Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

31.08.2017

Geschäftszahl

L521 2137725-1

Spruch

L521 2137725-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias KOPF, LL.M. über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2016, Zl. 1073508809-150671633, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.07.2017 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte im Gefolge seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 14.06.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Wien am 15.06.2015 gab der Beschwerdeführer an, den Namen römisch XXXX zu führen und Staatsangehöriger des Irak zu sein. Er sei am römisch XXXX in Mossul geboren und habe zuletzt in römisch XXXX gelebt, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung. Er habe im Irak die Schule und anschließend die Universität in römisch XXXX besucht und zuletzt nicht gearbeitet.

Im Hinblick auf seinen Reiseweg brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, den Irak im März 2015 legal von römisch XXXX ausgehend mit einem Reisebus in die Türkei verlassen zu haben. In weiterer Folge sei er schlepperunterstützt zunächst im Seeweg nach Griechenland gelangt und anschließend mittels eine Kraftwagens nach Österreich verbracht worden.

Zu den Gründen seiner Ausreise aus dem Heimatland befragt, führte der Beschwerdeführer aus, sein Bruder sei als Offizier bei kurdischen Behörden tätig, was zu Drohungen geführt habe. Eines Tages sei sein Bruder durch Schüsse verletzt worden. Aus Angst vor der unsicheren Lage und aufgrund des Kriegszustandes habe er den Irak verlassen.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 30.06.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers und einer Vertrauensperson in arabischer Sprache niederschriftlich vor der zur Entscheidung berufenen Organwalterin einvernommen.

Eingangs bestätigte der Beschwerdeführer, bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht zu haben und der arabischen Sprache mächtig zu sein.

Zur Person befragt führt der Beschwerdeführer insbesondere aus, kurdisch und arabisch zu sprachen. Er sei ledig und habe keine Kinder. Seine Eltern würden derzeit in römisch XXXX leben, im Irak würden sich ferner zwei Brüder und eine Schwester des Beschwerdeführers aufhalten, deren Aufenthaltsort kenne er nicht. Die Familie sein im Jahr 2014 von Mossul nach römisch XXXX übersiedelt, er selbst habe zuletzt an einer privaten Universität in römisch XXXX studiert und in einem Studentenheim gelebt. Den Irak habe er am 03.01.2015 legal verlassen.

Zu den Gründen für das Verlassen seines Heimatstaates befragt gab der Beschwerdeführer an, nach dem Einmarsch der Milizen des Islamischen Staates habe die Familie die Heimatstadt Mossul verlassen müssen. Als Kurden sei ihnen Zugang zur autonomen Region Kurdistan gewährt worden. In römisch XXXX habe er als Produzent für Musik und Filme in einem eigenen Studio gearbeitet, er sei auch als Programmierer tätig gewesen. Seine beruflichen Aktivitäten hätten jedoch eine Schande für seinen Stamm dargestellt. Nach mehreren Monaten habe der Stamm des Beschwerdeführers entschieden, dass eine Person an den Kampfhandlungen gegen die Milizen des Islamischen Staates teilnehmen müsse und der Vater des Beschwerdeführers habe diesem mitgeteilt, dass die Wahl auf ihn gefallen sei. Sein Bruder, der Offizier sei, sei daraufhin bei Kampfhandlungen durch Schüsse verletzt worden und es bestehe kein Kontakt mehr. Am 11.12.2014 habe sein Vater von ihm verlangt, dass er einrücken solle und auch den Stammesführer entsprechend verständigt. Am 05.01.2015 hätte er den Dienst antreten sollen, er sei jedoch zuvor ausgereist. Nach der Ausreise habe die Regierung einen gegen ihn gerichteten Haftbefehl erlassen, dies habe ihm ein Kollege mitgeteilt.

Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer ferner an, er sei keinen Übergriffen oder gezielten Bedrohungen vor seiner Ausreise ausgesetzt gewesen. Sein Studio habe er am 29.12.2014 an einen Freund verkauft.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG 2005 erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß Paragraph 46, FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch IV.).

Begründend führte die belangte Behörde nach der Wiedergabe der Einvernahme des Beschwerdeführers und den Feststellungen zu dessen Person aus, es könne nicht festgestellt werden, dass dieser im Irak einer Bedrohung durch seinen Stamm oder die kurdische Regionalregierung ausgesetzt gewesen sei oder gegenwärtig ausgesetzt wäre.

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen, sodass kein internationaler Schutz zu gewähren sei. Dem Beschwerdeführer sei der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, da er im Irak über genügend Anknüpfungspunkte verfüge und keine reale Gefahr einer Verletzung in elementaren Rechte sowie keine Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts drohe. Dem Beschwerdeführer sei schließlich kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 zu erteilen.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 26.09.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

5. Gegen den dem Beschwerdeführer am 30.09.2016 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die im Wege der beigegeben Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In dieser wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, den angefochtenen Bescheid abzuändern und dem Antrag auf internationalen Schutz Folge zu geben und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen oder hilfsweise den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen und die Rückkehrentscheidung aufzuheben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und jedenfalls eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt.

In der Sache bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stets wahrheitsgemäß vorgebracht und verweise im Übrigen auf die der Beschwerde angeschlossene selbstverfasste Beschwerdebegründung. Im Fall einer Rückkehr in die autonome Region Kurdistan sei er als Deserteur staatlicher Verfolgung ausgesetzt und werde ihm aufgrund der Wehrdienstverweigerung eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt.

6. Die Beschwerdevorlage langte am 20.10.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

7. Am 18.04.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Bericht der Polizeiinspektion Bregenz gemäß Paragraph 100, Absatz 2, Ziffer 4, StPO ein, wonach der Beschwerdeführer des Betruges verdächtig sei, jedoch derzeit aufgrund unbekannten Aufenthaltes nicht einvernommen werden könne. Auslandserhebungen zufolge habe sich der Beschwerdeführer zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten und dort einen Asylantrag gestellt, welcher am 04.01.2017 abgelehnt worden sei. Da der Beschwerdeführer in der Folge untergetaucht und unbekannten Aufenthaltes sei, habe ihn das Regierungspräsidium Freiburg wegen Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.

8. Am 25.07.2017 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des zwischenzeitlich nach Österreich zurückgekehrten Beschwerdeführers und eines gerichtlich beeideten Dolmetschers für die arabische Sprache durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung im Irak anhand aktueller Länderdokumentationsunterlagen erörtert, welche dem Beschwerdeführer ausgefolgt und eine Stellungnahme hiezu freigestellt wurde. Darüber hinaus wurde die nunmehrige Ehefrau des Beschwerdeführers, römisch XXXX , geb. römisch XXXX , als Zeugin einvernommen.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch XXXX , ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprachen Kurmancî und Arabisch. Er wurde am römisch XXXX in Mossul im Bezirk römisch XXXX geboren und wuchs dort auf. Der Beschwerdeführer ist Moslem und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung, war zum Zeitpunkt der Ausreise ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer besuchte im Irak die Grundschule und eine höhere Schule in Mossul und schloss diese mit der Matura ab. Im Anschluss an den Schulbesuch studierte er Informationstechnologie an der römisch XXXX -Universität in römisch XXXX und erlangte im Juli 2013 einen Bachelorabschluss. Im Anschluss daran eröffnete der Beschwerdeführer ein Geschäft zur Bildbearbeitung und -ausarbeitung.

Am 07.06.2014 verließ der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Eltern die Stadt Mossul aufgrund des Vorrückens der Milizen des Islamischen Staates und reiste in die autonome Region Kurdistan, wo er die Zeit bis zur Ausreise gemeinsam mit seinen Eltern in der Stadt römisch XXXX in einem gemieteten Haus zubrachte. Die Eltern des Beschwerdeführers halten sich auch derzeit in römisch XXXX auf, sie sind als Lehrer berufstätig. Ein Bruder des Beschwerdeführers, römisch XXXX , ist in römisch XXXX als Polizist tätig. Ein weiterer Bruder des Beschwerdeführers ist seit dem Jahr 2014 verschollen. Die Schwester des Beschwerdeführers lebt mit ihrer Familie in der Türkei. Der Beschwerdeführer steht in Kontakt mit seinem Vater und seinem Bruder römisch XXXX , er verfügt auch über Freunde und Bekannte im Irak, mit welchen er gelegentlichen Kontakt unterhält.

Am 03.01.2015 verließ der Beschwerdeführer den Irak legal von römisch XXXX ausgehend im Landweg in die Türkei und reiste in weiterer Folge schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 14.06.2015 einreiste und den verfahrensgegenständlichen Asylantrag stellte.

1.2. Der Beschwerdeführer gehört keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatte in seinem Herkunftsstaat keine Schwierigkeiten aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Religionszugehörigkeit zu gewärtigen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise zum Dienst bei den kurdischen Peschmerga infolge einer freiwilligen Meldung oder aus anderen Gründen hätte einrücken müssen oder er sich diesem Dienst widerrechtlich entzogen hätte. Ferner kann nicht festgestellt werden, dass wider den Beschwerdeführer im Irak ein Haftbefehl besteht oder er in anderer Weise von irakischen Behörden oder den Behörden der kurdischen Regionalregierung gesucht würde.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer sonstigen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in seinem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschlichen Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge im Irak und dort im Besonderen in der autonomen Region Kurdistan.

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit Ausbildung in der Schule auf Maturaniveau und als Informatiker auf der Universität sowie erster Berufserfahrung als Selbständiger. Dem Beschwerdeführer ist insbesondere die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu Sicherstellung des eigenen Auskommens in der autonomen Region Kurdistan möglich und zumutbar. Der Beschwerdeführer verfügt über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherten Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat und über bestehende familiäre Anknüpfungspunkte sowie eine Wohnmöglichkeit im Familienverband.

Der Beschwerdeführer verfügt über irakische Ausweisdokumente (Personalausweis und Staatsbürgerschaftsnachweis) im Original. Sein Reisepass befindet sich im Irak bei seiner Mutter.

1.4. Der Beschwerdeführer hält sich seit dem 14.06.2015 in Österreich auf. Er reiste rechtswidrig in Österreich ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Im Monat November 2016 verließ er das Bundesgebiet und stellte in der Bundesrepublik Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher von den deutschen Behörden am 04.01.2017 zurückgewiesen wurde. In der Folge kehrte der Beschwerdeführer freiwillig nach Österreich zurück und unterhält hier seit dem 30.03.2017 einen Wohnsitz. Der Beschwerdeführer ist für keine Person im Bundesgebiet sorgepflichtig. Der Beschwerdeführer pflegt normale soziale Kontakte, geht sportlichen Aktivitäten in einem Fitnesscenter und als Fußballspieler nach und ist strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer bezieht seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und lebt in einer Unterkunft für Asylwerber in römisch XXXX .

Der Beschwerdeführer geht keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach. Gemeinnützigen Tätigkeiten ist der Beschwerdeführer – von Hilfstätigkeiten in der Küche in seiner Unterkunft sowie einer einmalige Tätigkeit als Dolmetscher abgesehen – nicht nachgegangen. Er verfügt eine mündliche Einstellungszusage eines Reinigungsunternehmens.

Der Beschwerdeführer hat an Deutschkursen der Caritas der Diözese Feldkirch teilgenommen und eine Prüfung über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 erfolgreich am 27.07.2016 absolviert und verfügt erst grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache.

1.5. Der Beschwerdeführer hat am 05.07.2017 vor dem Personenstandsgericht in römisch XXXX die deutsche Staatsangehörige römisch XXXX , geb. römisch XXXX , im Wege der Stellvertretung geehelicht. Der Beschwerdeführer wurde bei der Eheschließung durch seinen Bruder römisch XXXX aufgrund einer von der irakischen Vertretungsbehörde in Wien am 08.06.2017 ausgestellten Vollmacht vertreten. Die Ehe wurde zuvor im Irak vom Vater des Beschwerdeführers arrangiert.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt in der Bundesrepublik Deutschland in München, ein gemeinsamer Wohnsitz besteht derzeit nicht. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau beabsichtigen, gemeinsam in der Bundesrepublik Deutschland zu leben.

1.6. Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der angeführten Quellen getroffen:

1. Politische Lage

Die letzten nationalen Wahlen, die im April 2014 stattfanden, gewann der ehemalige Premierminister Nouri al-Maliki. Da es auf Grund seines autoritären und pro-schiitischen Regierungsstils massive Widerstände gegen Maliki gab, trat er im August 2014 auf kurdischen, internationalen, aber auch auf innerparteilichen Druck hin zurück (GIZ 6.2015). Es wird ihm unter anderem vorgeworfen, mit seiner sunnitisch-feindlichen Politik (Ausgrenzung von sunnitischen Politikern, Niederschlagung sunnitischer Demonstrationen, etc.) deutlich zur Entstehung radikaler sunnitischer Gruppen wie dem IS beigetragen zu haben (Qantara 17.8.2015). Maliki‘s Nachfolger ist der ebenfalls schiitische Parteikollege Haidar al-Abadi (beide gehören der schiitischen Dawa-Partei an), der eine Mehrparteienkoalition anführt, und der mit dem Versprechen angetreten ist, das ethno-religiöse Spektrum der irakischen Bevölkerung wieder stärker abzudecken (GIZ 6.2015). Allerdings gelang es Abadi bislang nicht, politische Verbündete für seine Reformpläne (insbesondere die Abschaffung des konfessionell-ethnischen Proporzes) zu finden. Er hat mit dem besonders Iran-freundlichen Ex-Premier Maliki (nunmehr Vorsitzender der Dawa-Partei) einen starken Widersacher innerhalb seiner Partei. Ein Problem Abadis ist auch die Macht der schiitischen Milizen, von denen viele vom Iran aus gesteuert werden (s. Abschnitt 3.1.). Diese Milizen - eher lose an die irakische Armee angeschlossen - sind für Abadi einerseits unverzichtbar im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (Standard 5.1.2015), gleichzeitig wird deren Einsatz von der sunnitischen Bevölkerung aber als das "Austreiben des Teufels mit dem Beelzebub" gesehen. Die Sunniten fürchten das skrupellose Vorgehen dieser Milizen - einige betrachten den IS sogar als das geringere Übel und dulden die Extremisten daher in ihren Gebieten (ÖB Amman 5.2015). In der Tat unterscheiden sich einige der mit der Zentralregierung in Bagdad verbündeten schiitischen Milizen hinsichtlich ihres reaktionären Gesellschaftsbildes und ihrer Brutalität gegenüber Andersgläubigen kaum vom IS (Rohde 9.11.2015). Die US-Regierung (sowohl die Bush-, als auch die Obama-Regierung), die auch mit der Badr-Miliz zusammengearbeitet hat, hat vor den Gewaltexzessen der schiitischen Milizen gegenüber der sunnitische Bevölkerung die Augen verschlossen, und hat damit den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten angetrieben (Reuters 14.12.2015). Die aufgestaute Wut der Sunniten - auch darüber, dass sie niemanden mehr in der Regierung haben, der mit machvoller Stimme für sie sprechen könnte, trägt in Kombination mit dem Vorgehen der schiitischen Milizen dazu bei, dass sich viele Sunniten radikalisieren oder sich einfach aus Mangel an Alternativen unter die Kontrolle des IS begeben (Qantara 17.8.2015). Die Besetzung aller politischen Führungspositionen, so auch der Kabinettsposten, folgt seit Jahren einem Kalkül ethnisch/religiöser Balance. Dazu kommt der von Mukhtada al Sadr in Bagdad geführte Aufstand gegen den Reformstillstand, ein Spiegel früherer innerschiitischer Auseinandersetzungen gegen die Al Badr Gruppe. Das Parlament befindet sich in einem Zustand des Stillstands, Reformprojekte werden seit Monaten hintangestellt, die zentralen Minister für Verteidigung, des Inneren und der Finanzen wurden abgesetzt. Allerdings wurde am 25.8.2016 ein Gesetz verabschiedet, durch das die Möglichkeit einer Amnestie für Verurteilungen seit 2003 geschaffen wird. Ausgenommen sind bestimmte Verbrechen, darunter Terrorakte mit Todesfolge. Gleichzeitig spielen destabilisierende Faktoren eine gewichtige Rolle: Das ungelöste Verhältnis der Kurden zur Zentralregierung, die unsicheren Aussichten der sunnitischen Bevölkerung im Irak, die eingefrorene Wiederversöhnung, eine sehr belastete Menschenrechtslage sowie die Spannungen innerhalb der schiitischen, kurdischen und sunnitischen Bevölkerungsteile, gekoppelt mit der fiskalischen Krise bzw. den finanziellen Auswirkungen der niedrigen Erdöl-Einnahmen, belasten das Land schwer (ÖB Amman 12.2016).

Das irakische Parlament wählte den moderaten sunnitischen Politiker Salim al-Jabouri zum Parlamentspräsidenten (Al Arabiya 15.7.2014).

Zwölf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 ist der Irak ein Staat ohne Gewaltmonopol, ohne Kontrolle über große Teile seines Territoriums oder seiner Grenzen, dessen Souveränität zunehmend vom Iran ausgehöhlt wird (Standard 4.12.2015). Nach 2003 ist der Irak (gemeinsam mit Syrien) zum Spiel- und Schlachtfeld konkurrierender regionaler und globaler Interessen zwischen Iran, Saudi-Arabien, der Türkei, den USA und neuerdings auch Russland geworden (Rohde 9.11.2015), wobei sich das Kräfteverhältnis der beiden wichtigsten Verbündeten der irakischen Regierung - die USA auf der einen Seite und der Iran auf der anderen - zunehmend zu Gunsten des Iran verschiebt. Der eher schwache Premierminister Abadi versucht es beiden Verbündeten recht zu machen: Damit die USA ihn aus der Luft unterstützen, muss er versuchen, die iranisch-assoziierten schiitischen Milizen vom Schlachtfeld fernzuhalten (Standard 4.12.2015).

Das politische Geschehen ist weiterhin von dem Kampf gegen den Islamischen Staat geprägt. In der zweiten Jahreshälfte 2014 wurde die Rückeroberung der IS-Gebiete durch die Zentralregierung in Angriff genommen. Die irakischen Regierungstruppen, verstärkt durch primär schiitische Milizen der Volksbefreiungskräfte (PMU) wurden bei den Kämpfen gegen den ISIS von kurdischen Peshmergas und der Internationalen Koalition unterstützt. Seither haben die irakischen Sicherheitskräfte ca. 60% der IS-Gebiete wieder befreit, darunter die Städte Tikrit, Ramadi, Hit, Fallujah, Rutba und die Gegend Sinjar in der Provinz Ninive. Mit dem Zurückdrängen des Islamischen Staates geht im Sinne einer asymmetrischen Kampfführung eine verstärkte terroristische Aktivität, etwa in Bagdad, einher. Die politische Planung über die Kontrolle der Gebiete und eine Wiederversöhnung für den "Tag danach" ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Es gibt glaubwürdige Berichte über schwere Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen der irakischen Armee und ihrer Verbündeten, v.a. der PMU. Ihnen wird vorgeworfen, Massenerschießungen und Tötungen von Gefangenen und Festgenommenen ohne Gerichtsverfahren durchgeführt zu haben. PMU wurden der irakischen Armee gleichgestellt (ÖB Amman 12.2016).

Unter großem öffentlichem Druck und nach Demonstrationen tausender Menschen vor dem schwer bewachten Regierungsviertel in Bagdad hat Abadi Ende März 2016 angekündigt, sein altes Kabinett durch eine Regierung unabhängiger Technokraten zu ersetzen. Bisher waren alle Minister mit politischen Gruppen verbunden. Die neuen sollen nun laut Abadi auf Basis von Professionalität, Effizienz und Integrität ausgewählt werden (Spiegel 31.3.2016). Jedoch scheint das neue Kabinett zu zerbröckeln, bevor es überhaupt zur Abstimmung kommt. Die meisten Parteien stemmen sich gegen den drohenden Machtverlust (SK 8.4.2016).

Ende April 2016 stürmten zehntausende Demonstranten, überwiegend Anhänger des schiitischen Predigers Muktada al-Sadr, das Parlamentsgebäude in der Grünen Zone. Seine empörten Anhänger rissen danach, unbehelligt von den Sicherheitskräften, mehrere der gewaltigen Betonabsperrungen der Grünen Zone nieder. Abgeordnete verbarrikadierten sich im Kellergeschoss oder flohen in Panik. Einige wurden von der Menge verprügelt oder ihre Autos zerstört. Premierminister Haider rief den Notstand aus und forderte, die Protestierer zu bestrafen (Die Zeit, 1.5.2016). Um den 20.05.2016 drangen Protestierende, darunter Anhänger des schiitischen Predigers Moqtada al-Sadr, unter anderem ins Parlamentsgebäude und das Büro des Regierungschefs ein. Augenzeugen zufolge schossen Sicherheitskräfte auf die Demonstranten und setzten Tränengas ein. Dabei wurden vier Menschen getötet und 90 Personen verletzt (Standard 20.05.2016, 22.05.2016). Am 13.02.2017 kam es erneut zu Zusammenstößen zwischen Anhängern des schiitischen Predigers Moqtada al-Sadr und Sicherheitskräften in Bagdad, bei denen sieben Menschen getötet wurden. Als Reaktion schlugen mehrere aus nördlichen Stadtteilen abgefeuerte Katjuscha-Raketen im Inneren der stark gesicherten Grünen Zone ein (Standard 11.02.2017).

Die derzeitigen Anti-IS-Operationen sind zwar insofern erfolgreich, als sie den IS schwächen, gleichzeitig verschärfen sie aber die politische Instabilität. Die vom Iran unterstützten schiitischen Milizen haben gemeinsam mit der Partei des Ex-Premiers Nouri al-Maliki dem amtierenden Premier Abadi gedroht, ein Misstrauensvotum gegen ihn auszusprechen. Abadi steht in Gefahr sein Amt zu verlieren, und muss Zugeständnisse gegenüber den Milizen machen. Abadi war es beispielsweise auch nicht möglich, die Milizen davon abzuhalten, ihre Operationen in Tal Afar wieder aufzunehmen (ISW 7.2.2017).

Zusätzlich dazu hat das irakische Parlament im November 2016 die Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilisation Forces/Hashd al-Shaabi) – jene Milizen, die wie die irakischen Sicherheitskräfte gegen den IS kämpfen – rechtlich der Armee gleichgestellt. [ ] Die meisten dieser Milizen sind schiitisch, etliche davon sind vom Iran abhängig, sind radikal und werden der Verbrechen an Sunniten beschuldigt. [ ] Diese rechtliche Gleichstellung ist ganz nach dem Geschmack von Expremier Nuri al-Maliki, der zurück an die Macht will und dessen neue politische Hausmacht die Milizen sind (Standard 28.11.2016).

Maliki gelingt es auch zunehmend mit Misstrauensanträgen gegenüber Abadis Ministern die Regierung zerbröckeln zu lassen. Der Verteidigungsminister und der Finanzminister wurden im Jahr 2016 bereits entlassen (Standard 23.9.2016). Über die Sommermonate 2016 wurden mit derartigen Methoden bereits fünf Minister erfolgreich abgesetzt (AA 7.2.2017).

Auch für die Region Kurdistan im Irak ist die Frage, ob Maliki zurück an die Macht kommt, von großer Bedeutung. Massoud Barzani, der Präsident der Kurdischen Regionalregierung [Amtszeit bereits abgelaufen - er befindet sich aber nach wie vor Amt], hat immer wieder mit Ankündigungen, die Unabhängigkeit Kurdistans erklären zu wollen, aufhorchen lassen. Falls Maliki zurückkehren würde, würde er dies in die Tat umsetzen, so Barzani (Ekurd Daily 23.1.2017).

