Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

27.01.2011

Geschäftszahl

2010/15/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Braunau Ried Schärding in 5280 Braunau am Inn, Stadtplatz 60, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 13. Oktober 2010, Zl. RV/0678-L08, betreffend Einkommensteuer 2006 (mitbeteiligte Partei: Dr. G N), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Ingenieurkonsulent für Geologie und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Im Jahr 2006 unternahm er eine Reise nach China (einschließlich Tibet). Hiefür machte er als Betriebsausgaben geltend: Tagesgelder und pauschale Nächtigungsgelder von 1.426,50 EUR, Hotelkosten (136 EUR), Flugkosten (1.377,71 EUR und 645 EUR) sowie geringfügige Taxi- und Buskosten.

Im Zuge einer Außenprüfung traf der Prüfer hiezu folgende Feststellung (Tz 6 und 7 des Prüfungsberichtes vom 7. Mai 2008):

Der Mitbeteiligte habe vom 30. Juli bis 25. August 2006 eine "Studien- bzw. Arbeitsreise" nach China und Tibet unternommen. Reisekosten selbständig Erwerbstätiger seien Betriebsausgaben, wenn die Reise nachgewiesenermaßen ausschließlich durch den Betrieb veranlasst sei. Spielten bei einer Reise auch private Belange eine Rolle, seien die Reisekosten wegen des Aufteilungsverbotes insgesamt nicht absetzbar. Die betriebliche Veranlassung jenes Teils der Reise, der den Besuch von Tibet betroffen habe, sei nicht nachgewiesen worden. Daher könnten insgesamt keine Betriebsausgaben anerkannt werden.

Für den Aufenthalt in China und Tibet im Zeitraum 31. Juli bis 24. August 2006 seien Tages- und Nächtigungsgebühren geltend gemacht worden. Wegen des privaten Reiseteils seien diese Aufwendungen insgesamt als nicht betrieblich veranlasst anzusehen. Das führe zu einer Kürzung der Betriebsausgaben um 1.426,50 EUR. In dieser Höhe seien vom Mitbeteiligten Tages- und Nächtigungssätze wie folgt angesetzt worden:

Tagesgebühr a 35,10 EUR x 25 Tage: 877,50 EUR, Nächtigungsgebühr a  30,50 EUR x 18 Nächte: 549 EUR.

Auch die weiteren im Zusammenhang mit der Reise als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge von insgesamt 2.196,91 EUR seien nicht anzuerkennen. Sie setzten sich wie folgt zusammen:

"China-Bus" 13,90 EUR und 4,60 EUR,

"Peking-Taxi" 10,20 EUR und 9,50 EUR,

Flug nach und von China 1.377,71 EUR,

innerchinesische Fahrt nach Lhasa: 645 EUR,

Hotelübernachtung in Chengdu: 136 EUR.

Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Mai 2008 folgte das Finanzamt den Prüfungsfeststellungen.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid beantragte der Mitbeteiligte die Anerkennung aller in Zusammenhang mit der Reise geltend gemachten Betriebsausgaben und verwies auf den im Vordergrund stehenden betrieblichen Charakter der Reise. In einer Berufungsergänzung legte er eine detaillierte Darstellung des Programmes jedes einzelnen Tages der Reise vor.

Die belangte Behörde führte ein umfangreiches Vorhalteverfahren durch und gab schließlich der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde aus, der Mitbeteiligte habe vom 30. Juli 2006 bis zum 25. August 2006 eine Reise nach China unternommen. Der Flug von Österreich nach Peking habe am 30. und 31. Juli 2006 stattgefunden, der Rückflug von Peking nach Österreich am 25. August 2006. Den Hinflug habe der Mitbeteiligte mit seiner Ehefrau absolviert, die gemeinsam mit ihm Tibet besucht habe und dann wieder nach Österreich zurückgekehrt sei.

Für diese Reise habe der Mitbeteiligte pauschale Mehraufwendungen für Verpflegung und pauschale Nächtigungsgelder als Betriebsausgaben geltend gemacht, aber auch die Kosten des Fluges. Die durch die Reise der Ehefrau verursachten Aufwendungen habe er nicht als Betriebsausgaben angesetzt. Für die Zeiträume des Hin- und Rückfluges (30. und 31. Juli 2006 sowie 25. August 2006) habe der Mitbeteiligte auch für sich selbst keine pauschalen Mehraufwendungen für Verpflegung und keine pauschalen Nächtigungsgelder geltend gemacht.

Die Reise beinhalte auch einen privat veranlassten Reiseabschnitt, nämlich die Besichtigungen in Tibet. Der Mitbeteiligte sei dazu am 1. August 2006 von Peking nach Chengdu geflogen, habe dort in einem Hotel übernachtet und sei sodann am 2. August 2006 von Chengdu nach Lhasa geflogen. Am 3. und 4. August 2006 habe er Besichtigungen unternommen. Am 5. August 2006 sei er mit einem innerchinesischen Flug von Lhasa über Chengdu nach Kunming geflogen. In Tibet sei der Mitbeteiligte von seiner Ehegattin begleitet gewesen.

