Bundesdisziplinarbehörde, Disziplinarkommissionen

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Entscheidungstext 40-DK-14

Disziplinarbehörde

BM für Inneres

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

40-DK-14

Entscheidungsdatum

16.06.2015

Norm

BDG 1979 §43 Abs2

Schlagworte

Nötigung, Körperverletzung a.D.

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat am 16.6.2015 in der durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

GrInsp NN ist schuldig

Faktum 1:

am 22.08.2014, gegen 14:00 Uhr einen anderen, nämlich NN mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt und am Körper verletzt zu haben, indem er sie am Verlassen seiner Wohnung in NN gehindert hat, dadurch, dass er ihr zunächst den Weg aus dem Badezimmer verstellte, sie daran anschließend mit beiden Armen in Richtung Badezimmer zurückstieß, dabei an beiden Handgelenken bzw. Unterarmen erfasste und trotz mehrfacher Aufforderung der NN sie loszulassen, unter Angabe des sinngemäßen Wortlautes „in meiner Wohnung bestimme ich, wer wann wohin geht", diese immer fester an den Unterarmen umklammerte und fortwährend immer stärker zudrückte, wodurch NN Hämatome an beiden Unterarmen erlitt.

Faktum 2:

am 26.09.2014 gegen 22:00 Uhr einen anderen, nämlich NN im Schlafzimmer der Wohnung in NN am Körper verletzt zu haben, indem er sie zunächst am linken Oberarm erfasste und in der Folge mit den Worten „Schleich dich du Schlampe" solange hin und hergerissen hat, bis diese das Gleichgewicht verlor und auf das Bett fiel, sie im Anschluss in das Vorzimmer der Wohnung gezerrt und dort mit voller Wucht in Richtung Wohnungstüre gestoßen zu haben, sodass diese zu Boden gefallen sei. Während NN noch am Boden saß, sei NN hinter NN gegangen, habe sie von hinten mit seinem Arm ihren Hals umklammert und sie in der Folge mit den Worten „Jetzt bist du auch schon zu blöd, um deine Füße unterzustellen" ruckartig hochgerissen. Erst als NN nicht mehr aufhörte lautstark um Hilfe zu schreien, habe er von ihr abgelassen, wodurch sie Schmerzen an beiden Oberarmen verspürte sowie ein Hämatom am linken Oberarm erlitt.

Faktum 3:

am 27.09.2014 um 17:55 Uhr einen anderen, nämlich NN mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt zu haben, indem er dieser per SMS androhte, ein „Strapsfoto" von ihr auf Facebook zu stellen, sollte sie sich nicht unverzüglich telefonisch mit ihm in Verbindung setzen. Dem SMS mit dem Wortlaut „Wennst jetzt net redst mit mir tu i a strapsfoto auf fb (Anmerkung:Facebook)!“ wären mehrere Anrufversuche des NN sowie mehrere SMS vorausgegangen, in welchen er NN wiederholt aufforderte abzuheben bzw. sich telefonisch bei ihm zu melden. Nachdem NN diesen Aufforderungen nicht nachkam, habe er das angekündigte „Strapsfoto“ mit dem beigefügten Text und Verweis auf den Facebook-Account der NN „Wellnessen mitn schatzerl © - mit NN" auf seiner Pinnwand in Facebook gepostet. Von der Veröffentlichung des Fotos habe er NN um 18:51 Uhr per SMS mit dem Wortlaut „Schaust auf fb" in Kenntnis gesetzt, wonach diese unmittelbar nach dieser Kenntnisnahme einen Zusammenbruch erlitten habe.

GrInsp NN hat daher in allen vorangeführten Fakten seine Dienstpflichten nach Paragraph 43, Absatz 2, BDG 1979, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, verletzt und somit schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung nach Paragraph 91, BDG 1979 begangen

Gegen den Beschuldigten wird gemäß Paragraph 92, Absatz eins, Zi. 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von 2.500.- (zweitausendfünfhundert) verhängt.

Dem Beschuldigten werden gemäß Paragraph 117, Absatz 2, BDG keine Kosten des Disziplinarverfahrens auferlegt. Die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen.