Insbesondere auch im Süden des Irak regt sich verstärkter Widerstand gegen Malikis Vorhaben, an die Spitze der Macht zurückkehren zu wollen. Die Anhänger der Sadr-Bewegung wollen mittels Demonstrationen die Hoffnung Malikis auf eine Rückkehr verhindern. Ein inner-schiitischer Konflikt zwischen Sadristen und Maliki-Anhängern ist spürbar, auch wenn diesbezügliche militärische Auseinandersetzungen unwahrscheinlich sind (Al Monitor 26.12.2017). Am 11. Februar kam es in Bagdad allerdings zu schiitisch-schiitischen Zusammenstößen. Sicherheitskräfte der schiitisch dominierten Regierung schossen auf schiitische Demonstranten der regierungskritischen Sadr-Bewegung. Dabei wurden mindestens 6 Personen getötet, weitere hunderte wurden verletzt, außerdem wurden dabei Raketen in die "Green Zone" (ehemalige internationale Zone, in der sich viele Regierungs- und Botschaftsgebäude befinden) geschossen. Gerichtet war die Demonstration v.a. gegen den konfessionell-ethnischen Proporz in der irakischen Politik. Die Sadr-Bewegung richtet sich zwar v.a. auch gegen eine Rückkehr Malikis, gerade diesem könnte jedoch der Aktivismus Sadrs nutzen, da er den amtierenden Premier Abadi zusätzlich schwächt (MEE 12.2.2017, vergleiche Standard 13.2.2017).

Das irakische Parlament hat am 29.01.2017 die neuen Minister für Verteidigung und Inneres bestätigt. Der Armeegeneral Erfan al-Hiyali von der sunnitischen Minderheit im Land wird künftig das Verteidigungsministerium führen. Kasim al-Aradschi von der schiitischen Badr-Organisation leitet das Ressort Inneres. Ministerpräsident Haider al-Abadi lobte die Entscheidung des Parlaments als "guten Fortschritt zu einer entscheidenden Zeit". Beide Posten waren monatelang unbesetzt (ORF, 30.01.2017).

Quellen:

http://www.ecoi.net/local_link/315594/454291_de.html, Zugriff14.1.2016

http://derstandard.at/2000026971833/Der-Irak-wird-zum-Spielfeld-fuer-ein-neues-Match, Zugriff 14.1.2016

http://derstandard.at/2000025096956/Iraks-Premier-Abadi-faehrt-seinen-Reformkarren-an-die-Wand , Zugriff 14.1.2016

http://derstandard.at/2000037366525/Demonstranten-stuermen-Gruene-Zone-in-Bagdad, Zugriff 06.06.2016

http://derstandard.at/2000037400412/Mindestens-vier-Tote-bei-Protesten-in-Bagdad, Zugriff 06.06.2016

http://derstandard.at/2000052486921/Sieben-Tote-und-mehr-als-200-Verletzte-bei-Protesten-in, Zugriff 14.02.2016

http://english.alarabiya.net/en/News/middle-east/2014/07/15/Iraq-parliament-elects-Salim-al-Juburi-as-speaker-TV.html, Zugriff am 9.5.2016

1.1. Kurdische Autonomieregion (Kurdistan Region-Iraq: KRI)

Innerhalb der autonomen Kurdenregion im Norden Iraks verhärten sich die politischen Fronten. Die Feindseligkeiten zwischen den drei großen irakisch-kurdischen Parteien Kurdish Democratic Party (KDP), Goran und Patriotic Union Kurdistan (PUK) nehmen zu. Grund dafür ist unter anderem die Wirtschaftskrise und die weit verbreitete Korruption und Vetternwirtschaft, die im Kurdengebiet vorherrschen (Reuters 26.10.2015). Die kurdische Regionalregierung ist seit längerer Zeit nicht mehr in der Lage die Gehälter der Beamten und Peschmerga auszubezahlen, oder tut dies mit monatelangen Verspätungen (Rudaw 20.10.2015, vergleiche Deutschlandfunk 8.12.2015). Darüber hinaus sorgt der Streit um die Präsidentschaft Masoud Barzanis für Spannungen, dessen (bereits außertourlich verlängerte) Amtszeit im August 2015 abgelaufen ist, sich aber nach wie vor im Amt befindet (Reuters 26.10.2015, vergleiche Ekurd 16.1.2016, Ekurd 14.2.2016). Darüber hinaus haben die Waffenlieferungen des Westens und anderer Verbündeter an die Kurden den Effekt, dass die kurdische Politik insgesamt zwar an Bedeutung gewinnt, sich jedoch dadurch die Spannungen zwischen den kurdischen Fraktionen erhöhen. KDP und PUK, jene beiden kurdischen Parteien, die in den 1990iger Jahren bewaffnete Konflikte gegeneinander austrugen und erst in der jüngeren Vergangenheit zu einer friedlichen Koexistenz und gemeinsamen Regierungsbildung gefunden haben, sind durch ihre jeweiligen Bündnisse mit mächtigen - teilweise gegensätzlichen - Partnern gespalten: Die KDP mit Masud Barzani, dem Präsidenten der KRG (Kurdish Regional Government) wird vorrangig vom Westen unterstützt und steht der Türkei nahe, während die PUK vorrangig vom Iran unterstützt wird und der türkischen PKK, sowie der irakischen Regierung in Bagdad nahesteht. Beide Parteien haben ihre jeweils eigenen Militäreinheiten (Peschmerga), die im Kampf gegen den IS oftmals in einem starken Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. (Crisis Group 12.5.2015). Die Newcomer-Partei Goran, die erst seit Juni 2014 mit in der kurdischen Regionalregierung sitzt, und mit dem Versprechen angetreten ist, gegen den Nepotismus und die Korruption der beiden Altparteien vorzugehen, besitzt keine eigenen Militäreinheiten und ist auch wirtschaftlich nicht gut vernetzt, sodass sie auf Grund fehlenden Einflusses ihre Versprechen nicht umsetzen kann, und in der gegenwärtigen Situation - obwohl zweitstärkste Partei hinter der KDP – politisch und insbesondere militärisch keine herausragend große Rolle spielt (Bauer 2015).

Im Oktober 2015 verschärfte sich die innerkurdische Krise und es kam in mehreren Städten der Autonomiegebiete zu Protesten gegen Barzani und die KDP (Standard 13.10.2015). Der Premierminister der kurdischen Regionalregierung (ein Neffe des Präsidenten der Region Kurdistan) Nechirvan Barzani (KDP) entließ fünf Goran-Minister aus der Regierung. Der der Goran angehörende Parlamentspräsident Yussuf Mohammed wurde mit einer Gruppe Goran-Abgeordneter auf seinem Weg ins Parlament nach Erbil von Sicherheitskräften gestoppt. Goran-Mitglieder beschuldigten die KDP eines "Putsches gegen Rechtsstaat und Demokratie". Die PUK kritisierte das KDP-Vorgehen gegen Goran. Die KDP wirft ihrerseits Goran vor, Demonstranten aufgehetzt zu haben, die die KDP-Büros stürmten und in Brand setzten. In Suleymaniya war es im letzten Quartal des Jahres 2015 zu Protesten gegen die Regionalregierung und Ausschreitungen mit mehreren Toten gekommen, der direkte Anlass waren die oben erwähnten ausstehenden Gehälter. Insbesondere die zweitstärkste Partei Goran hatte sich bei diesen Protesten gegen die Regionalregierung (insbesondere gegen die KDP) gewandt. (Standard 13.10.2015).

Das Verhältnis zwischen der von der KDP dominierten kurdischen Regionalregierung mit Sitz in Erbil und der irakischen Zentralregierung in Bagdad ist gleich durch mehrere Themenbereiche stark belastet: Der Konflikt um die sogenannten "umstrittenen Gebiete" südlich der KRI, die sowohl die Kurden, als auch die irakische Zentralregierung für sich beanspruchen, hat sich durch die Übernahme der Kontrolle über die ölreiche Stadt Kirkuk durch die Kurden im Juni 2014 noch einmal intensiviert. Damit verbunden ist auch der Öl-Streit, bei dem es darum geht, wer die Rechte zur Ausbeutung der Ölressourcen in der KRI hat. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden und die von der Zentralregierung als provokant erachtete Unabhängigkeitsrhetorik Masud Barzanis tragen auch nicht zur Besserung der Stimmung zwischen Bagdad und Erbil bei (Bauer 2015). Zusätzlich gibt es noch einen Konflikt zwischen dem irakischen Präsidenten Abadi und der Türkei betreffend der Wiedererrichtung/des Ausbaus türkischer Militärbasen im Nordirak. Diese hat Masud Barzani, der mit dem türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan befreundet ist, der türkischen Regierung zugebilligt (Standard 13.12.2015).

Trotz nach wie vor vorhandener Unabhängigkeits-Rhetorik seitens der KRI scheint der Drang der irakischen Kurden nach staatlicher Eigenständigkeit zuletzt abgenommen zu haben. Der Kampf gegen ISIS, der Strom von Vertriebenen – je nach Zählweise zwischen 1 und 1,5 Mio. Menschen -, die niedrigen Ölpreise und das tiefe wirtschaftliche und mittlerweile finanzielle Loch, in das die RK-I stürzte, könnten zu einer realistischeren Betrachtung der Chancen und v.a. der Risiken einer möglichen Unabhängigkeit beigetragen haben, zumal auch die Internationale Gemeinschaft die kurdischen Unabhängigkeitsbestrebungen nicht unterstützt. Die kurdischen Peshmerga-Truppen kamen dem anfangs klar unterlegenen irakischen Militär kurz nach Beginn der IS-Offensive zur Hilfe. Neben Kirkuk, das die kurdischen Peshmerga-Truppen kontrollieren, sicherten sie auch Teile der Provinzen Ninive und Diyala, die zwar mehrheitlich von Kurden bewohnt werden, aber offiziell unter der Zentralregierung stehen oder rechtlich als umstrittenes Territorium gelten. Auch in der RK-I bleiben indes die politischen Spannungen bestehen: Das kurdische Parlament tagt nicht und das Mandat des RK-I Präsidenten ist abgelaufen, die Zusammenarbeit zwischen der Demokratischen Partei Kurdistan (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) beruht lediglich auf praktischen Notwendigkeiten im Kampf gegen ISIS und in der Haltung gegenüber Bagdad (ÖB Amman 12.2016).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf, Zugriff 14.1.2016

Fighting IS, Inviting Conflict, http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iraq%20Syria%20Lebanon/Iraq/158-arming-iraq-s-kurds-fighting-is-inviting-conflict.pdf, Zugriff 14.1.2015

http://de.reuters.com/article/domesticNews/idDEKCN0SK0FN20151026, Zugriff 23.12.2015

www.derstandard.at/2000023698931/Barzani-Partei-wirft-Gegner-aus-Regierung-und-Parlament, Zugriff 14.1.2016

Nonchalante Eskalation,
http://derstandard.at/2000027441750/Zwist-zwischen-Ankara-und-Bagdad-Nonchalante-Eskalation, Zugriff 14.1.2016

2. Sicherheitslage

Im Irak leben ca. 36 Millionen Einwohner, wobei die diesbezüglichen Schätzungen unterschiedlich sind. Die letzte Volkszählung wurde 1997 durchgeführt. Im Gouvernement Bagdad leben ca. 7,6 Millionen Einwohner. Geschätzte 99% der Einwohner sind Moslems, wovon ca. 60%-65% der schiitischen und ca. 32%-37% der sunnitischen Glaubensrichtung angehören (CIA World Factbook 2014-2015, AA 10. 5.2016).

Die Maps des The Gulf/2000 Project, das von der Nahostinstitut der Columbia University in New York finanziert wird, stellt die ethno-religiöse Zusammensetzung in Zentralirak im Jahr 2015 dar.

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gulf2000.columbia (2015): The Gulf/2000 Project, Maps, Central Iraq, Ethnic 2015,

http://gulf2000.columbia.edu/images/maps/Central_Iraq_Ethnic_2015_lg.png, Zugriff 5.12.2016

Der folgende Atlas, den das österreichische Bundesministerium für Inneres in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport im Jahr 2016 ausgearbeitet hat, stellt in der folgenden Karte religiöse und sektiererische Zusammensetzung in wichtigsten irakischen Ansiedlungen im Jahr 2014 dar.

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This map shows only the main areas of settlement of religious and sectarian groups. The Syrian and Iraqi populations are very heterogeneous in terms of religious and sectarian affiliation, especially in urban centers.

Austrian Federal Ministry of the Interior & Austrian Federal Ministry of Defence and Sports (2016): Landkarte: Atlas Syria & Iraq, Syria & Iraq: Religious and sectarian groups January 2014, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1471942452_bmi-bmlvs-atlas-syria-iraq-2016.pdf, Zugriff 5.12.2016

Seit der US-Invasion in den Irak im Jahr 2003 ist ein starker Anstieg der Todeszahlen zu beobachten, der sich insbesondere ab dem Jahr 2012 noch einmal verstärkt. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Todeszahlen im Irak (in Dunkelrot) bis zum Jahr 2014.

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(VOH 17.11.2015)

Im Jahr 2014 war der Konflikt im Irak der zweit-tödlichste (nach Syrien) weltweit. Es wurden laut der österreichischen Botschaft in Amman 21.073 Todesopfer verzeichnet. Damit haben sich die Opferzahlen im Irak verglichen zu 2013 (9.742 Todesopfer) mehr als verdoppelt. Auch die Anschlagskriminalität im Irak erreichte, vor allem durch die Taten des IS, 2014 einen Höhepunkt. Die Anzahl der IrakerInnen, die 2014 Opfer von Anschlägen wurden, erreichte ein Ausmaß wie zuvor nur in den berüchtigten Bürgerkriegsjahren 2006/2007: über 12.000 tote und 23.000 verletzte ZivilistInnen (ÖB Amman 5.2015).

Die folgende Grafik zeigt die Anzahl der getöteten Zivilisten im Irak (inkl. Zivilpolizisten) für die Monate Jänner bis Dezember 2015 sowie die Anzahl der getöteten Iraker insgesamt. Demnach wurden im Jahr 2015 12.740 Iraker getötet, 7.515 davon waren Zivilisten (inklusive Zivilpolizei). 14.855 Zivilisten (inkl. Zivilpolizei) wurden verletzt. UNIRAQ wurde bei der Erfassung der Opferzahlen behindert, die Zahlen sollten daher als Minimumangaben gesehen werden. Sofern man anhand dieser Zahlen auf die Sicherheitslage im Irak schließen kann, hat sich die diese im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr 2014 gebessert.

Iraqi Body Count dokumentierte für 2016 über 16.000 zivile Todesfälle durch Gewalt (hier nach Monaten aufgeschlüsselt: Jänner bis Dezember 2016):

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(Iraqi Body Count 13.2.2017).

Für den Monat Februar 2016 berichtet UNAMI, dass zumindest 670 Iraker getötet und 1.290 verletzt wurden. Darunter waren 410 getötete Zivilisten (einschließlich Bundespolizei, Sahwa Zivilschutz, Leibwächter, Polizei für den Schutz von Gebäuden und Anlagen, sowie Feuerwehr) und 1.050 verletzte. Die Provinz Bagdad war (im Monat Februar 2016) mit zumindest 277 getöteten Zivilisten dabei am stärksten betroffen, ebenfalls stark betroffen waren Diyala (40 getötete Zivilisten), Nineweh (42 getötete Zivilisten) und Kirkuk (29 getötete Zivilisten). Auf Grund der unübersichtlichen und volatilen Sicherheitslage können laut UNAMI die zu Anbar dokumentierten Zahlen (4 getötete und 126 verletzte Zivilisten) besonders stark von den tatsächlichen Zahlen abweichen (UNAMI 2.2016). Im März 2016 wurden nach der Zählung von Iraq Body Count (IBC) 1.073 Zivilpersonen getötet. Nach der UN Assistance Mission for Iraq (UNAMI) gab es 575 zivile Todesopfer und 1.196 Verletzte im März 2016. Weiter wurden 544 Mitglieder der irakischen Armee, Peshmerga-Kämpfer und andere Verbündete (ohne Opferzahlen der Anbar-Operationen) getötet und 365 verletzt. Die am stärksten betroffene Provinz war im März abermals Bagdad mit 1.029 (259 Tote, 770 Verletzte) zivilen Opfern. In der Provinz Nineweh gab es 133 Tote und 89 Verletzte, in der Provinz Babil 65 Tote und 141 Verletzte, in der Provinz Kirkuk 34 Tote und 57 Verletzte, in der Provinz Diyala elf Tote und in der Provinz Salahuddin sechs Tote und einen Verletzten (Mindestzahlen) (BAMF 4.4.2016).

Die folgende Tabelle zeigt eine Aufgliederung ziviler Opfer in den sechs am intensivsten von Gewalt betroffenen Provinzen im Zeitraum Juni 2014 bis November 2016 auf Basis von Daten von UNAMI:

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(Quelle: UK Home Office 3.2017)

Am 27.2.2016 kam es zu einem Doppel-Selbstmordanschlag im schiitisch dominierten Viertel Sadr City (Bagdad) mit 70 Todesopfern. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Doppelanschlag (Reuters 29.2.2016). Bei einem weiteren – ebenfalls vom IS verübten – Selbstmordanschlag am 6.3.2016 südlich der Stadt Bagdad starben 47 Menschen (National 6.3.2016).

Die am meisten gefährdeten Personengruppen sind neben religiösen und ethnischen Minderheiten auch Berufsgruppen wie Polizisten, Soldaten, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte, Mitglieder des Sicherheitsapparats, sogenannte "Kollaborateure", aber auch Mitarbeiter von Ministerien (AA 18.2.2016).

Insgesamt kann die Sicherheitslage im Irak im Jahr 2015 als weiterhin höchst instabil bezeichnet werden. Die Kampfhandlungen konzentrierten sich weitgehend auf die Provinzen Anbar, Ninewah und Salah al-Din. Die irakische Regierung und die KRG konzentrierten sich weiterhin darauf, territoriale Fortschritte gegen den IS zu machen (UN Security Council 26.10.2015).

Der Aufstieg der zahlreichen konfessionellen Milizen und sonstigen bewaffneten Organisationen und Gruppen geht insbesondere auf den Bürgerkrieg von 2005 bis 2007 zurück. Heute stehen sich v.a. der aus Al-Qaida hervorgegangene "Islamische Staat", die schiitischen Milizen und die kurdischen Peschmerga gegenüber. Die schiitischen Milizen in ihrer Gesamtheit werden als militärisch stärker als die irakische Armee eingeschätzt (Standard 18.11.2015), und einige davon machen sich massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig (RSF 18.4.2015, vergleiche HRW 20.9.2015, vergleiche Rohde 9.11.2016). Neben deren gewaltsamen Übergriffen auf Teile der sunnitischen Bevölkerung gibt es auch schiitische Milizen, die - ähnlich wie islamistische sunnitische Gruppen - gegen (nach deren Definition) "un-islamisches" Verhalten vorgehen und z.B. Bordelle, Nachtclubs oder Alkoholgeschäfte attackieren (Washington Post 21.1.2016). Die Peschmerga kämpfen zwar an der Seite der Zentralregierung, beschränken sich jedoch auf die Verteidigung der kurdischen Gebiete gegen den IS (Rohde 9.11.2015), gleichzeitig befinden sie sich aber auch in einem gespannten Verhältnis zu den schiitischen Milizen (Deutschlandfunk 5.12.2015). All diese Akteure sind mit externen Mächten liiert, allen voran Iran, Saudi-Arabien, Türkei oder den USA (Rohde 9.11.2015). Die USA sind mit einigen tausend US-Soldaten im Irak präsent und haben vor, ihre Präsenz mit weiteren Bodentruppen auszubauen. (Spiegel 2.12.2015, vergleiche FAZ 24.10.2015, vergleiche Focus 9.3.2016). Die von den USA angeführte Koalition gegen den IS hat im Irak seit Beginn ihrer Luftangriffe im August 2014 mehr als 6.800 Luftschläge durchgeführt.

Die folgende Karte zeigt, welche Gebiete im Irak von welchen militärischen Organisationen/Milizen kontrolliert werden:

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Quelle: ISW (16.06.2017)

Aus der nachstehenden Grafik gehen rezente sicherheitsrelevante

Vorfälle im Irak hervor:

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Quelle: ISW (08.05.2017)

Neben den derzeit aufgrund der Mossul-Offensive besonders hohen zivilen Todeszahlen in der Provinz Ninewa sterben auch in Bagdad täglich mehrere Menschen durch Gewalt (insbesondere durch improvisierte Sprengsätze).

UNAMI, die UN-Mission für den Irak, veröffentlichte die folgenden Zahlen, die von Seiten der Staatendokumentation zu einer Grafik zusammengefasst wurden:

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(Quelle: Zahlen UNAMI 1.2.2017, Darstellung: Staatendokumentation)

Bei dieser Statistik handelt es sich um absolute Mindestzahlen. UNAMI wurde bei der Verifizierung der Opfer behindert. Darüber hinaus starb eine unbekannte Zahl an Menschen auf Grund von indirekten Folgen des Konfliktes, wie das Fehlen von Wasser, Nahrung, medizinischer Versorgung, etc. Des Weiteren ist zu beachten, dass UNAMI nach Beginn der Offensive zur Rückeroberung Mossuls und anderer Gebiete in Ninewa zahlreiche Berichte von zivilen Todesopfern erhalten hat, die aufgrund der Lage nicht verifiziert werden konnten. UNAMI lieferte für den Monat Dez. 2016 keine Zahlen der getöteten Iraker insgesamt, sondern ausschließlich Zahlen für die zivilen Opfer. Bei jenen Monaten, die mit Stern versehen sind, ist die Zahl der in Anbar getöteten Zivilisten nicht enthalten ist.

Die Zahl der Zivilpersonen, die im Jänner 2017 im Irak getötet wurden, beträgt 382, die Zahl der Verletzten 908. Bagdad war, wie fast jeden Monat die am stärksten betroffene Provinz, Ninewa und Salahuddin waren ebenfalls besonders stark betroffen (UNAMI 1.2.2017).

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Seit August 2014 wurden im Irak von Seiten der US-geführten Koalition über 10.000 Luftschläge durchgeführt. Bis Februar 2016 waren es noch knapp 7.000 Luftschläge, die bis dahin durchgeführt worden waren (BBC 20.1.2017).

Die folgende Grafik zeigt die groben Kontrollgebiete der unterschiedlichen Akteure, wobei die Kategorie "Iraqi government" auch die Popular Mobilisation Forces (Volksmobilisierungseinheiten / Hashd al-Shaabi – bestehend aus fast ausschließlich schiitischen Milizen) umfasst:

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(BBC 20.1.2017)

2016 war für den Irak ein weiteres turbulentes Kriegsjahr. Die Terrormiliz Islamischer Staat büßte durch den Verlust wichtiger Städte (u.a. Ramadi Anfang 2016 und Falluja im Juni 2016) massiv an Territorium ein. [ ] Die derzeit laufende Offensive zur Rückeroberung Mossuls ist nach wie vor im Gange. Der IS, der noch knapp 4.000 Kämpfer in Mossul haben dürfte, wehrt sich mit Selbstmordkommandos, Scharfschützen, Drohnenbomben und chemischen Waffen, wie Chlor- und Senfgas (IFK 1.2017).

Die territoriale Zurückdrängung des IS hat die Zahl der terroristischen Anschläge in den genannten Provinzen nicht wesentlich verringert, in manchen Fällen sogar eine asymmetrische Kriegsführung des IS mit verstärkten terroristischen Aktivitäten provoziert (AA 7.2.2017). Der IS führte im Irak im Jahr 2016 über ein Dutzend Selbstmordanschläge und Autobomben-Anschläge durch. Am 3. Juli 2016 kamen bei einem Autobomben-Anschlag in Bagdad über 200 Menschen ums Leben, hunderte weitere wurden verletzt. Der IS hält weiterhin ungefähr 3.200 jesidische Frauen und Kinder fest, die meisten davon werden in Syrien festgehalten (HRW 1.2017).

