Entscheidungstext 1Ob639/94

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

Jus-Extra OGH-Z 1854 = WoBl 1996,208 = MietSlg 47.110 = MietSlg 47.367

Geschäftszahl

1Ob639/94

Entscheidungsdatum

27.01.1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hubert L*****, 2. Agnes R*****, und 3. Bernhard L*****, alle vertreten durch Dr. Walter Prüfling, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Friederike F*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichts vom 30. August 1994, GZ 49 R 8/94-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 25. April 1994, GZ 44 C 335/93d-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 3.735,94 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 622,66 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zum Zeitpunkt der Einbringung der Kündigung waren die drei Kläger Mehrheitseigentümer einer Liegenschaft mit einem Haus in Wien. Am 5. Mai 1983 schlossen der Erstkläger und die Beklagte einen Mietvertrag betreffend eine (aus zwei Wohnungen zusammengelegte) Wohnung in diesem Haus mit Vertragsbeginn 1. Mai 1983. Die hier wesentlichen Punkte des Mietvertrags lauten:

„§ 12. Sonstiges

... Der Mieterin wird gestattet, diese Räumlichkeiten, bezw. einen Teil dieser Räumlichkeiten, an die Firma „C*****“ unterzuvermieten. Die Mieterin nimmt zur Kenntnis, daß beim ... Haus eine Gen. Reparatur nach Paragraph 7, MG durchgeführt wurde und tritt hiemit in die damit verbundenen Verpflichtungen ein. Vom Vermieter wird ... , die Schwester der Beklagten, als Rechtsnachfolgerin anerkannt.

„§ 15. Hausordnung

... Neben diesem Vertrag bestehen keine sonstigen Abreden. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform. ...“

Mündlich war zwischen den Parteien nicht vereinbart, daß die C***** (Transport Gesellschaft mbH; im folgenden Untermieterin) ihrerseits die Wohnung weitergeben dürfe. In Ausübung ihres Untervermietrechts vermietete die Beklagte die Wohnung der Untermieterin, deren Geschäftsanteile zu 95 % sie selbst und zu 5 % ihre Schwester halten. Geschäftsführerin der Untermieterin war bei Abschluß des Mietvertrags die Beklagte, von 1986 bis Juli 1993 ihre Schwester, derzeit ist es wieder die Beklagte. Die Untermieterin benützte zumindestens seit März 1989 die Wohnung nicht mehr selbst, sondern gab sie zuerst an einen ersten Subuntermieter weiter. Dieses (weitere) Subuntermietverhältnis wurde zum Ende September 1991 einvernehmlich aufgelöst. Am 1. August 1992 zog Juraj M***** (im folgenden zweiter Subuntermieter) in die möblierte Wohnung ein, nahm die ganze Wohnung von der Untermieterin zu einem monatlichen Bestandzins von 8.000 S - von einer vereinbarungsgemäß (an die Untermieterin) geleisteten Mietzinsvorauszahlung von 120.000 S werden monatlich 2.000 S auf den Bestandzins angerechnet, sodaß eine monatliche Restzahlung von derzeit 6.000 S verbleibt - in Bestand und benützt sie seither ständig.

Die Kläger kündigten der Beklagten die Wohnung aus den Kündigungsgründen des Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 4, erster und zweiter Fall MRG auf. Der Beklagten sei zwar das Recht eingeräumt worden sei, die Wohnung an die Untermieterin unterzuvermieten, doch benütze auch diese nicht das Mietobjekt.

Die Beklagte wendete neben der fehlenden Aktivlegitimation der Kläger im wesentlichen ein, daß die geltend gemachten Kündigungsgründe nicht gegeben seien; darüber hinaus verstoße die Kündigung gegen Treu und Glauben. Jedenfalls hätten sich die Kläger ihres Rechts, die genannten Kündigungsgründe geltend zu machen, bereits verschwiegen.