BEGRÜNDUNG

Der dem Beamten angelastete Sachverhalt gründet sich auf die LPD NN gemäß Paragraph 110, Absatz eins, Ziffer 2, BDG 1979 vorgelegte Disziplinaranzeige vom 19.11.2014, GZ: NN, die dem Beamten gemäß Paragraph 109, Absatz 3, BDG 1979 zugestellt worden ist.

Sachverhalt:

GrInsp NN steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und versieht als eingeteilter Beamter bei der PI NN/LPD NN seinen Dienst.

Auszugsweise Wiedergabe aus der Disziplinaranzeige:

Der unter Darstellung der Tat angeführte Sachverhalt wurde von NN am 10.10.2014 dem Gleichbehandlungsbeauftragten für den Zuständigkeitsbereich der LPD NN, MMag. NN persönlich zur Kenntnis gebracht.

Im Anschluss an das mit NN geführte Gespräch informierte dieser telefonisch den Stadtpolizeikommandanten von NN, Brigadier NN, über die wesentlichen Inhalte des Gespräches. In der Annahme das unter Faktum 3 angeführte Lichtbild der NN sei aktuell noch auf Facebook ersichtlich, wurde GrInsp NN von Brigadier NN telefonisch zur unverzüglichen Löschung des Lichtbildes aufgefordert.

Die weitere Erhebung des Sachverhaltes wurde zuständigkeitshalber vom SPK NN geführt.

Ergänzend hierzu wird angemerkt, dass es sich bei NN ebenfalls um eine Polizeibeamtin handelt, welche seit Beendigung ihrer Polizeigrundausbildung im Jahr 2013 ihren Dienst auf der PI NN verrichtet.

Vernehmung der NN (Opfer):

NN wurde am 17.10.2014 auf der ho. Dienststelle niederschriftlich zum vorliegenden Sachverhalt befragt. Nach erfolgter Belehrung und ausdrücklichem Verzicht gem. Paragraph 156 /, eins /, eins, StPO wurde von NN der unter Darstellung der Tat angeführte Sachverhalt dargelegt. In diesem Zusammenhang schilderte NN insbesondere auch ihre Beziehung mit NN sowie die Zeit nach deren Trennung Ende Juni 2014. Wiederholt wurde hierbei von NN auf die im Laufe der Zeit zunehmend derbe, sexistische und beleidigende verbale Ausdrucksweise des NN, dessen Aggressionsverhalten sowie auf dessen negative Einstellung gegenüber Frauen im Polizeidienst eingegangen.

Weitere Schriftstücke zum Beweisverfahren:

Von NN wurden im Zuge ihrer niederschriftlichen Vernehmung folgende Schriftstücke als Beweis übergeben:

■        Screenshot des von NN am 27.09.2014 im Facebook veröffentlichten Lichtbildes (siehe Faktum 3)

■        Screenshot des mit der Veröffentlichung des Lichtbildes einhergehenden SMS Verlaufes (Faktum 3)

■ Screenshot der an ihre Freundin NN am 27.09.2014 um 0:49 Uhr übermittelten

SMS (Faktum 2) - Beilage 4 - Screenshot des mit NN am 27.09.2014 geführten SMS Verlaufes (Faktum 2 und 3) - Beilage 5.

Erhebungserqebnis:

Aufgrund der von NN erstatteten Anzeige wurden im Zeitraum vom 17.10.2014 bis zur Mitteilung an den Dienststellenausschuss am 27.10.2014 Erhebungen bezüglich des oben angeführten Sachverhaltes geführt. Hierzu wurden sämtliche entlastende wie auch belastende Umstände erhoben, welche der Anzeige als Beilage angeschlossen sind.

Ergänzend zu dem unter Pkt. „Darstellung der Tat" angeführten Sachverhalt wird darauf hingewiesen, dass sich GrInsp NN in der Zeit von 14.05.2014 bis 12.10.2014 durchgehend im Krankenstand befand.