Laut UNAMI hat der IS seine Anschläge zunehmend auf Märkten und in Wohngegenden verübt, und hat dabei vorwiegend auf Zivilisten, auch Frauen, Kinder und ältere Personen abgezielt (UNAMI 1.2.2017). Am 2.1.2017 fand beispielsweise in einer belebten Straße im schiitisch dominierten Viertel Sadr City in Bagdad ein größerer Autobombenanschlag statt, bei dem 35 Menschen starben und über 60 verletzt wurden (BBC 2.1.2017).

Im Zusammenhang mit der Zurückdrängung des Kontrollgebietes des IS sieht das Institute for the Study of War (ISW) bereits jetzt das erneute Aufflammen von Aufständen von Seiten der Sunniten im Irak, die durch die Schwächung des IS und den dadurch entstehenden Freiraum wieder Fuß fassen können. Regierungsfeindliche Gruppen formieren sich einerseits, weil die Sunniten im konfessionell geprägten Konflikt von der schiitisch dominierten Regierung weiterhin zunehmend marginalisiert werden, und sie Angst vor den an Bedeutung gewinnenden vom Iran aus gelenkten schiitischen Milizen haben. Andererseits werden diese Probleme von Seiten der bereits/nach wie vor existierenden radikalen Gruppen wie Al Qaeda und ex-/neo-baathistischen Gruppen wie Jaysh al-Rijal al-Tariqa al-Naqshbandiya (JRTN) benutzt, um sunnitische Bürger für ihre Zwecke zu vereinnahmen. Diese Gruppen sind - Annahmen des ISW zufolge - bereits jetzt zunehmend für Anschläge im Irak verantwortlich. Die US-geführte Koalition gegen den IS habe sich zu sehr auf das Zurückdrängen des IS konzentriert und andere Organisationen vernachlässigt (ISW 7.2.2017).

Rund 17 Millionen Menschen (53 Prozent der Bevölkerung) sind im Irak von Gewalt betroffen. Die irakischen Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage, den Schutz der Bürger sicherzustellen. Gerichte und Sicherheitskräfte verfügen nicht über ausreichend qualifiziertes Personal, es fehlt an rechtsstaatlichem Grundverständnis. Gewalttaten bleiben oft straflos. Die Schwäche der irakischen Sicherheitskräfte erlaubt es vornehmlich schiitischen Milizen, wie den vom Iran unterstützten Badr-Brigaden, den Asa’ib Ahl al-Haq und der Kata’ib Hisbollah, Parallelstrukturen im Zentralirak und im Süden des Landes aufzubauen. (AA 7.2.2017).

Laut einer Untersuchung des in den USA ansässigen Instituts IHS Jane's habe der IS im Jahr 2015 in Syrien und Irak insgesamt mehr Land eingebüßt als erobert. Insgesamt soll die Miliz etwa 14 Prozent ihres Territoriums eingebüßt haben. Zu den Verlusten im Irak zählten die Stadt Tikrit und die Raffinerie von Baiji. Zudem haben die Extremisten die Kontrolle über einen Teil einer Schnellstraße zwischen Raqqa in Syrien und Mossul im Irak verloren, was logistische Schwierigkeiten mit sich bringe. Erobert hat der IS im Irak die Provinz Anbar, sowie deren Hauptstadt Ramadi [letztere wurde in der Zwischenzeit wieder zurückerobert] (Standard 22.12.2015).

Im November 2015 eroberten die irakisch-kurdischen Peschmerga gemeinsam mit Einheiten der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihres syrischen Ablegers YPG und mit Unterstützung durch amerikanische Luftschläge die Stadt Sinjar vom IS zurück (NZZ 13.11.2015). (In der Folge dessen kam es dort zwischenzeitlich zu Zusammenstößen zwischen jesidischen Kämpfern und Einheiten der KDP-Peschmerga (Ekurd 26.11.2015).

Den Kurden gelang es auch, den IS aus Dörfern in der Nähe von Kirkuk zu vertreiben (NTV 11.9.2015). Gleichzeitig benutzen die Kurden den Krieg gegen den IS aber auch, um in den ohnehin lange umstrittenen Gebieten kurdische Fakten zu schaffen (unter anderem auch mit der Übernahme der Stadt Kirkuk im Sommer 2014), Araber werden zum Teil vertrieben (20Minuten 8.2015, vergleiche Deutschlandfunk 15.7.2015). Umgekehrt kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, wo Teile der sunnitischen Bevölkerung den vorrückenden Peshmerga in den Rücken fallen und mit dem IS zusammenarbeiten. Es herrscht Misstrauen auf beiden Seiten, bei den Kurden, sowie den Arabern (20 Minuten 8.2015).

Im Dezember 2015 gab Abadi die Rückeroberung der Stadt Ramadis bekannt, die im Mai in die Hände des IS gefallen war. Für die Armee ist der Sieg in Ramadi ein wichtiger und lang ersehnter Erfolg (Standard 29.12.2015). In dem ein Jahr andauernden Kampf gegen den IS in Ramadi, wurde die Stadt völlig zerstört (Haaretz 18.1.2016).

Stammeskämpfer haben die am 19.02.16 begonnenen Gefechte gegen den IS in Falluja eingestellt, nachdem der IS Angaben der Armee zufolge mehr als 100 Bewohner der Stadt als Geiseln gefangen genommen hatte. Angaben des Verwaltungschefs zufolge soll es sich um rund 60 Gefangene handeln. Die Stämme befürchteten, dass die Geiseln hingerichtet würden (BAMF 22.2.2016). Ende März 2016 begannen irakische Truppen (mit Unterstützung durch US-Luftangriffe) mit einer Großoffensive auf die vom IS besetzte Großstadt Mossul, der zweitgrößten Stadt Iraks, die nach wie vor vom IS gehalten wird (Standard 24.3.2016).

Die irakische Armee begann am 30.05.16 mit Unterstützung der US-Luftwaffe mit der Erstürmung von Fallujah. Hierzu rückten die Truppen Richtung Stadtzentrum vor. Eigenen Angaben zufolge konnten zunächst vier vom IS beherrschte Gebiete rund um die Stadt befreit werden. Am 31.05.16 startete der IS einen massiven Gegenangriff. Die UN befürchten, dass der IS 300 bis 400 Familien als menschliche Schutzschilde missbraucht. Zum Schutz der Zivilisten verlangsamte die irakische Armee ihr Vordringen. Am 04.06.16 gelang die Rückeroberung des Ortes Saqlawiyah im Nordwesten Fallujahs. Fallujah (Provinz Anbar) wird seit Januar 2014 vom IS kontrolliert und ist nach Mosul deren wichtigste Bastion. In der Stadt sind mehr als 50.000 Zivilisten eingeschlossen. Die Militäroffensive ist umstritten, weil starke schiitische Militärverbände daran beteiligt sind, in der Provinz aber vor allem Sunniten leben. Mitte Juni 2016 drangen Regierungstruppen und verbündete Milizen in Richtung Stadtzentrum vor, nachdem zunächst ein Vorstoß in den Außenbezirken zum Stocken gekommen war. Eigenen Angaben zufolge konnte am 07.06.16 aus dem Viertel Shuhada al-Thania (im Süden der Stadt) der IS verdrängt werden. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind derzeit etwa 90.000 Menschen in Fallujah eingeschlossen; bislang wurde von 50.000 ausgegangen. Nach Angaben von Human Rights Watch vom 09.06.16 liegen glaubwürdige Informationen vor, wonach Mitglieder der Polizei und bewaffneter Milizen nördlich von Fallujah mindestens 17 Männer eines sunnitischen Stammes erschossen hätten. Schiitische Milizen sollen auch Hunderte Sunniten aus dem Umland der Stadt gefangen genommen und schwer misshandelt haben. In Saqlawiyah, 10 km nordwestlich von Fallujah, fanden irakische Sicherheitskräfte ein Massengrab mit etwa 400 Toten, mutmaßlich Opfer des IS. Es soll sich hauptsächlich um irakische Soldaten handeln (BAMF 06.06.2016 und 13.06.2016).

Die irakischen Behörden kündigen an, angebliche Misshandlungen von ZivilistInnen durch Regierungstruppen zu untersuchen (HRW 09.06.2016). Einem Regierungssprecher zufolge wurden auf Anweisung von Premierminister Haidar al-Abadi mehrere Kämpfer festgenommen, welche verdächtigt werden, während der Offensive zur Rückeroberung von Falludscha von der Miliz Islamischer Staat Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Details hiezu sind indes nicht bekannt (RFE 13.06.2016).

Am 17.10.2016 begannen ca. 30.000 kurdische Peschmerga-Kämpfer, irakische Sicherheitskräfte und Milizen verschiedenster religiöser Ausrichtung nach mehrwöchigem Aufmarsch eine Offensive zur Rückeroberung Mossuls. Die Stärke des Islamischen Staates in Mossul wird auf ca. 3.000-5.000 Kämpfer geschätzt.

Am 22.10.2016 wurde die mehrheitlich christliche Stadt Karakosch, die seit 2014 unter Kontrolle der Milizen des Islamischen Staates war, von irakischen Sicherheitskräften zurückerobert (RFE/RL 22.10.2016).

Am 25.10.2016 waren die Sicherheitskräfte im Osten der Stadt nur noch wenige Kilometer von Mossul entfernt, während es im Süden noch 30 Kilometer waren. Der Islamische Staat begeht nach UN-Erkenntnissen Gräueltaten an der Bevölkerung. Im Dorf Tulul Naser südlich von Mossul seien die Leichen von 70 Zivilisten gefunden worden. Auch sollen 50 frühere Polizisten nahe Mossul umgebracht worden sein. Nach UN-Informationen wurden im Dorf Safina südlich von Mossul 15 Zivilisten getötet und ihre Leichen in einen Fluss geworfen, um Angst und Schrecken zu verbreiten (Standard 25.10.2016).

Die folgenden Karten zeigen den Frontverlauf im Juni 2017 (Quelle: ISW 22.06.2017):

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In Bagdad ereignete sich um den Jahreswechsel eine neuerliche Terrorserie. Am 2.1.2017 wurden mindesten 32 Menschen bei der Explosion einer Autobombe im Stadtviertel Sadr City getötet (Spiegel Online 2.1.2017). Zuvor waren am 31.12.2016 bei drei Anschlägen in der irakischen Hauptstadt mindestens 29 Menschen getötet und mehr als 50 weitere verletzt worden. Bei einem weiteren Anschlag wurden vier Menschen getötet. Zu den Anschlägen bekannte sich der IS, eine Eine dem IS nahestehende Nachrichtenagentur meldete, Ziel der Angreifer seien schiitische Muslime gewesen (Standard 31.12.2016).

Quellen:

22 - Informationszentrum Asyl und Migration, Briefing Notes,
http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1456148840_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-22-02-2016-deutsch.pdf, Zugriff 9.3.2016

Briefing Notes – Irak

Briefing Notes vom 06.06.2016
http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1465283918_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-06-06-2016-deutsch.pdf (Zugriff am 23. Juni 2016)

Briefing Notes vom 13.06.2016
http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1465826992_1-deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-13-06-2016-deutsch.pdf (Zugriff am 23. Juni 2016)

http://www.deutschlandfunk.de/kurden-im-nordirak-die-fragwuerdigen-methoden-der-peschmerga.724.de.html?dram:article_id=325533 , Zugriff 14.1.2016

http://www.deutschlandfunk.de/kampf-gegen-den-is-schiitische-milizen-unter-den.799.de.html?dram:article_id=338924 , Zugriff 14.1.2016

http://www.ecoi.net/local_link/325226/465036_de.html (Zugriff am 23. Juni 2016)

http://www.haaretz.com/middle-east-news/1.698148#!, Zugriff 19.1.2016

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http://uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=6725:un-casualties-figures-for-iraq-for-the-month-of-january-2017&Itemid=633&lang=en , Zugriff 13.2.2017

2.1. Die wichtigsten im Irak operierenden militärischen Akteure und Milizen

Iraqi Security Forces (ISF)

Den ISF kommt nach dem Abzug der Streitkräfte der Koalition ab 2011 eine besonders gewichtige Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit im Irak zu. Die ISF haben drei Hauptzweige: die irakische Armee, die irakische Polizei und die National Police. Im Irak besteht kein verpflichtender Wehrdienst (ÖB Amman 12.2016).

Die ISF sind zum Teil infiltriert von schiitischen Arabern, während sunnitische Araber in den ISF unterrepräsentiert sind (ISW o.D.a). Teilweise wurden schiitische Milizen, die für ihr brutales Vorgehen gegen Sunniten bekannt sind (s. Abschnitt 8., sowie 8.2.), auch in die ISF integriert, was die Sunniten Iraks mit besonderer Sorge sehen. Die ISF verübten aber auch selbst Attacken auf zivile sunnitische Gebiete (ISW o.D.b). Darüber hinaus haben die ISF das Problem, dass es im Land schiitische Milizen gibt, die zusammengenommen sogar als militärisch stärker als die ISF eingeschätzt werden (Standard 18.9.2015).

Insbesondere im Sommer 2014 machten die ISF keine gute Figur und überließen dem IS kampflos große Gebiete des Landes - unter anderem die Stadt Mossul (Spiegel 15.6.2014). Zehntausende irakische Soldaten verließen im Juni 2014 ihre Posten und flüchteten. Viele aus Angst vor dem IS, viele meinten, sie hätten den Befehl dazu bekommen. Es fehlte unter anderem an einer starken Führung, sowie an fehlender Motivation, zweiteres wohl auch, weil sich viele nicht mit der Politik des damaligen Präsidenten Maliki identifizieren konnten. Die ursprünglich 400.000 Mann starke Armee, die mit US-Hilfe aufgebaut worden war, wird nunmehr auf 85.000 aktive Soldaten geschätzt. Das Verteidigungsministerium hatte die Zahl offenbar hochgespielt, man spricht in diesem Zusammenhang von "Geistersoldaten". Abadi gab im November 2014 zu, dass es 50.000 solcher Geistersoldaten gab (Global Security o.D.).

Schiitische Milizen

Die primär schiitischen Milizen sind formal in die irakische Sicherheitsarchitektur eingegliederten. De facto folgen sie oft parallelen Kommandostrukturen und Interessen. Der Einsatz dieser Milizen im Kampf gegen den ISIS wird von Sunniten meist abgelehnt:

sie fürchten ein ruchloses Vorgehen der Milizen und dulden die Extremisten daher in ihren Gebieten. Berichte über Übergriffe der schiitischen Milizen konterkarieren die Versuche von Premier Haidar al-Abadi - aber auch der höchsten geistlichen Instanz der Schiiten in Najaf, Ayatollah al-Sistani -, den arabischen Sunniten wieder Vertrauen in den irakischen Staat einzuflößen (ÖB Amman 12.2016).

Sunnitische Milizen

Ungefähr 100.000 irakische Sunniten sind bekannt als "Sons of Iraq" (auch "Awakening" oder "Sahwa" genannt). Es handelt sich um bewaffnete Männer, die während der Jahre 2003-2006 das US-Militär im Irak bekämpften, aber sich danach mit den US-Streitkräften gegen Al Qaida Iraq (den Vorläufer des IS) verbündeten. Ihnen wurde zugesagt, dass sie in die ISF integriert werden sollen, aber nur ein Teil wurde letztlich tatsächlich eingegliedert. Die übrigen wurden in Checkpoints eingesetzt, und erhielten ein geringes Gehalt, wurden aber nicht formell eingegliedert. Als Ergebnis dessen waren einige dieser Kämpfer desillusioniert und Berichten zufolge schlossen sich einige (Zahlen sind nicht bekannt) dem IS an (CRS 31.12.2015).

Kurdische Kämpfer

Es gibt seit langem Bestrebungen zur Zusammenführung der KDP-Peschmerga und der PUK-Peschmerga zu einer einheitlichen Armee. Eine effektive und vollständige Vereinigung ist jedoch auf Grund der Konkurrenzsituation und des Misstrauens gegeneinander nicht erfolgt (CMEC 16.12.2015).

Quellen:

BAGHDAD - THE SHIA MILITIAS,
http://www.migri.fi/download/61225_Security_Situation_in_Baghdad_-_The_Shia_Militias_29.4.2015.pdf?01abe06266acd288 , Zugriff 20.10.2015

http://www.understandingwar.org/report/beyond-islamic-state-iraqs-sunni-insurgency#sthash.wb8xvtLK.dpuf, Zugriff 14.1.2016

www.derstandard.at/2000022440305/Schiitische-Milizen-sollen-aus-Tikrit-abziehen, Zugriff 14.1.2016

http://web.stanford.edu/group/mappingmilitants/cgi-bin/groups/view/143#locations, Zugriff 25.3.2016

2.2. Kurdisches Autonomiegebiet (KRI)

Die Sicherheitslage in den autonomen Kurdengebieten ist verglichen mit der Situation im übrigen Irak gut (RI 2.11.2015). Während für Gesamtirak von einem extrem hohen Sicherheitsrisiko gesprochen werden muss, stellt sich die kampf- und terrorbezogene Sicherheitslage in den kurdischen Provinzen und in den Provinzen im schiitisch dominierten Süden des Landes relativ besser dar. In Kirkuk haben primär seitens der PUK gestellten Peshmerga die Kontrolle, arbeiten jedoch auch mit den Iraqi Security Forces zusammen. Die Sicherheitslage kann auch in diesen umstrittenen Gebieten derzeit als "stabil" beurteilt werden, wenn auch in der Provinz Kirkuk weiter ISIS-Angriffe stattfinden (ÖB Amman 12.2016).

In Artikel 117 der Verfassung wird die Region Kurdistan-Irak mit ihren Institutionen als eine Region des Irak anerkannt. Gemäß Artikel 121, der irakischen Verfassung üben kurdische Sicherheitskräfte (insbesondere die militärisch organisierten Peschmerga und die Sicherheitspolizei Asayisch) die Sicherheitsverantwortung in den Provinzen Erbil, Sulaymaniya, römisch XXXX und Halabja aus; diese Kräfte kontrollieren darüber hinaus de facto Teile der Provinzen Diyala, Kirkuk und Ninawa (Mosul). Sie unterstehen formal der kurdischen Regionalregierung und sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert. Die kurdischen Sicherheitskräfte bilden de facto keine homogene Einheit, sondern sind anfällig für Einflussnahme der beiden großen Parteien KDP und PUK (s.o.) in ihren jeweiligen Einflussgebieten.

Die Region Kurdistan-Irak wird von einer Regionalregierung verwaltet, die von den beiden großen kurdischen Parteien KDP und PUK getragen wird. Die KDP (Kurdische Demokratische Partei) des kurdischen Regionalpräsidenten Massoud Barzani kontrolliert die Provinzen Erbil und römisch XXXX im Norden des Kurdengebiets mit Grenzen zu Syrien, Türkei und Iran. Die PUK (Patriotische Union Kurdistans) übt traditionell die Kontrolle über die Provinzen Sulaimaniya und Halabja im Süden des Kurdengebiets mit Grenze zu Iran aus. Im Zuge des Kampfes gegen IS haben die kurdischen Peschmerga-Kämpfer auch die ölreiche und von vielen Kurden bewohnte Provinz Kirkuk unter ihre Kontrolle gebracht. Auch diese gilt als Einflussgebiet der PUK.

Innerirakische Migration in die Region Kurdistan-Irak ist möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss zur Asayisch-Behörde des jeweiligen Bezirks gehen und sich anmelden. Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht. Durch den Zustrom von Binnenvertriebenen ist die Region Kurdistan-Irak an der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt. Mehr als 900.000 Binnenflüchtlinge sind allein seit Anfang des Jahres 2014 nach Kurdistan-Irak geflohen. Hinzu kommen mehr als 250.000 syrische Flüchtlinge. Es gibt inzwischen regelmäßige Linienflüge wichtiger Luftfahrtgesellschaften, u.a. aus Europa und Staaten des Nahen Ostens, nach Bagdad (Royal Jordanian, Middle East Airlines, Turkish Airlines) sowie nach Erbil (Lufthansa, Austrian Airlines, Turkish Airlines, Germania) und Sulaymaniya (Turkish Airlines, Germania). Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Während Rückführungen in die Region Kurdistan auch von Deutschland aus regelmäßig stattfinden, werden Abschiebungen nach Zentralirak aus Deutschland gar nicht und von anderen Staaten sehr verhalten durchgeführt. Die irakische Regierung hat anlässlich der Rückführungsverhandlungen mit den Niederlanden im September 2012 betont, dass sie grundsätzlich die zwangsweise Abschiebung seiner Staatsangehörigen ablehne. Andererseits führen z.B. Schweden, Großbritannien und Australien vereinzelt Abschiebungen durch und planen dies auch für die Zukunft In der Region Kurdistan-Irak wie auch in weiteren Gebieten, die unter Kontrolle der kurdischen Regionalregierung stehen, sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt (AA 16.02.2016).

Immer wieder finden jedoch vereinzelte Anschläge statt. Verübt werden diese oft von kurdischen IS-Kämpfern. Neben den tausenden Kurden, die den IS bekämpfen, haben sich einige hundert dem IS angeschlossen. Viele sind in Schläferzellen innerhalb der KRI organisiert und verüben vereinzelte Anschläge (Al Arabiya 17.9.2015). Laut Iraq Body Count wurden zwischen Anfang Jänner und Ende September 2015 in den drei Provinzen Erbil, römisch XXXX und Suleimaniya bei 11 Vorfällen 28 Menschen getötet. Im (gesamten) Jahr 2014 waren es nach derselben Quelle 15 Vorfälle mit 36 getöteten Menschen (Iraq Body Count 30.9.2015). Darüber hinaus kommt es auf Grund der Spannungen zwischen den irakisch-kurdischen Parteien vermehrt zu Demonstrationen, teilweise sogar mit einigen Todesopfern (Standard 13.10.2015).

Nach der Rückeroberung der Stadt Sinjar am 12.11.2015 kontrollieren kurdische Peshmerga insgesamt bereits 95% jenes Gebietes, das sie unter ihrer Kontrolle sehen wollten, entlang eines nunmehrigen Grenzverlaufs von ca. 1.600 km stehen derzeit über 160.000 kurdische Kämpfer den Milizen des IS gegenüber (Jamestown Foundation 17.12.2015)-

Auf Grund des Konfliktes zwischen der Türkei und der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK kommt es im Nordirak auch immer wieder zu türkischen Kampfeinsätzen gegen die PKK, die in den Bergen Nordiraks Stützpunkte betreibt. Dabei werden auch immer wieder kurdische Kämpfer, vereinzelt auch Zivilisten getötet (Hürriyet Daily News 7.8.2015, vergleiche Reuters 19.9.2015 und Reuters 1.8.2015). Im Jänner 2016 zerstörte die Türkei im Zuge von Luftschlägen im Nordirak einige Lager und Unterkünfte der PKK (MIMO 13.1.2016). Laut einer Pressemeldung [von welcher Presse wird im Bericht nicht erwähnt], die sich auf irakische Medienberichte beruft, hat die türkische Luftwaffe am 17.02.16 abermals Stellungen der kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak bombardiert (BAMF 22.2.2016).

Als Folge der historischen Unterdrückung und Vertreibung von Kurden unter dem früheren Saddam-Regime herrscht unter Sunniten die Angst, dass befreiende kurdische Peshmergatruppen nunmehr Rache üben oder Gebiete zurückerobern könnten, in dem für sie kein Platz mehr sein wird. In den Kurdengebieten wird Arabisch nicht mehr an den Schulen unterrichtet. Kurdische Streitkräfte haben zahlreiche arabische Häuser zerstört. Die kurdische Regierung bemüht sich, Minderheiten vor Gewalt und Verfolgung zu schützen. Unter Schiiten und Kurden besteht ein Misstrauen gegenüber jenen Sunniten, die nunmehr seit zwei Jahren unter ISIS-Kontrolle stehen. Diese werden nicht als Opfer, sondern als mögliche Kollaborateure und potentielle Attentäter betrachtet. Dennoch wird danach getrachtet, sunnitischen Bewohnern befreiter Gebiete rasch eine Rückkehr zu ermöglichen (ÖB Amman 12.2016).

