Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

23.01.2003

Geschäftszahl

2001/16/0291

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. Christian Pötzl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Fabrikstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 22. Februar 2001, Zl. RV 1085/1-10/2000, betreffend Haftung für Umsatzsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag, Straßenbenützungsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Straßenbenützungsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid vom 29. November 1999 nahm das Finanzamt Linz den Beschwerdeführer gemäß Paragraph 9, in Verbindung mit Paragraphen 80 und 224 BAO für diverse aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin im Ausmaß von S 2,431.582,-- (Umsatzsteuer für März 1999 S 2,299.098,--, Dienstgeberbeitrag 1998 S 112.980,--, Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag 1998 S 12.048,--, Straßenbenützungsabgabe Jänner bis Dezember 1998 S 219,-- und Kraftfahrzeugsteuer Jänner bis Dezember 1998 S 7.267,--) in Anspruch und forderte ihn auf, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides zu entrichten. Dies mit der Begründung, es liege die objektive Uneinbringlichkeit der Abgaben vor, weil über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 2. Juni 1999 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehöre insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Auf Grund der Aktenlage sei davon auszugehen, dass zwar Gesellschaftsmittel vorhanden gewesen seien, diese aber nicht zur anteiligen Entrichtung der Abgabenschulden verwendet worden seien. Eine schuldhafte Pflichtverletzung sei anzunehmen, weil bei der Tilgung der Schulden der Gesellschaft die Abgabenschulden offensichtlich schlechter als die übrigen Verbindlichkeiten behandelt worden seien und damit der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden sei. Im Übrigen habe der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer betreffend Haftung für Straßenbenützungsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer vor, die Primärschuldnerin habe Anfang bis Mitte Mai 1999 allmählich alle mit dem Geschäftsbetrieb verbundenen Zahlungen eingestellt. Insbesondere hätten keinerlei rückständige Abgabenverbindlichkeiten aus dem Jahre 1998 bestanden. Die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenverbindlichkeiten aus dem Jahre 1998 seien erst nach Konkurseröffnung von der Behörde im Rahmen von Betriebsprüfungen als zusätzliche Abgabenverbindlichkeiten festgestellt worden und dem Beschwerdeführer vor Einleitung dieser Betriebsprüfung nicht bekannt bzw. erkennbar gewesen. Eine Haftung sei daher nicht gegeben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 3. Februar 2000 wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der Haftungsbetrag auf insgesamt S 1,945.265,60 eingeschränkt.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde römisch II. Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung dahin statt, dass die Haftungssumme auf S 1,741.059,30 (davon entfällt auf Straßenbenützungsabgabe Jänner bis Dezember 1998 S 164,25 und Kraftfahrzeugsteuer Jänner bis Dezember 1998 S 5.450,25). In der Begründung heißt es zu dieser Haftungsinanspruchnahme, die Abgabenforderung gegen die Primärschuldnerin sei ebenso unbestritten wie die Stellung des Beschwerdeführers als verantwortlicher Geschäftsführer. Das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin sei nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches bereits aufgehoben. Die Uneinbringlichkeit der von der Zwangsausgleichsquote nicht abgedeckten haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin stehe fest. Zur schuldhaften Pflichtverletzung sei darauf zu verweisen, dass im Abschluss eines Globalzessionsvertrages, durch den die Bank als Gläubiger begünstigt und andere Gläubiger, insbesondere der Bund benachteiligt worden seien, eine dem Geschäftsführer vorzuwerfende Pflichtverletzung zu erblicken sei. Dem Einwand, die Abgaben dieses Beschwerdeverfahrens seien erst nach Konkurseröffnung im Rahmen von Betriebsprüfungen festgesetzt worden, sei entgegenzuhalten, dass der Zeitpunkt, für den zu beurteilen sei, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, sich danach bestimme, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben sei entscheidend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend sei daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht zur Haftung für die Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin herangezogen zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall hat der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Straßenbenützungsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer jeweils für das Jahr 1998 zu entscheiden. Die Entscheidung über die Beschwerde (prot. zur Zl. 2000/14/0087) gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Umsatzsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag bleibt dem nach der hg. Geschäftsverteilung dafür zuständigen Senat 14 vorbehalten.

Der Beschwerdeführer wurde zur Haftung für die Straßenbenützungsabgabe Jänner bis Dezember 1998 und Kraftfahrzeugsteuer für Jänner bis Dezember 1998 herangezogen. Der Fälligkeitstag der Straßenbenützungsabgabe für den genannten Zeitraum war nach den Feststellungen der belangten Behörde am 16. Februar 1998 (Paragraph 5, Absatz eins und Absatz 6, Straßenbenützungsabgabegesetz) und der Fälligkeitstag der Kraftfahrzeugsteuer Jänner bis Dezember 1998 am 15. Februar 1999 (Paragraph 6, Absatz 3 und 4 Kraftfahrzeugsteuergesetz).