Befragung von Auskunftspersonen:

NN, Mutter der NN, wurde am 21.10.2014 auf der ho. Dienststelle niederschriftlich zum Sachverhalt befragt, wobei diese sinngemäß angab, Mitte/Ende August 2014 (siehe Faktum 1) extrem blaue Flecken an beiden Unterarmen ihrer Tochter gesehen zu haben. Darauf angesprochen habe ihre Tochter ihr mitgeteilt, dass NN ihr diese Verletzung zugefügt habe. Ergänzende Angaben, siehe Niederschrift, Beilage 6.

NN, Angestellte auf der NN Hütte, gab im Zuge ihrer niederschriftlichen Befragung am 21.10.2014 an, mehrfach wahrgenommen zu haben, wie NN seine damalige Lebensgefährtin NN herablassend behandelte und beschimpfte. Des Weiteren habe sie blaue Flecken an den Unterarmen der NN gesehen (siehe Faktum 1), welche - wie NN ihr erzählt habe - von NN stammen. Ergänzende Angaben, siehe beiliegende Niederschrift, Beilage 7.

NN, Vater der NN, wurde am 23.10.2014 auf der ho. Dienststelle niederschriftlich zum Sachverhalt befragt, wobei dieser angab, dass seine Tochter ihm erzählt habe, dass NN sie gewürgt habe (siehe Faktum 2). Hinsichtlich einer Verletzung konnten von NN keine Angaben gemacht werden. Ergänzende Angaben, siehe Niederschrift, Beilage 8.

Bezüglich des unter Faktum 2 angeführten Sachverhaltes wurde am 28. Oktober 2014 ein Erhebungsauftrag an die PI NN (zuständige PI für die Wohnadresse des GrInsp NN) mit dem Ersuchen um Bekanntgabe des dortigen Aktenvorganges übermittelt. Ergänzend hierzu wird angeführt, dass von NN im Zuge ihrer niederschriftlichen Befragung darauf verwiesen wurde, dass bezüglich dem Vorfall vom 26.09.2014 Nachbarn eine Anzeige wegen Lärmerregung bei der Polizei erstattet hätten. Die von der PI NN diesbezüglich übermittelte Sachverhaltsdarstellung vom 31.10.2014 ist der Anzeige unter Beilage 9 angeschlossen. Weitere Aktenvorgänge für den betreffenden Zeitraum (Juni 2014 bis Ende September 2014) liegen auf der do. PI nicht auf.

Angaben des Beschuldigten

GrInsp NN wurde am 24.10.2014 von Bgdr NN und Lt NN niederschriftlich zum Sachverhalt einvernommen. Hinsichtlich des unter Faktum 3 angeführten Sachverhaltes zeigte sich NN voll geständig. Im Weiteren gab NN an, dass es zwischen ihm und seiner ehemaligen Lebensgefährtin NN mehrmals zu Streitigkeiten gekommen sei, im Zuge dessen sich NN ihm gegenüber hysterisch und aggressiv verhalten habe. Er habe jedes Mal versucht, beruhigend auf sie einzuwirken. Dass er sie hierbei verletzt haben soll, sei für ihn schwer vorstellbar.

Staatsanwaltschaftliche/Gerichtliche Maßnahmen:

Mit Abschlussbericht GZ: NN, am 06. November 2014 der LPD NN wurde der Disziplinarbeschuldigte der Staatsanwaltschaft NN wegen folgender Delikte zur Anzeige gebracht:

Verdacht des Vergehens der Nötigung iSd Paragraph 105, StGB in zwei Fällen

Verdacht des Vergehens der Körperverletzung iSd Paragraph 83, Absatz eins, StGB in zwei Fällen

Mit Anschreiben der Staatsanwaltschaft NN vom 1. April 2015, GZ NN, erfolgte die Verständigung vom Rücktritt von der Verfolgung nach außergerichtlichem Tatausgleich gemäß Paragraph 204, Absatz eins, StPO.

Ergebnis der Disziplinarverhandlung:

Aufgrund des Einleitungsbeschlusses vom 25.3.2015 wurde eine mündliche Disziplinarverhandlung anberaumt und am 16.6.2015 durchgeführt.