"Die für den Aufenthalt in Tibet (innerchinesische Flüge; pauschale Mehraufwendungen für Verpflegung und Nächtigungen zwischen 2. August und 5. August 2010 (gemeint: 2006)) entstanden Aufwendungen wurden (vom Mitbeteiligten) nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht."

Zwischen 6. August 2006 und 19. August 2006 sei der Mitbeteiligte durch China gereist, wobei er bei Projekten betreffend Wasser- und Kanalbau tätig geworden sei. An diesen Tagen sei es zwar auch zu Essenseinladungen (durch offizielle chinesische Stellen) gekommen, diese hätten jedoch jeweils frühestens um 17 Uhr begonnen.

Am 20. August 2006 sei der Mitbeteiligte nach Chengdu geflogen, wo zwischen 21. August 2006 und 23. August 2006 ein Fachkongress stattgefunden habe, an dem der Mitbeteiligte sowohl als Vortragender als auch als Zuhörer der Fachvorträge teilgenommen habe.

Am 24. August 2006 sei der Mitbeteiligte nach Peking geflogen; dort habe er an einer fachlichen Besprechung in einem Ministerium teilgenommen.

Angesichts des Umstandes, dass im gegenständlichen Fall die China-Reise wegen des Tibet-Besuchs unstrittig auch private Zeitanteile aufgewiesen habe ("Lhasa-Tour"), sei davon auszugehen, dass nach dem bislang in der österreichischen Steuerrechtslehre vorherrschenden Rechtsverständnis die Reise als Ausdruck des Aufteilungsverbotes trotz unstrittiger betrieblicher (Mit-)Veranlassung zur Gänze keine Berücksichtigung fände. Gleichwohl sei festzuhalten, dass es sich nicht um eine - etwa mit umfangreichem Besichtigungsprogramm verbundene - "klassische Studienreise" gehandelt habe, sondern der Mitbeteiligte unmittelbar mit seiner betrieblichen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Verrichtungen unternommen und einen damit im Zusammenhang stehenden Vortrag gehalten habe.

Entgegen dieser einschränkenden Rechtsansicht habe ein ausländisches Gericht, nämlich der deutsche Bundesfinanzhof (im Folgenden: BFH), im Beschluss des Großen Senates vom 21. September 2009, GrS 1/06, in Abkehr von seiner bisherigen - Reiseaufwendungen insgesamt ebenfalls reserviert gegenüberstehenden - Rechtsprechung ausgeführt, dass Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen grundsätzlich in abzugsfähige Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten und nicht abzugsfähige Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der unternommenen Reise aufzuteilen seien, wenn die betrieblich bzw. beruflich veranlassten Zeitanteile feststünden und nicht nur von untergeordneter Bedeutung seien. Eine unbedeutende private Mitveranlassung stehe dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegen. Umgekehrt eröffne eine unbedeutende berufliche Mitveranlassung von Aufwendungen für die Lebensführung nicht den Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug. Enthalte eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung seien (zB einer beruflich veranlassten Reise werde ein Urlaub hinzugefügt), erfordere das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen. Die beruflichen und privaten Zeitanteile einer Reise seien ein naheliegender und sachgerechter Aufteilungsmaßstab. Der BFH sei zum Schluss gekommen, dass die Rechtsmittelbehörde konkrete Feststellungen über die (beruflichen oder privaten) Gründe, aus denen ein Steuerpflichtiger eine Reise unternommen habe, zu treffen habe.

Der Referent der belangten Behörde schließe sich der Ansicht des BFH an. Das Aufteilungsverbot könne nicht generell zur Anwendung kommen. Es bestünden nämlich keine sachlichen Gründe dafür, dass bestimmte Aufwendungen, denen eine eindeutige gemischte, und somit auch betriebliche bzw. berufliche Veranlassung zugrunde liege, anteilig steuerlich geltend gemacht werden könnten (wie zB nach österreichischer Auffassung bei PC und Kfz), während dies bei anderen Aufwendungen (wie etwa bei Reisen oder Wirtschaftsgütern, bei denen prima facie von einer privaten Veranlassung auszugehen sei) nicht der Fall sein sollte.

Nach Ansicht der belangten Behörde obliege es allerdings dem Steuerpflichtigen nachzuweisen, dass die Reise betrieblich bzw. beruflich zumindest mitveranlasst sei. Gelinge dem Steuerpflichtigen kein entsprechender Nachweis oder sei die (behauptete) betriebliche oder berufliche Veranlassung weitgehend vernachlässigbar, komme ein - anteiliger - Abzug der Aufwendungen nicht in Betracht. Behauptungen eines Steuerpflichtigen in Bezug auf eine betriebliche bzw. private Mitveranlassung seien durch die Rechtsmittelbehörde einer kritischen Würdigung zu unterziehen, weil durchaus bekannt sei, dass an der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre für Steuerpflichtige ein Anreiz bestehe, Privataufwendungen als betrieblich bzw. beruflich veranlasst darzustellen.