Quellen:

http://english.alarabiya.net/en/perspective/analysis/2015/09/17/Analysis-The-hidden-enemy-inside-Kurdistan-resurfaces.html, Zugriff 20.11.2015

22 - Informationszentrum Asyl und Migration, Briefing Notes,
http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1456148840_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-22-02-2016-deutsch.pdf, Zugriff 9.3.2016

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

https://www.middleeastmonitor.com/news/europe/23320-turkey-destroys-pkk-camps-in-northern-iraq, Zugriff 18.1.2016

http://uk.reuters.com/article/2015/08/01/us-mideast-crisis-turkey-iraq-idUKKCN0Q635X20150801?mod=related&channelName=gc05, Zugriff 5.8.2015

http://static1.squarespace.com/static/506c8ea1e4b01d9450dd53f5/t/5633c6bfe4b03216fd2ea132/1446233807064/Displaced , Zugriff 14.1.2016

www.derstandard.at/2000023698931/Barzani-Partei-wirft-Gegner-aus-Regierung-und-Parlament , Zugriff 15.1.2016

http://www.jamestown.org/programs/tm/single/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=44911&cHash=b4b62c78a0f1841ffc0613bbf4353c2b#.VzBMlNJf2Ah, Zugriff am 6.5.2016

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Anmerkung, Dieser Abschnitt ist nur relevant für Gebiete, in denen das staatliche Rechtssystem greift. Dies ist in Teilen des Landes nicht oder nur eingeschränkt der Fall (in vom IS besetzten Gebieten, oder teilweise in einigen von schiitischen Milizen dominierten Gebieten).

Das Strafjustizwesen wies laut Amnesty International weiterhin gravierende Mängel auf. Der Justiz fehlte es an Unabhängigkeit. Die Verfahren waren systematisch unfair, insbesondere solche, in denen Anklage wegen terroristischer Straftaten erhoben wurde und die Todesstrafe verhängt werden konnte. Gerichte sprachen Angeklagte aufgrund von "Geständnissen" schuldig, die unter Folter erpresst worden waren, und die teilweise bereits vor Prozessbeginn von staatlichen Fernsehsendern ausgestrahlt wurden (AI 24.2.2016). Der irakische Staat verhängt Todesstrafen aufgrund von Geständnissen, die durch Folter erzwungen wurden (RFE/RL 5.11.2015). Rechtsanwälte, die Terrorismusverdächtige verteidigten, wurden von Sicherheitsbeamten bedroht und eingeschüchtert und von Milizen tätlich angegriffen. Der IS und andere bewaffnete Gruppen attackierten und töteten weiterhin Richter, Rechtsanwälte und Justizbedienstete. Im Juli 2015 verurteilte das Zentrale Irakische Strafgericht in Bagdad 24 mutmaßliche IS-Mitglieder zum Tode. Die Männer waren für schuldig befunden worden, im Juni 2014 mindestens

1.700 Militärkadetten des Militärstützpunkts Camp Speicher in der Nähe von Tikrit in der Provinz Salah al-Din getötet zu haben. Vier weitere Angeklagte wurden freigesprochen. Die Gerichtsverhandlung dauerte nur wenige Stunden und stützte sich weitgehend auf "Geständnisse", die nach Angaben der Angeklagten während ihrer Untersuchungshaft unter Folter erpresst worden waren, sowie auf ein Video des Massakers, das der IS zuvor in Umlauf gebracht hatte. Die Angeklagten bestritten ihre Beteiligung an den Tötungen. Einige gaben an, zum Tatzeitpunkt nicht in Tikrit gewesen zu sein. Keiner der Angeklagten hatte einen Rechtsbeistand seiner Wahl. Alle wurden von Rechtsanwälten vertreten, die das Gericht ernannt hatte. Diese plädierten zwar für milde Urteile, stellten aber die Beweise oder die Zulässigkeit der "Geständnisse" nicht in Frage (AI 24.2.2016).

Laut Bericht des Auswärtigen Amtes findet die Verfolgung von Straftaten nur unzureichend statt. Es mangelt an ausgebildeten, unbelasteten Richtern; eine rechtsstaatliche Tradition gibt es nicht. Häufig werden übermäßig hohe Strafen verhängt. Obwohl nach irakischem Strafprozessrecht Untersuchungshäftlinge binnen 24 Stunden einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden müssen, wird diese Frist nicht immer respektiert und zuweilen auf 30 Tage ausgedehnt. Freilassungen erfolgen mitunter nur gegen Bestechungszahlungen. Insbesondere Sunniten beschweren sich über eine sogenannte "schiitische Siegerjustiz" und einseitige Anwendung der bestehenden Gesetze zu ihren Lasten (AA 18.02.2016).

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf, die der Deutschen Botschaft Bagdad durch das irakische Außenministerium per Verbalnote zwecks Überprüfung zugesandt wurden. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden (AA 07.02.2017).

Quellen:

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Iraq.pdf, Zugriff 10.3.2016

4. Folter und unmenschliche Behandlung

Folter und unmenschliche Behandlung werden von der irakischen Verfassung in Artikel 37, ausdrücklich verboten. Im Juli 2011 hat die irakische Regierung die "Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman and Degrading Treatment or Punishment (CAT)" unterzeichnet. Folter wird jedoch auch in der jüngsten Zeit von staatlichen Akteuren eingesetzt. Es kommt immer wieder zu systematischer Anwendung von Folter bei Befragungen durch irakische (einschließlich kurdische) Polizei- und andere Sicherheitskräfte. Laut Informationen von UNAMI sollen u.a. Bedrohung mit dem Tod, Fixierung mit Handschellen in schmerzhaften Positionen und Elektroschocks an allen Körperteilen zu den Praktiken gehören. Das im August 2015 abgeschaffte Menschenrechtsministerium hat nach eigenen Angaben 500 Fälle unerlaubter Gewaltanwendung an die Justiz überwiesen, allerdings wurden die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen (AA 18.2.2016).

Vernehmungsbeamte folterten Häftlinge, um Informationen zu erpressen und "Geständnisse" zu erzwingen, die später vor Gericht gegen sie verwendet wurden. Einige Häftlinge sollen infolge der Folter gestorben sein. Im April 2015 bestätigte ein Mitglied des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses, dass nach wie vor Häftlinge gefoltert und erpresste "Geständnisse" vor Gericht verwendet würden. Der UN-Ausschuss gegen Folter warf der Regierung vor, Foltervorwürfe nicht zu untersuchen, und forderte bessere Schutzmaßnahmen gegen Folter (AI 24.2.2016). Auch die Bertelsmann-Stiftung berichtet davon, dass Beamten des irakischen Innenministeriums Gefangene (straffrei) zu Tode folterte. Unter der Regierung von Ex-Premierminister Maliki hatte es eine Untersuchung des irakischen "Ministerium für Menschenrechte" [seit August 2015 abgeschafft], die ergeben hatte, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2013 20 von 117 Todesfällen in Haft die Folge von Folter waren (BI 2016).

Nach glaubwürdigen Berichten von Human Rights Watch kommt es in Gefängnissen der Asayisch (kurdische Geheimpolizei) in der Region Kurdistan-Irak zur Anwendung von Folterpraktiken gegen Terrorverdächtige, z. B. durch Schläge mit Kabeln, Wasserschläuchen, Holzstöcken und Metallstangen, durch das Halten von Gefangenen in Stresspositionen über längere Zeiträume, tagelanges Fesseln und Verbinden der Augen sowie ausgedehnte Einzelhaft. Die Haftbedingungen sind insgesamt sehr schlecht (AA 18.2.2016).

In den Abschnitten 8.1. sowie 8.2. finden sich weitere Informationen zu diesem Themenbereich.

Quellen:

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Iraq.pdf, Zugriff 10.3.2016

5. Allgemeine Menschenrechtslage

Staatliche Stellen sind nach wie vor für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich und trotz erkennbarem Willen der Regierung Abadi nicht in der Lage oder bereit, die in der Verfassung verankerten Rechte und Grundfreiheiten zu gewährleisten. Derzeit ist es staatlichen Stellen zudem nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Dies geht nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen sowie den Vereinten Nationen einher mit Repressionen, mitunter auch extralegalen Tötungen sowie Vertreibungen von Angehörigen der jeweils anderen Konfession (AA 18.2.2016).

Auch laut Amnesty International sind sowohl Sicherheitskräfte der Regierung, regierungstreue Milizen, als auch die bewaffnete Gruppe Islamischer Staat (IS) für Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverstöße verantwortlich. Regierungstruppen waren für wahllose Angriffe auf Gebiete unter IS-Kontrolle verantwortlich und verübten außergerichtliche Hinrichtungen. Die Menschenrechtslage habe sich im Jahr 2015 weiter verschlechtert. Alle Konfliktparteien begingen Kriegsverbrechen sowie andere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und Menschenrechtsverstöße. Berichten zufolge setzten sowohl die "Einheiten der Volksmobilisierung" (al-Hashd al-Shaabi) (v.a. bestehend aus von der Regierung legitimierten schiitischen Milizen) als auch der "Islamische Staat" Kindersoldaten ein.

Im Juli und August 2015 beteiligten sich in Bagdad, Basra und anderen Städten tausende Menschen an Straßenprotesten gegen staatliche Korruption, Engpässe in der Strom- und Wasserversorgung und die Unfähigkeit der Behörden, grundlegende Versorgungsleistungen sicherzustellen. Mindestens fünf Personen wurden getötet, als die Sicherheitskräfte exzessive Gewalt einsetzten, um die Demonstrationen aufzulösen. In den darauffolgenden Wochen wurden mehrere Anführer der Proteste in Bagdad, Nassiriya und Basra von Unbekannten getötet. Der Innenminister behauptete, die Tötungen stünden nicht in Zusammenhang mit den Demonstrationen. Es blieb jedoch unklar, ob die Behörden die Vorfälle gründlich untersuchten.

Es kommt weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen durch Polizei und andere Sicherheitskräfte. Der in der Verfassung festgeschriebene Aufbau von Menschenrechtsinstitutionen kommt nur schleppend voran. Die unabhängige Menschenrechtskommission konnte sich bisher nicht als geschlossener und durchsetzungsstarker Akteur etablieren. Im Zuge der Rückeroberung von Gebieten, die der IS im Jahr 2014 erobert hatte, kommt es auch zu Repressionen durch kurdische Peschmerga, durch schiitische und auch sunnitische Milizen insbesondere gegen Angehörige (anderer) sunnitischer Stämme, die der Kollaboration mit dem IS bezichtigt werden (AA 18.2.2016).

Journalisten mussten 2015 weiterhin unter extrem gefährlichen Bedingungen arbeiten. Sie waren Drohungen und tätlichen Angriffen durch Sicherheitskräfte ausgesetzt und mussten befürchten, vom IS und anderen bewaffneten Gruppen verschleppt und getötet zu werden. Im April 2015 erklärte der Innenminister, die negative Berichterstattung der Medien über die Sicherheitskräfte behindere den Kampf gegen den IS (AI 24.2.2016).

Auf dem Weltpressefreiheitsindex 2014 belegt der Irak Platz 153 von 180 und liegt damit nur unwesentlich besser als am absoluten Tiefpunkt von Platz 158 im Jahr 2008. Zudem war der Irak im Jahr 2014 das viert-tödlichste Land für Journalisten – was insbesondere mit Gewaltakten an Journalisten durch den IS zusammenhängt (ÖB Amman 5.2015).

Abgesehen von Journalisten gibt es eine Reihe anderer Personengruppen, die besonders gefährdet sind: Besonders gefährdete gesellschaftliche Gruppen sind Polizisten, Soldaten, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte, alle Mitglieder des Sicherheitsapparats sowie sogenannte "Kollaborateure" sind besonders gefährdet. Auch Mitarbeiter der Ministerien sowie Mitglieder von Provinzregierungen werden regelmäßig Opfer von gezielten Attentaten. Neben Autobomben kommen dabei häufig schallgedämpfte Waffen zum Einsatz. Inhaber von Geschäften, in denen Alkohol verkauft wird (meist Angehörige von Minderheiten), Zivilisten, die für internationale Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen oder ausländische Unternehmen arbeiten, Friseure und medizinisches Personal werden ebenfalls immer wieder Ziel von Anschlägen. Eine Vielzahl von ehemaligen Mitgliedern der seit 2003 verbotenen Baath-Partei Saddam Husseins ist, soweit nicht ins Ausland geflüchtet [oder im Dienst des IS – s. Abschnitt 2.2.], häufig auf Grund der Anschuldigung terroristischer Aktivitäten in Haft. Laut der UN-Mission haben viele von ihnen weder Zugang zu Anwälten noch Kontakt zu ihren Familien (AA 18.2.2016).

Bei der Rückeroberung IS-kontrollierter Gebiete kam es weiterhin zu Exekutionen, Folter und Misshandlungen der örtlichen Bevölkerung durch schiitische Milizen der Popular Mobilisation Forces (HRW 1.2017).

Quellen:

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

5.1. Kurdisches Autonomiegebiet und die von den Kurden besetzten Gebiete

Das kurdische Autonomiegebiet ist vergleichsweise deutlich weniger von der konfessionell geprägten Gewalt betroffen, die im Rest von Irak vorherrscht (USDOS 25.6.2015). Die bewaffneten Milizen der beiden kurdischen Parteien KDP und PUK agieren jedoch teilweise in Eigenregie und verletzten im Laufe ihrer Geschichte immer wieder die Menschenrechte ohne strafrechtliche Konsequenzen. Bei Protesten gegen die KDP im Oktober 2015 feuerten KDP-Offiziere Berichten zufolge Schüsse auf Demonstranten ab. Dabei kam es auch zu Todesfällen (AI 21.10.2015).

Das kurdische Gebiet im Irak gerät wegen seiner Behandlung von sunnitischen Arabern, aber auch von Jesiden zunehmend in Kritik. Die meisten Araber und Jesiden sind zwar froh darüber, in Kurdistan untergekommen zu sein, jedoch werden diese Gruppen zum Teil stark diskriminiert (Huffington 10.2015). Es wird von Drohungen und Schikanen gegenüber den jesidischen IDPs berichtet, sowie auch von gewaltsamen Vorfällen in diesem Zusammenhang (UNHCR 3.2016). Und es gibt zunehmende Feindseligkeiten gegenüber sunnitischen Arabern, da viele verdächtigt werden, mit dem IS zu kooperieren (Reuters 20.10.2015). Der durch die Flüchtlingswellen entstehende enorme Bevölkerungszuwachs in der Autonomieregion belastet die lokalen Dienstleistungen und die Infrastruktur, beeinträchtigt die Bereitstellung grundlegender Dienste und bringt die wirtschaftliche Kapazität der kurdischen Regionalregierung an ihre Grenzen (IOM 31.8.2015).

Bei Verhören von Terrorverdächtigen kommt es teilweise zur Anwendung von Folterpraktiken (s. Abschnitt 6). In den von den kurdischen Streitkräften eroberten Gebieten (z.B. Kirkuk) kommt es zu Vertreibungen von Arabern. Von den Kurden wurden tausende Häuser von Arabern zerstört, um zu verhindern, dass diese zurückkehren (BBC 20.1.2016).

Quellen:

PUBLIC STATEMENT,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1445428287_mde1427112015english.pdf, Zugriff 15.1.2016

http://www.ecoi.net/local_link/315594/454291_de.html, Zugriff14.1.2016

http://www.trust.org/item/20151020050154-9ivj7, Zugriff 8.3.2016

6. Todesstrafe

Das Verhängen der Todesstrafe, deren Vollzug, allgemeiner Missbrauch, Vergewaltigung und Folter sind im Irak sehr häufig. Der irakische Staat hat seit Ende 2013 in etwa 240 Personen exekutiert,

1.700 Personen verbleiben in der Todeszelle (Stand 5.11.2015). Der irakische Staat verhängt auch Todesstrafen aufgrund von Geständnissen, die durch Folter erzwungen wurden (RFE/RL 5.11.2015). Im September 2015 verurteilte ein Gericht in Bagdad die drei Brüder Ali, Shakir und Abdel-Wehab Mahmoud Hameed al-'Akla wegen Terrorismus zum Tode, weil sie 2010 einen Mann enthauptet haben sollen. Alle drei Angeklagten gaben an, Sicherheitskräfte hätten sie während ihrer monatelangen Haft ohne Kontakt zur Außenwelt gefoltert und dazu gezwungen, die Tötung ihnen unbekannter Personen zu "gestehen". Die meisten Todesurteile ergingen gegen sunnitische Männer, die wegen Verstößen gegen das Antiterrorgesetz von 2005 schuldig gesprochen worden waren. Im Juni 2015 stimmte das Kabinett einer Änderung der Strafprozessordnung zu, wonach der Justizminister künftig Hinrichtungsbefehle unterzeichnen kann, wenn der Präsident nicht innerhalb von 30 Tagen darüber befindet. Im darauffolgenden Monat unterzeichnete Präsident Masum mindestens 21 Todesurteile (AI 24.2.2016). In der Region Kurdistan-Irak wurde nach dem Fall des Regimes Saddam Hussein die Todesstrafe abgeschafft, später aber zur Bekämpfung des Terrorismus wieder eingeführt. Am 12. August 2015 wurden erstmals seit 2008 wieder drei Menschen hingerichtet (AA 18.2.2016).

Quellen:

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

7. IDPs und Flüchtlinge / Bewegungsfreiheit

Der Irak ist seit über einem Jahrzehnt Schauplatz enormer Vertreibungswellen. Innerhalb der letzten beiden Jahre hat sich dies auf Grund der Verschlechterung der Sicherheitslage im Zentral- und Südirak noch einmal massiv verschärft (RI 2.11.2015). Seit Januar 2014 sind geschätzte 3,2 Millionen Menschen zu Internvertriebenen (IDPs) geworden (Stand 1. Jänner 2016). Über 10 Millionen Menschen sind derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 4.1.2016). Außerdem befinden sich im Irak rund 245.000 syrische Flüchtlinge (WFP 15.12.2015).

Die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und dem IS führten dazu, dass fast 3,2 Mio. Menschen aus den Provinzen Anbar, Niniveh und Salah al-Din ihre Heimat verließen und in anderen Teilen des Landes Schutz suchten. Viele flohen in die Region Kurdistan oder in andere Provinzen. Einige der Binnenvertriebenen wurden mehr als einmal vertrieben. Im Mai 2015 flohen etwa 500.000 Menschen aus der Provinz Anbar, nachdem der IS die Provinzhauptstadt Ramadi eingenommen hatte. Vielen von ihnen wurde eine Aufnahme in Bagdad von den Behörden verwehrt. Die humanitären Bedingungen für die Binnenvertriebenen waren nach wie vor hart; in vielen Fällen hatten sie keinen Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen. Einige Vertriebene sollen in der kurdischen Stadt Sulaimaniyah von der dortigen Bevölkerung tätlich angegriffen und verletzt worden sein. Andere, die in die Region Kurdistan geflohen waren, wurden inhaftiert, weil man sie verdächtigte, mit dem IS in Verbindung zu stehen.

Die größte Zahl an Binnenvertriebenen war im Gefolge der Ereignisse in der Provinz Anbar im April 2015 zu verzeichnen, seit dem Monat April 2015 flohen ca. 901.000 Personen in andere Landesteile. Die meisten der aus ihrer Heimatprovinz in andere Provinzen Vertriebenen stammen aus der Provinz Anbar (43% oder ca. 1,48 Mio.) sowie der Provinz Ninava (33% oder 1,12 Mio.), während die meisten der innerhalb ihrer Heimatprovinz Vertriebenen mit ca. 612.000 aus Anbar, ca. 103.000 aus Kirkuk und 91.000 aus Diyala stammen.

Jüngsten Erhebungen zufolge halten sich innerhalb der Provinz Bagdad ca. 602.000 IDP (17% aller IDP), der Provinz Anbar ca. 631.000, der Provinz römisch XXXX ca. 399.000, der Provinz Kirkuk (Al Tamim) ca. 378.000, der Provinz Erbil ca. 362.000, der Provinz Ninava ca. 276.000, der Provinz Salah al-Din ca. 209.000, und der Provinz Suleymaniah ca. 164.000 auf.

Aus regionaler Sicht beherbergen der Zentralirak ca. 2,35 Mio. oder 69%, die kurdische Region des Irak ca. 926.000 oder 27%, und der Südirak ca. 137.000 oder 4% aller IDP.

Von insgesamt 3,41 Millionen identifizierten IDP im Irak halten sich 45% in angemieteten Unterkünften, 24% bei Gastfamilien und 0,34% in Hotels, somit ca. 70% in privaten Unterkünften, daneben 11% in Flüchtlingslagern, 7% in unfertigen Gebäuden, 3% in religiösen Einrichtungen, 1% in Schulen und 4% in sonstigen informellen Unterkünften auf, die Unterkunftsform von 2% ist unbekannt.

Den IDP standen bis April 2016 553.100 aus den Fluchtgebieten in ihre Herkunftsgebiete zurückgekehrte Personen bzw. 92.100 Familien gegenüber, primär in die Provinz Ninava, hier vor allem im Bezirke Telafar, in die Provinz Salah al-Din, hier vor allem in den Bezirk Tikrit, und in die Provinz Diyala (IOM - Iraq Displacement Tracking Matrix April 2016). In Bagdad fanden sich Ende Jänner 2016 insgesamt 14 Lager für IDP, in Diyala 4, in Missan 1, in Salah al Din 1 und in Kerbala 1. In Bagdad, Babylon, Najaf und Wassit befindet sich jeweils 1 im Aufbau. Innerhalb der kurdischen Autonomieregion bzw. der unter faktischer Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte stehenden Regionen fanden sich in der Provinz römisch XXXX insgesamt 10 Lager, in Erbil 4, in Kirkuk 3, in Ninava 6, in Suleimaniya 3. In römisch XXXX und Suleimanyia befindet sich jeweils 1 im Aufbau (IOM – Iraq, IDP Population & Settlement Situation, CCCM Cluster, 31.01.2016). IOM-Iraq unterstützt mit ihren nationalen und internationalen Partnerorganisationen (z.B. United Iraqi Medical Society, Medecins du Monde, Medecins sans Frontieres, Aide Medicale Internationale, International Medical Corps, World Vision International, Kurdistan Save the Children, SOS, etc.) die Intern Vertriebenen vor Ort vor allem mit Hilfestellung in den Bereichen Unterkunft, Gesundheitsversorgung und Erziehung sowie mit Waren- und Geldleistungen. IOM und UNHCR sind u.a. in allen Bezirken der Provinzen Erbil, römisch XXXX und Suleimaniya aktiv, in römisch XXXX operieren insgesamt 48, in Erbil 28 und in Suleimaniya 22 verschiedene staatliche und nicht-staatliche Hilfsorganisationen (IOM-Iraq, Shelter and NFI Cluster Capacity, 31.01.2016, http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1457341870_iraq-1.pdf).