Bei dieser erklärte sich GrInsp NN im Sinne der Anlastungen im Einleitungsbeschluss lediglich zum Faktum 3 für schuldig, zu den Fakten 1 und 2 für nicht schuldig.

Auf Befragung gibt der Disziplinarbeschuldigte (in weiterer Folge DB) an:

Er habe Frau NN, die zu diesem Zeitpunkt noch Polizeischülerin war, Ende 2012 kennengelernt. Ab Frühling 2013 sei sie dann fix bei ihm eingezogen. Zu Auseinandersetzungen sei es ab 2014 gekommen und sie wäre dann Anfang Juni 2014 ausgezogen, danach sei es nur mehr eine ON/OFF Beziehung gewesen. Sie hätte ihn dann 5 bis 6 mal die Woche besucht, aber weiter persönliche Gegenstände in der Wohnung gehabt.

Zu Faktum 1 befragt, gibt der DB an, dass er sich an den Vorfall nicht mehrgenau erinnern könne, keinesfalls jedoch daran, dass er unter Umständen NN verletzt haben könnte. Es habe einfach immer wieder Auseinandersetzungen gegeben. Mit den niederschriftlichen Aussagen konfrontiert, dass er eben durch seine derbe Gewaltanwendung an beiden Unterarmen der NN Blutergüsse verursacht hatte, meint der DB, dass diese nicht attestiert worden seien, und die Zeugen einander kennen würden. Befragt, ob der den Zeuginnen Falschaussagen unterstellen würde, zog der DB seine Beschuldigung wieder zurück. Er könne sich einfach nicht erinnern und er habe selbst auch keine Verletzungen wahrgenommen bzw. habe NN ihm gegenüber auch keine behauptet. Überdies würden sich bei NN sehr leicht Hämatome bilden. Dies wisse er.

Zum Faktum 2 befragt gibt der DB an, dass es richtig sei, dass er NN etwas fester angefasst hätte, er halte es allerdings für möglich, die behaupteten Verletzungen verursacht zu haben. Er wollte haben, dass sie die Wohnung verlasse, aber sie habe immer wieder persönliche Gegenstände aus Kästen bzw. Laden herausgenommen, die sie mitnehmen wollte. Dies hätte sie ja an einem Folgetag machen können. NN sei ohne sein Zutun gestürzt. Auf Befragen gibt der DB an, dass er vorher Alkohol konsumiert hätte und dies auch gespürt habe. Auf die Frage, ob er beim Anfassen der Unterarme gegenüber der NN gestanden sei, erwidert der DB, dass er das nicht mehr wisse.

Zu Faktum 3 räumt der DB ein, dass er die ihm angelastete Drohung sehr wohl ausgesprochen habe. Der geforderte Rückruf sein einfach wichtig für ihn gewesen. Nachträglich wisse er natürlich, dass es besser gewesen wäre, das Foto nicht ins Facebook zu stellen, es war einfach unüberlegt. Er habe seine Vorgangsweise auch nicht als strafbare Handlung betrachtet. Rückblickend gesehen, wisse er jetzt natürlich, dass er den gerichtlichen Tatbestand erfüllt habe, aber eben unüberlegt und er würde dies auch nicht mehr machen. Das Foto habe er glaublich auf Anraten eines Bekannten nach etwa einer dreiviertel Stunde wieder entfernt.

Die Zeugin NN gibt an, dass sie eben ab einem Treffen am NN Jahrmarkt im Jahr 2012 eine Beziehung mit dem DB geführt habe. Endgültig zum DB sei sie nach ihrer Ausmusterung im März 2013 gezogen und wieder ausgezogen Juni oder Juli 2014. Zum Zeitpunkt der angelasteten Tathandlungen sei keine Lebensgemeinschaft mehr bestanden. Dennoch wäre sie sehr oft beim DB auf Besuch gewesen und dies auch über Nacht.