Im gegenständlichen Fall habe der Mitbeteiligte mit der "Lhasa-Tour" einen privaten Reiseabschnitt unternommen. Die Besichtigungen in Tibet seien jedenfalls auch für einen Steuerpflichtigen, der einen anderen Beruf als der Mitbeteiligte ausübe, von touristischem Interesse. Auch der Umstand, dass dieser Teil der Reise gemeinsam mit der Ehefrau unternommen worden sei, spreche für den privaten Charakter, sei dies doch bei anderen Reiseabschnitten nicht der Fall gewesen. Somit liege insoweit keine betriebliche Veranlassung vor, sodass die auf diesen Reiseabschnitt entfallenden Kosten zur Gänze nicht abzugsfähig seien. Diese Kosten beträfen einerseits die unmittelbar damit im Zusammenhang stehenden Fahrtaufwendungen von 645 EUR sowie die Hotelübernachtung in Chengdu.

Der übrige Teil der Reise sei nach Ansicht der belangten Behörde betrieblich veranlasst. Der Mitbeteiligte habe durchgehend Tätigkeiten vorgenommen, die eindeutig mit seiner "üblichen" betrieblichen Tätigkeit als Ingenieurkonsulent in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Hiezu zählten auch die Vortragstätigkeit und der Besuch des Fachkongresses.

Wenngleich auch eine private (Mit-)Veranlassung der an beinahe allen Tagen stattgefundenen Einladungen zu Essen bzw. "Arbeitsessen" nicht von der Hand zu weisen sei, müsse darauf hingewiesen werden, dass diese Essen nicht vor 17 Uhr begonnen hätten und dem Mitbeteiligten somit während des Tages die Normalarbeitszeit uneingeschränkt zur Verfügung gestanden sei. Sie seien daher für die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung vernachlässigbar.

Die geltend gemachten pauschalen Tages- und Nächtigungsgebühren und die Aufwendungen für die Benützung von Bussen (18,50 EUR) sowie Taxis (19,70 EUR) in Peking seien somit als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Da ein relevanter Reiseabschnitt zu Betriebsausgaben führe, seien auch die Flugkosten nach China und die Rückflugkosten betrieblich mitveranlasst. Zum Aufteilungsschlüssel zwischen betrieblichen und privaten Reiseanteilen sei festzuhalten:

Die Reisedauer habe - vom Abflug in Österreich bis zur Rückkehr nach Österreich - insgesamt 27 Tage betragen. Hievon entfielen auf die Hinreise zwei Tage (30. und 31. Juli 2006), auf die Rückreise ein Tag (25. August 2006). Ziehe man diese Tage, weil sie neutrale, dh weder betrieblich noch privat "genutzte" Tage seien, von der gesamten Reise ab, so verblieben 24 Tage; diese seien für die Aufteilung maßgeblich.

Der privat veranlasste Reiseabschnitt umfasse den eigentlichen Aufenthalt in Tibet im Ausmaß von zwei Tagen (3. und 4. August 2006). Nach Ansicht der belangten Behörde seien noch jene Zeiträume hinzuzuzählen, in welche die innerchinesischen Reisebewegungen (Flüge) von Chengdu nach Lhasa und retour gefallen seien. Das seien weitere zwei Tage, sodass insgesamt vier privat veranlasste Tage vorlägen. "Da (der Mitbeteiligte) für diese vier Tage jedoch ohnehin keine pauschalen Mehraufwendungen für Verpflegung und Nächtigungen ebenso wenig wie für die innerchinesischen Reisebewegungen geltend gemacht, besteht insoweit kein Änderungsbedarf."

Somit verblieben 20 Tage von 24 Tagen, an denen sich der Mitbeteiligte ausschließlich betrieblich auf der Reise aufgehalten habe. Für diesen Zeitraum habe er pauschale Mehraufwendungen für Verpflegung und Nächtigungen als Betriebsausgaben geltend gemacht. Insoweit sei der Bescheid des Finanzamtes zu Gunsten des Mitbeteiligten abzuändern und der Berufung durch die Anerkennung folgender Betriebsausgaben teilweise stattzugeben:

     Tagesgebühren         877,50 EUR

     Nächtigungsgebühren         549,00 EUR

     Bus in China         18,50 EUR

     Taxi Peking         19,70 EUR

     Der angefochtene Bescheid sei weiters dahingehend abzuändern,

dass die Flugkosten (für den Flug von Österreich nach China und

für den Rückflug) hinsichtlich des betrieblich veranlassten

Reiseanteils anteilig - somit in einem Ausmaß von 20/24 (= 83,33%)

- als Betriebsausgabe anzuerkennen seien. Dies ergebe weitere

Betriebsausgaben von 1.148,05 EUR. Insgesamt führe die Reise somit

zu Betriebsausgaben von 2.612,75 EUR.

Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Das Finanzamt bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe in Zusammenhang mit der in Rede stehenden Reise zu Unrecht Betriebsausgaben anerkannt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien Kosten für eine Reise nur dann anzuerkennen, wenn die Reise ausschließlich betrieblich bzw. beruflich veranlasst sei. Die gegenständliche Reise habe auch private Zeitanteile aufgewiesen ("Lhasa-Tour"). Der Rechtsprechung zufolge komme daher das so genannte Aufteilungsverbot zur Anwendung.