Rund 3 Millionen Menschen wurden seit Januar 2014 intern-vertrieben, an ihre Heimatorte konnten in dieser Zeit rund 1,5 Millionen zurückkehren. Die folgende Grafik veranschaulicht die Zahl der IDPs nach der jeweiligen Region, in die sie geflüchtet sind:

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(IOM 2.2.2017)

In der Region Kurdistan-Irak alleine halten sich mehr als 11,3 Millionen Binnenvertriebene auf. Über 10 Millionen Menschen, also rund ein Drittel der Bevölkerung, sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (AA 7.2.2017). Bezüglich der Rückkehr von IDPs ist insbesondere Tikrit nennenswert, das eine unerwartete Wendung erlebt hat. Nachdem die Popular Mobilisation Forces nach der Rückeroberung in einem Racheakt zunächst ganze Stadtteile niederbrannten und andere Menschenrechtsverletzungen begingen (MOI 11.2.2016), konnten inzwischen die meisten der ursprünglichen Einwohner Tikrits zurückkehren. Allerdings ist der Großteil der Stadt zerstört und die Infrastruktur noch nicht wieder vollständig hergestellt (WP 23.11.2016).

Beispielsweise wird berichtet, dass von den rund 50.000 Familien, die von Salahuddin nach Kirkuk kamen, es nur 20.000 Familien möglich war, in rückeroberte Gebiete zurückzukehren, die übrigen Familien beschuldigen schiitische Milizen, dass diese sie nicht zurückkehren lassen würden (Rudaw 10.1.2017).

Innerhalb der letzten zwei Jahre seien ungefähr 900.000 Vertriebene nach Hause zurückgekehrt (Stand 23.11.2016), vorwiegend in sunnitische Städte wie Fallujah, Ramadi und Tikrit. An Orte zurückzukehren, an denen Sunniten in Nachbarschaft mit Schiiten oder Kurden gelebt hatten, ist für Sunniten besonders schwierig, und Hunderttausenden war dies nicht möglich, obwohl der IS dort bereits verdrängt wurde. Sunniten leiden unter dem Pauschalverdacht, mit dem IS zu sympathisieren. In manchen Orten, die die Popular Mobilisation Forces vom IS zurückerobert hatten, werden überhaupt keine ehemaligen Ortseinwohner zurückgelassen. Oft spielen dabei auch Stammeskonflikte oder Rachefeldzüge eine Rolle (WP 23.11.2016). Für Rückkehrer besteht oft auch die Gefahr, Opfer von explosiven Kampfmittelrückständen zu werden. Teilweise werden IDPs von Behörden aufgefordert in ihre Häuser zurückzukehren, obwohl die sehr reale Gefahr besteht, dass diese mit Sprengfallen versehen sind (MRG 22.12.2016).

Tikrit kann, wie erwähnt, am ehesten noch als "Erfolg" gesehen werden, da laut Washington Post über 90 Prozent der Bevölkerung in diese Stadt zurückkehren konnten (Stand Nov. 2016), Auf lange Sicht sei dieser Erfolg aber fraglich, da keine ausreichenden finanziellen Mittel vorhanden seien, um das wiederaufzubauen, was im Zuge des Konfliktes zerstört wurde. Die irakische Regierung hat im Zuge des Konfliktes innerhalb kürzester Zeit fast die Hälft ihres Einkommens verloren, und das während sie große Mengen an finanziellen Mitteln für militärische Offensiven aufbringen musste/muss (WP 23.11.2016). Auf Grund der massiven finanziellen Schwierigkeiten kämpfen die irakische Regierung und die Regionalregierung Kurdistans auch auf Grund von Ressourcenproblemen mit der Bewältigung der IDP-Krise. Die irakischen Streitkräfte und die Streitkräfte der Regionalregierung tragen zur Unsicherheit der IDPs bei, indem sie sich zu wenig um den Schutz und die Unterstützung der vom Konflikt betroffenen IDPs kümmern, wodurch viele Vertriebene um ihr Leben kämpfen müssen, obwohl sie sich bereits in von der Regierung kontrollierten Gebieten befinden (MRG 22.12.2016).

Von der Mossul-Offensive sind laut UNHCR rund 1,5 Millionen Menschen in und um Mossul betroffen. Über 144.000 Menschen in und um Mossul zählen derzeit zu den Vertriebenen, über 23.000 konnten nach Beginn der Offensive wieder an ihren Herkunftsort zurückkehren. Die folgende Grafik zeigt die durch die Offensive ausgelösten Flüchtlingsströme:

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Die missliche Lage der IDPs wird zum Teil ausgenützt. So werden IDPs - Vorwürfen zufolge - teilweise von Milizen zwangsrekrutiert (auch Minderjährige). Die in Flüchtlingscamps untergebrachten IDPs haben häufig das Problem, dass ihre Bewegungsfreiheit drastisch eingeschränkt ist, sowie dass Milizen ihnen die Papiere abnehmen und für lange Zeit nicht zurückgeben. Ein zusätzliches Problem ist, dass sie nicht mit ihren Familien kommunizieren können, da ihnen die Mobiltelefone abgenommen werden (UNHCR 20.1.2017, vergleiche Al-Jazeera 1.2.2017).

Nach der Befreiung des Ostteiles von Mossul vom IS durch irakische Sicherheitskräfte kehren viele Iraker in ihr ehemaliges Wohngebiet zurück: Nach Angaben des irakischen Einwanderungsministeriums sind 49.000 Zivilisten in ihre Häuser in den vom IS befreiten Ortschaften zurückgekehrt. Der Sprecher des Ministeriums, Settar Nevruz teilte mit, dass 49.000 Menschen in ihre Häuser im östlichen Teil Mossuls und in dem südlich gelegenen Dorf Kayyara zurückkehrten. Die Vorbereitungen gegen eine mögliche Fluchtwelle aus dem westlichen Teil Mossuls würden anhalten. Auf der anderen Seite hielten auch die humanitären Hilfen und die Lieferung von klarem Trinkwasser für die Heimkehrer oder für die Flüchtlinge in den Lagern an.

http://www.trt.net.tr/deutsch/welt/2017/02/02/49-000-ruckkehrer-in-ost-mossul-664102; 02.02.2017 – 20.02.2017

Die lokalen Behörden sprechen von der "größten Rückkehrwelle" in den befreiten Osten der Großstadt am Tigris. Die Schlacht mit den IS-Terrormilizen um den Westen der Stadt dürfte noch brutaler werden. Mehr als drei Monate nach dem Beginn der Großoffensive auf Mossul haben die irakischen Regierungstruppen die Dschihadisten des sogenannten "Islamischen Staats" (IS) vollständig über den Tigris zurückgeschlagen. In die befreiten Viertel im Osten kehren immer mehr Geflohene zurück. In den Lagern Khazer und Hasansham berichten Behördenvertreter von der bisher größten "Welle" von Rückkehrern.Jetzt bringe man 500 Familien auf den Weg, also etwa 2700 Personen, teilte Mustafa Hamid Sarhan in Khazer der Nachrichtenagentur AFP mit. 50 Busse stünden bereit für die Flüchtlinge, die ihre Zelte reinigten und ihre Habseligkeiten für die Heimreise packten.

http://www.dw.com/de/tausende-iraker-kehren-nach-mossul-zur%C3%BCck/a-37265594;

25.01.2017

Unter anderem unterstützt im Raum Mossul IOM vertriebene Familien und betroffenen Gemeinschaften durch die Bereitstellung von Notfalldienstleistungen, einschließlich: Non-Food-Artikel, Schutz, Lebensunterhalt, primäre Gesundheitsversorgung, psychosoziale Unterstützung, Verlagerungstransporte und leichte Infrastruktur-Projekte.

http://iomiraq.net/article/0/iom-iraq-situation-report-mosul-response-update-18-23-february-8-march-2017

Quellen:

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

http://www.deutschlandfunk.de/kurden-im-nordirak-die-fragwuerdigen-methoden-der-peschmerga.724.de.html?dram:article_id=325533, Zugriff 18.1.2016

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/fluechtlingsstrom-der-exodus-aus-dem-irak-verlangsamt-sich-13910780.html, Zugriff 15.1.2016

Displacement Tracking Matrix, http://iomiraq.net/dtm-page , Zugriff 8.3.2016 (hier kann für jede Provinz die Zahl der IDPs, sowie deren Herkunftsprovinz abgerufen werden)

Displacement and Returns Continue in Iraq: IOM, http://www.iom.int/news/displacement-and-returns-continue-iraq-iom , Zugriff 8.3.2016

LITTLE AID AND FEW OPTIONS,

http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=search&docid=563868d14&skip=0&query=displace&coi=IRQ, Zugriff 15.1.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1448438071_iraq-cig-security-situation-nov-15.pdf , Zugriff 4.1.2016

Conflict in Iraq: 11 December 2014 - 30 April 2015, 13. Juli 2015

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1436959266_unami-ohchr-4th-pocreport-

11dec2014-30april2015.pdf , Zugriff 15.1.2016

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1422446548_irq-102014.pdf, Zugriff 15. 1.2016

http://documents.wfp.org/stellent/groups/public/documents/ep/wfp279858.pdf, Zugriff 19.1.2016

http://reliefweb.int/report/iraq/iraq-crisis-situation-report-32-15-december-2015, Zugriff 15.1.2016

7.1. Humanitäre Lage sowie Zugang zur Autonomieregion Kurdistan

Der mit Abstand größte Teil der IDPs flüchtet in die vergleichsweise sichere kurdische Autonomieregion (Home Office 11.2015). Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht. Durch den Zustrom von Binnenvertriebenen ist die Region Kurdistan-Irak an der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt. Mehr als 900.000 Binnenflüchtlinge sind allein seit Anfang des Jahres 2014 nach Kurdistan-Irak geflohen. Hinzu kommen mehr als 250.000 syrische Flüchtlinge (AA 18.2.2016).

Die humanitäre Lage verschlechtert sich zunehmend, u.a. auf Grund des beschränkten Zugangs zu Jobs und wirtschaftlichen Möglichkeiten, was dafür verantwortlich ist, dass viele gezwungen sind, auf den Körper schädigende Hunger-Bewältigungsstrategien umzustellen. Der Bevölkerungszuwachs erhöht den Druck auf die bereits beschränkten Ressourcen und die aufnehmenden Gemeinden. IDP-Familien müssen meist mehrmals innerhalb von Kurdistan übersiedeln, um Arbeit zu finden und ihre Familien ernähren zu können. (UN News Service 27.11.2015). Die Bevölkerung der Autonomieregion hat sich durch die Flüchtlingswellen um 28 Prozent erhöht. Der kurdischen Regierung (KRG) gelingt es durch diese Situation kaum, den 1,6 Millionen Flüchtlingen und IDPs, die Zuflucht in der Autonomieregion gesucht haben, Unterstützung, Ansiedelungsmöglichkeiten und Schutz bieten zu können. Auch das Gesundheitssystem ist überlastet (HRC 10.2015).

Der Zugang in die KRI kann für IDPs jedoch äußerst schwierig sein und hängt vom religiösen und ethnischen Profil der jeweiligen Personen ab. Die Möglichkeit, Zutritt zur KRI zu bekommen, indem man einen Bürgen vorweist, der in der KRI lebt (diese Regelung gab es v. a. für Araber, Turkmenen und Schabakis), wurde weitgehend wieder abgeschafft, weil dieses Bürgen-System offenbar vorwiegend zu einem Geschäft für Menschen innerhalb der KRI wurde, die gegen Geld als Bürgen auftraten. Seit November 2014 wurde die Aufnahme (über den Landweg) von turkmenischen und arabischen IDPs in die KRI weitgehend gestoppt, abgesehen von jenen, die bereits im Besitz von KRI-Aufenthaltsgenehmigungen sind. Bezüglich Personen, die Minderheiten wie z.B. der jesidischen Minderheit angehören, scheint es so zu sein, dass der Zutritt zur KRI im Normalfall gewährt wird. Die Zugangsbeschränkungen zur KRI folgen keinem konsistenten Muster/ keiner konsistenten Politik und können sich laufend ändern. Zum Zeitpunkt der Erstellung des UNHCR-Berichts (März 2016) ist es arabischen, turkmenischen und christlichen IDPs im Normalfall möglich, über den Flughafen in Erbil oder jenen in Sulaymaniyah in die KRI zu gelangen. Araber oder Turkmenen sind (in der KRI) wesentlich häufiger in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, als beispielsweise Jesiden. Araber haben regelmäßig das Problem, dass ihre Papiere konfisziert werden, was ihre Bewegungsfreiheit stark einschränkt (UNHCR 3.2016).

Für nicht aus der KRI stammende Kurden kann es durchaus möglich sein, in die KRI zu übersiedeln/zu flüchten. Das hängt von den besonderen Umständen und der Reiseroute ab. Sie können einen 10-Tages-Besuchsaufenthalt in der KRI beantragen, den sie danach für weitere 10 Tage verlängern können. Falls sie Arbeit finden, können sie länger bleiben, sofern sie sich bei den Behörden registrieren und Details ihres Arbeitgebers preisgeben. Es gibt keine Hinweise, dass die Behörden der KRI pro-aktiv Kurden aus der KRI ausweisen, deren Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist (UK Home Office 11.2015).

Quellen:

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

STATE-BUILDING IN IRAQI KURDISTAN,
http://humanrightscolumbia.org/sites/default/files/documents/peace-building/state_building_kurdistan.pdf, Zugriff 15.1.2016

Internal relocation (including documentation and feasibility of return),

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1448437152_iraq-cig-ir-nov-15.pdf, Zugriff 7.12.2015

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1448438071_iraq-cig-security-situation-nov-15.pdf , Zugriff 4.1.2016

8. Grundversorgung/Wirtschaft

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht stetig und in allen Landesteilen gewährleisten. Irak besitzt kaum eigene Industrien. Grundsätzlich ist der öffentliche Sektor sehr gefragt, Hauptarbeitgeber ist der Staat. Über vier Millionen Iraker erhalten reguläre Gehälter von der Regierung, die 2015 aufgrund der schlechten Haushaltslage teilweise erst mit mehrmonatiger Verspätung gezahlt wurden. Die derzeitige IS-Krise und die Kürzung des Budgets haben Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im privaten und öffentlichen Sektor. Jobangebote sind mit dem Schließen mehrerer Unternehmen zurückgegangen. Im öffentlichen Sektor sind ebenfalls viele Stellen gestrichen worden aufgrund von Budgetkürzungen. Gute Berufschancen bietet jedoch derzeit das Militär. Das durchschnittliche monatliche Einkommen im Irak beträgt derzeit 350 – 1500 USD, je nach Position und Ausbildung. Etwa ein Zehntel der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig (IOM 2016).

Die Arbeitslosenquote beträgt 14%. Das Ministerium für Arbeit und Soziales (Ministry Of Labor and Social Affairs) stellt Arbeitsagenturen in den meisten Städten. Die Stellen können beim Generalsekretariat der Arbeits und Sozialversicherung (General directorate of Labor and Social insurance) eingesehen werden. Die Regierung hat ein Programm gestartet um irakische Arbeiter zu unterstützen, die weniger als 1 USD pro Tag verdienen, sowie Arbeitslose. Aufgrund der derzeitigen Situation im Land wurde die Hilfe eingestellt und es wird keine Arbeitslosenhilfe ausbezahlt. Die Regierung hat jedoch ein Programm entwickelt um die hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Ausbildungen und die Notwendigkeit eines aufstrebenden Dienstleistungsbereichs anzugehen. Durch Berufsschulen, Trainingszentren und Agenturen sollen die Fähigkeiten der irakischen Arbeitskräfte verbessert werden Private Zentren und Kurse sind ebenfalls zugänglich (IOM 2016).

Alle Angestellten im öffentlichen Sektor haben Zugang zum Rentensystem, sobald sie vom Staat eingestellt werden. Männliche Staatsbürger im Alter von 60 Jahren müssen zuvor 25 Jahre Dienst im öffentlichen Sektor geleistet haben, um beim Rentensystem berücksichtigt zu werden. Weibliche Angestellte im Alter von 55 Jahren müssen 20 Jahre Dienst vorweisen. In Baghdad können Beamte mit 13 Dienstjahren oder im Alter von 55 Rente in Anspruch nehmen (IOM 2016).

Rund 90 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor. Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan-Irak schwierig. Nach Angaben des UN-Programms "Habitat" gleichen die Lebensbedingungen von 57 Prozent der städtischen Bevölkerung im Irak denen von "Slums". Es gibt Lebensmittelgutscheine für Bedürftige. Die UN-Mission ermittelte schon im Juni 2013, dass vier Millionen Iraker unterernährt sind. Etwa ein Viertel der 36 Mio. Iraker lebt unterhalb der Armutsgrenze (2 US-Dollar/Tag).

Die Wasserversorgung wird von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen. Es fehlt weiterhin an Chemikalien zur Wasseraufbereitung. Die völlig maroden und teilweise im Krieg zerstörten Leitungen führen zu hohen Transportverlusten und Seuchengefahr. Im gesamten Land verfügt heute nur etwa die Hälfte der Bevölkerung über Zugang zu sauberem Wasser. Seit dem Spätsommer 2015 hat Irak mit einem Cholera-Ausbruch zu kämpfen (laut Zahlen der Vereinten Nationen 1.600 Erkrankte Ende Oktober 2015) (AA 18.2.2016).

Berichten des UNHCR zufolge sollen in der vom IS kontrollierten Stadt Falluja (Provinz Anbar), rund 70 Kilometer westlich von Bagdad, mindestens 76 Menschen aufgrund mangelhafter Ernährung, ungeeigneter, giftiger Nahrung und fehlender Medikamente gestorben sein (BAMF 22.2.2016).

Die Höhe der Miete für Wohnraum hängt vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Die Miete für 250m² in Bagdad liegt bei ca. 320 USD. In KR-I Städten liegt die Miete bei 300 – 600 USD für eine Zweizimmerwohnung. Der Kaufpreis eines Hauses oder Grundstücks hängt ebenfalls von Ort, Größe und Ausstattung ab. Während die Nachfrage zum Mieten stieg, nahm die Nachfrage zum Kaufen ab.

Durchschnittliche Betriebskosten pro Monat: Gas (15,000 IQD), Wasser (10-25,000 IQD), Öffentliche Elektrizität (30-40,000 IQD), Private oder nachbarschaftliche Generatoren (40,000 IQD). Öffentliche Unterstützung bei der Wohnungssuche besteht für Rückkehrer nicht. Private Immobilienfirmen können helfen.

Wohnen ist zu einem der größten Probleme im Irak geworden, insbesondere nach den Geschehnissen von 2003, als viele Iraker ihre Häuser verließen um in anderen Gegenden, hauptsächlich in KR-I, Sicherheit zu suchen. Dies führt zu einer wachsenden Nachfrage und steigenden Mieten. Generell ist es vor allem schwierig, Einzelwohnungen zu mieten (IOM 2016).

Das staatliche Bildungssystem ist über alle Stufen kostenfrei. Daher gibt es auch keine Stipendien und Studienkredite (IOM 2016).

Quellen:

https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1457944432_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2015-18-02-2016.pdf, Zugriff 17.3.2016

9. Rückkehr

Die irakische Verfassung garantiert in ihrem Artikel 44, die innerstaatliche Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit jedes Staatsbürgers. Es stehen vor diesem Hintergrund Einzelbestimmungen für die Regulierung dieser Grundfreiheiten in Anwendung, so hinsichtlich der Vorlage bestimmter Identitätsdokumente sowie der persönlichen Aussage vor den jeweiligen örtlichen Behörden. Als die beiden wichtigsten Dokumente für den Verkehr mit den Behörden, neben der Registrierung etwa für die Zuteilung von Lebensmittelrationen oder die Ausstellung anderer Dokumente, dienen der Staatsbürgerschaftsnachweis sowie der Personalausweis (Identity Card), weitere maßgebliche Dokumente sind Wohnsitzbestätigungen (Meldenachweis), Lebensmittelrationskarten, Geburts- und Sterbeurkunden. Laut UNHCR werden die vier erstgenannten Dokumente in der Regel von örtlichen Niederlassungsbehörden im Parteienverkehr verlangt. In den drei autonomen kurdischen Provinzen des Nordiraks werden in Ermangelung dieser Dokumente auch Ersatzpapiere (sogen. Information Card) für den einmaligen Gebrauch verwendet. In Ermangelung der Vorlage entsprechender Identitätsdokumente kommt es zu Schwierigkeiten beim Passieren von Checkpoints und/oder der Registrierung durch die zuständigen Behörden sowie der Erlaubnis zur Niederlassung, was in der Folge zur Einschränkung des Bezugs staatlicher Leistungen führen kann. Die örtlichen Büros von IOM und deren Partnern setzen demgegenüber ausdrücklich nicht die Vorlage solcher Dokumente für die Gewährung ihrer Unterstützungsleistungen an IDP voraus. Erhebungen von IOM aus 2014 zufolge gaben nur ca. 10% aller IDP den Verlust solcher Dokumente verursacht durch die Umstände der internen Vertreibung an. Demgegenüber sind über 90% aller IDP von den jeweiligen örtlichen Behörden registriert worden.

Alle wesentlichen persönlichen Daten werden von den örtlichen Standesämtern in Personenstandsregistern festgehalten bzw. ergänzt. Diese sind grundsätzlich auch für die Neuausstellung verloren gegangener Personalausweise zuständig. Sofern der Zugang zu einem Personenstandsamt nicht möglich oder zu gefährlich ist, kann die Übertragung der entsprechenden Daten auf Antrag bei der örtlichen Niederlassung des Ministeriums für Vertriebene und Migranten, in der KRG beim örtlichen Büro der Behörde für Vertriebene und Migranten, zur jeweiligen Behörde des Aufenthaltsorts veranlasst werden, dies ist auch bei irakischen Botschaften möglich. Darüber hinaus bietet UNHCR Unterstützung bei der Erlangung neuer Identitäts- und andere Dokumente durch seine sogen. Protection and Reintegration Centers vor Ort an, so auch in römisch XXXX , Erbil und Suleymaniah. In Ermangelung der Möglichkeit persönlichen Erscheinens beim Personenstandsamt seiner Herkunftsregion ist es einer IDP auch möglich, die Neuausstellung von Identitätsdokumenten durch dort anwesende Verwandte oder andere Dritte unter Vorlage einer beglaubigten Vollmacht zu veranlassen. Als Mindestvoraussetzungen für die Neuausstellung solcher Dokumente genügen allfällige Kopien von elterlichen Dokumenten, Meldenachweise oder die Angabe der Nummer des "Familienbuches" am örtlichen Standesamt. Zuletzt existiert in Bagdad auch ein zentraler Mikrofilm-Speicher aller bisherigen Personenstandsdaten, sollte ein bestimmtes Personenstandsregister zerstört worden sein. Das Gesagte gilt sinngemäß auch für die Erlangung eines Staatsbürgerschaftsnachweises, der von der nationalen Staatsbürgerschaftsbehörde in Bagdad ausgestellt wird bzw. bei den örtlichen Zweigstellen in den jeweiligen Provinzen beantragt werden kann.

Quelle:

1.7. Zur Lage in der autonomen Region Kurdistan werden darüber hinaus folgende Feststellungen unter Heranziehung der angeführten Quellen getroffen:

Informationen zu Menschenrechtsverletzungen, die allgemein Kurden sunnitischen Glaubens betreffen sowie Informationen zur Frage, ob Rückkehrer aus dem Ausland behördlichen Schikanen oder anderen Diskriminierungen ausgesetzt sind, sind nicht auffindbar.

In einer Grundsatzerklärung des Außenamtes der Kurdischen Regionalregierung zu internationalen Beziehungen vom Mai 2017 wird erwähnt, dass die Regierung der Region Kurdistan die Kurden, die im Ausland leben und zu einer Rückkehr bereit seien, zu dieser Rückkehr ermuntern würde, um sich am Wiederaufbau der Region zu beteiligen. Es sei bekannt, dass viele der Kurden, die nach Europa gegangen seien, alles verloren hätten, um ein neues Leben zu beginnen. Es handle sich nach Auffassung der Kurdischen Regionalregierung um eine humanitäre Angelegenheit, weshalb sie die Aufnahmeländer darum bitte, das Leiden der Kurden in Betracht zu ziehen, bevor man zu politische Richtlinien übergehe, die sich auf das Leben von Asylsuchenden auswirken könnten. Die Bewohner der Region Kurdistan seien jedoch unabhängig der Interessen der Länder, die Kurden aufgenommen hätten und deren Entscheidungen im Hinblick auf Einwanderungsgesetze, dazu bereit, alles zu geben, um Personen, deren Rückkehr in die Region Kurdistan erzwungen worden sei, zu helfen. (Außenamt der Kurdischen Regionalregierung, 8. Mai 2017).

