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Entscheidungstext 12Os139/89

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Strafrecht

Geschäftszahl

12Os139/89

Entscheidungsdatum

07.12.1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Dezember 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak (Berichterstatter), Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Lassmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Harald B*** wegen des Verbrechens der Erpressung nch Paragraph 144, Absatz eins, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 12.Juni 1989, GZ 24 römisch fünf r 3210/88-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten Harald B*** und des Verteidigers Dr. Scheibner zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und gemäß Paragraph 288, Absatz 2, Ziffer 3, StPO in der Sache selbst erkannt:

Der Schuldspruch 1 wird dahin ergänzt, daß der Angeklagte die Erpressung gegen Irmgard L*** längere Zeit hindurch fortgesetzt und demgemäß das ihm zur Last liegende VerNrechen der Erpressung nach Paragraph 144, Absatz eins, StGB auch als schwere Erpressung nach Paragraph 145, Absatz 2, Ziffer 2, StGB begangen hat.

Er wird hiefür und für die übrigen ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen gemäß Paragraphen 28,, 145 Absatz 2, StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 (zwanzig) Monaten verurteilt. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß Paragraph 390, a StPO fallen dlm%Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der 40jährige Harald B*** wurde des Verbrechens der Erpressung nach Paragraph 144, Absatz eins, StGB (1), des Verbrechens der schweren Nötigung nach Paragraphen 105, Absatz eins,, 106 Absatz eins, Ziffer eins, StGB (2), des Vergehens der Sachbeschädigung nach Paragraph 125, StGB (3), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach Paragraph 107, Absatz eins und Absatz 2, StGB (4) und des Vergehens der Körperverletzung nach Paragraph 83, Absatz eins, StGB (5 undst) schuldig erkannt. Darnach hat er - zusammengefaßt wiedergegeben - von Ende August bis Ende November 1988 Irmgard L*** in mehreren Fällen durch die Drohung, sie als Täterin eines Diebstahls zu verraten, zur Herausgabe von insgesamt ca 3.000 S in mehreren Teilbeträgen genötigt (1), die Genannte durch gefährliche Drohung mit einer auffallenden Verunstaltung - Zerschneiden des Gesichtes mit Würfelzucker - zur Abstandnahme von der Anzeige des Angeklagten wegen anderer zum Nachteil der Irmgard L*** begangener Straftaten genötigt (2), im Eigentum der Irmgard L*** stehende Sachen (Fensterscheiben, Lichtschalter und Steckdose) beschädigt (3), die Genannte mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er eine Fleischgabel an ihrem Hals ansetzte und dabei ankündigte, er werde sie auf diese Weise töten (4) und schließlich die Genannte durch Kratzen mit einer Fleischgabel am Hals und durch Versetzen eines Schlages in das Gesicht am Körper verletzt (Kratzwunden im Bereich des Halses; Rötung und Schmerzen im Bereich eines Auges; 5 und 6).

Rechtliche Beurteilung

Während der Angeklagte alle Schuldsprüche aus Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 4 und 5 a StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, richtet sich diejenige der Staatsanwaltschaft unter Berufung auf die Ziffer 5 und 10 der genannten Gesetzesstelle allein gegen das Unterbleiben der Qualifikation schwerer Erpressung nach Paragraph 145, Absatz 2, Ziffer 2, StGB in Ansehung der dem Schuldspruch 1 unterfallenden Straftat. Lediglich das Rechtsmittel der Anklagebehörde ist begründet. Die in Frage stehende Qualifikation ist einem Täter dann zuzurechnen, wenn er eine Erpressung gegen dieselbe Person längere Zeit hindurch fortsetzt. Da nun das Schöffengericht als erwiesen annahm, daß der Angeklagte sein erpresserisches Ansinnen "praktisch täglich über zwei Monate hinweg" äußerte (S 231 unten), kann eine Fortsetzung der Erpressung durch längere Zeit schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch füglich nicht bezweifelt werden. Die vom Erstgericht für die Nichtannahme dieser Qualifikation angeführte Überlegung, es stehe nicht fest, daß das Opfer "gerade durch diese immer wiederkehrende Erpressung eine länger als einen Tag andauernde erhebliche psychische oder physische Beeinträchtigung erfuhr" (S 232, 236), statuiert eine willkürliche, dem Gesetz nicht zu entnehmende Einschränkung dieser Qualifikation, die allein auf die Wiederholung der Erpressung durch einen längeren Zeitraum abstellt, wogegen die Frage der erheblichen psychischen oder physischen Beeinträchtigung des Opfers unter dem (von der Staatsanwaltschaft nicht mehr relevierten) Gesichtspunkt des Paragraph 145, Absatz eins, Ziffer 2, StGB - Herbeiführung eines qualvollen Zustandes - zu prüfen ist (siehe RZ 1983/37).