Der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet. Die belangte Behörde hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und die Verwaltungsakten vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit Artikel 39, Ziffer 5, BudBG 2003, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 71 aus 2003,, wurde Paragraph 4, Absatz 5, EStG 1988 neu gefasst. Diese Neufassung der Reisekostenregelung ist gemäß Artikel 49, Absatz eins, B-VG mit 21. August 2003 in Kraft getreten und lautet:

"(5) Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich betrieblich veranlassten Reisen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Betriebsausgaben anzuerkennen, soweit sie die sich aus Paragraph 26, Ziffer 4, ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen."

Mit Artikel 39, Ziffer 12, BudBG 2003 wurde auch Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 9, erster Satz EStG 1988 (ebenfalls mit Wirksamkeit ab 21. August 2003) neu gefasst. Nach der Neufassung zählen zu den Werbungskosten:

"Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen."

2. Der BFH hat mit dem im angefochtenen Bescheid mehrfach angesprochenen und als Bescheidbegründung herangezogenen Beschluss des Großen Senates vom 21. September 2009, GrS 1/06, eine Auslegung des Paragraph 12, Nr. 1 Satz 1 und 2 dEStG (kein Abzug für "die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen"), insbesondere in Bezug auf Reisekosten, vorgenommen. In diesem Beschluss wird u.a. ausgeführt:

"95

2. Ob und inwieweit Aufwendungen für eine Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Reise oder verschiedene Teile einer Reise unternimmt. Die Gründe bilden das 'auslösende Moment', das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die Reisekosten zu tragen.

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a) Die Gründe des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Reise sind anhand der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu ermitteln; das ist grundsätzlich Aufgabe der Finanzgerichte als Tatsacheninstanz vergleiche Paragraph 118, Absatz 2, FGO). Lassen sich keine Gründe feststellen, die eine berufliche Veranlassung der Reise belegen, gehen entsprechende Zweifel zu Lasten des Steuerpflichtigen.

97

b) Seit der Entscheidung in PrOVGE 10, 86 (Königlich Preußisches Oberverwaltungsgericht, PrOVG, Entscheidung vom 26. September 1901 Rep. römisch XI.a.88/01) ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine unbedeutende private Mitveranlassung dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegensteht und dass umgekehrt eine unbedeutende berufliche Mitveranlassung von Aufwendungen für die Lebensführung keinen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug eröffnet.

98

c) Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind (z.B. einer beruflich veranlassten Reise wird ein Urlaub hinzugefügt), so erfordert es das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils ist notfalls zu schätzen vergleiche im Grundsatz bereits Entscheidung in PrOVGE 10, 86).

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d) Reisekosten, die sowohl den beruflichen als auch den privaten Reiseteil betreffen (z.B. Kosten der Hin- und Rückreise zu einem Auslandsaufenthalt, der berufliche und private Teile umfasst), sind zur Umsetzung des Nettoprinzips ebenfalls aufzuteilen. (…)"

"113

(…) Das BMF hat in seiner Stellungnahme dazu ergänzend ausgeführt, die Abgrenzung von beruflichen und privaten Berührungspunkten bei Reisen, insbesondere bei Auslandsreisen, sei häufig schwierig und hänge vom Geschick der Darstellung durch den Steuerpflichtigen ab.

114

Auch insoweit hält der Große Senat nach erneuter Überprüfung an seiner früheren Argumentation nicht mehr fest. Bestehen nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen des FA (oder im Gerichtsverfahren des FG) und der gebotenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen weiterhin gewichtige Zweifel, dass den als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen eine berufliche Veranlassung zugrunde liegt, so kommt für die strittigen Aufwendungen schon aus diesem Grund ein Abzug insgesamt nicht in Betracht."

"117

Allerdings vertritt das BMF in seiner Stellungnahme die Auffassung, der Abzug von Reiseaufwendungen setze voraus, dass sie nach objektiven und einfach nachprüfbaren Kriterien unmittelbar dem beruflichen/betrieblichen Bereich zugeordnet werden könnten. Das sei bei einer nicht unerheblichen privaten Mitveranlassung nicht der Fall. Die beruflichen/betrieblichen Zeitanteile des Aufenthalts seien wegen der eingeschränkten Verifikationsmöglichkeiten als Aufteilungsmaßstab unbrauchbar.

118

Dieser Argumentation vermag sich der Große Senat nicht anzuschließen. Schon nach der bisherigen -- vom allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbot geprägten -- Rechtsprechung musste die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Auslandsreise aus betrieblichen (beruflichen) oder privaten Gründen unternommen hat, anhand objektiver Merkmale beurteilt werden; die tatsächlichen Feststellungen dieser Merkmale und ihre Gewichtung (Würdigung) für die einzelne Reise waren auch bisher im Einzelfall Aufgabe der Finanzämter und der Finanzgerichte als der steuergerichtlichen Tatsacheninstanz (Beschluss des Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl. römisch II 1979, 213, unter C. römisch II.). (…)"

"121

4. Danach sind Aufwendungen für Reisen, die abgrenzbare berufliche und private Anteile enthalten, grundsätzlich aufzuteilen, sofern die berufliche oder private Veranlassung nicht von völlig untergeordneter Bedeutung ist."