Das US-amerikanische Außenministerium schreibt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom März 2017 (Berichtszeitraum 2016), dass das Höchstkomitee der Kurdischen Regionalregierung zur Evaluierung und Beantwortung internationaler Berichte sich mit den gegen die Peschmerga gerichteten Vorwürfen von Misshandlungen vor allem von Binnenflüchtlingen befasst und die Peschmerga daraufhin in öffentlichen Berichten und Stellungnahmen entlastet habe. Regierungsangestellte, Mitarbeiter der Sicherheitskräfte und der Peschmerga sowie Milizen hätten faktisch straffrei handeln können. In einigen Haftanstalten der Region Kurdistan seien Berichten zufolge unter bestimmten Voraussetzungen missbräuchliche Verhörmethoden angewandt worden. Darunter seien Haftanstalten der für die innere Sicherheit verantwortlichen Asayish-Kräfte und der Geheimdienste der beiden größten politischen Parteien, dem zur KDP [Demokratische Partei Kurdistans] gehörenden Parastin und dem Zanyari der PUK [Patriotische Union Kurdistans]. Laut Berichten der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak hätten 70 Häftlinge während Besuchen in Haftanstalten vom Jänner 2015 bis Juni 2016 angegeben, während ihrer Verhöre Folter bzw. anderen Misshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein. Laut Angaben örtlicher NGOs und dem Leiter des parlamentarischen Menschenrechtskomitees der Autonomen Region Kurdistan (ARK) seien manche Personen in Haftanstalten der Asayish mehr als 6 Monate ohne Anklage festgehalten worden. Laut NGO- und Presseberichten hätten die Polizei und interne Sicherheitskräfte der ARK Demonstranten und Aktivisten, die der kurdischen Regionalregierung gegenüber kritisch gewesen seien, festgenommen und mehrere Tage lang festgehalten. Im Dezember 2016 seien beispielsweise 13 Lehrer in Sulaimaniya im Vorfeld einer Demonstration wegen nicht ausbezahlten Löhnen im öffentlichen Sektor verhaftet worden. Örtliche NGOs hätten über ein Gefühl der Straffreiheit unter Mitgliedern der kurdischen Sicherheitskräfte berichtet, so habe es örtlichen Menschenrechtsbeobachtern zufolge Vorwürfe von Vergewaltigung und Totschlag gegen Mitglieder der Sicherheitskräfte gegeben.

Amnesty International erwähnt im Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Irak vom Februar 2017 (Berichtszeitraum 2016), dass Journalisten, Aktivisten und Politiker, die der regierenden Demokratischen Partei Kurdistans kritisch gegenüberstanden, schikaniert und bedroht wurden, und einige von ihnen wurden aus der Provinz Erbil vertrieben. Fälle von getöteten Journalisten und Kritikern oder Gegnern der kurdischen Behörden aus den vergangenen Jahren waren immer noch nicht untersucht worden.

Der Sicherheitsdienst Asayish und andere kurdische Sicherheitskräfte nahmen Tausende Menschen wegen Terrorverdachts fest, vor allem sunnitische arabische Männer und Jugendliche. Die Behörden verstießen in mehrfacher Weise gegen deren Recht auf ein faires Verfahren, u. a. indem sie die Überstellung der Inhaftierten an die Justizbehörden extrem verschleppten und ihnen über lange Zeiträume keinen Zugang zu ihren Familienangehörigen gewährten. Im Oktober 2016 gaben die Behörden der Regionalregierung bekannt, dass der allgemeine Sicherheitsdienst Asayish Ghishti und die Asayish-Abteilung in Erbil seit Anfang des Jahres 2801 Terrorverdächtige festgenommen hätten.

Gerichte in der teilautonomen Region Kurdistan verhängten weiterhin Todesurteile für terroristische Straftaten. 2016 gab es jedoch keine Hinrichtungen

Ekurd Daily, ein in den USA ansässiges Nachrichtenportal mit Fokus auf Angelegenheiten der Kurden, berichtet im Dezember 2016, dass die Unabhängige Menschenrechtskommission in der Autonomen Region Kurdistan ihre Statistiken zu Menschenrechtsverletzungen, Morden und Selbstmorden für den Monat November (2016) veröffentlicht habe. Der Statistik zufolge habe es acht Fälle von Menschenrechtsverletzungen gegeben, darunter einen Angriff auf einen Journalisten, Entführung von Kindern, Folter von Kindern, sowie Brandanschläge auf Aktivisten und ein Politbüro der KDP. Die Zahlen seien im Vergleich zum vorigen Monat zurückgegangen.

Quelle:

Das in der Autonomen Region Kurdistan ansässige kurdische Mediennetzwerk Rudaw berichtet im September 2016, dass mehr als ein Zehntel der Bevölkerung der Region Kurdistan unter der Armutsgrenze leben würde. Bis zu 680.000 Personen der geschätzten 5,5 Millionen Bewohner der Region würden von weniger als 87 US-Dollar [etwa 80 Euro] pro Monat leben, die nach Weltbank-Standard als Armutsgrenze für den Irak und die Region Kurdistan festgelegt worden seien. Die Arbeitslosigkeit habe sich seit 2010 beinah verdreifacht und sei von 4,8 auf 13,3 Prozent angestiegen. Laut Angaben des Ministeriums für Arbeit und soziale Angelegenheiten sei die reale Arbeitslosigkeit jedoch wahrscheinlich wesentlich größer. Laut Angaben des Statistikamtes in Erbil sei der dramatische Anstieg der Armut und der Arbeitslosigkeit zum Teil durch den Zustrom von 1,8 Millionen Flüchtlingen in die Region Kurdistan sowie durch die Finanzkrise bedingt, von der die Wirtschaft der Region seit dem Fall der Ölpreise und dem Krieg gegen die Gruppe Islamischer Staat (IS) bestimmt sei.

Rudaw erwähnt in einem weiteren Artikel vom September 2016, dass die Arbeitslosigkeit 14 Prozent erreicht habe und unter Frauen und jungen Leuten noch höher liege. Die kurdische Regionalregierung habe Hilfe internationaler wirtschaftlicher Institutionen angefordert, um einen Reformplan zur Stärkung von Jobs im privaten Sektor umzusetzen. Das Planungsministerium der kurdischen Regionalregierung habe im Mai 2016 in Partnerschaft mit der Weltbank einen Dreijahresplan angekündigt, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Finanzkrise zu überwinden, die die Region bereits seit mehr als zwei Jahren im Griff halte. Laut Angaben des Ministers für Arbeit und soziale Angelegenheiten, Mohammed Hawdyani, würden mehr als 53 Prozent der Einwohner Kurdistans ihren Lebensunterhalt aus dem staatlichen Sektor beziehen. Laut Hawdyani würden Statistiken aufzeigen, dass Sozialversicherungsgesetze in der ARK nicht erfolgreich gewesen seien. Der Reformplan der kurdischen Regionalregierung, der bis 2020 laufe, sehe vor, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und einen Pensions- und Sozialversicherungsfonds für in der Privatwirtschaft Beschäftigte zu etablieren. Die Arbeitslosenrate sei höher unter Frauen und jungen Leuten. Bei Frauen liege sie bei 29,4 Prozent gegenüber 9,7 Prozent bei Männern. 24 Prozent der jungen kurdischen Männer zwischen 15 und 24 Jahren seien arbeitslos, gegenüber einem Anteil von 69 Prozent bei kurdischen Frauen im gleichen Alter.

Al-Monitor, eine auf Berichterstattung zum Nahen Osten spezialisierte Medienplattform, schreibt im Oktober 2016, dass tausende Staatsbedienstete, darunter insbesondere Lehrer und Universitätsprofessoren, am 30. September gegen die von der kurdischen Regionalregierung vorgenommenen Lohnkürzungen demonstriert hätten. Die Regierung habe bereits im September 2015 beschlossen, das Einkommen von Staatsbediensteten um 50 Prozent zu kürzen. Außerdem seien seit Juli 2016 keine Löhne mehr ausgezahlt worden. Manche Staatsbedienstete würden sich in einer sehr schwierigen Situation befinden. Laut Beobachtungen von Al-Monitor würden Wohnbauprojekte stillstehen. Kurdische Bürger würden keine Einkaufszentren mehr besuchen beziehungsweise seien diese bereits geschlossen. Es scheine, dass die schlechte Wirtschaftslage die kurdischen Bürger dazu bringe, nach alternativen Einkommensmöglichkeiten zu suchen. Dabei würden sie sich besonders auf Handel und Tourismus mit Arabern konzentrieren, die aus Bagdad und anderen Provinzen des Irak nach Kurdistan kommen würden.

Die von einem in Serbien ansässigen Softwareentwickler betriebene Website Numbeo gibt mithilfe von nutzergenerierten Daten die Durchschnittspreise für Konsumgüter, Wohnkosten und weitere Lebenskosten in ausgewählten Städten an. Nutzer, die über Informationen zum Preisniveau verschiedener Güter in einer bestimmten Stadt verfügen, können diese über Numbeo eintragen. Aus den verschiedenen Preisangaben der Nutzer werden dann Durchschnittspreise für die einzelnen Güter angegeben. Solche Preisprofile existieren auch für die in der ARK gelegenen Städte Erbil und Sulaimaniya.

Was die Angaben zu Erbil anlangt, so wird auf der Seite erklärt, dass die Angaben von 47 verschiedenen Nutzern stammen und innerhalb der letzten 18 Monate erfolgten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche Daten genau wann eingegeben wurden, und aus wie vielen einzelnen Beiträgen die angegebenen Durchschnittspreise errechnet wurden. Die Monatsmiete einer Einzimmerwohnung im Zentrum von Erbil wird mit dem Durchschnittspreis von 493 Euro angegeben (Preisspektrum: 320 – 660 Euro), für die Miete einer Einzimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 328 Euro (Preisspektrum: 228 – 457 Euro) errechnet. Weiters finden sich auch Angaben zu einer Dreizimmerwohnung. (Numbeo, Stand: März 2017)

Zum Preisprofil zur Stadt Sulaimaniya haben nach Angaben von Numbeo 21 Nutzer in den letzten 18 Monaten Daten beigetragen. Hier ist ebenfalls nicht ersichtlich, welche Daten genau wann eingegeben wurden, und aus wie vielen einzelnen Beiträgen die angegebenen Durchschnittspreise errechnet wurden. Für die Monatsmiete einer Einzimmerwohnung im Zentrum von Sulaimaniya ist ein Durchschnittspreis von 388 Euro angegeben (Preisspektrum: 274-594 Euro), für die Miete einer Einzimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 259 Euro (Preisspektrum: 183-366 Euro) errechnet. Weiters finden sich auch Angaben zu einer Dreizimmerwohnung. (Numbeo, Stand: Mai 2017)

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) gibt in ihrem im Jänner 2017 erschienenen Handbuch zum Wiederaufbau im Irak einen Überblick über Projekte in mehreren Orten verschiedener irakischer Provinzen. Darunter findet sich auch eine Aufstellung der Projekte in Azady (Azadi), einem ländlichen Ort in der Provinz römisch XXXX . Für diesen Ort werden durchschnittliche Mietkosten von 200-400 US-Dollar monatlich (etwa 183-366 Euro) angegeben.

Niqash, eine auf Englisch, Arabisch und Kurdisch publizierende Informationswebseite zum Irak, die Beiträge zu Politik, Medien und Kultur in der Region veröffentlicht und die von der Medienorganisation Media in Cooperation and Transition mit Sitz in Berlin betrieben wird, erwähnt in einem älteren Artikel vom Mai 2014 zur Rückkehr von Kurden in die ARK eine Einrichtung mit dem Namen "Verwaltungsbehörde für die Gemeinschaft der RückkehrerInnen aus Europa nach Kurdistan (al-hay’a al-idariya li-jamciya al-muhajirin al-ca’idiyn min uruba ila iqlim kurdistan). Ein Mitglied dieser Behörde, Delshad Aziz habe gegenüber Niqash erwähnt, dass in den letzten zwei Jahren mehr als 6.000 Kurden aus dem Ausland zurückgekehrt seien, davon besonders in die Provinz römisch XXXX . (Niqash, 1. Mai 2014).

Ein im März 2016 veröffentlichter Bericht von Oxfam International, einem internationalen Verbund verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen enthält Informationen zum im ganzen Irak geltenden Lebensmittelverteilungssystem PDS (Public Distribution System). Das PDS sei ein Subventionssystem der Regierung, über das seit 1991 lokal produzierte Nahrungsmittel sowie Importe verteilt würden. Es werde vom Handelsministerium verwaltet und stelle dem Großteil der irakischen Bevölkerung über Lebensmittelkarten subventionierte Nahrungsmittel zur Verfügung. Dabei schließe das PDS nicht nur die ärmsten Haushalte ein, sondern jeder, der im Irak ansässig sei, habe ein Anrecht auf monatliche Rationen. Theoretisch sehe die Lebensmittelkarte monatliche Nahrungsmittelrationen pro Person von 9kg Weizen, 3kg Reis, 2kg Zucker, einem Liter pflanzlichem Öl und drei Packungen (450g) Milchpulver vor. Das PDS, so Oxfam, sei seit einigen Jahren in Schwierigkeiten, da es sehr teuer und von schlechter Organisation und mangelnder Transparenz entlang der Versorgungswege gekennzeichnet sei. In den letzten Jahren habe die Regierung versucht das PDS zu verbessern, indem sie Staatsbedienstete mit einem monatlichen Einkommen von mehr als 1.286 US-Dollar vom Programm ausgeschlossen habe. Versuche, das PDS ab 2012-2013 mit einem Geldtransfer-System zu ersetzen, hätten bis jetzt aufgrund von mangelndem politischen Willen und großflächigen öffentlichen Protesten keinen Erfolg gezeigt. Die Weltbank arbeite mit der irakischen Regierung daran, das PDS in ein auf Vulnerabilität basierendes Sozialsystem umzuwandeln. Derzeit gebe es große Verzögerungen bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln. Im Jänner 2016 seien Reis mit einer Verzögerung von drei Monaten und Öl mit einer Verzögerung von sieben Monaten ausgegeben worden. Zucker und Milchpulver seien seit mindestens sechs Monaten nicht mehr verteilt worden. Theoretisch habe ein Haushalt, der seine PDS-Rationen seit mindestens drei Monaten nicht mehr erhalten habe, ein Anrecht darauf, mit Bargeld kompensiert zu werden. Allein in der Provinz römisch XXXX gebe es 1.400 Lebensmittelausgabestellen. Das World Food Programme (WFP) unterstütze das PDS in der Region Kurdistan seit 1996. Derzeit würden Hilfsorganisationen daran arbeiten, die Versorgungslücken des PDS zu füllen, um die Bevölkerung zu versorgen. Dabei wolle man auch versuchen, die gegenwärtige humanitäre Hilfe und das Regierungsgesteuerte System zu vernetzen. Derzeit würden PDS-Lebensmittelkörbe nicht in regelmäßigen Abständen verteilt, noch seien diese immer komplett. Trotz der Verzögerungen bei der Ausgabe einiger Lebensmittelkörbe funktioniere das PDS-System jedoch relativ gut in römisch XXXX und Zakho.

Quelle:

Iraq Body Count ist eine Datenbank, die von der in London ansässigen Firma Conflict Casualties Monitor betrieben wird und die auf Basis von Berichten verschiedener Quellen zu Vorfällen und Opfern des Konflikts im Irak Statistiken zu den einzelnen Provinzen erstellt. Die Datenbank für zivile Tote wurde für das Jahr 2016 und 2017 nach den drei Provinzen der Autonomen Region Kurdistan, römisch XXXX , Erbil und Sulaimaniya durchsucht.

In der Provinz römisch XXXX wurden im Jahr 2016 fünf tote ZivilistInnen gezählt, 2017 wurden noch keine toten ZivilistInnen verzeichnet. Für das Jahr 2016 hat Iraq Body Count in der Provinz römisch XXXX vier sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, bei denen mindestens eine Person getötet wurde. Die Vorfälle ereigneten sich jeweils im März, April, August und Dezember 2016. Für das Jahr 2017 wurden noch keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert.

In der Provinz Erbil wurden 95 tote ZivilistInnen im Jahr 2016 verzeichnet, im Jahr 2017 wurden noch keine toten ZivilistInnen registriert. Laut Iraq Body Count gab es in der Provinz Erbil im Jahr 2016 zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle mit mindestens einem Toten, 2017 wurden noch keine derartigen Vorfälle verzeichnet.

Für die Provinz Sulaimaniya gibt Iraq Body Count die Anzahl toter ZivilistInnen für das Jahr 2016 mit fünf Personen an. Für das Jahr 2017 ist bis dato ein toter Zivilist registriert worden. Was die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle mit mindestens einem Toten anlangt, so gibt Iraq Body Count für das Jahr 2016 drei solche Vorfälle in der Provinz Sulaimaniya an, ein weiterer Vorfall ist im Jahr 2017 registriert worden.

Das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW), das sich selbst als überparteiliche Forschungsorganisation im Bereich Militärangelegenheiten bezeichnet, erstellt in circa wöchentlichen Abständen den sogenannten Iraq Situation Report, für den wichtige sicherheitsrelevante Ereignisse und Konfliktentwicklungen auf einer Karte des Irak verzeichnet werden. Für den Zeitraum vom 12. April 2016 bis zum 20 April 2017 wurden 37 solcher Karten erstellt. Innerhalb des genannten Zeitraums wird ein sicherheitsrelevanter Vorfall in der Autonomen Region Kurdistan erwähnt. Das ISW berichtet im Dezember 2016, dass unbekannte Bewaffnete am 4. Dezember 2016 kurdische Sicherheitskräfte in der Provinz Sulaimaniya im Ort Bunkala angegriffen hätten. Zwei der Angreifer hätten Berichten zufolge Sprengstoffwesten gezündet, es habe jedoch keine Angaben zu etwaigen Opfern gegeben. Der Einsatz von Sprengstoffwesten habe nicht unabhängig bestätigt werden können. Bei einem weiteren Angriff unbekannter Bewaffneter auf kurdische Sicherheitskräfte seien am 2. Dezember zwei ZivilistInnen getötet worden.

Die irakische Nachrichtenwebsite Shafaq News meldet im Jänner 2016, dass laut der Assyrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte die türkische Luftwaffe einen Angriff auf das christlich-chaldäische Dorf Scharanisch im Distrikt Zakho geflogen habe. Während des Angriffs, der sich über mehr als drei Stunden hingezogen habe, seien die 50 christlichen Familien, die im Ort leben würden, in die Stadt Zakho geflohen. Der Angriff habe materielle Schäden, jedoch keine menschlichen Opfer verursacht. Die Assyrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte habe den Angriff verurteilt und die türkische Regierung dazu aufgefordert, keine ZivilistInnen in ihren Krieg gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) einzubeziehen. (Shafaq News, 17. Jänner 2016)

Die auf die Autonome Region Kurdistan fokussierte Nachrichtenwebsite Dwarosh berichtet im April 2017, dass die türkische Artillerie am 11. April Gegenden in der Provinz römisch XXXX beschossen habe. Ein Bewohner der Gegend Derkar im Distrikt Zakho habe angegeben, dass die türkische Artillerie Gegenden im Distrikt Zakho bombardiert habe, wobei sie auf Stellungen der PKK abgezielt habe. Die Bombardements seien bis in die Stadt Zakho zu hören gewesen. (Dwarozh, 11. April 2017)

Nalia Radio and Television (NRT), ein laut eigenen Angaben unabhängiges und vom Bauunternehmen Nalia finanziertes Mediennetzwerk in der Autonomen Region Kurdistan, berichtet im April 2017, dass ein türkisches Militärflugzeug am 22. April beim Ort Kane in der Nähe von Amediye [Provinz römisch XXXX ] einen Luftangriff durchgeführt habe. Eine Person sei dabei leicht verletzt worden. Eine weitere Person sei am 21. April verwundet worden, nachdem die türkische Artillerie im Distrikt Shiladze Ziele bombardiert habe. Die Türkei habe die Bombardierung von PKK-Stellungen in der Region Kurdistan im Juli 2015 wieder aufgenommen, nachdem ein zweijähriger Waffenstillstand ausgelaufen sei.

Das in der Autonomen Region Kurdistan (Irak) ansässige kurdische Mediennetzwerk Rudaw schreibt in einem Artikel vom Februar 2017, dass sich im Februar 2017 vier sicherheitsrelevante Vorfälle im Zusammenhang mit der Gruppe Islamischer Staat (IS) in der Nähe der Stadt Erbil ereignet hätten. Am 3. Februar habe die Koalition [gegen den IS] einen Luftschlag gegen Lastfahrzeuge des IS in 20 Kilometer Entfernung von Erbil ausgeführt. Am 11. Februar habe ein weiterer Luftangriff in 30 Kilometer Entfernung von Erbil ein vom IS gehaltenes Gebäude und Waffenversteck zerstört. Anfang Februar habe der Sicherheitsrat der Region Kurdistan (Kurdistan Region Security Council, KRSC) über die Festnahme von fünf Kurden berichtet, die vorgehabt hätten, sich dem IS in Hawidscha anzuschließen. Die Festnahmen seien im Distrikt Makhmur [Provinz Erbil] 50 Kilometer von der Stadt Erbil erfolgt. In dieser Woche seien zwei Personen vor einem Einkaufszentrum in Erbil festgenommen worden. Ihnen werde eine IS-Mitgliedschaft vorgeworfen. Mitte Jänner hätten Sicherheitskräfte in Sulaimaniya angegeben, 60 IS-Kämpfer festgenommen und 14 weitere getötet zu haben. Viele IS-Kämpfer seien von Mossul aus in die Provinz Sulaimaniya eingedrungen. Man erwarte, dass der IS rebellenartige Attacken ausweiten werde, da er in den bevölkerungsstarken Gebieten besiegt sei.

Dwarozh berichtet in einem weiteren Artikel vom April 2017, dass IS-Kämpfer irakische Truppen an der Grenze zum Distrikt Makhmur [Provinz Erbil] in der Nähe von Al-Qayyara angegriffen hätten. Laut Angaben eines führenden irakischen Militärs sei der Anschlag vereitelt und neun IS-Kämpfer seien getötet worden. (Dwarozh, April 2017)

Die UN-Unterstützungsmission für den Iraq (UNAMI) erwähnt in ihrem Bericht zur Lage von ZivilstInnen vom Dezember 2016 Kampfhandlungen des IS im Distrikt Makhmur der Provinz Erbil im Zeitraum März bis April 2016. Am 26. März habe IS-Granatfeuer den Garten eines Hauses im östlichen Makhmur-Distrikt getroffen und dabei sechs ZivilistInnen verletzt, drei davon seien ihren Verletzungen erlegen. Am 15. April sei ein Peschmerga-Soldat vermutlich an den Folgen eines am Tag zuvor verübten IS-Raketenangriffs im östlichen Makhmur-Distrikt gestorben. Am 31. März habe eine Person ein mit Sprengsätzen beladenes Fahrzeug vor einer Polizeistation im Makhmur-Distrikt zur Explosion gebracht. Drei Polizisten seien getötet und fünf weitere verletzt worden.

