Verfassungsgerichtshof (VfGH)

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Entscheidungstext B21/79

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Sammlungsnummer

9696

Geschäftszahl

B21/79

Entscheidungsdatum

11.06.1983

Index

32 Steuerrecht
32/01 Finanzverfahren, allgemeines Abgabenrecht

Leitsatz

Abgabenexekutionsordnung; keine Bedenken gegen §§12, 13 und 65 Abs4; Zurückweisung von Einwendungen eines Masseverwalters der weder Abgabenschuldner noch Drittschuldner ist; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

römisch eins. 1. Am 7. Oktober 1976 erließ das Finanzamt Amstetten an den Abgabepflichtigen P. L. einen Sicherstellungsauftrag gemäß §232 BAO, mit dem zur Sicherung einer auf Grund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum 1973, 1974, 1975 und Jänner bis August 1976 zu erwartenden Umsatzsteuernachforderung in Höhe von S 1,200.000 die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des P. L., Hubstaplererzeugung, St. P., angeordnet wurde. Auf Grund dieses Sicherstellungsauftrages pfändete das Finanzamt mit Zahlungsverbot vom gleichen Tage eine Geldforderung des Abgabenschuldners P. L. auf Zurückzahlung eines Guthabens auf seinem Abgabenkonto und untersagte ihm jede Verfügung über die gepfändete Forderung sowie über ein für diese etwa bestelltes Pfand.

Gegen diese Vollstreckungsmaßnahmen erhob der Masseverwalter in dem am 24. September 1976 eröffneten Konkurs der P. L. Gesellschaft mbH Einwendungen gemäß §§12 und 13 AbgEO (und Widerspruch iS des §14 AbgEO); außerdem focht er das Zahlungsverbot gemäß §65 Abs4 AbgEO an. Das Betriebsvermögen des P. L. stehe im Eigentum der P. L. Gesellschaft mbH. Auch die Betriebssteuern des P. L. seien dieser Gesellschaft zuzurechnen vergleiche in dieser Sache auch VfSlg. 8693/1979).

Mit Bescheid des Finanzamtes Amstetten vom 26. Jänner 1977 wurden die Einwendungen gegen den Anspruch und die Durchführung der Vollstreckung sowie die Anfechtung des Zahlungsverbotes als unzulässig zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. mit Bescheid vom 1. Dezember 1978 als unbegründet ab. Zu Einwendungen gegen den Anspruch und die Durchführung der Vollstreckung sei gemäß §12 Abs3 und §13 Abs1 AbgEO nur derjenige berechtigt, gegen den sich der der Exekutionsführung zugrundeliegende Exekutionstitel richtet, im vorliegenden Fall also P. L. Zur Berufung gegen ein Zahlungsverbot sei außer dem Vollstreckungsschuldner gemäß §65 Abs4 AbgEO zwar auch der Drittschuldner berechtigt, Drittschuldner sei aber die Republik Österreich als zur Zurückzahlung des Abgabenguthabens Verpflichtete. Die P. L. Gesellschaft mbH sei weder Vollstreckungsschuldner noch Drittschuldner und daher weder zu Einwendungen gegen den Anspruch noch zu Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung noch zur Anfechtung des Zahlungsverbotes legitimiert.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des Masseverwalters, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gerügt wird.

römisch II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt vergleiche zB VfSlg. 8828/1980).

In der Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter mit der Begründung behauptet, die Zurückweisung der Einwendungen gegen den Anspruch und die Durchführung der Vollstreckung sowie der Anfechtung des Zahlungsverbotes sei zu Unrecht erfolgt. Träfe dieser Vorwurf zu, hätte der bestätigende Berufungsbescheid die Sachentscheidung gesetzwidrig verweigert. Das ist aber nicht der Fall:

Dem Vollstreckungsverfahren lag als Exekutionstitel der Sicherstellungsauftrag des Finanzamtes Amstetten vom 7. Oktober 1976 zugrunde vergleiche B22/79 vom heutigen Tage), der einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung von Abgaben des P. L. begegnen sollte. Abgabenschuldner iS des Gesetzes ist daher P. L.

Nach §§12 bzw. 13 AbgEO können Einwendungen gegen den Anspruch und die Durchführung der Vollstreckung nur vom Abgabenschuldner erhoben werden. (Der Widerspruch Dritter, dem das Finanzamt nicht durch Einstellung der Vollstreckung Rechnung trägt, ist bei Gericht mittels Klage geltend zu machen; §14 Abs2 AbgEO.) Gemäß §65 Abs4 AbgEO kann aber auch der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten. Gegen diese Vorschriften sind aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles beim VfGH keine Bedenken entstanden. Da der Beschwerdeführer im Vollstreckungsverfahren gegen P. L. weder Abgabenschuldner noch Drittschuldner ist, ist die Zurückweisung seiner Eingaben zurecht erfolgt. Der Beschwerdeführer ist demnach auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden. Hat aber die belangte Behörde die Zurückweisung der Eingaben zu Recht bestätigt, ist es ausgeschlossen, daß durch den angefochtenen Bescheid ein anderes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht verletzt worden wäre vergleiche VfSlg. 7810/1976, 8741/1980).

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Schlagworte

Finanzverfahren, Vollstreckung (Finanzen)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B21.1979

Dokumentnummer

JFT_10169389_79B00021_00

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