"124

b) Der Große Senat geht nach wie vor von dem seit der Entscheidung in PrOVGE 10, 86 geltenden und seither die Rechtsprechung prägenden Grundsatz aus, dass eine unbedeutende private Mitveranlassung dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegensteht und dass umgekehrt eine unbedeutende berufliche Mitveranlassung von Aufwendungen für die Lebensführung keinen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug eröffnet.

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c) Greifen die --für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden- - beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht vergleiche Söhn, Festschrift für Klaus Offerhaus, Köln 1999, 477, 485; Scheich, Das Abzugsgebot und -verbot gemischter Aufwendungen, München 1996,

S. 39, 50).

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d) An der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre besteht ein Anreiz für die Steuerpflichtigen, Privataufwendungen als beruflich veranlasst darzustellen, um so den Abzug dieser Aufwendungen zu erreichen. Dem haben die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte bei der Sachverhaltsaufklärung und bei der Rechtsanwendung besonders Rechnung zu tragen. So dürfen sich die Finanzgerichte in der Regel nicht allein auf die Darstellung des Steuerpflichtigen stützen, wenn es an entsprechenden Nachweisen für dessen Sachvortrag fehlt. Vielmehr hat der Steuerpflichtige die berufliche Veranlassung der Aufwendungen im Einzelnen umfassend darzulegen und nachzuweisen (…)"

Das im genannten Beschluss GrS 1/06 mehrfach angesprochene Königlich Preußische Oberverwaltungsgericht hat in seiner Judikatur zu Paragraph 8, des Preußischen EStG 1891 in der Fassung der Novelle 1906) restriktiv den Aufwendungen von Freiberuflern für Studienreisen, ja selbst für Fortbildungskurse, die Abziehbarkeit als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten) versagt, weil diese Aufwendungen das Einkommen nur mittelbar berührten, ein Abzug aber den unmittelbaren Einfluss auf den Ertrag zur Voraussetzung hätte vergleiche Fuisting/Strutz, EStG8, Erster Band, 1915, 222, und Ruppe, Die Abgrenzung der Betriebsausgaben/Werbungskosten von den Privatausgaben, in Söhn (Hrsg.), Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, DStJG 1980, 103, 111).

3. Der Auffassung der belangten Behörde, dass die Rechtslage in Österreich im gegebenen Zusammenhang jener in Deutschland gänzlich entspreche, ist nicht zu folgen. Die belangte Behörde übersieht dabei insbesondere, dass der Vergleich von Rechtslagen nicht bei der Gegenüberstellung von zwei (im Übrigen nicht völlig übereinstimmenden, vergleiche Fröhlich, SWK 2010, 423, 430) Sätzen enden darf. Für die österreichische Rechtslage ist u.a. von wesentlicher Bedeutung, dass das EStG 1988 bei den Reisekostenregelungen des Paragraph 4, Absatz 5 und Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 9, auf "ausschließlich" betrieblich bzw. beruflich veranlasste Reisen abstellt. Gemäß Paragraph 20, Absatz eins, Ziffer 2, Litera c, EStG 1988 dürfen Reisekosten, soweit sie nach Paragraph 4, Absatz 5 und Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 9, leg.cit. nicht abzugsfähig sind, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Zu beachten ist aber etwa auch, dass Paragraph 12, Nr. 1 dEStG, wie der BFH in Rz 105 des Beschlusses GrS 1/06 betont, zentral auf Repräsentationsaufwendungen abstellt vergleiche in diesem Zusammenhang auch Leisner-Egensperger, DStZ 2010, 185, 191f); demgegenüber regelt das EStG 1988 Repräsentationsaufwendungen eigenständig in der Ziffer 3, des Paragraph 20, Absatz eins, vergleiche Doralt/Kofler, EStG11, Paragraph 20, Tz 28). Unterschiede in der Rechtslage hindern den Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht daran, auf sachlich überzeugende Überlegungen des BFH - mutatis mutandis - Bedacht zu nehmen. Zu berücksichtigen ist durchaus auch, dass das dEStG 1934, dRGBl. römisch eins 1934, 1005, ein Vorgängergesetz des österreichischen EStG 1988 ist (siehe ÖStZ 1985, 184).

4. Gemäß Paragraph 20, Absatz eins, Ziffer eins und Ziffer 2, Litera a, EStG 1988 sind Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für seine Lebensführung nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. (Demgegenüber erfasst der Wortlaut des Paragraph 12, Nr. 1 Satz 2 dEStG nur jene Lebensführungsaufwendungen, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, vergleiche BFH, GrS 1/06, Rz 102).

Die Regelungen des Paragraph 20, Absatz eins, Ziffer eins und Ziffer 2, Litera a, EStG 1988 erfassen zunächst insbesondere Ernährung, bürgerliche Kleidung, Wohnung (zur Sonderregelung für häusliche Arbeitszimmer siehe Paragraph 20, Absatz eins, Ziffer 2, Litera d, EStG) und Gegenstände des höchstpersönlichen Bedarfs (Brille, Prothese, etc.). Derartige Aufwendungen sind von vornherein vom Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten ausgeschlossen. Damit korrespondiert die tarifliche Steuerfreistellung eines pauschalen Existenzminimums durch Paragraph 33, Absatz eins, EStG 1988 vergleiche Ruppe, aaO, 122).

