Rechtssatz für 4Ob113/99t 4Ob251/00s 4...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0111973

Geschäftszahl

4Ob113/99t; 4Ob251/00s; 4Ob24/03p; 1Ob104/05h

Entscheidungsdatum

02.08.2005

Rechtssatz

Schon die telefonische Einholung der Zustimmung zu einem späteren Werbetelefonat ist ein "Anruf zu Werbezwecken" im Sinn des Paragraph 101, TKG.

Entscheidungstexte

  • 4 Ob 113/99t
    Entscheidungstext OGH 18.05.1999 4 Ob 113/99t
  • 4 Ob 251/00s
    Entscheidungstext OGH 24.10.2000 4 Ob 251/00s
    Vgl auch
  • 4 Ob 24/03p
    Entscheidungstext OGH 29.04.2003 4 Ob 24/03p
    Beisatz: Vom Schutzzweck des §101 TKG hingegen nicht erfasst ist derjenige, auf dessen Veranlassung oder Auftrag der unzulässige Anruf erfolgte. (T1)
  • 1 Ob 104/05h
    Entscheidungstext OGH 02.08.2005 1 Ob 104/05h
    Auch; Beisatz: Gemäß dem §101 Abs1 TKG 1997 (der wortgleich durch §107 Abs1 TKG 2003 ersetzt wurde) waren Anrufe-einschließlich das Senden von Fernkopien-zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Der Oberste Gerichtshof erblickte den Zweck dieser Bestimmung im Schutz der Privatsphäre und legte den darin enthaltenen Begriff der Werbung im weiten Sinn aus. (T2)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:RS0111973

Dokumentnummer

JJR_19990518_OGH0002_0040OB00113_99T0000_001

Rechtssatz für 4Ob388/83; ...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0078038

Geschäftszahl

4Ob388/83; 4Ob77/92; 4Ob107/94; 4Ob2141/96y; 4Ob64/97h; 4Ob320/97f; 4Ob113/99t; 6Ob170/99i; 4Ob192/05x; 4Ob237/22i

Entscheidungsdatum

31.05.2023

Norm

UWG §1 D1f
  1. UWG § 1 heute
  2. UWG § 1 gültig ab 20.07.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2022
  3. UWG § 1 gültig von 12.12.2007 bis 19.07.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 79/2007
  4. UWG § 1 gültig von 23.11.1984 bis 11.12.2007

Rechtssatz

Schon der unerbetene Telefonanruf als solcher ist eine unzumutbare, mit den guten Sitten im Geschäftsverkehr nicht zu vereinbarende Belästigung des Angerufenen; dass der Anrufer - was wohl selbstverständlich ist - bei diesem Gespräch höflich auftritt, kann daran nichts ändern.

Entscheidungstexte

  • 4 Ob 388/83
    Entscheidungstext OGH 08.11.1983 4 Ob 388/83
    Veröff: SZ 56/156 = EvBl 1984/14 S 47 = ÖBl 1984,13 = RdW 1984,76 = GRURInt 1984,311
  • 4 Ob 77/92
    Entscheidungstext OGH 15.12.1992 4 Ob 77/92
    Vgl auch
  • 4 Ob 107/94
    Entscheidungstext OGH 18.10.1994 4 Ob 107/94
    Beisatz: Diese Telefonwerbung ist somit ein Fall der - sittenwidrigen - Belästigung insbesondere des "Anreißens". (T1)
  • 4 Ob 2141/96y
    Entscheidungstext OGH 25.06.1996 4 Ob 2141/96y
    Auch; Beisatz: Sittenwidrigkeit der Werbung durch Versendung von Telegrammen an Privatpersonen, mit denen keine Geschäftsverbindung besteht. (T2)
  • 4 Ob 64/97h
    Entscheidungstext OGH 22.04.1997 4 Ob 64/97h
    Vgl auch; Beisatz: Telefonwerbung überschreite das mit jeder Werbung mehr oder weniger verbundene, noch tragbare Maß der Belästigung und greife unzulässig in die Individualsphäre des Anschlussinhabers ein. (T3)
  • 4 Ob 320/97f
    Entscheidungstext OGH 28.10.1997 4 Ob 320/97f
    Auch; Beis wie T3; Beisatz: Hier: Telefaxwerbung. (T4) Veröff: SZ 70/227
  • 4 Ob 113/99t
    Entscheidungstext OGH 18.05.1999 4 Ob 113/99t
    Auch; Beis wie T3
  • 6 Ob 170/99i
    Entscheidungstext OGH 16.09.1999 6 Ob 170/99i
    Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Während ein (unerbetener) Telefonanruf den Empfänger veranlasst, das Gespräch zunächst anzunehmen und sich auf dieses einzulassen, bevor er entscheiden kann, ob er das Gespräch fortsetzen oder abbrechen will (womit bereits ein Eindringen in seine Individualsphäre vollzogen ist), kann der Empfänger eines Schreibens - ob es ihm nun als anonym erkennbar ist oder nicht - selbst darüber disponieren, ob und zu welchem Zeitpunkt er sich damit befasst; er wird weder überrascht noch überrumpelt. Er kann dieses Schreiben auch sofort zurückweisen. Durch den Zugang eines Schreibens und den Umstand, dass er dieses erst nach Öffnen des Kuverts als anonym erkennen kann, wird seine Rechtssphäre noch nicht beeinträchtigt. Der Umstand allein, dass er die Zusendung nicht gewünscht hat und mit dem Verfasser davor in keinem geschäftlichen oder brieflichen Kontakt stand, vermag für sich allein eine Rechtsgutverletzung nicht zu begründen. (T5)
  • 4 Ob 192/05x
    Entscheidungstext OGH 29.11.2005 4 Ob 192/05x
    Auch; Beis wie T1; Beisatz: Nunmehr in § 107 TKG 2003 ausdrücklich normiert. (T6)
  • 4 Ob 237/22i
    Entscheidungstext OGH Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage 31.05.2023 4 Ob 237/22i
    vgl; Beisatz wie T5
    Beisatz: Hier: Versenden von Newslettern an im Rahmen des Asset-Deals "erworbene" Kunden ohne aufdringliche oder die Rechtssphäre der Kunden wesentlich beeinträchtigende Inhalte. (T7)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:RS0078038