Das Erstgericht erklärte die Kündigung für rechtswirksam und verhielt die Beklagte zur Räumung der Wohnung. Es bejahte in rechtlicher Hinsicht den Kündigungsgrund der gänzlichen Weitergabe. Aus der Tatsache, daß der Beklagten die Untervermietung nicht generell, sondern ausdrücklich nur für ein bestimmtes Unternehmen gestattet worden sei, sei ersichtlich, daß die Hauseigentümer nicht jede beliebige dritte - natürliche oder juristische Person - als Untermieter bzw Benützer des Mietobjekts hätten haben wollen. Auch bestehe kein Anhaltspunkt, daß diesem Unternehmen durch die Untervermietung eine Erwerbsquelle hätte eröffnet werden sollen. Daß die Untermieterin ihrerseits weitervermieten dürfe, sei nicht vereinbart worden. In der Benützung der Wohnung durch den zweiten Subuntermieter anstelle der Untermieterin liege eine gänzliche Weitergabe iS des Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 4, MRG.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht - soweit jetzt noch relevant - bejahte auch die zweite Instanz das Vorliegen des Kündigungsgrunds des Paragraph 30, Absatz eins, Ziffer 4, erster Fall MRG wegen gänzlicher Weitergabe der Wohnung an einen Subuntermieter durch die Untermieterin. Werde eine Wohnung zu Wohnzwecken an eine Gesellschaft mbH vermietet, so sei die Ausübung dieser Berechtigung auf Personen beschränkt, die mit der Gesellschaft mbH verbunden seien, zB deren Gesellschafter, Geschäftsführer oder Dienstnehmer. Jede Überlassung an mit der Gesellschaft in keinem Zusammenhang stehende Dritte stelle eine den Kündigungsgrund verwirklichende Weitergabe dar. Aus der Tatsache, daß die Vermieter keine generelle Untervermietung gewährt hätten, sei darauf zu schließen, daß es ihnen sehr wohl auf die Ausübung des Gebrauchsrechts durch den Mieter selbst oder die Person des namentlich genannten Untermieters angekommen sei. Die Zustimmung zur Weitergabe an einen bestimmten Untermieter beinhalte daher keinen Verzicht auf den Kündigungsgrund nach Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 4, erster Fall MRG, wenn das Gebrauchsrecht von einem Dritten ausgeübt werde, gleichgültig, ob die Weitergabe an den Dritten durch den Mieter oder dessen Untermieter erfolgt sei. Daß ihr die weitere Untervermietung nicht zugerechnet werden könne, behaupte die Beklagte nicht einmal.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Auf die mangelnde Aktivlegitimation der Kläger, den behaupteten - nicht näher ausgeführten - Verstoß gegen Treu und Glauben und die Verschweigung des Kündigungsgrunds durch die Kläger kommt die Revision nicht mehr zurück.

Nach dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Mietvertrag war der beklagten Hauptmieterin gestattet, die gemietete Wohnung bzw - erkennbar gemeint: oder - einen Teil derselben an ein namentlich genanntes Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH unterzuvermieten. Über den Inhalt des Mietvertrags hinausgehende Vereinbarungen der Streitteile wurden weder behauptet noch festgestellt. Damit bezog sich Paragraph 12, des Mietvertrags nach seinem objektiven Erklärungswert zwar auf die Gestattung zur Untervermietung des ganzen Bestandobjekts, jedoch nicht auf eine - nicht gestattete - weitere Untervermietung durch die Untermieterin an einen Subuntermieter. Daß die Vermieter die Gestattung der Untervermietung auf eine bestimmte Person beschränkten, zeigt bereits nach dem objektiven Erklärungswert, daß es ihnen auf eine Ausübung des Gebrauchsrechts durch die Hauptmieterin selbst oder gerade diese Untermieterin ankam. Da die Untermieterin eine juristische Person war, mußte beiden Vertragsparteien des Hauptmietvertrags klar sein, daß nicht die Untermieterin selbst, sondern nur natürliche Personen die Wohnung benützen würden. Die von der zweiten Instanz in sachgerechter Vertragsauslegung vorgenommene Beschränkung des Kreises dieser natürlichen Personen auf Geschäftsführer, Gesellschafter und Dienstnehmer der untermietenden Gesellschaft mbH ist zu billigen, weil nur eine solche Ausübung des Gebrauchsrechts dazu führt, daß die gerade hier von den Parteien des Hauptmietvertrags vorgenommene Beschränkung der gestatteten Untervermietung nicht ins Gegenteil verkehrt wird.

Gemäß Paragraph 1098, ABGB sind Mieter ... berechtigt, die Mietstücke ... auch in Afterbestand zu geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrage nicht ausdrücklich untersagt worden ist. Dem folgend erachtet es die herrschende Auffassung auch als zulässig, daß der Untermieter den Gebrauch der Bestandsache weitergeben und dadurch seinerseits ein Bestandverhältnis begründen kann, sofern dies ohne Nachteil des Hauptbestandnehmers (und Untervermieters) geschehen kann und im (Unterbestand-)Vertrag nicht ausdrücklich untersagt wurde (ecolex 1991, 455 = RdW 1991, 26; SZ 49/159 = MietSlg 28.147; Würth in Rummel2, Rz 13 zu Paragraph 1098, ABGB; Binder in Schwimann, Rz 89, 92 zu Paragraph 1098, ABGB): Für das Rechtsverhältnis zwischen Unterbestandnehmer und Unterbestandgeber gelten dieselben Regeln wie für das Bestandverhältnis (Klang in Klangrömisch fünf 58). Allerdings wird damit ein im Verhältnis zwischen Vermieter und Hauptmieter bestehender Vertragsverstoß nicht geheilt.