Hinsichtlich ihrer Beziehung gibt die Zeugin an, dass der DB sehr dominant gewesen sei und eigentlich die ganze Beziehung beherrscht habe. Zudem sei er extrem eifersüchtig gewesen und habe sie des Öfteren auf niedrigstem Niveau beschimpft, beispielsweise habe er ihr gesagt, als sie sich zur Einsatzeinheit gemeldet habe, dass sie das mache, damit wer anderer ihre Muschi lecke bzw wenn sie in den Dienst gegangen ist, sie nunmehr zu den Arschfickschwänzen gehen wolle. Auch wollte er haben, dass sie bei der Polizei aufhören und einen Bürojob annehmen sollte. Letztlich waren diese ständigen Beschimpfungen und die Eifersucht im untersten Niveau auch ausschlaggebend, dass sie die Beziehung beendet habe.

Zu Faktum 1 befragt, gibt die Zeugin an, dass sie sehr wohl vom DB gehindert worden sei, die Wohnung zu verlassen und dieser sie in Richtung Badezimmer zurückgestoßen und dabei sehr fest an den Armen erfasst habe. Sie habe mehrmals geschrien, dass er ihr weh tun würde und habe ihm nachher sowohl die Abdrücke seiner Hände als auch die sich gebildeten Blutergüsse gezeigt. Dann habe er zunächst nur erwidert, sie sei an den Türstock gerannt. Später habe er gesagt, dass es ihm eh leid tun würde.

Sie habe auch am nächsten Tag die Verletzungen einer Bekannten, nämlich Frau NN und am übernächsten Tag ihrer Mutter gezeigt.

Zu Faktum 2 gibt die Zeugin an, dass sie sich mit dem DB und einem seiner Freunde im Lokal NN getroffen habe, wobei dort einiges an Alkohol getrunken worden wäre. Wie schon so oft, wäre es dann zum Thema Eifersucht und eben, dass was Frauen bei der Polizei zu suchen hätten, gekommen. Der DB habe wiederum mit sexistischen Beschuldigungen angefangen, sodass sie letztlich aufgestanden und in die Wohnung gefahren wäre um ihre Sachen zu packen. Der DB sei dann auch in die Wohnung gekommen und habe sie zunächst am Oberarm erfasst und hin und hergerissen, dann mit in das Vorzimmer gezerrt und Richtung Wohnungstüre gestoßen, sodass sie zu Boden gefallen sei. Danach habe er sie von hinten am Hals erfasst und ruckartig hochgezogen. Sie habe Todesangst gehabt und solange geschrien, bis er von ihr abgelassen habe.

Die Hämatome habe sie auch zwei im Ermittlungsakt angeführten Kollegen, nämlich NN und NN, gezeigt.

Zu Faktum 3 gibt die Zeugin an, dass sie die Aufforderung und die Drohung erhalten hätte, aber niemals daran gedacht hätte, dass der DB die Drohung auch tatsächlich ausführen würde.

Die Zeugin NN verweist auf ihre niederschriftliche Aussage und bestätigt diese nochmals dahingehend, dass sie sehr wohl die Hämatome an den Unterarmen gesehen hätte, als ein Hemdärmel bei NN raufgerutscht wäre und sie dann nachgefragt hätte. NN habe ihr dann gesagt, dass diese von NN stammen würden.

Auch die Zeugin NN (Mutter) bestätigte, dass ihre Tochter auf Nachfrage, warum sie so verstört wäre, ihr diese Hämatome gezeigt und ihr gesagt hätte, dass ihr diese von NN zugefügt worden wären.

Dem Beschuldigten wurde jeweils die Möglichkeit eingeräumt, den Zeuginnen Fragen zu stellen. Dieser schüttelte nur negierend seinen Kopf.

Nach Einvernahme der Zeuginnen wurde der Beschuldigte nochmals befragt, ob er sich zu den Aussagen äußern möge und wird dies von ihm verneint.

Plädoyer des Disziplinaranwaltes:

Der Disziplinaranwalt fasst das Beweisverfahren zusammen und beantragt bei Vorliegen keines Milderungsgrundes, jedoch des Erschwerungsgrundes einer verhängten Disziplinarstrafe aus dem Jahr 2012, einen Schuldspruch zu den angelasteten Fakten und die Verhängung der Disziplinarstrafe einer Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezuges.