Im RIS seit

08.11.1983

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2023

Dokumentnummer

JJR_19831108_OGH0002_0040OB00388_8300000_005

Entscheidungstext 4Ob113/99t

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

4Ob113/99t

Entscheidungsdatum

18.05.1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Ronald Rast und Dr. Christian Werner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 11. Jänner 1999, GZ 3 R 101/98h-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27. August 1998, GZ 24 Cg 108/98k-4, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig, die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Beklagte ist als Vermittler beim Ankauf von Wertpapieren und als Vermögensberater tätig. Bis Ende 1997 betrieb sie Telefonwerbung, indem sie Personen, mit denen sie bis dahin noch nicht in Kontakt gestanden war, anrief, ihre Leistungen anbot und bewarb. Ende 1997 schloß sie mit der W*****-AG eine Vereinbarung, worin sich die Letztgenannte verpflichtete, der Beklagten Namen, Adressen und Telefonnummern von Personen gegen Entgelt zu liefern, die ihr Einverständnis zu einem Werbetelefonat hinsichtlich Warentermingeschäften gegeben hatten. Die Einholung des Einverständnisses sollte im telefonischen Weg erfolgen. Entsprechend dieser Vereinbarung ruft die Beauftragte der Klägerin Personen, die im Telefonbuch als selbständig tätig ausgewiesen sind, ungefragt an und erkundigt sich telefonisch, ob sie mit einem Werbetelefonat der Beklagten über Investitionsmöglichkeiten einverstanden sind.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Personen, zu denen bisher noch keine Geschäftsverbindung bestanden habe, ohne deren vorherige Einwilligung telefonisch anzurufen, um solcherart Geschäftsbeziehungen anzubahnen oder vorzubereiten. Die Beklagte rufe Privatpersonen telefonisch an, um ihnen Investitionsmöglichkeiten, insbesondere Warenterminoptionen anzubieten, die die Umworbenen gegen Provisionszahlung wahrnehmen könnten. Diese Anrufe verstießen gegen Paragraphen 101, TKG und gegen Paragraph 12, Absatz 3, WAG in Verbindung mit Paragraph eins, UWG. Der Beklagten sei das Verhalten des zur ersten Kontaktaufnahme beauftragten Unternehmens zuzurechnen.

Die Beklagte beantragt Abweisung des Sicherungsantrags. Beim ersten, durch eine Drittfirma durchgeführten Telefonkontakt handle es sich nicht um ein Werbetelefonat, sondern um einen Anruf, bei dem ein Kundenverhalten, nämlich das Einverständnis erhoben werde. Wenngleich es in der Vergangenheit zu Werbetelefonaten ohne Einverständnis des Angerufenen gekommen sei, gehe die Beklagte seit mehr als sechs Monaten gesetzeskonform vor.

