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Entscheidungstext 1Ob631/89

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

1Ob631/89

Entscheidungsdatum

06.09.1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Maria L***, geboren am 9.Februar 1929, Pensionistin, dzt. Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder, Kainbach 23, vertreten durch Dr. Othmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, infolge Revisionsrekurses der Behinderten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 13. April 1989, GZ 2 R 89/89-220, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 4.Jänner 1989, GZ 18 SW 13/88-198, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Auf die in der Sachwalterschaftssache ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 2.5.1984, 1 Ob 572/84, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Das Erstgericht sprach aus, daß der für die Behinderte bestellte Sachwalter gemäß Paragraph 273, Absatz , Ziffer 2, ABGB die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Behinderten, deren Verkehr mit Ämtern und Behörden und die Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Anstaltsunterbringung zu besorgen habe; innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters könne Maria L*** über einen Betrag von S 2.000,-- monatlich frei verfügen und sich insoweit verpflichten. Das Erstgericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, daß Maria L*** weiterhin ohne wesentliche Einschränkung an jenem Krankheitsgeschehen (querulatorische Paranoia) leide, das Anlaß für ihre Entmündigung gewesen sei und daher aus psychiatrischer Sicht die Aufrechterhaltung der Sachwalterschaft in dem verfügten Umfang erforderlich sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Behinderten keine Folge. Es stellte fest, Maria L*** leide an einer Geisteskrankheit mit der Diagnose paranoia querulatoria. Sie sei nicht debil, unter Berücksichtigung ihrer Schulbildung sei ihr Intellekt in Ordnung. Dies ermögliche aber den Aufbau des bestehenden Wahngebildes, das nicht mehr korrigierbar sei. Ihre dadurch bedingte Einstellung in bezug auf den nicht akzeptierten Verlust ihrer Liegenschaft wirke sich auf die sonstigen Lebensbereiche aus. Die bestehende Querulanz allein bedeute für Maria L*** keine Gefahr. Eine solche werde vielmehr durch die Paranoia, das von ihr aufgebaute Wahngebilde bewirkt, das sich in zahlreichen Eingaben dokumentiere. Der bei ihr bestehende Realitätsverlust habe mit dem mit der Familie P*** im Jahre 1976 abgeschlossenen Kaufvertrag eingesetzt, aber auch die nachträglich erfolgte Ehescheidung stelle einen Bezugspunkt dar. In das Wahngebilde würden alle damit befaßten oder im Zusammenhang stehenden Personen, wie zB der seinerzeitige Notar als Vertragsverfasser, die Richter und nunmehr auch der Anstaltsleiter eingebaut; in diesen Personen erblicke Maria L*** ihre Gegner, die sie benachteiligt hätten oder weiterhin benachteiligen. Die von der Behinderten entwickelten Aktivitäten gingen ins Submanische, seien nicht korrigierbar oder für andere Zwecke umsetzbar. Eine medikamentöse Behandlung sei auf Dauer wenig erfolgversprechend, zumal sie sich mangels Krankheitseinsicht einer solchen wahrscheinlich widersetzen würde. Durch ihre realitätsfremde Einstellung bestehe eine Gefährdung ihrer Vermögenssituation. Könnte Maria L*** über ihr Vermögen (derzeit Ersparnisse von rund S 40.000,--) frei verfügen, sei zu befürchten, daß sie diese Vermögenswerte dazu benütze, um ihre vermeintlichen Ansprüche auf andere Weise, als sie dies derzeit durch bloße Verfassung zumeist verworrener Eingaben tue, durchzusetzen. Auch ihre in der Rekursverhandlung geäußerte Absicht der Wiederinbetriebnahme der auf der Liegenschaft bestandenen Gastwirtschaft oder "Annahme eines Hotels mit dem zugehörigen Personal" lasse eindeutig erkennen, daß sie von wirklichkeitsfremden Ideen geleitet werde. Demnach erweise sich die Aufrechterhaltung der Sachwalterschaft in dem vom Erstgericht verfügten Umfang im Interesse der Behinderten als erforderlich.

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Auch im Verfahren zur Bestellung von Sachwaltern gilt die Bestimmung des Paragraph 16, AußStrG. Gegen einen bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs daher nur wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit oder offenbarer Gesetzwidrigkeit zulässig. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit erblickt die Rekurswerberin darin, daß das Rekursgericht zur Feststellung gelangte, daß sie an einer psychischen Krankheit leide, die sie außerstande setze, einzelne Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils zu besorgen. Die Feststellungen des Rekursgerichtes über den Geisteszustand der Behinderten sind jedoch Tatsachenfeststellungen, die auf Grund des vom gerichtlich beeideten Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Erwin O*** in der mündlichen Rekursverhandlung abgegebenen Gutachten getroffen wurden. Von diesen Tatsachenfeststellungen hat auch der Oberste Gerichtshof auszugehen. Danach leidet Maria L*** an einer Geisteskrankheit mit der Diagnose paranoia querulans, die zum Aufbau eines unkorrigierbaren Wahngebildes geführt hat. Die realtitäsferne Einstellung bedeutet eine Gefährdung ihrer Vermögenssituation, weil zu befürchten ist, daß sie insbesondere ihre Ersparnisse von derzeit S 40.000,-- dazu verwenden würde, um ihre vermeintlichen Ansprüche (im Klagswege) durchzusetzen. Es besteht auch die Gefahr sonstiger Aktivitäten unter Einsatz ihrer finanziellen Mittel. Es geht daher nicht nur, wie die Rekurswerberin meint, darum, ob sie in der Lage ist, ihre monatlichen Einkünfte von S 6.144,-- zu verwalten, sondern auch um die sinnvolle Verfügung über ihre Ersparnisse. Dem Rekursgericht ist auch darin beizupflichten, daß die Verweigerung der Verfahrenshilfe kein taugliches Regulativ gegen eine Gefährdung der Behinderten darstellt, weil Maria L*** Prozesse auch ohne Inanspruchnahme von Verfahrenshilfe führen könnte und selbst die bewilligte Verfahrenshilfe nicht vor dem Kostenersatz im Falle des Prozeßverlustes schützt. Daß die Gefahr einer Prozeßführung bei Aufhebung der Sachwalterschaft besteht, hat das Rekursgericht festgestellt. Wenn das Rekursgericht bei dieser Sachlage zum Ergebnis gelangte, daß die Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters (zur Besorgung einzelner Angelegenheiten) weiterhin gegeben seien, so ist darin eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht zu erblicken. Die Rüge der Unterlassung der Erörterung der Ergebnisse der Beweisaufnahme gemäß den Paragraphen 242,, 250 AußStrG stellte, abgesehen davon, daß sie nach der Aktenlage unberechtigt wäre (der Vetreter der Betroffenen stellte selbst zahlreiche Fragen an den Sachverständigen), weder eine Nichtigkeit noch eine offenbare Gesetzwidrigkeit dar; ein schlichter Verfahrensmangel stellte im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses gemäß Paragraph 16, AußStrG keinen tauglichen Rechtsmittelgrund dar.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E18271

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00631.89.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19890906_OGH0002_0010OB00631_8900000_000

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