Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

25.10.2018

Geschäftszahl

Ra 2018/09/0134

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der F K in M, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 28. Mai 2018, Zl. LVwG-1- 726/2017-R7, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 23. Oktober 2017 wurde die Revisionswerberin in fünf Fällen der Übertretung des Paragraph 52, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 2 und 4 in Verbindung mit Paragraph 4, Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils 6.000,-- Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils 33 Stunden) verhängt, weil sie als Inhaberin eines näher bezeichneten Lokals Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen in diesem zugänglich gemacht habe.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der Beschwerde insoweit Folge, als die festgesetzten Geldstrafen jeweils auf 3.000,-- Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf 17 Stunden herabgesetzt wurden und bestätigte im Übrigen das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass es die Strafsanktionsnorm ergänzte. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG erklärte es für nicht zulässig.

3 Hinsichtlich der von der Revisionswerberin vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken führte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 2015, 2012/17/0178, aus, dass im vorliegenden Fall ein Auslandsbezug nicht vorliege, wodurch kein Sachverhalt vorliege, auf den das Unionsrecht anzuwenden sei. Auf das diesbezügliche Vorbringen und die in diesem Zusammenhang gestellten Anträge sei daher nicht näher einzugehen.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der die Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

5 Das Verwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde verzichtete mit Schreiben vom 28. September 2018 auf eine Revisionsbeantwortung.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß Paragraph 12, Absatz 2, VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG nicht gebunden (Paragraph 34, Absatz eins a, VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (Paragraph 28, Absatz 3, VwGG) zu überprüfen.

9 Soweit die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen neben ihren wie auch schon im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgetragenen unionsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des Glücksspielgesetzes rügt, dass das Verwaltungsgericht keine Kohärenzprüfung durchgeführt hat, erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt:

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits wiederholt klarstellend zu dem vom Verwaltungsgericht ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2015, 2012/17/0178, ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht zur Ermöglichung der Beurteilung, ob Unionsrecht unmittelbar anwendbar ist, Feststellungen dazu zu treffen habe, ob die Monopolregelung den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht, und sich für den Fall der Annahme der Nichtanwendbarkeit von Unionsrecht auch mit der Frage verfassungsrechtlicher Bedenken der Anwendung von Paragraph 52, GSpG wegen Inländerdiskriminierung auseinandersetzen muss vergleiche dazu VwGH 20.6.2016, Ra 2015/09/0080, und 29.5.2015, Ro 2014/17/0049, sowie - zu der nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union an Hand der im Einzelfall getroffenen Feststellungen im Anschluss vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und umgesetzt werden - VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, und 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, im zuletzt angeführten Erkenntnis ging es um einen Fall ohne erkennbaren grenzüberschreitenden Sachverhalt, ungeachtet dessen hat der Verwaltungsgerichtshof eine unionsrechtliche Prüfung vorgenommen).

11 Derartige Feststellungen bzw. weitere rechtliche Auseinandersetzungen fehlen im vorliegenden Fall. Durch den bloßen Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass eine mögliche Inländerdiskriminierung schon deshalb nicht vorliegen kann, weil das österreichische Glücksspielgesetz Inländer und Ausländer gleich behandelt, wird den rechtlichen Anforderungen nicht Genüge getan.

12 Da das Verwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage die auf dem Boden der angeführten Rechtsprechung erforderlichen Feststellungen, die der Partei eine umfassende Stellungnahme zur Rechtslage ermöglichen würden, nicht getroffen bzw. eine allenfalls in der Folge erforderliche Auseinandersetzung zur Frage der Inländerdiskriminierung unterlassen hat, war das angefochtene Erkenntnis aus den dargelegten Gründen gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. Oktober 2018

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090134.L00