Quelle:

(http://www.ecoi.net/local_link/340483/470890_de.html)

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers und der im Verfahren erster Instanz in Vorlage gebrachten Urkunden und Lichtbilder sowie des Inhaltes der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde, ferner durch Vernehmung des Beschwerdeführers als Partei in der vor dem erkennenden Gericht am 30.05.2017 durchgeführten mündlichen Verhandlung, durch Vernehmung der römisch XXXX , geb. römisch XXXX , als Zeugin in dieser Verhandlung und schließlich durch Einsichtnahme in die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers. Berücksichtigung fanden ferner die seitens des Beschwerdeführers im Rechtsmittelverfahren in Vorlage gebrachten Urkunden und der Bericht der Polizeiinspektion Bregenz vom 13.04.2017.

2.2. Der eingangs angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verfahrensakts der belangten Behörde, die ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.

Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie dessen persönliche und familiäre Lebensumstände im Herkunftsstaat sowie in Österreich seit der Einreise ergeben sich aus den insoweit widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie vor der belangten Behörde und den amtswegig eigenholten Auszügen aus dem Zentralen Fremdenregister, dem Strafregister sowie dem Zentralen Melderegister. Die Identität des Beschwerdeführers wurde von diesem im Wege der Vorlage von irakischen Identitätsdokumenten im Original (Personalausweis und Staatsbürgerschaftsnachweis) hinreichend dargetan. Im Hinblick auf seinen irakischen Reisepass legte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht dar, dass sich dieser bei seiner Mutter im Herkunftsstaat befindet. Das Bundesverwaltungsgericht geht deshalb davon aus, dass sein irakischer Reisepass dem Beschwerdeführer zugänglich ist.

Soweit Feststellungen zur Integration und zu Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich getroffen werden, beruhen diese auf dessen Angaben vor dem erkennenden Gericht und den im Verfahren erster Instanz in Vorlage gebrachten Lichtbildern und Bestätigungen.

Die Eheschließung mit römisch XXXX sowie deren nähere Umstände ergeben sich schließlich unzweifelhaft aus den diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers und der Genannten, welche als Zeugin in der mündlichen Verhandlung einvernommen wurde, sie wurde auch urkundliche nachgewiesen. Übereinstimmend bekräftigten die Eheleute ferner, eine gemeinsame Zukunft in der Bundesrepublik Deutschland anzustreben und bereits erste Schritte zur Erlangung eines Aufenthaltstitels für den Beschwerdeführer unternommen zu haben.

2.3. Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, welche in der mündlichen Verhandlung erörtert und dem Beschwerdeführer ausgehändigt wurden. Zur Sicherstellung der notwendigen Ausgewogenheit in der Darstellung wurden Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. In Anbetracht der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild zeichnen, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer ist den in der mündlichen Verhandlung erörterten und ausgefolgten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage im Irak nicht entgegen getreten.

2.4. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der Glaubhaftmachung im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinn der Zivilprozessordnung zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der hierzu geeigneten Beweismittel, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers, voraus vergleiche VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0058 mwN). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt ebenso wie die Beweisführung den Regeln der freien Beweiswürdigung (VwGH 27.05.1998, Zl. 97/13/0051). Bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, Zl. 92/03/0011; 1.10.1997, Zl. 96/09/0007).

Im Falle der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers sind positive Feststellungen von der Behörde nicht zu treffen (VwGH 19.03.1997, Zl. 95/01/0466).

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Angaben eines Asylwerbers hat der Verwaltungsgerichtshof als Leitlinien entwickelt, dass es erforderlich ist, dass der Asylwerber die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294) und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, Zl. 93/18/0289). Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügt zur Dartuung von selbst Erlebtem grundsätzlich nicht. Der Asylwerber hat im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach Paragraph 15, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage und allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069; 30.11.2000, Zl. 2000/01/0356).

Es entspricht ferner der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens bzw. der niederschriftlichen Einvernahmen unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650). Die Unkenntnis in wesentlichen Belangen indiziert ebenso mangelnde Glaubwürdigkeit (VwGH 19.03.1997, Zl. 95/01/0466).

2.5. Unter Berücksichtigung der vorstehend angeführten Rechtsprechung ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen. Im Einzelnen:

2.5.1. Ausweislich seines Vorbringens vor der belangten Behörde im Zuge der Einvernahme am 30.06.2016 erachtet sich der Beschwerdeführer im Irak als von der kurdischen Regionalregierung gesucht, da er nicht zum Dienst bei den kurdischen Peschmerga erschien und deshalb gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden sein soll. Ihn individuell betreffende Übergriffe oder eine anderweitige Gefährdungssituation vor der Ausreise brachte der Beschwerdeführer nicht substantiiert vor.

Im Gefolge der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht am 25.27.2017 bekräftigte der Beschwerdeführer sein diesbezügliches Vorbringen, er bleib in seiner Schilderung jedoch vage und spekulativ, ferner gestaltete sich sein Vorbringen nicht plausibel und stand in maßgeblichem Wiederspruch zum Inhalt der in Vorlage gebrachten Urkunden und hielt es der Beschwerdeführer für erforderlich, sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung auch zu steigern.

2.5.2. Einleitend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer letztlich als einzigen Ausreisegrund seinen angeblich drohenden Wehrdienst substantiiert in den Raum stellte. Zwar legte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde auch dar, er habe einen Comedyfilm und Musik produziert und habe diese Tätigkeit in den Augen seines Stammes eine Schande dargestellt (AS 75) sowie dass seine Ausreise damit in Zusammenhang stehen würde (AS 76). Hingegen brachte der Beschwerdeführer nicht vor, dass Stammesangehörige aufgrund seiner angeblich schändlichen Tätigkeit an ihn herangetreten wären. Vielmehr verneinte der Beschwerdeführer gegen ihn gerichtete Übergriffe oder Bedrohungen vor der Ausreise (AS 77) Dies überrascht angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass er am 22.07.2014 einen Comedyfilm veröffentlicht haben will. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes wäre im Fall einer tatsächlich vorhandenen Gefährdung durch Stammesangehörige aufgrund der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers damit zu rechnen, dass diese im Zeitraum zwischen der Veröffentlichung seines Films und der tatsächlichen Ausreise am 03.01.2015 an ihn herangetreten wäre oder zumindest eine Aufforderung des Stammesoberhauptes – mit dem sein Vater dem Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge in Kontakt stand – ergangen wäre, die angeblich schändliche Tätigkeit einzustellen. Derartiges erfolgte indes nicht und ist schon deshalb nicht von einer Gefährdung des Beschwerdeführers mit maßgeblicher Intensität aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit vor der Ausreise auszugehen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht bezog sich der Beschwerdeführer auf Befragen zu seinen Ausreisegründen nicht mehr auf den vorstehend angesprochenen Sachverhalt und legte auch im Rahmen der Erörterung der Rückkehrbefürchtungen nur dar, dass Stammesangehörige ihn aufgrund der unterbliebenen Dienstleistung bei den Peschmerga im Rückkehrfall töten würden. Das Bundesverwaltungsgericht geht auch deshalb nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Irak Schwierigkeiten aufgrund seiner vor der Ausreise gepflegten beruflichen Aktivitäten zu gewärtigen hätte.

Entsprechendes gilt für die Befürchtung des Beschwerdeführers, er werde von Stammesangehörigen als Anhänger des Islamischen Staates angesehen, da er aus Mossul stammen würde (AS 76). Auch diesbezüglich trat keiner der vermeintlichen Bedroher an den Beschwerdeführer in den sechs Monaten seines Aufenthaltes in römisch XXXX heran. Darüber hinaus entzog sich der Beschwerdeführer seinem eigenen Vorbringen zufolge dem Zugriff der Milizen des Islamischen Staates rechtzeitig, indem er Mossul mit seiner Familie bereits am 07.06.2014 verließ. Weshalb er dennoch als Anhänger des Islamischen Staates angesehen werden sollte, ist nicht nachvollziehbar. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes handelt es sich beim diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers um substanzlose Vermutungen, die zur Glaubhaftmachung einer Bedrohungssituation im Herkunftsstaat nicht hinreichen.

2.5.3. Im Hinblick auf den vorgebrachten Ausreisegrund des Nichterscheinens zum Dienst bei den Peschmerga ist von wesentlicher Bedeutung, dass sich der Beschwerdeführer bei der Darlegung der maßgeblichen Ereignisse in der mündlichen Verhandlung in maßgebliche Wiedersprüche zum Inhalt der von ihm in Vorlage gebrachten Ablichtungen von angeblich aus dem Irak herrührenden Urkunden verwickelte.

Der Beschwerdeführer brachte zum Ablauf seiner Rekrutierung im Wesentlichen vor, er habe sich am 20.12.2014 freiwillig zu den Peschmerga gemeldet, jedoch niemals die Absicht gehegt, seinen Dienst am 05.01.2015 tatsächlich angetreten. Ausrüstung und ein Gewehr habe er nicht erhalten, vielmehr hätte er am 05.01.2015 Uniform und Waffe entgegen nehmen müssen. Im Anschluss an seine Ausreise sei ein Haftbefehl von der kurdischen Regionalregierung ausgestellt worden.

Die dazu bereits im Verfahren erster Instanz in Vorlage gebrachten Ablichtungen von kurdischsprachigen Urkunden wurden vom Bundesverwaltungsgericht (erstmals im Verfahren) einer Übersetzung zugeführt und steht der Inhalt dieser Urkunden in diametralem Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers.

Zunächst geht aus den in Vorlage gebrachten Ablichtungen von kurdischsprachigen Urkunden hervor, dass der Beschwerdeführer Waffen und Ausrüstung übernommen und diese nicht zurückgegeben haben soll, was vom Beschwerdeführer jedoch in Abrede gestellt wurde. Ferner geht aus zwei Dokumenten hervor, dass der Beschwerdeführer "freie Tage" gehabt habe und im Anschluss daran nicht zur Einheit zurückgekehrt und am 20.01.2015 "geflüchtet" sei. Dies verwundert schon deshalb, weil der Beschwerdeführer vermeint, seinen Dienst niemals angetreten zu haben – sodass im wohl kaum "freie Tage" gewährt wurden. Derartiges wurde seitens des Beschwerdeführers auch nicht vorgebracht.

Die in Vorlage gebrachten Ablichtungen von kurdischsprachigen Urkunden deuten in einer Gesamtzusammenschau eher darauf hin, dass der Fall einer Person bearbeitet wird, die als Peschmerga diente, jedoch nach einem Urlaub nicht mehr zur Einheit zurückkehrte. Ein Zusammenhang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist insoweit nicht erkennbar und steht ein solcher Sachverhalt auch nicht mit dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers nicht im Einklang, er würde den Dienst an der Waffe aus grundsätzlichen Erwägungen von vornherein ablehnen.

Ein Haftbefehl findet sich im Übrigen – ebenfalls entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers – unter den von ihm in Vorlage gebrachten Ablichtungen von kurdischsprachigen Urkunden nicht, sondern lediglich ein Dokument, wonach ihm der Unterhalt infolge Abwesenheit vom Dienst gestrichen werde. Darüber hinaus liegt ein Dokument vor, welches als "Entscheidung durch eine Offizierssitzung" bezeichnet wird und in welchem der Beschwerdeführer als schuldig erkannt wird. Eine Strafe kann dem Dokument jedoch ebenso wenig entnommen werden, wie eine Gesetzesstelle, auf die sich der Schuldspruch stützt. Jedenfalls wurde seitens des Beschwerdeführers kein urkundlicher Nachweis für die Behauptung in Vorlage gebracht, dass er von der kurdischen Regionalregierung – oder einer anderen irakischen Behörde – gesucht würde. Eine wider den Beschwerdeführer verhängte Sanktion kann den Unterlagen – von der Streichung des Soldes abgesehen – ebenfalls nicht entnommen werden.

Der Beschwerdeführer konnte ferner aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht schlüssig darlegen, wie er an die in Ablichtung vorgelegten Unterlagen gelangte. Auf Nachfrage gab er gegenüber der belangten Behörde hiezu an, ein Freund habe diese von seiner Mutter geholt und anschließend abfotografiert und ihm via Facebook übermittelt. Die in Vorlage gebrachten Ablichtungen von kurdischsprachigen Urkunden scheinen jedoch der Inhalt eines Ermittlungsaktes zu sein und kann das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehen, weshalb derartige Urkunden der Mutter übergeben worden sein sollen. Sollten sich die Urkunden tatsächlich bei seiner Mutter befunden haben, ist unverständlich, weshalb sich der Beschwerdeführer zur Übermittlung eines Freundes bedienen musste, anstatt dass ihm seine Mutter die Unterlagen selbst im Original oder in Ablichtung zukommen ließ.

Zu den in Kopie in Vorlage gebrachten Urkunden weist das Bundesverwaltungsgericht schließlich darauf hin, dass ausweislich der Feststellungen zur Lage im Irak dort jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, gegen Bezahlung zu beschaffen ist – was vom Beschwerdeführer im Übrigen bestätigt wurde. Dazu tritt, dass der Beschwerdeführer nur Ablichtungen in Vorlage bringen konnte, sodass deren fachkundige Überprüfung schon mangels Zugriffs auf das Original nicht möglich ist. Auch mangels Vergleichsmaterial sind keine diesbezüglichen Überprüfungen möglich, eigenen hoheitlichen Ermittlungen der Asylbehörden im Herkunftsstaat des Asylwerbers stehen ferner nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes allgemeine Prinzipien des Völkerrechts entgegen. Danach sind Staaten grundsätzlich verpflichtet, in fremden Hoheitsräumen keine Amtshandlungen ohne Genehmigung des Territorialstaates vorzunehmen. Dieser Grundsatz wird meist streng gehandhabt und gestattet nicht einmal eine hoheitliche Tätigkeit, die keine unmittelbare Auswirkung im Territorialstaat hat, z.B. polizeiliche Erhebungen oder amtliche Vorladungen. Ermittlungen, die diesen Prinzipien widersprechen, sind von den Ermittlungspflichten des Paragraph 18, AsylG 2005 daher nicht umfasst und den Asylbehörden auch nicht erlaubt (VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0197). Eine Überprüfung der in Ablichtung vorgelegten Urkunden bei der kurdischen Regionalregierung scheidet demnach aus.

Das Bundesverwaltungsgericht geht in Anbetracht der Widersprüche zwischen dem Inhalt der Urkunden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie der vom Beschwerdeführer bestätigten leichten Verfügbarkeit gefälschter Dokumente und schließlich dem nicht nachvollziehbaren Vorbringen zur Erlangung dieser Dokumente davon aus, dass diese Dokumente nicht authentisch sind und jedenfalls nicht zur Glaubhaftmachung einer den Beschwerdeführer betreffenden Gefährdungssituation im Irak und dort in der autonomen Region Kurdistan geeignet sind.

2.5.4. Das Vorbringen des Beschwerdeführers erweist sich darüber hinaus aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch als nicht plausibel. Insbesondere kann das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehen, weshalb sich der Beschwerdeführer seinem eigenen Vorbringen zufolge selbst freiwillig zu den Peschmerga meldete, obwohl er einen Dienst an der Waffe ablehnte. Selbst wenn dies auf Druck der Familie erfolgt sein mag, ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in einer solchen Situation zu erwarten, dass sich der Betroffene unmittelbar von seiner Familie abwendet, anstelle sich zunächst noch freiwillig zum Dienst zu melden und damit auch noch nachfolgende Sanktionen von staatlicher Seite herbeizuführen.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sprechen ferner die Ereignisse im Gefolge der Eheschließung im Jahr 2017 gegen das Vorbringen des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Einerseits suchte der Beschwerdeführer zum Zweck der Ausstellung einer Vollmacht selbst die Vertretungsbehörde des Staates in Österreich auf, in dem er angeblich gesucht und als Fahnenflüchtiger verfolgt wird. Die gewünschte Vollmacht wurde dem Beschwerdeführer auch ausgestellt, was zumindest als Indiz dafür angesehen werden kann, dass der Beschwerdeführer nicht als Straftäter angesehen wird.

Darüber hinaus legte der Beschwerdeführer dar, er sei in Kontakt mit seinem Vater getreten und habe dieser die Hochzeit mit der Familie seiner nunmehrigen Ehefrau arrangiert. Das Bundesverwaltungsgericht kann dieses Verhalten im Kontext des Vorbringens des Beschwerdeführers noch vor der belangten Behörde, der letzte Kontakt zur Familie habe am 20.01.2015 mit der Mutter bestanden sowie dass er sich dem Verlangen seines Vaters nach Leistung des Wehrdienstes widersetzt habe, nicht nachvollziehen. Zumindest ist evident, dass der Beschwerdeführer wiederum in Kontakt mit seinem Vater steht und ihm dieser auch in privaten Angelegenheiten behilflich war. Ferner trat in der mündlichen Verhandlung zutage, dass der nicht vermisste Bruder des Beschwerdeführers in römisch XXXX als Polizist arbeitet. Vor der belangten Behörde sprach der Beschwerdeführer noch davon, dass kein Kontakt mit seinen Brüdern bestehen würde und sein überlebender Bruder nicht nach römisch XXXX wolle (AS 75), sondern nach Europa (AS 76). Von familiären Schwierigkeiten kann demnach aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine Rede sein und spricht auch die Tatsache dagegen, der der erwähnte Bruder des Beschwerdeführers als dessen Stellvertreter bei der Eheschließung im Irak fungierte.

Nicht unerwähnt hat schließlich zu bleiben, dass der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes darlegte, er sei aufgrund der Tätigkeit seines Bruders von Unbekannten mit dem Tod bedroht worden. Von einer familiären Verpflichtung, den Dienst bei den Peschmerga anzutreten und dass er den Irak nach seiner freiwilligen Meldung, jedoch vor Dienstantritt verlassen habe, erwähnte der Beschwerdeführers nichts. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass sich die Erstbefragung Paragraph 19, Absatz eins, AsylG 2005 zufolge nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat und gegen ein unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen Bedenken bestehen vergleiche VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0061 mwN). Dennoch fällt im gegenständlichen Fall ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung einen gänzlich anderen Geschehnisverlauf skizzierte als in den folgenden Einvernahmen – obwohl er noch vor der belangten Behörde die Richtigkeit des bisherigen Vorbringens und dass er alle Fluchtgründe genannt habe, bekräftigte (AS 71).

Selbst wenn die Erstbefragung keine detaillierte Aufnahme des Ausreisegrundes umfasst, wäre dennoch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu erwarten, dass vom Asylwerber nicht Vorfälle dargelegt werden, welche in der Folge nicht mehr oder gänzlich anders werden. Die im gegenständlichen Fall nicht stringente Darlegung solcher eigener Erlebnisse bei der Erstbefragung in Gestalt einer Morddrohung aufgrund des Engagement des Bruders als Offizier weckt in einer Gesamtbetrachtung mit den vorstehenden Erwägungen weitere Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu den ausreisekausalen Ereignissen (zur Zulässigkeit derartiger Erwägungen bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Verschaffung eines persönlichen Eindruckes vom Beschwerdeführer VwGH 24.03.2015, Ra 2014/19/0143).

2.5.5. Die vom Beschwerdeführer geäußerte Rückkehrbefürchtung, von Angehörigen seines Stammes aufgrund der unterbliebenen Dienstleistung als Peschmerga als Verräter angesehen zu werden stellt sich schließlich nach Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichtes als vage Vermutung dar, welche zur Glaubhaftmachung einer tatsächlichen Gefährdung im Rückkehrfall nicht geeignet ist. Einerseits hegt das Bundesverwaltungsgericht aus den vorstehend ausgeführten Gründen Zweifel daran, dass sich der Beschwerdeführer vor dessen Ausreise überhaupt freiwillig zu den Peschmerga meldete, sodass keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen werden können. Davon abgesehen konnte der Beschwerdeführer andererseits in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht keinen greifbares Anzeichen für seine Vermutung benennen und gab auf die darauf gerichtete Frage nur beharrend an, er werde als Verräter angesehen, da er sich nicht bei den Peshmerga gemeldet habe. Gegen eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers durch Stammesangehörige spricht indes aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes, dass es zu keinem Zeitpunkt zu persönlichen Konfrontationen mit Stammesangehörigen kam. Ferner brachte der Beschwerdeführer keine von Stammesangehörigen wider ihn gerichteten verbalen oder schriftlichen Drohungen vor.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers kann insgesamt keine Reaktion von Stammesangehörigen oder dem Stammesführer auf die Ausreise des Beschwerdeführers entnommen werden. Insbesondere gab der Beschwerdeführer nicht glaubhaft an, dass der Stammesführer seinem Vater noch irgendwelche Botschaften mitgeteilt hätte (so wie es angeblich vor der Ausreise ständig der Fall gewesen sein soll). Zwar erfolgte ein derartiges Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, allerdings erst zum Ender der Einvernahme des Beschwerdeführers auf die Frage hin, über in Österreich Opfer einer gerichtlich strafbaren Handlung oder von Gewalt bzw. von Gewalt in der Familie geworden oder Sie als Zeuge an einem Strafverfahren beteiligt sei. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ging es dem Beschwerdeführer darum, dieses Vorbringen noch rasch vor dem Abschluss seiner Einvernahme – wenn auch an gänzlich unpassender Stelle – zu platzieren. In der Sacher legte er dar, dass sein Vater nach seiner Ausreise von den Stammesführern bedroht worden sei. Die Fragen des erkennenden Gerichtes nach diesen Stammesführern konnte der Beschwerdeführer in der Folge nur dahingehend beantworten, dass es sich um eine Gruppe von Personen handeln würde. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist dieses späte Vorbringen des Beschwerdeführers schon deshalb nicht glaubhaft. Es handelt sich auch um ein gesteigertes Vorbringen, zumal der Beschwerdeführer entsprechendes weder im Verfahren erster Instanz, noch in der Beschwerde und auch nicht in der mündlichen Verhandlung auf die einleitende Frage nach Neuerungen hin vorbrachte – dies obwohl sich die Bedrohung schon nachdem der Beschwerdeführer den Irak verlassen habe ereignet haben soll. Schließlich kann dem Vorbringen auch keine auf die Person des Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung entnommen wurde, zumal er davon sprach, dass sein Vater bedroht worden sei. Da sein Vater jedoch dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch noch derzeit am Ort der Bedrohung, nämlich in römisch XXXX , lebt. Das Bundesverwaltungsgericht geht deshalb nicht von einer tatsächlich vorhandenen Bedrohung des Beschwerdeführers oder dessen Vaters mit maßgeblicher Intensität im Irak aus.

2.5.6. Dass ein Bruder des Beschwerdeführers bei Kampfhandlungen mit dem Islamischen Staat verletzt wurde und seit einer Konfrontation mit dem Islamischen Staat als verschollen gilt, vermag eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete individuelle Bedrohung nicht aufzuzeigen. Darüber hinaus gestand der Beschwerdeführer angesichts der Lageänderung im Irak zu, dass der Islamische Staat nicht mehr präsent sei und er auch keine Verfolgung durch Anhänger des Islamischen Staates im Rückkehrfall befürchte.

2.5.7. In Anbetracht des maßgeblichen Wiederspruchs des Vorbringens des Beschwerdeführers zum Inhalt der in Ablichtung Vorlage gebrachten Urkunden sowie angesichts der mangelnden Plausibilität der vorgebrachten freiwilligen Meldung zu den Peschmerga sowie letztlich des Widerspruchs zu den Angaben bei der Erstbefragung ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zusammenfassend nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise zum Dienst bei den kurdischen Peschmerga infolge einer freiwilligen Meldung oder aus anderen Gründen hätte einrücken müssen oder er sich diesem Dienst widerrechtlich entzogen hätte. Ferner kann – auch in Ermangelung eines urkundlichen Nachweises, obwohl ein solcher in den Raum gestellt wurde – nicht festgestellt werden, dass wider den Beschwerdeführer im Irak ein Haftbefehl besteht oder er in anderer Weise von irakischen Behörden oder den Behörden der kurdischen Regionalregierung gesucht würde.

