Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

15.07.1999

Geschäftszahl

6Ob2/99h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Michael Bauer, Rechtsanwalt, 8940 Liezen, Pyhrnstraße 1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der B***** Gesellschaft mbH, *****, gegen die beklagten Parteien 1. Viktor P*****, und 2. Ingeborg P*****, beide vertreten durch Dr. Joachim Wilhelm Leupold und Mag. Eleonore Neulinger, Rechtsanwälte in Irdning, wegen 383.185 S über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 8. September 1998, GZ 2 R 122/98y-23, womit das Zwischenurteil des Landesgerichtes Leoben vom 17. April 1998, GZ 5 Cg 43/97f-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat den beklagten Parteien die mit 19.305 S (darin 3.217,50 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagten Hälfteigentümer einer Liegenschaft mit einem Reitstall wurden mit dem Gatten (im folgenden nur Mittelsmann) der Gesellschafterin einer näher bezeichneten Gesellschaft mbH - über deren Vermögen am 18. November 1996 der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt wurde - bekannt, der ihnen sagte, "er" bzw "sein" Unternehmen verkaufe in ganz Europa Fertighäuser. Die Beklagten, denen die organschaftlichen Verhältnisse der späteren Gemeinschuldnerin damals unbekannt waren, nahmen (irrig) an, er sei der "Chef" des Unternehmens. Die Geschäftsführerin war ihnen lediglich als gute Freundin des Mittelmannes und seiner Ehegattin vorgestellt worden. Der Mittelsmann machte den Beklagten mündlich den Vorschlag, auf ihrer Liegenschaft ohne finanzielle Belastung - Gegenleistung sollte nur die Einräumung eines jederzeitigen Benützungsrechtes für den Mittelsmann und seine Familie sein - für sie ein 10 x 6 m großes Gebäude "zu Feierzwecken" (der Reitstallkunden) zu errichten. Die Beklagten waren damit einverstanden und errichteten auf ihrer Liegenschaft das Fundament für das Gebäude. Der Mittelsmann veranlaßte, offensichtlich mit Duldung der Geschäftsführerin der späteren Gemeinschuldnerin, die Anlieferung und Aufführung des produzierten Gebäudes auf dem von den Beklagten errichteten Fundament, zum Teil mit Leuten der tschechischen (richtig slowakischen) Lieferantin. Die Auswahl der Baumaterialien nahm allein der Mittelsmann vor. Soweit die zu entlohnenden Arbeiten beim Gebäude und die verwendeten Materialien bezahlt wurden, erfolgte dies im wesentlichen durch die spätere Gemeinschuldnerin. Der Kläger fand in den Buchhaltungsunterlagen der Gemeinschuldnerin eine ganze Reihe von Rechnungen auf, die auf das Bauvorhaben hinwiesen. Die Beklagten sprachen mit dem Mittelsmann nicht davon, daß die spätere Gemeinschuldnerin das Gebäude errichtet oder die Kosten trägt. Erst nach Aufführung des Gebäudes erfuhren die Beklagten, daß der Mittelsmann weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldnerin war.

Das Strafverfahren gegen den Mittelsmann, die Gesellschafterin sowie gegen die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin wegen Paragraphen 156,, 147 StGB wurde gemäß Paragraph 412, StPO abgebrochen.

Der Kläger begehrte von den Beklagten, gestützt auf Paragraph 1041, ABGB und Paragraph 417, ABGB 383.185 S sA. Zwischen der späteren Gemeinschuldnerin und dem Mittelsmann habe ebensowenig ein Vertragsverhältnis bestanden wie zwischen diesem und den Beklagten.

Die Beklagten bestritten dies.

Das Erstgericht erachtete mit Zwischenurteil das Klagebegehren dem Grunde nach als zu Recht bestehend, weil weder zwischen den Beklagten und der späteren Gemeinschuldnerin noch zwischen dieser und dem Mittelsmann ein Vertragsverhältnis bestanden habe und die Beklagten durch die Bauführung des Mittelsmannes bereichert seien. Im übrigen würde nur eine vertragliche Beziehung der Gemeinschuldnerin mit den Beklagten oder dem Mittelsmann, nicht aber eine solche zwischen dem Mittelsmann und den Beklagten (als Bereicherten) einen Verwendungsanspruch ausschließen. Der Mittelsmann habe zwar offensichtlich mit Duldung der Geschäftsführerin die Bezahlung der von ihm für das Gebäude bestellten Ware durch die (spätere) Gemeinschuldnerin veranlaßt und durchführen lassen; es könne aber nicht gesagt werden, daß diese Vorgangsweise durch eine vertragliche Regelung zwischen ihm und der Gemeinschuldnerin gedeckt gewesen sei. Allfällige Schadenersatzansprüche der Gemeinschuldnerin hinderten einen Verwendungsanspruch gegen die Beklagten nicht. Auf den Rechtsgrund des Paragraph 417, ABGB müsse nicht mehr eingegangen werden.

