Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

15.09.1999

Geschäftszahl

99/13/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des KW in W, vertreten durch Dr. Otto Ackerl, Rechtsanwalt in Wien römisch XXI, Brünner Straße 37/5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Mai 1999, Zl. RV/443-15/16/99, betreffend Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde und dem ihr in Kopie angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Rechtsfrage strittig, ob der vom Beschwerdeführer für die Monate Juni bis Dezember 1996 im Rahmen eines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung für 1996 als außergewöhnliche Belastung gemäß Paragraph 34, Absatz 6, EStG 1988 geltend gemachte Betrag für die elterliche Pflege des behinderten Sohnes, für welchen erhöhte Familienbeihilfe bezogen wurde, anzuerkennen ist. Dem geltend gemachten Betrag lag folgende Berechnung zugrunde:

Nach dem amtsärztlichen Gutachten zum Pflegegeldbescheid bestehe ein Pflegebedarf von 195 Stunden. Dieser Stundensatz sei um ein Drittel hinsichtlich der Pflege in der Tagesstätte auf 130 Stunden reduziert worden. Ausgehend von einem Stundensatz von S 105,-- errechne sich hieraus ein monatlicher Betrag von S 13.650,--. Abzüglich der gewährten Pflegegeldleistung errechne sich somit ein Betrag von S 3.666,-- an elterlicher Pflegeleistung.

Die belangte Behörde vertrat hiezu in dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid die Ansicht, eine Ausgabe (Aufwendung) im Sinne des Paragraph 34, EStG 1988 liege nur dann vor, wenn der geltend gemachte Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ausscheide. Im Hinblick darauf, dass es sich bei dem gegenständlich geltend gemachten Betrag nur um einen errechneten, nicht aber tatsächlich geleisteten Betrag handle, könne eine Anerkennung als außergewöhnliche Belastung nicht erfolgen.

In der Beschwerde wird hingegen (gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 12. September 1989, 88/14/0163) die Ansicht vertreten, dass Paragraph 34, EStG 1988 nicht an den Begriff der Ausgabe, sondern an den der Aufwendung anknüpfe. Darunter sei schlechthin der Abfluss von Gütern beim Steuerpflichtigen zu verstehen. Zu einem solchen Abfluss komme es auch dann, wenn der Steuerpflichtige eine Forderung verliere. Auch wenn der Aufwand im Beschwerdefall zu keinem Geldfluss geführt habe, sei sehr wohl ein solcher Abfluss von Gütern zu sehen, weil der Beschwerdeführer Zeit und Mühe in die Pflege seines behinderten Sohnes investiert habe, die er sonst anderweitig hätte verwenden und verwerten können. Insofern sei es sehr wohl zu einer Vermögenseinbuße gekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der Ermittlung des Einkommens (Paragraph 2, Absatz 2,) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind gemäß Paragraph 34, Absatz eins, EStG 1988 nach Abzug der Sonderausgaben (Paragraph 18,) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzung erfüllen:

  1. eins
    Sie muss außergewöhnlich sein (Absatz 2,).
  2. 2
    Sie muss zwangsläufig erwachsen (Absatz 3,).
  3. 3
    Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Absatz 4,).
Gemäß Paragraph 34, Absatz 6, EStG 1988 in der ab 1. Juni 1996 geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 201 aus 1996,, können u.a. folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden:
Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß Paragraph 8, Absatz 4, des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) übersteigen. Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach Paragraph 35, Absatz 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass ein höheres als der Pauschalabgeltung von S 3.600,-- im Sinn der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, Bundesgesetzblatt Nr. 303 aus 1996,, entsprechendes Pflegegeld zuerkannt worden war. Als außergewöhnliche Belastung kamen daher nur allfällige Mehraufwendungen in nachgewiesener, tatsächlicher Höhe in Betracht.
Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Betrag mangels Ausscheidens dieses Betrages aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht um keine Mehraufwendung im Sinn des Paragraph 34, EStG 1988 handelt. Soweit mit dem Beschwerdevorbringen zum Ausdruck gebracht werden soll, die behauptete Vermögenseinbuße sei dadurch zustande gekommen, dass der Beschwerdeführer die für seinen Sohn aufgewendete Zeit und Mühe "anderweitig", nämlich zur Einnahmenerzielung hätte verwenden können, ist abgesehen davon, dass eine solche anderweitige Verwendung der entsprechenden Zeit und Mühe und somit die behauptete Vermögenseinbuße keineswegs zwingend ist (der Beschwerdeführer hätte die "ersparte Zeit und Mühe" auch für andere als der Einnahmenerzielung dienende Aktivitäten verwenden können), darauf hinzuweisen, dass entgangene Einnahmen keinesfalls als Aufwendungen betrachtet werden können, die einer Beurteilung als außergewöhnliche Belastung zugänglich sind vergleiche das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1991, 89/13/0211). Inwiefern der Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage durch den behaupteten Abfluss von Gütern eine nach Paragraph 34, EStG 1988 berücksichtigbare Einbuße erlitten hätte - der Beschwerdeführer behauptet nicht, eine Forderung verloren zu haben - ist nicht zu erkennen. Eine unmittelbare Berücksichtigung von "abgeflossener" Zeit und Mühe als außergewöhnliche Belastung bei Ermittlung des Einkommens kommt, wie der Beschwerdeführer durch den von ihm angestellten Versuch, diese Güter in einen Geldwert umzurechnen, selbst zugesteht, naturgemäß nicht in Betracht. Die Berücksichtigung eines derart umgerechneten Betrages als außergewöhnliche Belastung findet im Gesetz jedoch keine Deckung, zumal aufgewendete Zeit und Mühe die bei der Einkommensteuerbemessung im Rahmen des Paragraph 34, EStG 1988 zu berücksichtigende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß Paragraph 35, Absatz eins, VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. September 1999