Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

23.09.1982

Geschäftszahl

G11/82

Sammlungsnummer

9487

Leitsatz

Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der §§62 Abs1 und 2 und 64 Abs3 dritter Satz Tierärztegesetz, BGBl. 16/1975; keine Legitimation, weil keine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Antragstellers

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

römisch eins. 1. Der Antragsteller ist nach seinem Vorbringen einerseits freiberuflich tätiger Tierarzt und als solcher Mitglied einer Tierärztekammer und andererseits Angestellter eines Unternehmens, welches pharmazeutische Präparate erzeugt. Er bringt vor, als Angestellter der gesetzlichen Sozialversicherung nach dem ASVG zu unterliegen. Gleichzeitig sei er aber auch als Mitglied einer Tierärztekammer gemäß §62 Abs1 des Tierärztegesetzes, Bundesgesetzblatt 16 aus 1975,, dem Versorgungsfonds zugehörig.

2. Der auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützte Antrag begehrt die Aufhebung der §§62 Abs1 und 2 und 64 Abs2 dritter Satz des Tierärztegesetzes, Bundesgesetzblatt 16 aus 1975,, wegen Verfassungswidrigkeit. Durch die angefochtenen Bestimmungen in §62 des Tierärztegesetzes würden freiberuflich tätige Tierärzte, die gleichzeitig in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehen, durch eine zweifach zu erbringende Versorgungsleistung gegenüber denjenigen Kammermitgliedern finanziell schwer benachteiligt, die gleichzeitig in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen. Von der Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds seien nämlich jene Kammermitglieder ausgenommen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen. In §64 Abs2 dritter Satz des Tierärztegesetzes werde schließlich in unsachlicher Weise hinsichtlich der Beitragsleistung an den Versorgungsfonds nach der Altersgliederung der Fondsmitglieder differenziert.

römisch II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

2. Der Antragsteller ist nach seinem Vorbringen als freiberuflich tätiger Tierarzt Mitglied einer Tierärztekammer.

Nach §61 Abs1 des Tierärztegesetzes, Bundesgesetzblatt 16 aus 1975,, besteht bei der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs zur Unterstützung alter oder zur Berufsausübung vorübergehend oder dauernd unfähig gewordener Kammermitglieder sowie deren Witwen und Waisen ein Versorgungsfonds. Die Zugehörigkeit zu diesem Fonds erstreckt sich gemäß §62 Abs1 leg. cit. auf alle ordentlichen Mitglieder der Kammer. Von der Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds sind jedoch nach Abs2 Kammermitglieder ausgenommen, die

1. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen;

2. aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Ruhe-(Versorgungs-)Genuß beziehen; oder

3. aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung eine Pension beziehen.

Zur Vollziehung der gesetzlichen Vorschriften über die Fondszugehörigkeit und die Beitragsleistung im Einzelfall sind die Organe des Fonds der Kammer zuständig: Gemäß §63 leg. cit. wird der Fonds (als zweckgebundenes Vermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit) von einem von der Bundeskammer bestellten Kuratorium verwaltet. Dieses Kuratorium entscheidet ua. über die Fondszugehörigkeit (§63 Abs5 leg. cit.) und - über Antrag über die Beitragsleistungspflicht (§66 Abs1 in Verbindung mit §63 Abs1 leg. cit.); gegen Entscheidungen des Kuratoriums ist eine Berufungsmöglichkeit an den Vorstand der Bundeskammer vorgesehen (§63 Abs6 leg. cit.).

3. Aus diesen Regelungen ergibt sich, daß das Gesetz die Rechtsstellung des Antragstellers nicht unmittelbar beeinträchtigt, weil nach dem Gesetz über die Fondszugehörigkeit sowie über die Festsetzung der Höhe der Leistungspflicht bescheidmäßig zu entscheiden ist. In einer Beschwerde gegen den die Rechtssphäre des Antragstellers gestaltenden (letztinstanzlichen) Bescheid könnte sodann die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den VfGH herangetragen werden.

4. Der Gesetzesprüfungsantrag war daher schon aus dem genannten Grund wegen Fehlens der Antragsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden brauchte, ob nicht auch andere Gründe zur Zurückweisung des Antrages vorliegen.