Das Erstgericht verbot der Beklagten, Personen, zu denen bisher noch keine Geschäftsbeziehungen bestanden hatten, ohne ihre vorherige Einwilligung anzurufen bzw anrufen zu lassen, um solcherart Geschäftsbeziehungen anzubahnen oder vorzubereiten. Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers seien nach Paragraph 101, TKG 1997 unzulässig; Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern unter anderem für Termin- und Optionsgeschäfte sei - mangels vorheriger Einwilligung des Angerufenen - auch nach Paragraph 12, Absatz 3, WAG verboten. Auch die telefonische Anfrage zu einem solchen Einverständnis sei im Sinn der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Telefonwerbung sittenwidrig, greife sie doch in die schützenswerte Privatsphäre des Angerufenen ein. Vom Gesichtspunkt der Belästigung aus mache es keinen Unterschied, ob der Angerufene sich sogleich eine Werbebotschaft anhören oder sich fragen lassen müsse, ob er bereit sei, künftig die telefonische Werbebotschaft eines konkreten Unternehmens entgegenzunehmen. Die Genehmigung der von der Beklagten gepflogenen Vorgangsweise würde im übrigen zu einer unzumutbaren Belästigung führen. Es mache auch keinen Unterschied, ob die Beklagte diese Anfrage selbst durchführe oder sich dazu eines Dritten bediene. Da das Einverständnis zu einem Werbegespräch mit einem konkreten Unternehmen bereits als Anbahnung bzw Vorbereitung einer Geschäftsbeziehung anzusehen sei und die Beklagte nach Paragraph 18, UWG auch für Handlungen ihrer Vertragspartner bzw Hilfspersonen hafte, sei die einstweilige Verfügung unter Verdeutlichung des Spruchs zu erlassen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des Paragraph 101, TKG 1997 im Zusammenhang mit Paragraph eins, UWG fehle. Gemäß Paragraph 101, TKG seien Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Schon vor Inkrafttreten dieser Bestimmung habe der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, Telefonwerbung gegenüber Kunden, die sich mit dieser nicht ausdrücklich oder stillschweigend einverstanden erklärt haben, sei grundsätzlich als sittenwidrig anzusehen, werde doch der Angerufene unzumutbar belästigt. Der Angerufene sei genötigt, abzuheben und sich die Erklärungen anzuhören. Das Vorgehen der Beklagten stelle auch eine Handlung zu Wettbewerbszwecken dar. Ein Telefonat, in dem das Einverständnis zu einem künftigen Werbetelefonat eines Dritten eingeholt werde, sei geeignet, den Absatz des Dritten zu fördern. Diese Vorgangsweise diene dazu, Kontakte mit potentiellen Kunden anzuknüpfen, um sie als Geschäftspartner zu gewinnen. Die Beklagte müsse sich das Verhalten von Dritten zurechnen lassen, die in ihrem Auftrag und Interesse tätig werden und dabei einen Wettbewerbsverstoß begehen. Es könne kein Zweifel bestehen, daß auch die erstmalige Kontaktaufnahme zum Zweck der Einholung eines Einverständnisses zu einem konkreten Gespräch über das Dienstleistungsangebot der Beklagten bereits als Werbemaßnahme bzw als "Anruf zu Werbezwecken" im Sinn des Paragraph 101, TKG qualifiziert werden müsse, würden doch sowohl die Firma der Beklagten als auch die von ihr zu vermittelnden Geschäfte genannt. Schon aus der bisherigen zur Sittenwidrigkeit der Telefonwerbung ergangenen Rechtsprechung ergebe sich, daß der nunmehr in Paragraph 101, TKG verwendete Begriff "Anruf zu Werbezwecken" keineswegs eng auszulegen sei. Unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei ein ins Gewicht fallender qualitativer Unterschied zwischen der telefonischen Anfrage um Zustimmung und dem Werbetelefonat selbst nicht zu erkennen. Das mit jedem ungebetenen Telefonanruf verbundene unkontrollierbare Eindringen in die Privatsphäre des Angerufenen treffe gleichermaßen zu. Davon, daß sich der Angerufene diesem Gespräch leichter entziehen könnte als einem Werbetelefonat, könne keine Rede sein. Er müsse sich zumindest anhören, mit wem er es zu tun habe und welche Geschäfte das Unternehmen anbiete, mit der im Fall seines Einverständnisses ein weiterer Kontakt zustandekommen solle.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, daß sie bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage mit gutem Grund die Auffassung habe vertreten dürfen, daß ihr Vorgehen dem Gesetz entspreche. Sie dürfe bei Auslegung des Paragraph 101, TKG keineswegs beim bloßen Gesetzeswortlaut stehenbleiben. Anrufe zur Einholung eines Einverständnisses zu detaillierten Werbegesprächen seien nicht nur vom Gesetzeszweck her, sondern bereits bei rein grammatikalischer Betrachtung unter die Formulierung "Anrufe zu Werbezwecken" zu subsumieren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin stellt das in Paragraph 101, TKG und Paragraph 12, Absatz 3, WAG verankerte Verbot der Telefonwerbung ebenso wenig in Frage wie ihr Einstehenmüssen für gesetzwidrige Anrufe dritter (von ihr beauftragter) Unternehmen. Sie vertritt jedoch die Auffassung, ein zur Einholung der erforderlichen Zustimmung gemachter Anruf sei noch keine Werbung, sondern ein - künftige Werbung vorbereitender - Schritt und falle damit nicht unter das Verbot des Paragraph 101, TKG.

