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Entscheidungstext 4Ob369/87

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

4Ob369/87

Entscheidungsdatum

29.09.1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Gesellschaft mbH, Wien 16., Julius Meinlgasse 3-7, vertreten durch Dr. Viktor Cerha, Dr. Karl Hempel, Dr. Dieter Cerha, Dr. Benedikt Spiegelfeld, Dr. Wulf G. Hauser und Dr. Edith Hlawati, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Franz K***, Kaufmann, Bleiburg, Koschatstraße 12, vertreten durch Dr. Peter Raits, Dr. Alfred Ebner, Dr. Harald Lettner, Dr. Walter Aichinger und Dr. Peter Bleiziffer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 250.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 20. Juli 1987, GZ 6 R 150/87-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. Mai 1987, GZ 19 Cg 138/87-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit 9.063,45 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 823,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei verwendet in Postwurfsendungen, mit denen sie für ihre Lebensmittelsupermärkte, darunter auch einen in Bleiburg, wirbt, seit mindestens zwei Jahren den Werbeslogan:

"Ein paar Lockvogelangebote machen noch keinen günstigen Einkauf - daher:

KEINE A***

sondern Dauertiefpreise z.B."

Die Postwurfsendungen werden von allen Filialen der klagenden Partei österreichweit einmal im Monat ausgesendet. Im Raum Bleiburg sendet die klagende Partei seit kurzem zweimal monatlich eine Postwurfsendung aus.

Der Beklagte betreibt in Bleiburg, St. Michael und Lavamünd S***-Supermärkte. Er verwendet auf Postwurfsendungen seit 1. Februar 1987 denselben Werbeslogan; hiebei bedient er sich derselben drucktechnischen Ausstattung in etwas verkleinerter Form. Die klagende Partei behauptet, daß der Beklagte mit der Nachahmung des für sie mittlerweile charakteristischen Werbeslogans durch dieselbe Reihung der Wortfolge, die Buchstabengröße und -ähnlichkeit sowie die blickfangartige drucktechnische Ausstattung eine Täuschung der Kunden bezwecke und damit gegen Paragraph eins, UWG verstoße. Die Begriffskombination "Lockvogelangebote - Keine Aktionen - Dauertiefpreise" werde von den Kunden mit dem Diskontmarkt der Klägerin in Verbindung gebracht. Der Beklagte führe durch die Nachahmung ohne zwingenden Grund eine Verwechslungsgefahr mit dem Diskontmarkt der klagenden Partei herbei, um sich das durch Werbung und Leistung der klagenden Partei bei der Kundschaft geschaffene Erinnerungsbild nutzbar zu machen. Dem Beklagten sei eine unterschiedliche Gestaltung der Postwurfsendungen und des Slogans zuzumuten.

Die klagende Partei stellt das inhaltsgleiche Klage- und Sicherungsbegehren, dem Beklagten im geschäftlichen Verkehr die Verwendung des Werbeslogans "Ein paar Lockvogelangebote machen noch keinen günstigen Einkauf - daher: keine Aktionen, sondern Dauertiefpreise z.B. ...." in der sich aus der Beilage ergebenden Art zu untersagen.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung ohne Anhörung der beklagten Partei. Die Nachahmung des charakteristischen Werbeslogans der klagenden Partei und die drucktechnische Ausstattung der Postwurfsendung seien geeignet, die Kunden zu täuschen. Da sich der Beklagte zu Wettbewerbszwecken des Slogans der klagenden Partei bediene und auch die drucktechnische Ausstattung nachahme, verstoße er gegen Paragraph eins, UWG.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge und wies den Sicherungsantrag ab; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den es entschieden hat, 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Nachahmung fremder Reklame außerhalb des - hier nicht in Betracht kommenden - Sonderrechtsschutzes (etwa nach Paragraph 9, UWG oder nach den Bestimmungen des Markenrechts) sei zulässig; Werbemethoden seien grundsätzlich gemeinfrei. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände verstoße die Nachahmung fremder Werbung gegen Paragraph eins, UWG. Dies sei jedoch eine Ausnahme, zumal einer unerwünschten Monopolisierung von Werbeideen und Werbemethoden vorzubeugen sei. Die Gewährung wettbewerbsrechtlichen Schutzes für bestimmte Werbemittel hänge in erster Linie davon ab, ob die Nachahmung der fremden Werbung die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs mit sich bringen könne. Das werde vor allem dort zutreffen, wo eine bestimmte Werbung besondere Durchschlagskraft besitze und damit allgemeine Verkehrsgeltung erlangt habe. Die nachgeahmte Werbung müsse eigenartig sein und im Verkehr einen solchen Grad von Bekanntheit erreicht haben, daß man von einem Erinnerungsbild, also von einem geistigen Fortleben im Gedächtnis des Publikums, sprechen könne. Aus der Verwendung üblicher und gängiger Wörter, Sprüche und Gestaltungsmerkmale könne die Sittenwidrigkeit einer Nachahmungshandlung nicht hergeleitet werden.

