Bundesrecht konsolidiert: Arbeitsverfassungsgesetz § 105, Fassung vom 17.02.2021

Arbeitsverfassungsgesetz § 105

Diese Fassung ist nicht aktuell

Kurztitel

Arbeitsverfassungsgesetz

Kundmachungsorgan

BGBl. Nr. 22/1974 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2017

Typ

BG

§/Artikel/Anlage

§ 105

Inkrafttretensdatum

30.03.2017

Außerkrafttretensdatum

30.06.2022

Abkürzung

ArbVG

Index

60/03 Kollektives Arbeitsrecht

Beachte

Abs. 3b letzter Satz gilt für Arbeitnehmer, die nach dem 30. Juni 2017 eingestellt werden, vgl. § 264 Abs. 31.

Text

Anfechtung von Kündigungen

Paragraph 105,
  1. Absatz einsDer Betriebsinhaber hat vor jeder Kündigung eines Arbeitnehmers den Betriebsrat zu verständigen, der innerhalb einer Woche hierzu Stellung nehmen kann.
  2. Absatz 2Der Betriebsinhaber hat auf Verlangen des Betriebsrates mit diesem innerhalb der Frist zur Stellungnahme über die Kündigung zu beraten. Eine vor Ablauf dieser Frist ausgesprochene Kündigung ist rechtsunwirksam, es sei denn, dass der Betriebsrat eine Stellungnahme bereits abgegeben hat.
  3. Absatz 3Die Kündigung kann beim Gericht angefochten werden, wenn
    1. Ziffer eins
      die Kündigung
      1. Litera a
        wegen des Beitrittes oder der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers zu Gewerkschaften;
      2. Litera b
        wegen seiner Tätigkeit in Gewerkschaften;
      3. Litera c
        wegen Einberufung der Betriebsversammlung durch den Arbeitnehmer;
      4. Litera d
        wegen seiner Tätigkeit als Mitglied des Wahlvorstandes, einer Wahlkommission oder als Wahlzeuge;
      5. Litera e
        wegen seiner Bewerbung um eine Mitgliedschaft zum Betriebsrat oder wegen einer früheren Tätigkeit im Betriebsrat;
      6. Litera f
        wegen seiner Tätigkeit als Mitglied der Schlichtungsstelle;
      7. Litera g
        wegen seiner Tätigkeit als Sicherheitsvertrauensperson, Sicherheitsfachkraft oder Arbeitsmediziner oder als Fach- oder Hilfspersonal von Sicherheitsfachkräften oder Arbeitsmedizinern;
      8. Litera h
        wegen der bevorstehenden Einberufung des Arbeitnehmers zum Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zuweisung zum Zivildienst (Paragraph 12, Arbeitsplatzsicherungsgesetz 1991, Bundesgesetzblatt Nr. 683);
      9. Litera i
        wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer;
      10. Litera j
        wegen seiner Tätigkeit als Sprecher gemäß Paragraph 177, Absatz eins,
      erfolgt ist oder
    2. Ziffer 2
      die Kündigung sozial ungerechtfertigt und der gekündigte Arbeitnehmer bereits sechs Monate im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, beschäftigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung, die wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, dass die Kündigung
      1. Litera a
        durch Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren oder
      2. Litera b
        durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen,
      begründet ist.
  4. Absatz 3 aUmstände gemäß Absatz 3, Ziffer 2, Litera a,, die ihre Ursache in einer langjährigen Beschäftigung als Nachtschwerarbeiter (Art. römisch VII NSchG) haben, dürfen zur Rechtfertigung der Kündigung nicht herangezogen werden, wenn der Arbeitnehmer ohne erheblichen Schaden für den Betrieb weiter beschäftigt werden kann.