Gemäß Paragraph 101, TKG in der Fassung BGBl 1997/100 sind Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, daß sich diese Bestimmungen an den Zielsetzungen der lange geplanten Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 12. 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation (RL 97/66/EG, ABl Nr L 024 vom 30. 1. 1998, im folgenden TK-Datenschutz-Richtlinie) orientiert vergleiche Glas/Varzian, Handbuch Telekommunikationsrecht (1998) 204 FN 466 und Paragraph 101, FN 531; vergleiche Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, Wertpapieraufsichtsgesetz Rz 7 zu Paragraph 12,). Die TK-Datenschutz-Richtlinie detailliert und ergänzt ihrerseits die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. 10. 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (RL 95/46/EG, ABl Nr 281 vom 23. 11. 1995) im Hinblick auf die besonderen Zwecke im Bereich der Telekommunikation. Beide Richtlinien führen als vorrangiges Ziel den Schutz der Grundrechte und -freiheiten natürlicher Personen, insbesondere ihr Recht auf Achtung der Privatsphäre an. Der Erwägungsgrund 25 der Richtlinie 97/66/EG enthält die Forderung an den nationalen Gesetzgeber, gerichtliche Rechtsbehelfe für den Fall vorzusehen, daß diese Rechte der Benutzer und Teilnehmer nicht respektiert werden. Artikel 12, Absatz 2, der Richtlinie 97/66/EG trägt den Mitgliedstaaten überdies auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, daß (mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme) unerbetene Anrufe zum Zweck des Direktmarketings, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer erfolgen oder an Teilnehmer gerichtet sind, die keine solchen Anrufe erhalten möchten, nicht gestattet sind. Welche dieser Optionen gewählt wird, bleibt dem nationalen Gesetzgeber überlassen.

Schon vor Inkrafttreten des mit diesen Richtlinien in Einklang stehenden Paragraph 101, TKG hat der Oberste Gerichtshof in Einstimmung mit der deutschen Lehre und Rechtsprechung Werbung durch unerbetene telefonische Anrufe dann als wettbewerbswidrig beurteilt, wenn der Angerufene nicht zuvor ausdrücklich oder stillschweigend sein Einverständnis dazu erteilt hatte. Er hat dazu ausgeführt, Telefonwerbung überschreite das mit jeder Werbung mehr oder weniger verbundene, noch tragbare Maß der Belästigung und greife unzulässig in die Individualsphäre des Anschlußinhabers ein (ÖBl 1984, 13 - Telefonwerbung; ÖBl 1995, 12 - Computerkurse, MR 1996, 165; SZ 70/227 = ÖBl 1998, 341 = JBl 1998, 324 [Pfersmann]; Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht20 Rz 67 zu Paragraph eins, dUWG). Diese Auffassung wird auch von der Lehre in Österreich geteilt (Fitz/Gamerith Wettbewerbsrecht2 71; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3, 680 f; Pfersmann JBl 1998, 324).

Die Revisionsrekurswerberin vertritt nun die Auffassung, die telefonische Einholung der Zustimmung zu einem späteren Werbetelefonat sei noch kein "Anruf zu Werbezwecken" im Sinn des Paragraph 101, TKG. Dieser Anruf belästige den Angerufenen nicht mehr als eine schriftliche Anfrage und unterliege damit nicht dem Verbot des Paragraph 101,

TKG.