Dem vom Beklagten nachgeahmten Werbeslogan der Kläger fehle eine solche wettbewerbsrechtliche Eigenart. Die Wortfolge bestehe aus durchaus gängigen, der Alltagssprache entnommenen Wörtern, die jeder wettbewerbsrechtlichen Originalität entbehrten und einen alltäglichen Inhalt hätten. Diese Wortfolge sei daher nicht geeignet, eine gedankliche Verbindung mit dem Unternehmen der klagenden Partei in einer Weise hervorzurufen, die zu Verwechslungen der Unternehmen der Streitteile führen könne. Dazu komme, daß selbst dem flüchtigen Betrachter der deutliche Unterschied in der gesamten Aufmachung der Werbeprospekte der Streitteile schon auf Grund des Farbunterschiedes auffallen müsse. Auf beiden Prospekten sei die Bezeichnung der werbenden Unternehmen deutlich angebracht. Von einer Irreführung des Publikums durch den vom Beklagten nachgeahmten Werbetext der klagenden Person könne keine Rede sein. Die gegenteilige Annahme des Erstgerichtes sei keine Tatsachenfeststellung, sondern eine rechtliche Beurteilung. Die klagende Partei bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragt, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Rekursgericht hat die Voraussetzungen, unter denen das Nachahmen fremder Werbemittel nach Lehre und Rechtsprechung einen Verstoß gegen Paragraph eins, UWG begründet, richtig angeführt (s. dazu OGH 18. September 1962, 4 Ob 329/62 - Niederdruckkochtöpfe - JBl 1963, 211 = ÖBl. 1962, 105; 12. November 1963, 4 Ob 350/63 - Maschinschreibkurse - ÖBl. 1964, 64; 17. März 1964, 4 Ob 343/63 - Orangen-Papier - ÖBl. 1964, 90; 3. Oktober 1978, 4 Ob 354/78 - Auf was i steh? - ÖBl. 1979, 19; 26. Juni 1979, 4 Ob 352/79 - Wärmemeßgeräte-Kundendienst - SZ 52/100 = ÖBl. 1980, 124; 16. März 1982, 4 Ob 434/81 - Koch-Männchen römisch eins - ÖBl. 1983, 21 mit Glosse von Schönherr-Nowakowski; 9. November 1982, 4 Ob 368/82 - Anziehungspunkte für modebewußte Damen - ÖBl. 1983, 75; Friedl, Der gesetzliche Schutz von Werbemaßnahmen und Werbemitteln nach österreichischem Recht, ÖBl. 1965, 55 f 59 f; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 81 f; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht 461; für das deutsche Recht: Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht14, 756 f Paragraph eins, dUWG Rz 457). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Der vom Beklagten in seine Werbung durch Postwurfsendung in gleicher graphischer Gestaltung übernommene Slogan hat weder nach seinem Inhalt noch nach seiner drucktechnischen Ausführung eine solche wettbewerbliche Eigenart, daß er geeignet wäre, im geschäftlichen Verkehr eine gedankliche Verbindung mit einem bestimmten Unternehmen hervorzurufen und dadurch eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise zu bewirken. Die Ankündigung eines Gewerbetreibenden, daß er keine Lockvogelangebote und Aktionen mache, sondern Dauertiefpreise biete, ist einer Monopolisierung überhaupt nicht zugänglich, weil der einschlägige Geschäftsverkehr darauf angewiesen ist, diese Worte in seiner Werbung zu verwenden. Schutz könnte nur eine eigenartige Formulierung genießen. Der sprachlichen Verbindung dieser Worte in dem von den Streitteilen verwendeten Slogan fehlt aber jegliche Originalität; auch die vom Rekursgericht erwähnte entfernte Ähnlichkeit mit dem abgegriffenen Sprichwort "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", ändert daran nichts. Aus der Verwendung derartiger üblicher und gängiger Wörter und Sprüche kann aber, wie die zweite Instanz ebenfalls zutreffend hervorgehoben hat, die Sittenwidrigkeit einer Nachahmungshandlung nicht abgeleitet werden. Solche Wörter und Sprüche haben keine Eigenart, die im Verkehr eine gedankliche Verbindung mit einem bestimmten Unternehmen hervorrufen könnte, und sind daher auch nicht zur Irreführung geeignet (Baumbach-Hefermehl aaO 757; OGH 3. Oktober 1978, 4 Ob 354/78 - Auf was i steh'? - ÖBl. 1979, 19).