Da nach dem Gesagten die Qualifikation nach Paragraph 145, Absatz 2, Ziffer 2, StGB vorliegend schon auf der Basis der tatrichterlichen Konstatierungen bejaht werden kann, war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft der Schuldspruch wegen des Verbrechens der Erpressung (1) durch die reklamierte Tatqualifikation zu ergänzen.

Hingegen mußte der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ein Erfolg versagt bleiben.

Durch die Abweisung seines Begehrens, den Zeugen Horst B*** darüber zu vernehmen, daß Irmgard L*** sich gegenüber dem Angeklagten früher "krankhaft eifersüchtig" verhalten habe, konnten Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers schon deshalb nicht geschmälert werden, weil die unter Beweis zu stellende Tatsache im Urteil ohnedies als erwiesen angenommen wurde (S 231, 235 f). Sanktionslos konnte aber auch die Vernehmung des Zeugen Hans K*** zum Beweis dafür unterbleiben, ob Irmgard L*** das von ihr bei einem Diebstahl erbeutete Geld (wie sie angibt) in den Inn geworfen oder (wie der Angeklagte behauptet) zum Teil für sich behalten und zum Teil weitergegeben hat, weil diese Frage keine für die Schuld des Angeklagten oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache (Paragraph 270, Absatz 2, Ziffer 4 und 5 StPO) betrifft. Im übrigen ist angesichts der die Überzeugung des Schöffengerichtes von der Glaubwürdigkeit der Zeugin L*** in bezug auf ihre gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe tragenden Umstände die Frage ihrer (sonstigen) Wahrheitsliebe in Ansehung der Verwertung der Beute aus einem von ihr begangenen und auch zugegebenen Diebstahl nach Lage des Falles ohne Belang.

Der Tatsachenrüge (Ziffer 5, a) des Angeklagten genügt es, zusammenfassend zu erwidern, daß die von ihm relevierten, die Glaubwürdigkeit der Zeugin L*** betreffenden Umstände nicht geeignet sind, schwerwiegende Bedenken gegen die schöffengerichtliche Lösung der Tatfrage hervorzurufen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sonach zu verwerfen.

Bei der durch die Erledigung der staatsanwaltschaftlichen Nichtigkeitsbeschwerde erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe waren erschwerend die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit drei Vergehen sowie die Wiederholung der Körperverletzung, während als mildernd lediglich das Teilgeständnis des Angeklagten in Betracht gezogen wurde.

Hievon ausgehend erachtete der Oberste Gerichtshof bei dem von einem Jahr bis zu zehn Jahren reichenden Strafsatz des Paragraph 145, Absatz 2, StGB eine mit zwanzig Monaten eher im unteren Bereich bemessene Freiheitsstrafe als ausreichende aber auch gebotene Sanktion, die dem Unrechtsgehalt der Straftaten und der Schuld des Angeklagten entspricht.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E19150

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00139.89.1207.000

Dokumentnummer

JJT_19891207_OGH0002_0120OS00139_8900000_000

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