Der Beschwerdeführer vertrat im verwaltungsbehördlichen Verfahren hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung betreffend Straßenbenützungsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer die Ansicht, die im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten zusätzlichen Abgabenschuldigkeiten seien ihm vor Einleitung der Betriebsprüfung nicht bekannt und erkennbar gewesen, sodass er nicht dafür hafte. In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Haftung für diese Abgaben vor, die unrichtige Berechnung von Selbstberechnungsabgaben ergebe nicht automatisch eine Haftung des Vertreters nach Paragraph 9, BAO. Hiezu bedürfe es eines Verschuldens. Welches Verschulden den Beschwerdeführer hier treffe, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer allerdings, dass es seine Sache gewesen wäre, bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren die Gründe darzutun, aus welchen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden kann, dass die Pflichtverletzung schuldhaft gewesen ist. Zudem spricht bei schuldhafter Pflichtverletzung die Vermutung für eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall vergleiche das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001, Zl. 2001/14/0006).

Zu den die Vertreter nach Paragraph 80, treffenden Pflichten zählen im Abgabenverfahren insbesondere die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht sowie die Zahlungspflicht vergleiche Stoll, BAO-Kommentar, 790).

Einem Geschäftsführer einer GmbH obliegt es als Vertreter nach Paragraph 80, BAO, die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Feststellung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichteten Abgaben bekannt zu geben. Wurden im Zuge einer Betriebsprüfung nachträglich zusätzliche Abgabenverbindlichkeiten festgestellt, dann kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass der für die GmbH handelnde Vertreter zuvor seinen abgabenrechtlichen Pflichten gesetzmäßig nachgekommen ist.

Gründe, die den Beschwerdeführer daran gehindert hätten, seine abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, nämlich die Straßenbenützungsabgabe und die Kraftfahrzeugsteuer im vollen Umfang offen zu legen und gesetzmäßig zu entrichten, wurden von ihm nicht dargetan. Demnach konnte die belangte Behörde mit Recht von einer schuldhaften abgabenrechtlichen Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ausgehen, die letztlich auch kausal für den Abgabenausfall war.

Daher lagen aus diesen Gründen die Voraussetzungen für die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung für die Straßenbenützungsabgabe und die Kraftfahrzeugsteuer für das Jahr 1998 vor.

Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben besteht. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden, so erstreckt sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwilligen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter vergleiche das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 95/14/0090).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären; maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 10 zu Paragraph 9,).

Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, dass für die Abgaben zu den genannten Fälligkeitszeitpunkten am 16. Februar 1998 und 15. Februar 1999 keine ausreichenden Mittel zur Verfügung gestanden wären. In der Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 29. November 1999 brachte der Beschwerdeführer vielmehr vor, dass (erst) Anfang bis Mitte Mai 1999 allmählich alle mit dem Geschäftsbetrieb verbundenen Zahlungen eingestellt worden seien und rückständige Abgabenverbindlichkeiten aus dem Jahre 1998 nicht bestanden hätten. In der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Bank von den einlangenden Kundenforderungen keine Mittel zur Entrichtung der Umsatzsteuer für März 1999 freigegeben hätte.

Dem Abschluss des Globalzessionsvertrages kommt, soweit der Beschwerdeführer zur Haftung betreffend Straßenbenützungsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer für das Jahr 1998 herangezogen wurde, im Beschwerdefall keine Relevanz zu, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass in den Fälligkeitszeitpunkten der genannten Abgaben in der Höhe von S 164,25 und 5.450,25 keine Mittel zur Entrichtung zur Verfügung standen, die dem Beschwerdeführer bekannten Abgaben in diesen Fälligkeitszeitpunkten und auch noch danach entrichtet wurden, die Zahlungsunfähigkeit erst nach Fälligkeit dieser Abgaben eintrat und die Abgabenschulden nach Abschluss der Betriebsprüfung erst bekannt wurden, als der Konkurs über das Vermögen der Primärschuldnerin eröffnet war und dem Globalzessionsvertrag daher keine Bedeutung mehr zukam.

Aus den oben dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG in dem im Spruch genannten Umfang als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Verfahren mit der Zl. 2001/14/0087 vorbehalten.

Wien, am 23. Jänner 2003