Wirtschaftsgüter des Haushaltes des Steuerpflichtigen sind grundsätzlich ebenfalls vom Abzugsverbot umfasst. Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn eine eindeutige, klar nachvollziehbare Trennung zwischen der privaten Veranlassung der Anschaffung einerseits und der betrieblichen bzw. beruflichen Veranlassung andererseits gegeben und die betriebliche bzw. berufliche Veranlassung nicht bloß völlig untergeordnet ist. Eine Aufteilung kann aber nicht vorgenommen werden, wenn mangels klarer Quantifizierbarkeit der einzelnen Anlässe objektiv kein Aufteilungsmaßstab besteht (Doralt/Kofler, EStG11, Paragraph 20, Tz 26) und damit ein entsprechendes Vorbringen des Steuerpflichtigen nicht über die Behauptungsebene hinausgehen kann und keiner Überprüfung zugänglich ist. Soweit bei vielen Arten von Wirtschaftsgütern eine derartige objektive und einwandfreie Trennbarkeit nicht möglich ist, kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Berücksichtigung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis für eine (zumindest beinahe) gänzliche betriebliche bzw. berufliche Veranlassung erbringt vergleiche die bei Doralt/Kofler, EStG11, Paragraph 20, Tz 21/2 und Tz 22 zitierte hg. Rechtsprechung). Unter Umständen kann ein solcher Nachweis auch bloß für die über die Grundausstattung eines Haushaltes hinausgehenden Wirtschaftsgüter einer bestimmten Art möglich sein vergleiche Lenneis, Abgrenzung der Betriebsausgaben/Werbungskosten von den nicht abzugsfähigen Aufwendungen gemäß Paragraph 20, EStG - Aufteilungsverbot, in GS-Quantschnigg, Wien 2010, 231, 237, sowie zB die zu Tageszeitungen ergangenen hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 2001, 96/14/0154, und vom 10. September 1998, 96/15/0198).

Wirtschaftsgüter des Haushaltes und der Lebensführung, wie insbesondere Fernseher, Radio, MP3-Player, Foto(digital)kamera, Filmkamera, übliches Tageszeitungsabonnement, führen somit - entgegen der im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Ansicht - idR nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten vergleiche etwa das hg. Erkenntnis vom 25. November 2009, 2007/15/0260).

Die behördliche Überprüfung eines (behaupteten) Nutzungsausmaßes ist bei den genannten Wirtschaftsgütern des Haushaltes des Steuerpflichtigen entweder unmöglich oder wäre nur unter nicht vertretbarem Eingriff in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen durchführbar. So wird es beispielsweise zwar zutreffen, dass ein Politikjournalist das im Wohnzimmer seiner Privatwohnung aufgestellte Fernsehgerät auch zum Verfolgen von Nachrichtensendungen und damit für berufliche Interessen nutzt. Damit ist aber insbesondere noch nichts über das Ausmaß der privaten Nutzung dieses Gerätes und damit darüber ausgesagt, ob eine berufliche Nutzung vorliegt, die ein bloß untergeordnetes Ausmaß übersteigt. Dazu kommt der nicht vollständig zu vernachlässigende Umstand, dass dem Steuerpflichtigen die Anschaffungskosten für das Fernsehgerät in seinen Wohnräumen in gleicher Weise angefallen wären, wenn dieses ausschließlich einer privaten Nutzung diente.

Für andere Arten von Wirtschaftsgütern, wie insbesondere PC und Telefon (Handy), gilt hingegen, dass bei bestimmten Berufsbildern (zB Journalisten) eine betriebliche bzw. berufliche Betätigung ohne Einsatz dieser Wirtschaftsgüter schlechterdings unvorstellbar ist. Auch wenn der Steuerpflichtige der betroffenen Berufsgruppen hinsichtlich dieser Wirtschaftsgüter bloß auf die Basisausstattung eines Haushaltes zugreifen kann, ist daher bei diesen Wirtschaftsgütern eine (nicht bloß untergeordnete) anteilige Nutzung zur Einkünfteerzielung typischerweise unzweifelhaft gegeben. Solcherart kann für die Ausmessung des Nutzungsanteiles auf eine Schätzung zurückgegriffen werden. Für Pkw gilt dies - bei den in Betracht kommenden Berufsbildern - entsprechend.