Gemäß Paragraph 30, Absatz eins, MRG kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen. Nach Absatz 2, Ziffer 4, erster Fall leg.cit. - als bei Weitergabe einer Wohnung gegenüber Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 6, leg.cit. speziellerer Kündigungsgrund (MietSlg 42.314; JBl 1987, 447 mwN ua; Würth-Zingher, Miet-und Wohnrecht19, Rz 28 zu Paragraph 30, MRG, dessen Wesen im Wegfall eines schutzwürdigen Interesses des Mieters liegt (WoBl 1993, 105 mwN; MietSlg 42.323, 39.436) - ist als ein wichtiger Grund anzusehen, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Bestellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen dringend benötigt. Den Nachweis eines dringenden Bedarfs iS des Paragraph 30, Absatz eins, Ziffer 4, MRG für sich oder eintrittsberechtigte Personen hat die Beklagte nicht angetreten. Unter „gänzlicher Weitergabe“ ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung zu regelmäßigem Gebrauch zu verstehen (MietSlg 42.317, 41/37 ua; Würth-Zingher aaO Rz 32 zu Paragraph 30, MRG; Würth in Rummel2, Rz 24 zu Paragraph 30, MRG). Dazu zählt auch und gerade eine Untervermietung (3 Ob 537/92). Maßgeblicher Zeitpunkt ist jener der Weitergabe des Mietobjekts (WoBl 1992, 129 ua). Der Kündigungsgrund einer „gänzlichen Weitergabe“ kann freilich nicht durchgesetzt werden, wenn der Vermieter entweder auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrunds überhaupt verzichtet oder der Untervermietung bedingungslos zugestimmt hat. Während die generelle Zustimmung des Vermieters zur Untervermietung als Verzicht auf den Kündigungsgrund des Paragraph 19, Absatz 2, Ziffer 10, MRG angesehen wurde (JBl 1987, 447; MietSlg 36/19 ua), enthält eine auf eine konkrete Untervermietung eingeschränkte Zustimmung nicht auch die Zustimmung für spätere oder andere Fälle (MietSlg 32.358, 25.307; Würth in Rummel2 Rz 22 zu Paragraph 30, MRG). Nur so weit die Erlaubnis reicht, liegt darin ein Verzicht auf den Kündigungsgrund (MietSlg 32.358 mwN). Daher bedeutet auch die Gestattung der Untervermietung an einen namentlich genannten, bestimmten Untermieter keinen Kündigungsverzicht bei einer weiteren Untervermietung durch den Untermieter an einen Subuntermieter.

Die Entscheidung MietSlg 25.314, wonach ein Kündigungsgrund nicht gegeben sei, wenn nicht der Mieter, sondern dessen Untermieter einen Teil der Wohnung gegen ein übermäßiges Entgelt einem Dritten weitergegeben habe und auch nicht hervorgekommen sei, daß der Mieter aus dieser Weitergabe durch seinen Untermieter Nutzen gezogen habe, trifft den hier nicht relevanten Fall des Paragraph 19, Absatz 2, Ziffer 10, zweiter Fall MG. In der Entscheidung MietSlg 21.484 wurde zur vergleichbaren Regelung des Paragraph 19, Absatz 2, Ziffer 10, erster Fall MG ausgesprochen, der Vermieter könne bei Zustimmung zur Untervermietung auch aus der Weitergabe der Räumlichkeiten durch den Untermieter keinen Kündigungsgrund ableiten. Da diese Weitergabe nicht durch den Mieter erfolgt sei, sei der Tatbestand des Paragraph 19, Absatz 2, Ziffer 10, erster Fall MG nicht erfüllt. Der vorliegende Fall ist nicht vergleichbar: Einerseits erfolgte hier die Gestattung der Untervermietung gegenüber der gekündigten Hauptmieterin nicht generell und bedingungslos, sondern beschränkt auf ein im Mietvertrag ausdrücklich genanntes Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH, wobei eine Gestattung der weiteren (Sub)Untervermietung nicht feststeht. Andererseits kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß die weitere Untervermietung der gekündigten Hauptmieterin nicht zuzurechnen wäre, etwa weil sie davon keine Kenntnis gehabt hätte oder darauf keinen Einfluß hätte nehmen können, die erforderlichen Schritte zur Unterbindung einer solchen weiteren Untervermietung zu unternehmen. Denn dies wurde nicht einmal behauptet und wäre auch mit der Feststellung, wonach die Beklagte Mehrheitsgesellschafterin und Geschäftsführerin der Untermieterin ist, schwer in Einklang zu bringen.

Unter eine den Kündigungsgrund des Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 4, erster Satz MRG verwirklichende „gänzliche Weitergabe“ der Wohnung fällt nicht nur deren unzulässige Untervermietung durch den Hauptmieter, sondern auch deren unzulässige, durch seinen Untermieter vorgenommene weitere Untervermietung (Subuntervermietung), jedenfalls sofern der Hauptmieter darauf Einfluß nehmen konnte und sie dennoch zumindest duldete.

Da somit der Kündigungstatbestand nach Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 4, erster Fall MRG vorliegt, erübrigt sich eine Stellungnahme dazu, ob die Subuntervermietung überdies gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung erfolgte (Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 4, zweiter Fall MRG). Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung fußt auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E38036

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1995:0010OB00639.94.0127.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013

Dokumentnummer

JJT_19950127_OGH0002_0010OB00639_9400000_000

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