Begründung:
1.) Sachverhalt:
Der in Salzburg wohnhafte Kläger ist bei der Beklagten, einem österreichischen Versicherungsunternehmen, rechtsschutzversichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die „Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung" (ARB 1995) zugrunde. Deren Art 6.7.3. lautet:
„Genießen mehrere Versicherungsnehmer zur Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen Versicherungsschutz aus einem oder mehreren Versicherungsverträgen und sind ihre Interessen aufgrund der gleichen oder einer gleichartigen Ursache gegen den/dieselben Gegner gerichtet, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung vorerst auf die außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Versicherungsnehmer und die Führung notwendiger Musterprozesse durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter zu beschränken.
Wenn oder sobald die Versicherungsnehmer durch diese Maßnahmen nicht ausreichend gegen einen Verlust ihrer Ansprüche, insbesondere durch drohende Verjährung, geschützt sind, übernimmt der Versicherer darüber hinaus die Kosten für Gemeinschaftsklagen oder sonstige gemeinschaftliche Formen außergerichtlicher und gerichtlicher Interessenswahrnehmungen durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter."
Der Kläger hatte bei zwei Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Kurzbezeichnung „A*****") Geld veranlagt. Infolge Insolvenz beider Unternehmen wurde er - wie viele andere Anleger auch - geschädigt. Er beauftragte die an seinem Wohnort ansässige Salpius Rechtsanwalts GmbH mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung. Seine Anwälte vertraten und vertreten seine Interessen unter anderem in den über das Vermögen der insolventen A*****-Unternehmen eröffneten Konkursverfahren und in einem gegen die Organe dieser Unternehmen geführten Strafverfahren.
Ein am 9. 5. 2006 schriftlich gestelltes Ersuchen des Klägers, für das erfolgte und künftige Einschreiten seiner Anwälte Rechtsschutzdeckung zuzusagen, wurde von der Beklagten abgelehnt.
2.) Anträge und Vorbringen der Parteien:
Der Kläger begehrte (soweit für das Vorabentscheidungsverfahren wesentlich) die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für die Kosten des gerichtlichen und außergerichtlichen Einschreitens seiner Anwälte in den bereits anhängigen und weiteren Verfahren gegen diverse Schädiger, darunter auch die Republik Österreich, der er Versäumnisse der Finanzmarktaufsicht vorwirft. Weiters begehrte er die Feststellung, dass die Bestimmung des Art 6.7.3. der ARB 1995 unwirksam und nicht Bestandteil des zwischen den Streitteilen geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrags sei. Art 6.7.3. der ARB 1995 schränke das im Art 4 der Richtlinie 87/344/EWG (Rechtsschutzversicherungsrichtlinie) postulierte und durch § 158k Versicherungsgesetz (VersVG) in Österreich umgesetzte Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl unzulässig ein und sei daher unbeachtlich.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Der Fall A***** sei ein klassischer Massenschadensfall, wenngleich die Höhe des Schadens der einzelnen Anleger unterschiedlich sei. Massenschäden seien bei Einführung der Richtlinie 87/344/EWG vom 22. 6. 1987 und des die Richtlinie umsetzenden § 158k des VersVG größtenteils unbekannt gewesen, nicht bedacht und nicht mitgeregelt worden. Art 6.7.3. der ARB 1995 verstoße daher nicht gegen die Richtlinie und § 158k VersVG, zumal die beanstandete Klausel wegen der Kosteneinsparung im Interesse der Versicherungsnehmer geboten sei und den Versicherungsnehmern Vorteile bringe.
3.) Bisheriges Verfahren:
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die in Art 6.7.3. der ARB 1995 getroffene Regelung stehe nicht im Widerspruch zu § 158k VersVG, sondern sei vielmehr im Hinblick auf die Lösung von „Kumulfällen" ergänzend zu dieser Rechtsnorm zu sehen. Das unbedingte Festhalten am Prinzip der freien Anwaltswahl könne in „Kumulfällen" in das Gegenteil des eigentlichen Zwecks umschlagen, weil der Versicherungsnehmer aufgrund der zusätzlichen Kosten der freien Anwaltswahl und der damit verbundenen Führung von Einzelprozessen, die seitens des Versicherers nicht getragen werden könnten, keine Deckung bekomme. Das Risiko des Rechtsschutzversicherers, seine Kosten dieser „Kumulfälle" gedeckt zu halten, könne nur bei Einsatz solcher Massenschadenklauseln gewährleistet werden.