Für Kosten einer betriebliche bzw. berufliche und private Elemente umfassenden Reise ergibt sich Folgendes:

5. Für Zeiträume vor Inkrafttreten der Neufassung des Paragraph 4, Absatz 5 und Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 9, EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof nicht nur den Kosten für Reisen, die durch ein private Erholungs- und Bildungsinteressen mit betrieblichen bzw. beruflichen Interessen untrennbar vermengendes Mischprogramm geprägt sind, den Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten versagt, sondern auch den Kosten für Reisen, die zusätzlich zu einem ausschließlich betrieblich bzw. beruflich veranlassten Reiseabschnitt einen rein privaten Interessen gewidmeten Reiseabschnitt umfassen vergleiche die bei Doralt/Kofler, EStG11, Paragraph 20, Tz 27, angeführte Rsp). Im erstgenannten Fall einer untrennbaren Gemengelage von privaten und mit der Einkünfteerzielung zusammenhängenden Umständen führen die Reiseaufwendungen - aus den oben unter 4. dargestellten Erwägungen - weiterhin nicht zu Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten. Für den Fall, dass sich hingegen betrieblich bzw. beruflich veranlasste Reiseabschnitte klar und einwandfrei von privat veranlassten Reiseabschnitten trennen lassen, vertritt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr die Auffassung, dass dem Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung und Unterkunft iSd Paragraph 4, Absatz 5 und Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 9, EStG 1988 hinsichtlich der betrieblich bzw. beruflich veranlassten Reiseabschnitte das Vorliegen privat veranlasster (getrennter) Reiseabschnitte nicht entgegen steht.

Umfasst die Reise nach Abzug der Tage, in welche die Hinfahrt zum Zielort und die Rückfahrt fällt, mehr als einen Tag (Aufenthaltstag), können, weil Paragraph 4, Absatz 5 und Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 9, EStG 1988 auf die "ausschließliche" Veranlassung abstellen, im Allgemeinen pro Aufenthaltstag die pauschalen Mehraufwendungen für Verpflegung und pauschalen Nächtigungsaufwendungen (Tages- und Nächtigungssätze) nur dann als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten anerkannt werden, wenn für den einzelnen Aufenthaltstag eine (zumindest beinahe) ausschließliche betriebliche oder berufliche Veranlassung vorliegt.

Der Absetzbarkeit von Tages- und Nächtigungssätzen, also von pauschalen Mehraufwendungen für Verpflegung und pauschalen Nächtigungsaufwendungen, für die Tage der Hin- und Rückfahrt im Rahmen einer gemischt veranlassten Reise steht im Allgemeinen das Ausschließlichkeitsgebot des Paragraph 4, Absatz 5 und Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 9, EStG 1988 entgegen.

Für die Anerkennung der betrieblichen bzw. beruflichen Veranlassung von Studienreisen hat die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Abgrenzungsmerkmale entwickelt vergleiche etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2008, 2008/15/0032). Diese Grundsätze stehen einer gesonderten Beurteilung der einzelnen Abschnitte einer Reise und einer Aufteilung nach den betrieblichen/beruflichen und privaten Zeitanteilen (Tagen) nicht entgegen.

Wird eine Reise nunmehr als in einen durch die Einkünfteerzielung veranlassten Reiseabschnitt und in einen privaten Reiseabschnitt aufteilbar angesehen, so folgt daraus, dass sich auch die Kosten der Hin- und Rückfahrt zum und vom Reiseziel als einwandfrei nachvollziehbar aufteilbar erweisen. Das Aufteilungsverhältnis ergibt sich dabei in der Regel aus dem Verhältnis der ausschließlich betrieblich bzw. beruflich veranlassten Aufenthaltstage zu den übrigen Aufenthaltstagen. Die Auffassung der belangten Behörde, bei Ausmessung des Aufteilungsschlüssels für die Aufteilung der Hin- und Rückfahrtkosten die Tage der Hin- und Rückfahrt als neutrale Zeiträume zu behandeln, also nicht in das Aufteilungsverhältnis einfließen zu lassen, erachtet der Verwaltungsgerichtshof aus der Sicht des gegenständlichen Falles, bei dem diese Tage durch die Fahrt als solche geprägt sind, für nicht rechtswidrig vergleiche auch das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, 90/14/0211, zu den An- und Abreisetagen einer Moskaureise, und das Urteil des BFH vom 21. April 2010, römisch VI R 5/07, am Ende). In gleicher Weise wie die Hin- und Rückfahrtkosten können nachgewiesene tatsächliche Kosten von im Zuge der Hin- und Rückfahrt angefallenen Nächtigungen, aber auch Kosten für ein Einreisevisum, etc. aufgeteilt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof behält seine ständige Rechtsprechung bei, wonach eine Aufteilung unterbleibt, wenn entweder der private Aspekt von bloß untergeordneter Bedeutung ist - dann uneingeschränkte Absetzbarkeit - oder der betriebliche bzw. berufliche Aspekt - dann keine Absetzbarkeit der Fahrtkosten vergleiche etwa zur "nahezu" ausschließlichen Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, 2005/15/0062). Die untergeordnete Bedeutung kann sich dabei keineswegs bloß aus dem zeitlichen Ausmaß von Reiseabschnitten, sondern ebenso aus einem unzweifelhaft im Vordergrund stehenden "auslösenden Moment" für die Entscheidung zum Antritt der Reise ergeben: Kann insbesondere ein fremdbestimmtes betriebliches bzw. berufliches Ereignis unzweifelhaft als das auslösende Ereignis einer Reise gewertet werden, so steht es dem uneingeschränkten Abzug der Fahrtkosten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nicht entgegen, wenn anlässlich einer solchen Reise auch private Unternehmungen stattfinden (siehe zu "Differenz-Fahrtkosten" als Werbungskosten bei einer vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer angeordneten, also fremdbestimmten Dienstreise das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2010/15/0043). Andererseits vermag ein im Zuge einer als Urlaubsreise angelegten Reise nebenbei wahrgenommener betrieblicher bzw. beruflicher Termin als bloß untergeordneter Umstand keine (auch nicht eine anteilige) Berücksichtigung der Fahrtkosten zu rechtfertigen.