Das Berufungsgericht wies mit Endurteil das Klagebegehren ab und ließ sich dabei im wesentlichen von folgenden rechtlichen Überlegungen leiten: Der Verwendungsanspruch entfalle, wenn die Vermögensverschiebung gerechtfertigt sei; dies sei vornehmlich dann der Fall, wenn sie durch einen Vertrag zwischen dem Verkürzten und Bereicherten gedeckt sei oder aufgrund eines vertragsähnlichen Verhältnisses ein Anspruch gegen den Bereicherten oder einen Dritten erhoben werden könne. Bei dreipersönlichen Verhältnissen könne der zureichende Rechtsgrund im Verhältnis zwischen Verkürztem und Mittelsperson oder im Verhältnis zwischen Mittelsperson und Drittem liegen. Wie sich insbesondere aus dem im erstinstanzlichen Verfahren verlesenen Strafakt hervorgehe, habe der Mittelsmann offenbar mit Wissen und Willen der Geschäftsführerin maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsgebarung der späteren Gemeinschuldnerin ausgeübt und sei zu ihr in einer derartigen Nahebeziehung gestanden, die es ihm ermöglicht habe, Leistungen auf ihren Namen und auf ihre Rechnung zu beanspruchen und auch aus ihrem Vermögen Zahlung zu leisten. Auch wenn der Mittelsmann diese Leistungen, die zweifellos (auch) der Deckung ihrer persönlichen Bedürfnisse gedient hätten, iSd Untreue zu Unrecht in Anspruch genommen haben sollte, habe sich die Gemeinschuldnerin an ihm schadlos zu halten. Auch die sachenrechtlichen Bereicherungsregeln der Paragraphen 416, f ABGB kämen aus im einzelnen genannten Gründen hier nicht zum Tragen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers, der auf sachenrechtliches Bereicherungsrecht nicht mehr zurückkommt und eine unrichtige Anwendung des Paragraph 1041, ABGB geltend macht, weil nach der Entscheidung ÖBl 1991, 40 Schadenersatzansprüche des Verkürzten gegen den Mittelsmann den Verwendungsanspruch gegen den Bereicherten nicht ausschließen, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Wenn ohne Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines andern verwendet worden ist, kann der Eigentümer sie in Natur, oder wenn dies nicht mehr geschehen kann, den Wert verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt worden ist. Nach Lehre und Rspr kennt die österr. Rechtsordnung keinen allgemeinen Bereicherungsanspruch. Forderungen aus diesem Titel sind an besondere, im Gesetz (Paragraphen 1041,, 1431 ff ABGB) festgelegte Voraussetzungen geknüpft (JBl 1988, 784 ua, zuletzt 3 Ob 40/98y = immolex 1998, 206). Der Verwendungsanspruch gemäß Paragraph 1041, ABGB ist ein Bereicherungsanspruch, durch den eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung, die auf keiner bewußten Zuwendung des Verkürzten an den Bereicherten, sondern auf Verwendung zu fremdem Nutzen beruht, rückgängig gemacht oder ausgeglichen werden soll. Der Verwendungsanspruch beruht nach heutigem Verständnis vor allem auf dem Gedanken der ungerechtfertigten Bereicherung aus einer fremden Sache und dem Gedanken der Rechtsfortwirkung: Das Eigentum (oder sonstige Recht des Verkürzten) wirkt durch die Kraft seines Zuweisungszwecks schuldrechtlich im Verwendungsanspruch noch fort. Verwendung zum Nutzen eines anderen ist jede dem Zuweisungsgehalt des Rechtes des Eigentümers widersprechende Nutzungzuweisung. Die Verwendung kann auf einer Handlung des Verkürztes beruhen, aber auch ohne Zutun des Verkürzten erfolgen (ÖBl 1991, 40 - Jose Carreras = MR 1991, 68; immolex 1998, 206; Apathy in Schwimann2 Paragraph 1041, ABGB Rz 7 mwN).

Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden keine körperlichen "Sachen" der späteren Gemeinschuldnerin bei der Errichtung des Gebäudes verwendet, sondern der Mittelsmann bestellte bei einem Dritten das Material und ließ mit dessen Personal auf dem von den Beklagten errichteten Fundament das Gebäude errichten. Die spätere Gemeinschuldnerin bezahlte, erkennbar auf Veranlassung des Mittelsmannes, Forderungen von Dritten für Materiallieferungen und erbrachte Arbeitsleistungen. Diese Ausgaben macht nunmehr der Masseverwalter gegen die Beklagten aus dem Rechtstitel eines Verwendungsanspruches nach Paragraph 1041, ABGB geltend. Die Frage, ob diese Forderungen dem iSd Paragraph 1041, ABGB weit auszulegenden Begriff der "Sachen" unterstellt werden können, stellt sich hier aus folgenden Erwägungen nicht:

Voraussetzung für einen Anspruch nach Paragraph 1041, ABGB ist es, daß die Verwendung zum Nutzen eines anderen als des Berechtigten ungerechtfertigt war (SZ 69/89). Die Verwendungsklage steht daher im mehrpersonalen Verhältnis - wie hier - jedenfalls dann nicht zu, wenn die Vermögensverschiebung ihren Rechtsgrund im Gesetz oder in einem Vertrags- oder sonstigen Schuldverhältnis oder zumindest vertragsähnlichen Verhältnis zwischen dem Verkürzten (Verwendungskläger) und dem Mittelsmann findet (SZ 69/89 uva, zuletzt 1 Ob 353/97m = JBl 1999, 110; RIS-Justiz RS0028179; Rummel in Rummel2 Paragraph 1041, ABGB Rz 10; Apathy aaO Paragraph 1041, ABGB Rz 12; Stanzl in Klang2 IV/1, 915 f). Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Verwendungsanspruches nach Paragraph 1041, ABGB liegt wie beim Bereicherungsanspruch beim Kläger (3 Ob 161/98t mwN; RIS-Justiz RS0033564). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung festgestellt, daß der Mittelsmann die Zahlungen der späteren Gemeinschuldnerin offensichtlich mit Duldung ihre Geschäftsführerin veranlaßt habe. Diese tatsächliche Feststellung wird vom Kläger nicht angegriffen. Die Auffassung der zweiten Instanz, der Mittelsmann habe offenbar mit Wissen und Willen der Geschäftsführerin maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsgebarung der späteren Gemeinschuldnerin ausgeübt und sei zu ihr in einer Nahebeziehung gestanden, die es ihm ermöglicht habe, Leistungen auf ihren Namen und auf ihre Rechnung zu beanspruchen und auch aus ihrem Vermögen Zahlung zu leisten, wird im Rechtsmittel nicht in Frage gestellt. Bestätigt wird dies dadurch, daß nach den im Akt erliegenden, vom Kläger vorgelegten Urkunden die Barschecks für eine Reihe von Zahlungen von der Geschäftsführerin selbst unterfertigt sind. Dies rechtfertigt jedenfalls entgegen der erstrichterlichen Auffassung die Annahme eines Vertragsverhältnisses (Vollmacht) zwischen der entreicherten späteren Gemeinschuldnerin und dem Mittelsmann. Es wäre dem Kläger oblegen, zu behaupten und unter Beweis zu stellen, daß tatsächlich ein solches Vertragsverhältnis oder vertragsähnliches Verhältnis zwischen der späteren Gemeinschuldnerin und dem Mittelsmann im maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlungen nicht bestand. Da solche Behauptungen aber nicht aufgestellt wurden, liegen auch keine Feststellungsmängel vor. Vielmehr erweist sich die Klageabweisung schon deshalb als berechtigt.

Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob auch eine nur zwischen dem Mittelsmann und den Verwendungsbeklagten als Bereicherten bestehende vertragliche Beziehung den Verwendungsanspruch ausschließt vergleiche dazu JBl 1988, 784; immolex 1998, 206 ua, zuletzt 7 Ob 102/99x; RIS-Justiz RS0020078). Nach der Entscheidung JBl 1999, 110 werden im mehrpersonalen Verhältnis für den Ausschluß der Verwendungsklage kumulativ ("sowie") vertragliche Beziehungen zwischen dem Berechtigten und einer Mittelsperson und dieser Mittelsperson mit dem Dritten gefordert. Auch die mündliche Vereinbarung des Mittelsmannes mit den Beklagten bedarf ebenso einer weiteren Prüfung wie die Frage, ob die Beklagten vom Mittelsmann gutgläubig und daher bereicherungsfrei Eigentum am Gebäude erwerben konnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO.