt. Den erstinstanzlichen Feststellungen zufolge hat der Beklagte den Kläger ausdrücklich aufgefordert, den vorgeschriebenen Grunderwerbssteuerbetrag an das Finanzamt zu überweisen, weil die Vorschreibung dem Gesetz entspreche und in Ordnung gehe. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist. Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, dieses Gesetzes entsteht die Steuerschuld erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung, wenn die Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung oder von der „Genehmigung einer Behörde“ abhängig ist. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, bedurfte der zwischen dem Kläger und dem Verkäufer über die Eigentumswohnung abgeschlossene Kaufvertrag gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer 2, und Paragraph 3, Absatz eins, Litera a, TGVG der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde. Diese Zustimmung ist nie erteilt worden, so daß die Steuerschuld nie entstanden ist und die Grunderwerbssteuer somit nicht fällig gewesen sein konnte. Da der Beklagte den Kläger zur Überweisung der nicht fälligen Grunderwerbssteuer veranlaßte und der Kläger dadurch den vom Erstgericht festgestellten Zinsenschaden erlitt (S 21 und S 32 f des Ersturteils), hat der Beklagte dem Kläger den aus der von ihm verfehltermaßen veranlaßten, aber nicht gebotenen Zahlung einer nicht fälligen Steuerschuld resultierenden Schaden infolge grob fahrlässigen Verhaltens jedenfalls zu ersetzen. Ein Mitverschulden fällt dem Kläger nicht zur Last, weil er sich auf den Rat des rechtskundigen Beklagten verlassen durfte. Der Zinsenschaden wurde allerdings erst mit der Klage und auch darin nur im Teilbetrag von S 50.000,-- geltend gemacht, so daß der Zinsenlauf dafür in diesem Umfang ab dem der Klagszustellung folgenden Tag (6.Mai 1994) und im Umfang des restlichen Betrags von S 30.000,-- erst ab dem 24.Jänner 1995 (das ist der dessen Geltendmachung in der Verhandlungstagsatzung vom 23.Jänner 1995 folgende Tag) in Gang gesetzt wurde vergleiche SZ 44/42 ua).

Der Zuspruch von S 57.445,-- (Honorar des Beklagten) blieb unangefochten, so daß darauf nicht weiter einzugehen ist.

Das Zinsenbegehren für die Zeit vom 23.September 1992 bis 23.Dezember 1993 ist zur Gänze deshalb abzuweisen, weil die Klagsforderung erst mit Schreiben des Klagevertreters vom 20.Dezember 1993 (Beilage L) fälliggestellt wurde und dieses Schreiben dem Beklagten am 23.Dezember 1993 zuging (S 17 f des Urteils der zweiten Instanz).

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß das Klagebegehren im Teilbetrag von S 137.445,-- (Rückforderung des Vertragsverfassungshonorars von S 57.445,-- und Ersatz des Zinsenschadens von S 80.000,--) als berechtigt zuzuerkennen und im Teilbetrag von S 20.000,-- (Rechtsanwaltshonorar) als nicht berechtigt abzuweisen ist; im restlichen Teilbetrag von S 288.703,20 (S 6.418,-- an Inseratskosten; S 9.366,-- an Gutachtensaufwand; S 139.189,20 an Rechtsanwaltshonorar und S 134.000,-- an nutzlosem Adaptierungs- und Einrichtungsaufwand) bedarf es zur Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage einer Ergänzung des Verfahrens.

Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins und 2 ZPO.

Textnummer

E42011

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1996:0010OB02029.96F.0311.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2012

Dokumentnummer

JJT_19960311_OGH0002_0010OB02029_96F0000_000

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