Schlusswort des Beschuldigten:

Der DB räumt ein, dass er sich falsch verhalten und die Dienstpflichten verletzt hätte. Er sei in einer privaten Sache zu emotional gewesen. Seinen Dienst habe er jedoch immer korrekt versehen.

In rechtlicher Sicht hat der Senat erwogen:

Beamten-Dienstrechtsgesetz

Paragraph 43, (2) BDG 1979

Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen in die Allgemeinheit in die Sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben erhalten bleibt.

Paragraph 91, BDG 1979

Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Paragraph 95, BDG 1979

(1) Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, ist von der disziplinären Verfolgung des Beamten abzusehen. Erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung nicht in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes (disziplinärer Überhang), ist nach Paragraph 93, vorzugehen.

(2) Die Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

Zur Bindungswirkung des Rücktrittes von der Strafverfolgung

Einer Einstellung des Strafverfahrens gemäß Paragraph 204, Absatz eins, StPO kommt keine Bindungswirkung der Disziplinarbehörde im Sachverhaltsbereich zu. Diese maßgeblichen Gründe sind für das Disziplinarverfahren schon deswegen von keinerlei Relevanz, weil die Disziplinarbehörde gemäß Paragraph 95, Absatz 2, BDG nur an ein rechtskräftiges strafgerichtliches Urteil gebunden ist.

Es sind daher die für die disziplinäre Verfolgung wesentlichen Gesichtspunkte von der Disziplinarbehörde selbständig zu beurteilen und kann es nicht übersehen werden, dass die strafrechtliche und die disziplinäre Verantwortlichkeit eine in weiten Bereichen verschiedene Zielsetzung haben.

Insoweit muss bei der Disziplinarverfolgung das gesamte Verhalten des Beamten mit in die rechtliche Beurteilung einbezogen werden.

Zu den Dienstpflichtsverletzungen:

Der DB hat, wie sich aus den Zeugenaussagen ergeben hat, hinsichtlich der Fakten 1 und 2 jedenfalls soweit körperliche Gewalt angewendet, dass sichtbare Verletzungen entstanden sind. Inwieweit die Herbeiführung der Verletzungen beabsichtigt waren oder nicht, kann nicht festgestellt werden. Lebensnah ist jedoch, dass allein aufgrund der Schmerzensschreie und des Anflehens mit der Gewaltanwendung aufzuhören, eine Misshandlung im Sinne des Paragraph 83, Absatz 2, StGB vorgelegen ist. Auch hinsichtlich des Faktums 3, zu welchem der DB ohnehin geständig war, war sein Vorgehen tatbildlich im Sinne des Paragraph 105, StGB. Die Ernstlichkeit seiner Drohung bestätigte der DB letztlich, indem er tatsächlich das in Aussicht gestellte Übel, nämlich die Veröffentlichung des intimes Fotos, ausführte. Somit liegen die Tatbestände des Vergehens der Nötigung nach Paragraph 105, Absatz eins, StGB (Fakten 1 und 3) und des Vergehens der Körperverletzung nach Paragraph 83, Absatz eins und 2 StGB (Fakten 1 und 2) vor, die strafrechtlich ausschließlich wegen des außergerichtlichen Tatausgleiches nicht mehr weiter verfolgt wurden, daraus folgend schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen nach Paragraph 43, Absatz 2, BDG (Fakten 1 – 3), nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Der Begriff „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ bedeutet dabei die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießen sollte (VwGH 11. Oktober 1993, 92/09/0318 und 93/09/0077; VwGH 16. Dezember 1997, 94/09/0034).

Paragraph 43, Absatz 2, BDG erfasst das „gesamte Verhalten“ des Beamten, somit grundsätzlich auch das außerdienstliche, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen. Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgt sind, ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes allgemein zu den Berufspflichten des Beamten gehört. Eine Verletzung der Dienstpflicht durch ein außerdienstliches Verhalten ist daher nur dann anzunehmen, wenn zwischen dem, dem Beamten vorgeworfenen Verhalten und seinen dienstlichen Aufgaben eine solche Verbindung besteht, dass hieraus Drit-te, bei einer an objektiven Maßstäben orientierten Betrachtung, negative Rückschlüsse auf die rechtmäßige und sachliche Erfüllung der diesem Beamten zukommenden Aufgaben ziehen (VwGH 30. Juni 1994, 93/09/0016). Dieser so genannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben – das seien jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukämen (allgemeiner Funktionsbezug) – nicht in sachlicher (rechtmäßiger, korrekter, unparteiischer und uneigennütziger) Weise erfüllen. Dies ist im konkreten Fall gegeben.