Daß der Werbeslogan durch die Verwendung im Geschäftsverkehr seit mehr als zwei Jahren (im Raum Bleiburg allerdings erst "seit kurzem") bereits einen solchen Grad von Bekanntheit erlangt hätte, daß die klagende Partei infolge einer entsprechend hohen Verkehrsgeltung (Verkehrsdurchsetzung) hiefür Ausstattungsschutz (Paragraph 9, Absatz 3, UWG) in Anspruch nehmen könnte vergleiche OGH 13. Dezember 1983, 4 Ob 400/83 - Das Große Aroma - ÖBl. 1984, 106; 29. September 1986, 4 Ob 370/86 - Glanz ohne Kratzer - ÖBl. 1987, 24), hat sie gar nicht behauptet. Sie hat zwar vorgebracht, daß der Slogan für sie "mittlerweile charakteristisch" geworden sei und von den Kunden mit ihrem Diskontmarkt "assoziiert" werde, doch hat sie dazu keine entsprechenden Bescheinigungsmittel angeboten.

Auch eine sittenwidrige Behinderung der klagenden Partei durch planmäßiges Handeln des Beklagten geht aus dem bescheinigten Sachverhalt nicht hervor. Zu Unrecht beruft sich die Revisionsrekurswerberin auch auf eine sittenwidrige Ausbeutung durch den Beklagten: Wohl kann die Nachahmung fremder Werbung nicht nur wegen der - in erster Linie entscheidenden - Gefahr einer Irreführung des Verkehrs sittenwidrig sein; als weiterer Grund für sittenwidriges Handeln kommt auch die unmittelbare Übernahme fremder Werbemittel in Betracht. Diese ist schon für sich allein sittenwidrig, weil der Konkurrent ohne eigene Leistung die unter Einsatz von Mühe und Kosten erlangten Vorteile der Werbung des Mitbewerbers für sich ausnützt (OGH 4. November 1980, 4 Ob 384/80 - Isoliermaterial-Werbebilder - ÖBl. 1981, 16; OGH 9. November 1982, 4 Ob 382/82 - Anziehungspunkte für modebewußte Damen - ÖBl. 1983, 75; Baumbach-Hefermehl, aaO 759 Rz 464). Eine solche sittenwidrige Übernahme fremder Werbemittel liegt aber hier nicht vor. Die vom Revisionsrekurswerber zitierte Entscheidung ÖBl. 1980, 97 (OGH 4. März 1980, 4 Ob 415/79 - Österr. Lebensmittelbuch) betraf den Fall einer unmittelbaren Übernahme fremder Leistung; die beklagte Verlegerin hatte dort nicht weniger als 30 Seiten aus einem anderen Werk auf fotomechanischem Wege unmittelbar übernommen. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte in seinen Werbeprospekt, der im übrigen ganz anders als jener der klagenden Partei gestaltet ist, lediglich den beanstandeten Werbeslogan in drucktechnisch gleicher Aufmachung (aber immerhin wesentlich verkleinert) aufgenommen; daß er sich dadurch einen nennenswerten Aufwand erspart und mühevolle und kostspielige fremde Werbeleistungen für sich benützt hätte, ist nicht zu erkennen. Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die Paragraphen 78,, 402 EO, 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E11786

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00369.87.0929.000

Dokumentnummer

JJT_19870929_OGH0002_0040OB00369_8700000_000

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