  5. Absatz 3 bUmstände gemäß Absatz 3, Ziffer 2, Litera a,, die ihre Ursache in einem höheren Lebensalter eines Arbeitnehmers haben, der im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, langjährig beschäftigt ist, dürfen zur Rechtfertigung der Kündigung des älteren Arbeitnehmers nur dann herangezogen werden, wenn durch die Weiterbeschäftigung betriebliche Interessen erheblich nachteilig berührt werden. Bei älteren Arbeitnehmern sind sowohl bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, als auch beim Vergleich sozialer Gesichtspunkte der Umstand einer vieljährigen ununterbrochenen Beschäftigungszeit im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besonders zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr vollendet haben.
  6. Absatz 3 cHat der Betriebsrat gegen eine Kündigung gemäß Absatz 3, Ziffer 2, Litera b, ausdrücklich Widerspruch erhoben, so ist die Kündigung des Arbeitnehmers sozial ungerechtfertigt, wenn ein Vergleich sozialer Gesichtspunkte für den Gekündigten eine größere soziale Härte als für andere Arbeitnehmer des gleichen Betriebes und derselben Tätigkeitssparte, deren Arbeit der Gekündigte zu leisten fähig und willens ist, ergibt.
  7. Absatz 4Der Betriebsinhaber hat den Betriebsrat vom Ausspruch der Kündigung zu verständigen. Der Betriebsrat kann auf Verlangen des gekündigten Arbeitnehmers binnen einer Woche nach Verständigung vom Ausspruch der Kündigung diese beim Gericht anfechten, wenn er der Kündigungsabsicht ausdrücklich widersprochen hat. Kommt der Betriebsrat dem Verlangen des Arbeitnehmers nicht nach, so kann dieser innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der für den Betriebsrat geltenden Frist die Kündigung selbst beim Gericht anfechten. Hat der Betriebsrat innerhalb der Frist des Absatz eins, keine Stellungnahme abgegeben, so kann der Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung diese beim Gericht selbst anfechten; in diesem Fall ist ein Vergleich sozialer Gesichtspunkte im Sinne des Absatz 3 c, nicht vorzunehmen. Nimmt der Betriebsrat die Anfechtungsklage ohne Zustimmung des gekündigten Arbeitnehmers zurück, so tritt die Wirkung der Klagsrücknahme erst ein, wenn der vom Gericht hiervon verständigte Arbeitnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen ab Verständigung in den Rechtsstreit eintritt. Hat der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung innerhalb der in Absatz eins, genannten Frist ausdrücklich zugestimmt, so kann der Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung diese beim Gericht anfechten, soweit Absatz 6, nicht anderes bestimmt.
  8. Absatz 4 aBringt der Arbeitnehmer die Anfechtungsklage innerhalb offener Frist bei einem örtlich unzuständigen Gericht ein, so gilt die Klage damit als rechtzeitig eingebracht.
  9. Absatz 5Insoweit sich der Kläger im Zuge des Verfahrens auf einen Anfechtungsgrund im Sinne des Absatz 3, Ziffer eins, beruft, hat er diesen glaubhaft zu machen. Die Anfechtungsklage ist abzuweisen, wenn bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes vom Arbeitgeber glaubhaft gemachtes Motiv für die Kündigung ausschlaggebend war.
  10. Absatz 6Hat der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung innerhalb der in Absatz eins, genannten Frist ausdrücklich zugestimmt, so kann die Kündigung gemäß Absatz 3, Ziffer 2, nicht angefochten werden.
  11. Absatz 7Gibt das Gericht der Anfechtungsklage statt, so ist die Kündigung rechtsunwirksam.

Anmerkung

Zu dieser Bestimmung gibt es im HELP folgenden Artikel: Anfechtung der Kündigung

Schlagworte

Fachpersonal, BGBl. Nr. 683/1991, Präsenzdienst

Im RIS seit

30.03.2017

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2022

Gesetzesnummer

10008329

Dokumentnummer

NOR40191763

European Legislation Identifier (ELI)

https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/1974/22/P105/NOR40191763