Bei Auslegung des Begriffs "Anruf zu Werbezwecken" hat der erkennende Senat unter Zugrundelegung des Wortlauts dieser Bestimmung und des Zwecks der gesetzlichen Regelung erwogen:

Im Sinne des Artikel 2, der Richtlinie des Rates vom 10. 9. 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (RL 84/450/EWG, ABl Nr L 250/17 vom 19. 9. 1984) bedeutet "Werbung" jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufes mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern. Eine dieser Richtlinie entsprechende Auslegung wie auch der durch Paragraph 101, TKG angestrebte Zweck (Schutz der Privatsphäre des Angerufenen) stehen damit einer engen Auslegung des Begriffes "Werbung" entgegen.

Im weiteren Sinn dient Werbung dazu, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann.

Der von der Beklagten veranlaßte Telefonanruf dient dazu, einen erstmaligen Kontakt zu potentiellen Kunden herzustellen, um sie als Geschäftspartner gewinnen zu können. Bei diesem ersten Gespräch erfährt der Angerufene nicht nur den Namen des Unternehmers, der mit ihm in Kontakt treten möchte (um letztlich zu einem Abschluß zu kommen), er wird auch auf die angebotene Leistung aufmerksam gemacht und sein allfälliges Interesse daran geweckt. Damit dient aber schon dieser erste Telefonkontakt - mögen auch die Vorzüge der vom Beklagten angebotenen Leistung gegenüber jener anderer Anbieter noch nicht herausgestellt werden - Zwecken der Werbung im weiteren Sinn. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit dem vom Gesetzgeber angestrebten Zweck, die Privatsphäre des Angerufenen zu schützen. Der Angerufene wird auch durch diesen ersten Anruf veranlaßt, das Gespräch zunächst anzunehmen und wegen der Ungewißheit über den Zweck des Anrufs meist auch genötigt, sich auf das Gespräch einzulassen, bevor er sich entscheiden kann, ob er das Gespräch fortsetzt oder abbrechen will. Er kann sich daher gegen das Eindringen in seine Individualsphäre nicht von vornherein wehren vergleiche Baumbach/Hefermehl aaO Rz 67). Die mit der telefonischen Anfrage verbundene Belästigung ist entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin auch erheblich höher als im Falle einer schriftlichen Anfrage. Das Telefonat ermöglicht ein unkontrollierbares Eindringen in die Privatsphäre des Anschlußinhabers. Er muß sich zu einem, seiner Disposition völlig entzogenen Zeitpunkt mit dem Anrufer befassen und hat keine ausreichende Überlegungszeit, so daß der damit zwangsläufig verbundene Überraschungseffekt nicht selten zu einer Überrumpelung des Angerufenen (und einer voreiligen, oft nicht gewollten Zustimmung zu weiteren Kontakten) führen wird. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht darauf hingewiesen, daß die Vorgangsweise der Beklagten schon nach der vor Paragraph 101, TKG ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes als sittenwidrige Belästigung gewertet werden müßte. Daß aber Paragraph 101, TKG Vorgangsweisen zulassen würde, die schon nach bisheriger Rechtsprechung als sittenwidrige Belästigung empfunden werden, ist nicht zu erkennen. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß dem Begriff des Anrufs zu Werbezwecken in Paragraph 101, TKG auch jener Anruf zu unterstellen ist, der einen ersten Kontakt zum potentiellen Kunden herstellt und ihm dem Namen des Unternehmers und die von diesem angebotene Leistung bekannt macht, wenngleich der Angerufene dabei nur um die Zustimmung zu (weiterer) Telefonwerbung ersucht wird. Die Beklagte hat mit ihrer Vorgangsweise gegen Paragraph 101, TKG verstoßen und sich damit einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern - welche erst nach Vorliegen der Zustimmung Anrufe machen - verschafft. Sie hat damit zugleich den guten Sitten im Wettbewerb zuwidergehandelt (Paragraph eins, UWG).

Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin ist ihr der von ihr zu vertretende Verstoß auch subjektiv vorzuwerfen. Ihre Auffassung, wonach der erste Anruf noch nicht dem Begriff "Telefonwerbung" zu unterstellen sei, ist angesichts des Gesetzeswortlauts in Verbindung mit dem vom Gesetzgeber offenkundig angestrebten Zweck des Schutzes der Privatsphäre und vor dem Hintergrund der vor Paragraph 101, TKG ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs durch das Gesetz nicht so weit gedeckt, daß sie mit gutem Grund vertreten werden könnte.

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO, derjenige über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraph 40,, 50 Absatz eins,, 52 ZPO.

Anmerkung

E54015 04A01139

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00113.99T.0518.000

Dokumentnummer

JJT_19990518_OGH0002_0040OB00113_99T0000_000