Durch sein Vorgehen hat der Beschuldigte schwerwiegende Verletzungen gegen die Rechtsgüter Leib und Leben sowie Freiheit – der Tatbestand der Körperverletzung nach Paragraph 83, StGB findet sich im 1., jener nach Paragraph 105, im 3. Abschnitt des Strafgesetzbuches (Besonderer Teil) - begangen, deren Schutz ihm aufgrund seines Berufes als Exekutivbeamter anvertraut und aufgetragen ist. Polizeibeamte sind im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben zum Schutz vor Verletzungen des gesamten StGB berufen und man muss zumindest von ihnen selbst erwarten können, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen. Im konkreten Fall ist dabei auch besonders zu berücksichtigen, dass der Disziplinarbeschuldigte in einem Zeitraum von über einem Monat in drei eigenständigen Tatentschlüssen seine Lebensgefährtin, genötigt bzw. ihr Körperverletzungen zugefügt hat.

Die Verhaltensweise des Beschuldigten ist für jeden Beamten - unabhängig von seinen konkreten Aufgaben – verpönt, weshalb auch von einem allgemeinen Funktionsbezug auszugehen ist.

Zur Schuldfrage

Das Beweisverfahren hat zweifelsfrei ergeben, dass der Beschuldigte seine Dienstpflichten im Umfang der erhobenen Anlastungen wenigstens bedingt vorsätzlich schuldhaft verletzt hat. Auch wenn der DB nur hinsichtlich des Faktum 3 geständig war und hinsichtlich des Faktum 2 eine mögliche Verletzung einräumte, ist festzuhalten, dass den Aussagen der Zeugen, die letztlich unter Wahrheitspflicht und unter Sanktionsdrohung bei einer Falschaussage, ihre Wahrnehmungen schilderten, Glauben zu schenken war. Die Aussagen waren schlüssig, nachvollziehbar und nicht widersprüchlich. Hingegen stand der Beschuldigte nicht unter Wahrheitszwang und war offensichtlich bestrebt, die Vorwürfe zu verharmlosen.

Strafbemessung - Paragraph 93, BDG

Gemäß Paragraph 93, Absatz eins, BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Beschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint vergleiche Kucsko-Stadlmayer).

Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiteres ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Den Milderungsgründen des Teilgeständnisses, einer bisher tadellosen Dienstversehung und einer sehr guten Dienstbeschreibung mit entsprechenden Belobigungen durch den Vorgesetzten standen die Erschwerungsgründe einer im 2012 verhängten Disziplinarstrafe der Geldbuße und das Zusammentreffen mehrerer Dienstpflichtsverletzungen gegenüber. Wenngleich auch keine Bindungswirkung hinsichtlich der des Rücktrittes von der Verfolgung nach außergerichtlichem Tatausgleich besteht, war auch zu berücksichtigen, dass der DB durch die Annahme der Tatausgleiches, bzw. der getroffenen Vereinbarung und dem vorgelagerten Entschuldigungsschreiben, wenigstens zum Teil auch die Verantwortung hinsichtlich der angelasteten strafrechtlichen Delikte übernommen hat.

Die Disziplinarkommission vermeint dennoch, dass der Ausspruch der Disziplinarstrafe mit einer ziffernmäßig niedrig angesetzten Geldstrafe ausreichen sollte, um den Beschuldigten an seine Dienstpflichten zu erinnern und ihn und andere Bedienstete davon abzuhalten, gleichartige Dienstpflichtsverletzungen zu begehen.

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2015

Dokumentnummer

DKT_BMI_20150616_40_DK_14_00

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