Das Gericht zweiter Instanz teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und bestätigte daher dessen Entscheidung hinsichtlich beider Feststellungsbegehren. Eine Einschränkung der freien Anwaltswahl durch eine „Massenschadenklausel" wie Art 6.7.3. der ARB 1995 erscheine richtlinienkonform. Ziel der Richtlinie sei nicht die Verwirklichung der freien Anwaltswahl, sondern die Ausschließung von Interessenkollisionen zwischen Versicherten und Mehrspartenversicherern. Die freie Anwaltswahl sei nicht Selbstzweck, sondern nur ein Mittel zum Erreichen dieses Zwecks der Richtlinie. Eine unterschiedliche Handhabung von Individualschäden und Massenschäden sei sachgerecht und auch im Interesse der Versicherungsnehmer geboten.
4.) Gemeinschaftsrecht:
Art 4 der Richtlinie 87/333/EWG des Rates vom 22. 6. 1987 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung, deren Auslegung Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, lautet:
„(1) In jedem Rechtsschutz-Versicherungsvertrag ist ausdrücklich anzuerkennen, dass
a) wenn ein Rechtsanwalt oder eine sonstige nach dem nationalen Recht entsprechend qualifizierte Person in Anspruch genommen wird, um in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren den Versicherer zu verteidigen, zu vertreten oder seine Interessen wahrzunehmen, dem Versicherten die Wahl des Rechtsanwalts oder der sonstigen Person freisteht;
b) der Versicherte einen Rechtsanwalt oder, wenn er es vorzieht, und soweit das nationale Recht dies zulässt, eine andere entsprechend qualifizierte Person frei wählen kann, die seine Interessen vertritt, wenn eine Interessenkollision entsteht.
(2) Unter Rechtsanwalt ist jede Person zu verstehen, die ihre beruflichen Tätigkeiten unter einer der Bezeichnungen gemäß der Richtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. 3. 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (1) auszuüben berechtigt ist."
Art 5 der Richtlinie 87/344/EWG stellt eine Ausnahmeregelung zu Art 4 dar und hat folgenden Wortlaut:Artikel 4, dar und hat folgenden Wortlaut:
„(1) Jeder Mitgliedstaat kann die Rechtsschutzversicherung von der Anwendung des Art 4 AbsArtikel 4, Abs 1 ausnehmen, wenn alle nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) Die Versicherung gilt nur für Fälle, die sich aus dem Einsatz von Straßenfahrzeugen im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats ergeben.
b) Die Versicherung ist an einen Vertrag über den Beistand gebunden, der bei einem Unfall mit oder einem Schaden an einem Straßenfahrzeug zu gewähren ist.
c) Weder der Rechtsschutzversicherer noch der Beistandsversicherer decken Haftpflichtversicherungszweige.
d) Es werden Vorkehrungen getroffen, damit die Rechtsberatung und die Vertretung der Parteien in einem Streitfall durch völlig unabhängige Rechtsanwälte sichergestellt wird, wenn diese Parteien bei ein und demselben Versicherer rechtsschutzversichert sind.
(2) Die Freistellung, die ein Mitgliedstaat einem Unternehmen gemäß Absatz 1 gewährt, berührt nicht die Anwendung von Artikel 3 Absatz 2."
Mit der Problematik der freien Anwaltswahl beschäftigt sich in dieser Richtlinie auch noch der Erwägungsgrund 11, der folgenden Wortlaut hat:
„Das Interesse des Rechtsschutzversicherten setzt voraus, dass letzterer selbst seinen Rechtsanwalt oder eine andere Person wählen kann, die die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften im Rahmen von Gerichts- und Verwaltungsverfahren anerkannten Qualifikationen besitzt, und zwar immer, wenn es zu einer Interessenkollision kommt."
5.) Nationales Recht:
Der in Art 4 der Richtlinie 87/344/EWG vorgegebene Grundsatz der freien Anwaltswahl des Rechtsschutzversicherungsnehmers wird durch § 158k VersVG im österreichischen Recht umgesetzt. Diese Bestimmung ist gemäß § 158p VersVG zwingend zugunsten des Versicherungsnehmers.
§ 158k Abs 1 VersVG lautet:Absatz eins, VersVG lautet:
„Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, zu seiner Vertretung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person frei zu wählen. Darüber hinaus kann der Versicherungsnehmer zur sonstigen Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen einen Rechtsanwalt frei wählen, wenn beim Versicherer eine Interessenkollision entstanden ist."
§ 158p VersVG lautet:
„Auf eine Vereinbarung, durch die von den §§ 158j Abs 2 bis 158o zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen wird, kann sich der Versicherer nicht berufen."158j Absatz 2 bis 158o zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen wird, kann sich der Versicherer nicht berufen."