6. Danach stellen, wenn die Reise voneinander abgrenzbare, einerseits durch die Einkünfteerzielung und andererseits privat veranlasste Zeitanteile enthält, die durch die Einkünfteerzielung veranlassten Teile Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten dar. Im Falle einer qualitativ oder zeitmäßig völlig untergeordneten Mitveranlassung durch die Lebensführung bzw. die Erwerbstätigkeit richtet sich das steuerliche Schicksal der Fahrtkosten nach der unzweifelhaft und eindeutig im Vordergrund stehenden Veranlassung.

Wenn hingegen (nicht bloß völlig untergeordnete) betriebliche bzw. berufliche und private Veranlassungsbeiträge eine solche Gemengelage, ein solches Ineinandergreifen bewirken, dass eine Trennung nicht möglich ist, kommt der Abzug der Aufwendungen - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt - insgesamt nicht in Betracht. Es ist Aufgabe der beiden Instanzen des Verwaltungsverfahrens (im Berufungsverfahren der belangten Behörde), Sachverhaltsfeststellungen über die Umstände des Einzelfalles zu treffen. Lässt sich eine Veranlassung durch die Erwerbssphäre nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen und der gebotenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht feststellen, ist die Abziehbarkeit der Aufwendungen nicht gegeben vergleiche Pezzer, DStR 2010, 93, 96). Der Beschluss des Großen Senates des BFH, GrS 1/06, führt in Rz 126 in diesem Sinne aus, dass sich die Rechtsmittelinstanz idR nicht allein auf die Darstellung des Steuerpflichtigen stützen darf, wenn es an entsprechenden Nachweisen für dessen Sachvortrag fehlt. Der Steuerpflichtige hat entsprechende Nachweise zu erbringen, die Rechtsmittelinstanz hat dazu Feststellungen zu treffen.

7. Dem Grunde nach hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall sohin zu Recht Aufwendungen für den beruflich veranlassten Teil der Reise als Betriebsausgaben anerkannt.

Die konkrete Ausmessung der Mehraufwendungen für Verpflegung iSd Paragraph 4, Absatz 5, EStG 1988 ist allerdings nicht frei von Verfahrensfehlern erfolgt:

Auf Seite 3 der Berufungsentscheidung stellt die belangte Behörde dar, der Mitbeteiligte habe für die in Rede stehende Reise Tagesgelder in Höhe von insgesamt 877,50 EUR geltend gemacht. Sie stellt weiters dar, dass sich dieser Betrag wie folgt errechne:

"Tagesgebühren a EUR 35,10 EUR x 25 Tage = 877,50"

Diese Darstellung stimmt mit dem Verwaltungsakt (Tz 7 des BP-Berichts) überein.

Die belangte Behörde führt im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides aus, der Mitbeteiligte habe für die Tage der Anreise von Österreich nach China und der Heimreise nach Österreich keine Tagesgelder geltend gemacht. Hinsichtlich dieser Tage vertritt die belangte Behörde zutreffend die Rechtsauffassung, dass keine Tagesgelder zu berücksichtigen sind, stellt doch Paragraph 4, Absatz 5, EStG 1988 auf "ausschließlich" betrieblich veranlasste Reisen ab.

Nach Abzug der Tage der Anreise und Heimreise verbleiben bei der gegenständlichen Reise 24 Aufenthaltstage. Davon entfallen, wie die belangte Behörde feststellt, vier Tage auf den privat veranlassten Besuch von Tibet. In Bezug auf diesen auf Tibet entfallenden Reiseabschnitt stellt nun die belangte Behörde auf Seite 10 des angefochtenen Bescheides (in Widerspruch zu Seite 3) fest, es seien keine Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemacht worden, um dann auf Seite 17 auszuführen, dass der Mitbeteiligte für die (20) betrieblich veranlassten Reisetage Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemacht habe. Letztlich bringt die belangte Behörde an Tagesgebühren aber den Betrag von 877,50 EUR in Abzug, welcher dem Gesamtbetrag der vom Mitbeteiligten geltend gemachten Tagesgebühren entspricht, den dieser aber aus den Tagessätzen (von je 35,10 EUR nach Paragraph eins, der Verordnung Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 434 aus 2001,) für 25 Tage errechnet hat. Der Abzug von Tagessätzen für mehr als 20 Tage ist sohin im angefochtenen Bescheid nicht tauglich begründet.

Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde - unter Mitwirkung des Mitbeteiligten - auch Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die von ihr nicht anerkannten Kosten der Hotelübernachtung in Chengdu anlässlich des Besuches von Tibet oder im Zusammenhang mit dem Fachkongress angefallen sind.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet ist. Er war daher gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer 3, Litera a, VwGG aufzuheben.

Wien, am 27. Jänner 2011