Vielmehr ist in der Sache von einem auf die Erlangung des Status des Asylberechtigten konstruierten Vorbringen auszugehen, welches zur Glaubhaftmachung einer asylrelevanten Verfolgung nicht geeignet ist. Eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers im Fall seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kann das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls nicht erkennen. Das Vorbringen zum einzig geltend gemachten Ausreisegründen ist nicht glaubhaft und ergibt sich diesbezüglich folglich auch keine Rückkehrgefährdung. Hinsichtlich der angeblichen Bedrohung durch Stammesangehörige gestaltete sich das Vorbringen des Beschwerdeführers vage und spekulativ und spricht auch der Verbleib seines angeblich unmittelbar bedrohten Vaters in römisch XXXX gegen das tatsächliche Bestehen einer Gefährdung durch Stammesangehörige.

Im Zuge einer Gesamtbetrachtung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts den Irak aufgrund der dort vorherrschenden Sicherheitslage und zur Verbesserung seiner persönlichen Situation und seiner Bildungschancen verlassen hat, ohne dass er einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in seinem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

2.6. Schwierigkeiten aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit oder seines sunnitischen Bekenntnisses wurden seitens des Beschwerdeführers nicht substantiiert vorgebacht. Angesichts der kurdischen Abstammung des Beschwerdeführers und der Anwesenheit seiner Eltern und seines Bruders in römisch XXXX kann das Bundesverwaltungsgericht auch keine Schwierigkeiten bei der Erlangung einer allenfalls notwendigen Aufenthaltstitels in der autonomen Region Kurdistan erkennen, diesbezügliche Befürchtungen brachte der Beschwerdeführer auch nicht vor.

Die Feststellung betreffend die nicht vorhandene politische Betätigung des Beschwerdeführers beruht auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

2.7. Da der Beschwerdeführer keine staatliche Strafverfolgung im Irak aufgrund eines Kapitalverbrechens in den Raum gestellt hat, war dem Folgend zur Feststellung zu gelangen, dass er im Fall einer Rückkehr nicht der Todesstrafe unterzogen würde. Ebenso kann aus dem Vorbringen keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers durch drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe abgeleitet werden, zumal keine Schwierigkeiten mit Behörden, Gerichten oder Sicherheitskräften vorgebracht wurden und die vorgebrachte drohende Strafverfolgung infolge unbefugter Abwesenheit vom Dienst bei den Peschmerga aus den vorstehend erörterten Gründen nicht als glaubhaft erachtet wird. Am Rande sei erwähnt, dass eine Wehrpflicht im Irak nicht besteht und der Beschwerdeführer demnach im Rückkehrfall auch nicht mit einer Einberufung zu rechnen hat.

Im Hinblick auf die Sicherheitslage in der autonomen Region Kurdistan – jener Region, in welche eine Rückkehr des Beschwerdeführer zu erwarten ist, da er der kurdischen Volksgruppe angehört und dort über familiäre Anknüpfungspunkte in römisch XXXX verfügt – verkennt das Bundesverwaltungsgericht zunächst nicht, dass sich auch in der autonomen Kurdenregion vereinzelt Anschläge ereignen und eine Bedrohung von Schläferzellen des Islamischen Staates ausgeht, was sich nicht zuletzt bei Angriffen auf die Stadt Kirkuk im Oktober 2016 zeigte. Dennoch ist die Sicherheitslage in der autonomen Region Kurdistan ausweislich der herangezogenen Quellen insgesamt gut. Gewaltsame Übergriffe beschränken sich auf sporadische terroristische Angriffe mit vergleichsweise geringen Opferzahlen. Eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer Opfer von Anschlagskriminalität wird, kann im Anbetracht dessen nicht erkannt werden. Offene Kampfhandlungen zwischen den Milizen des Islamischen Staates und kurdischen Sicherheitskräften finden in der autonomen Region Kurdistan jedenfalls nicht statt.

Risikoerhöhende Umstände im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers oder dessen persönliche Merkmale können nicht erkannt werden, zumal der Beschwerdeführer keiner gefährdeten Personengruppe angehört und sunnitischer Religionszugehörigkeit ist. Ferner gehört er der kurdischen Volksgruppe an, sodass er keine Diskriminierung aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit oder seines religiösen Bekenntnisses zu befürchten hat.

Die weiteren Feststellungen unter Punkt 1.3. beruhen schließlich auf den Angaben des Beschwerdeführers zu dessen Lebenslauf und zu seiner Verfassung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie in der Einvernahme vor der belangten Behörde. Der Beschwerdeführer ist im Irak geboren und aufgewachsen und mit der Sprache sowie den Gebräuchen in seinem Herkunftsstaat vertraut.

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nicht erneut in römisch XXXX bei seinen Eltern oder allenfalls auch seinem Bruder Unterstützung durch Unterkunft und erforderlichenfalls durch Nahrung findet, so wie ihm diese bereits vor der Ausreise zuteilwurde, zumal er von seinen Familienangehörigen auch bei der Organisation und der Durchführung seiner Eheschließung maßgeblich unterstützt wurde und sämtliche Familienangehörige als Lehrer bzw. Polizist erwerbstätig sind, sodass auch ungeachtet der Lohnkürzungen für Staatsbedienstete von einer hinreichenden Absicherung in grundlegenden Bedürfnissen ausgegangen werden kann. Dessen ungeachtet vertritt das Bundesverwaltungsgericht auch ob des vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks die Auffassung, dass dieser selbst in der Lage ist, für ein eigenes Auskommen im Fall der Rückkehr in die autonome Region Kurdistan zu sorgen.

Die Feststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dessen glaubhaften Ausführungen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung im Hinblick auf die durchlaufende Ausbildung sowie die im Herkunftsstaat ausgeübte Tätigkeit. Letztlich brachte der Beschwerdeführer keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor, welche die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen würden. Dass Rückkehrer aus dem westlichen Ausland besonders vulnerabel wären, kann den zur Rückkehr getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden und sind auch keine diesbezüglichen Sanktionen der kurdischen Regionalregierung zu besorgen.

Seitens des Beschwerdeführers wurde auch nicht vorgebracht, im Rückkehrfall in eine ausweglose Lage zu geraten oder in seinen Grundbedürfnissen nicht abgesichert zu sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 84 aus 2017, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974, (Genfer Flüchtlingskonvention), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185; 12.11.2014, Ra 2014/20/0069 mwN).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/19/0459). Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in seinem Heimatstaat Verfolgung zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233 mwN). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

3.1.2 Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, im Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Im gegenständlichen Fall gelangt das Bundesverwaltungsgericht aus oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich erörterten Gründen zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer keiner individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt war oder im Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre, sodass internationaler Schutz nicht zu gewähren ist. Ferner liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer eine über die allgemeinen Gefahren der im Irak gebietsweise herrschenden bürgerkriegsähnlichen Situation hinausgehende Gruppenverfolgung droht.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin keine Verfolgung aus in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen droht. Bezüglich der Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder unruhebedingten Lebensbedingungen zurückzuführen sind, bleibt festzuhalten, dass diese keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes darstellen, da alle Bewohner gleichermaßen davon betroffen sind.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass bestehende schwierige Lebensumstände allgemeiner Natur hinzunehmen sind, weil das Asylrecht nicht die Aufgabe hat, vor allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die etwa in Folge des Krieges, Bürgerkrieges, Revolution oder sonstigen Unruhen entstehen, ein Standpunkt den beispielsweise auch das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft in Punkt 164 einnimmt (VwGH 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).

Die Beschwerde zeigt demgemäß keine Rechtswidrigkeit von Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheids auf.

3.2. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.1. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Ziffer eins,) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Ziffer 2,), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.

Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht zu prüfen, ob im Falle der Rückführung des Beschwerdeführers in den Irak Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde.

Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen einer gebotenen Einzelfallprüfung sind zunächst konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein "real risk" einer gegen Artikel 3, MRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174). Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236; VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwN). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwH).

Nach der ständige Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofs obliegt es dabei grundsätzlich dem Beschwerdeführer, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos glaubhaft zu machen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (EGMR U 05.09.2013, römisch eins. gegen Schweden, Nr. 61204/09; VwGH 18.03.2015, Ra 2015/01/0255; VwGH 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich das erkennende Gericht nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (etwa die familiäre, gesundheitliche oder finanzielle Situation), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 18.12.2002, Zl. 2002/18/0279). Der Antragsteller muss die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben schlüssig darstellen vergleiche VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus, wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (EGMR U 17.10.1986, Kilic gegen Schweiz, Nr. 12364/86).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen im Übrigen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141).

3.2.2. Unter "real risk" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (grundlegend VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; RV 952 BlgNR römisch XXII. GP 37). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die Feststellung einer Gefahrenlage im Sinn des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 erfordert das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung zu tragen vergleiche VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; 14.10.1998, Zl. 98/01/0122).

3.2.3. Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Artikel 3, EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden vergleiche EGMR U 08.04.2008, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Artikel 3, EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (VfSlg 13.314/1992; EGMR GK 07.07.1989, Soering gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 14038/88). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des Antragstellers zu berücksichtigen, wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein ausreichend reales Risiko für eine Verletzung des Artikel 3, EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragsstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (EGMR U 04.07.2006, Karim gegen Schweden, Nr. 24171/05, U 03.05.2007, Goncharova/Alekseytev gegen Schweden, Nr. 31246/06).

Der EGMR geht weiter allgemein davon aus, dass aus Artikel 3, EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische oder sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann diesbezüglich die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Artikel 3, EMRK führen (EGMR U 15.02.2000, S.C.C. gegen Sweden, Nr. 46553/99).

3.2.4. Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Artikel 3, EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände vorliegen (EGMR U 02.05.1997, D. gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 30240/96; U 06.02.2001, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 44599/98; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

Unter außergewöhnlichen Umständen können auch lebensbedrohende Ereignisse (etwa das Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Artikel 3, EMRK iVm.

Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0142).

3.2.5. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts im Sinn des Artikel 15, Litera c, der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann überdies landesweit oder regional bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (VG München 13.05.2016, M 4 K 16.30558).

Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Beschwerdeführer so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Bedrohung darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein vergleiche EuGH U 17.02.2009, C-465/07). Ob eine Situation genereller Gewalt eine ausreichende Intensität erreicht, um eine reale Gefahr einer für das Leben oder die Person zu bewirken, ist insbesondere anhand folgender Kriterien zu beurteilen:

ob die Konfliktparteien Methoden und Taktiken anwenden, die die Gefahr ziviler Opfer erhöhen oder direkt auf Zivilisten gerichtet sind; ob diese Taktiken und Methoden weit verbreitet sind; ob die Kampfhandlungen lokal oder verbreitet stattfinden; schließlich die Zahl der getöteten, verwundeten und vertriebenen Zivilisten (EGRM U 28.06.2011, Sufi/Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 8319/07, 11449/07).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt jedoch nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; EGMR U 20.07.2010, N. gegen Schweden, Nr. 23505/09; U 13.10.2011, Husseini gegen Schweden, Nr. 10611/09). Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2, oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Lage in Bagdad). Die bloße Möglichkeit einer den betreffenden Bestimmungen der EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427).

Im Hinblick der Gefahrendichte ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die der Beschwerdeführer typischerweise zurückkehren wird. Zur Feststellung der Gefahrendichte kann auf eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung zurückgegriffen werden. Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann (dt BVerwG 17.11.2011, 10 C 13/10).

Dessen ungeachtet sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch dann abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht (Paragraph 8, Absatz 3, AsylG 2005).

3.2.6. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat und dort in die autonome Region Kurdistan – jener Region, in welche eine Rückkehr des Beschwerdeführer zu erwarten ist, da er der kurdischen Volksgruppe angehört und dort über familiäre Anknüpfungspunkte in römisch XXXX verfügt – der Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden, dies auch da dem Beschwerdeführer aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Strafverfolgung aufgrund unbefugten Fernbleibens vom Dienst bei den Peschmerga droht. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Artikel 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat und dort in die autonome Region Kurdistan für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen. Die Sicherheitslage in der autonomen Region Kurdistan ist ausweislich der getroffenen Feststellungen insgesamt gut. Dass vereinzelt Anschläge stattfinden ändert daran nichts, insbesondere angesichts der vergleichsweise sehr niedrigen Opferzahlen, welche unter den Feststellungen zur Sicherheitslage dokumentiert sind und die nicht bestritten wurden. Eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer im Fall einer neuerlichen physischen Präsenz in der autonomen Region Kurdistan Opfer von Anschlagskriminalität würde, kann im Anbetracht dessen nicht erkannt werden. Zum anderen hat der Beschwerdeführer selbst kein substantiiertes Vorbringen dahingehend erstattet, dass er in der autonomen Kurdenregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung durch Anschlagskriminalität oder bürgerkriegsähnliche Zustände ausgesetzt wäre.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3, EMRK überschritten wäre vergleiche hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer ist ein arbeitsfähiger und gesunder Mann mit Ausbildung in der Schule auf Maturaniveau und als Informatiker auf der Universität sowie erster Berufserfahrung als Selbständiger. Die grundsätzliche Möglichkeit einer Teilnahme am Erwerbsleben kann in Ansehung des Beschwerdeführers vorausgesetzt werden, zumal er bereits im Irak erwerbstätig war. Das Bundesverwaltungsgericht geht demnach davon aus, dass der Beschwerdeführer im Irak grundsätzlich in der Lage sein wird, sich mit seiner bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts zu erwirtschaften. Ferner ist davon auszugehen, dass er erneut bei seinen Eltern Unterstützung finden wird, wie dies bereits vor der Ausreise der Fall war.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, liegt ausweislich der getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak und im Besondere in der autonomen Region Kurdistan nicht vor.

3.2.7. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in seinen Rechten nach Artikel 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden.

Weder droht ihm im Herkunftsstaat das reale Risiko einer Verletzung der oben genannten gewährleisteten Rechte, noch bestünde die Gefahr, der Todesstrafe unterzogen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen, sodass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides zu Recht abgewiesen wurde.

3.3. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

3.3.1. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden nach Artikel 8, Absatz eins, EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Artikel 8, EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (VfSlg. 16928/2003).

Der Begriff des Familienlebens ist nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein. Maßgebend sind etwa das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR U 13.06.1979, Marckx gegen Belgien, Nr. 6833/74; GK 22.04.1997, römisch zehn, Y u. Z gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 21830/93).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Europäische Menschenrechtskonvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat vergleiche EGMR U 16.6.2005, Sisojeva u.a. gegen Lettland, Nr. 60654/00). Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen vergleiche EGMR U 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97; VfSlg 10.737/1985; 13.660/1993).

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nur dann unter den Schutz des Artikel 8, Absatz eins, EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen vergleiche dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 09. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).

Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass in Österreich Angehörige oder Verwandte leben würden, zumal seine Ehefrau in München lebt und schon deshalb mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme keine Trennung von einer im Bundesgebiet zurückbleibenden Person verbunden ist. Angesichts dessen ist im gegenständlichen Fall eine mögliche Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf ein Familienleben in Österreich mangels familiärer Bindungen zu verneinen. Darüber hinaus wäre ein schützenswertes Familienleben auch deshalb zu verneinen, weil die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als sich der Beschwerdeführer und seine Ehefrau – insbesondere nach Erhalt des angefochtenen Bescheides – der Ungewissheit des weiteren Verbleibes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet bewusst gewesen sein mussten und ein gemeinsamer Wohnsitz derzeit auch gar nicht besteht. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Eheleute eine gemeinsame Zukunft in Deutschland anstreben und nicht vorgebracht wurde, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers unter Ausnutzung ihrer unionsrechtlich garantierten Freizügigkeit in Österreich niedergelassen hätte oder dies anstreben würde.

Sohin ist zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung einen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf ein Privatleben in Österreich darstellt.

3.3.2. Der Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen eines Fremden an einem Verbleib in Österreich in dem Sinne, ob dieser Eingriff im Sinn des Artikel 8, Absatz 2, EMRK notwendig und verhältnismäßig ist, ist voranzustellen, dass die Rückkehrentscheidung jedenfalls der innerstaatlichen Rechtslage nach einen gesetzlich zulässigen Eingriff darstellt.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Moustaquim ist eine Maßnahme dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn sie einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und zum verfolgten legitimen Ziel verhältnismäßig ist. Das bedeutet, dass die Interessen des Staates, insbesondere unter Berücksichtigung der Souveränität hinsichtlich der Einwanderungs- und Niederlassungspolitik, gegen jene des Berufungswerbers abzuwägen sind (EGMR U 18.02.1991, Moustaquim gegen Belgien, Nr. 12313/86).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Die Konventionsstaaten sind nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt, Einreise, Ausweisung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (EGRM U 30.10.1991, Vilvarajah u.a. gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 13163/87).

Hinsichtlich der Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des Berufungswerbers ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass Asylwerber und sonstige Fremde nicht schlechthin gleichzusetzen sind. Asylwerber hätten regelmäßig ohne Geltendmachung von Asylgründen keine rechtliche Möglichkeit, legal nach Österreich einzureisen. Soweit die Einreise nicht ohnehin unter Umgehung der Grenzkontrolle oder mit einem Touristenvisum stattgefunden hat, ist Asylwerbern der Aufenthalt bloß erlaubt, weil sie einen Asylantrag gestellt und Asylgründe geltend gemacht haben. Sie dürfen zwar bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben noch abgeschoben werden, ein über diesen faktischen Abschiebeschutz hinausgehendes Aufenthaltsrecht erlangen Asylwerber jedoch lediglich bei Zulassung ihres Asylverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss oder bis zur Einstellung des Verfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegen getreten werden, wenn er auf Grund dieser Besonderheit Asylwerber und andere Fremde unterschiedlich behandelt (VfSlg. 17.516/2005).

3.3.3. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8, EMRK einer Ausweisung entgegensteht (zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien vergleiche VfSlg. 18.223/2007).

Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben knüpft (EGMR U 31.1.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99; U 16.9.2004, M. C. G. gegen Deutschland, Nr. 11.103/03), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR GK 28.05.1985, Abdulaziz, Cabales und Balkandali gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 9214/80, 9473/81, 9474/81; U 20.6.2002, Al-Nashif gegen Bulgarien, Nr. 50.963/99) und dessen Intensität (EGMR U 02.08.2001, Boultif gegen Schweiz, Nr. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert vergleiche EGMR U 04.10.2001, Adam gegen Deutschland, Nr. 43.359/98; GK 09.10.2003, Slivenko gegen Lettland, Nr. 48321/99; vergleiche VwGH 5.7.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR U 11.04.2006, Useinov gegen Niederlande Nr. 61292/00) für maßgeblich erachtet.

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren – was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann – ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR U 24.11.1998, Mitchell gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 40.447/98; U 05.09.2000, Solomon gegen die Niederlande, Nr. 44.328/98; 31.1.2006, U 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99).

Bereits vor Inkrafttreten des nunmehrigen Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erkenntnissen VfSlg. 18.224/2007 und VwGH 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Leitlinien, welche im Rahmen der Interessensabwägung gem. Artikel 8, Absatz 2, EMRK zu berücksichtigen sind. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Artikel 8, MRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt (VwGH 28.04.2014, Ra 2014/18/0146-0149, mwN). Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (VwGH 13.06.2016, Ra 2015/01/0255). Ferner sind nach der eingangs zitieren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie dies Verfassungsgerichtshofs die strafgerichtliche Unbescholtenheit aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht sowie Erfordernisse der öffentlichen Ordnung und schließlich die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis VfSlg. 19.203/2010 eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Artikel 8, EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen vergleiche auch VfSlg. 19.357/2011).

Das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration ist weiter dann gemindert, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, Zl. 2007/01/0479 mwN). Beruht der bisherige Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten wie insbesondere bei Vortäuschung eines Asylgrundes, relativiert dies die ableitbaren Interessen des Asylwerbers wesentlich (VwGH 2.10.1996, Zl. 95/21/0169; 28.06.2007, Zl. 2006/21/0114; VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).

Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren. Es wird dadurch nur jener Zustand hergestellt, der bestünde, wenn er sich rechtmäßig (hinsichtlich der Zuwanderung) verhalten hätte und wird dadurch lediglich anderen Fremden gleichgestellt, welche ebenfalls gemäß dem Grundsatz der Auslandsantragsstellung ihren Antrag nach den fremdenpolizeilichen bzw. niederlassungsrechtlichen Bestimmungen vom Ausland aus stellen müssen und die Entscheidung der zuständigen österreichischen Behörde dort abzuwarten haben.

Die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK daher ein hoher Stellenwert zu (VfSlg. 18.223/2007; VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251).

Die öffentliche Ordnung, hier im Besonderen das Interesse an einer geordneten Zuwanderung, erfordert es daher, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung wird etwa beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung kann in solchen Fällen trotz eines vielleicht damit verbundenen Eingriffs in das Privatleben und Familienleben erforderlich sein, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (VwGH 21.2.1996, Zl. 95/21/1256). Dies auch deshalb, weil als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz gilt, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen. (VwGH 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007). Der VwGH hat weiters festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den sensiblen Arbeitsmarkt als auch für das Sozialsystem gravierende Auswirkung hat. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Fremde, welche daher auch über keine arbeitsrechtliche Berechtigung verfügen, die reale Gefahr besteht, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes auf den inoffiziellen Arbeitsmarkt drängen, was wiederum erhebliche Auswirkungen auf den offiziellen Arbeitsmarkt, das Sozialsystem und damit auf das wirtschaftliche Wohl des Landes hat.

3.3.4. In Abwägung der gemäß Artikel 8, EMRK maßgeblichen Umstände in Ansehung des Beschwerdeführers ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Der Beschwerdeführer reiste am 14.06.2015 rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und stellte in der Folge einen Antrag auf internationalen Schutz. Er ist seither als Asylwerber in Österreich aufhältig. Das Gewicht des sohin noch nicht einmal zweieinhalbjährigen faktischen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich ist noch dadurch abgeschwächt, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren versuchte, er konnte alleine durch die Stellung seines Antrags jedoch nicht begründeter Weise von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung seines Aufenthalts ausgehen. Darüber hinaus reiste der Beschwerdeführer während des vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahrens in die Bundesrepublik Deutschland aus und verbrachte dort etwa vier Monate, was das Gewicht seines Aufenthaltes in Österreich zusätzlich mindert. Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt im Übrigen ohne dem Dazutreten weiterer maßgeblicher Umstände nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zu (VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031 mwN). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Artikel 8, EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, Zl. 2007/10/0479, davon aus, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte.

Der Beschwerdeführer hat hierorts keine Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit oder anderweitiger maßgeblicher wirtschaftlicher Interessen. Er hat keine Erwerbstätigkeit auf dem regulären Arbeitsmarkt in Aussicht und ist zur Sicherstellung seines Auskommens auf Leistungen der der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber angewiesen. Zwar verfügt der Beschwerdeführer über eine mündliche Einstellungszusage bei einem Reinigungsunternehmen, jedoch über keine gesicherte Position in Gestalt eines bedingten Dienstvertrages und war ihm in der mündlichen Verhandlung nicht einmal der Name seines präsumtiven Arbeitgebers geläufig, sodass das Bundesverwaltungsgericht keine maßgeblichen wirtschaftlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet erkennen kann.

Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse und hat eine Prüfung auf dem Niveau A2 absolviert, er verfügt auch über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. Darüber hinaus verfügt er über soziale Kontakte im festgestellten Umfang. Seine vormalige Beziehung in Österreich besteht nicht mehr, zumal der Beschwerdeführer seine nunmehrige Ehefrau kennen gelernt und schließlich geehelicht hat.

Demgegenüber verbrachte der Beschwerdeführer den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat, er wurde dort sozialisiert und besuchte dort die Schule und die Universität. Ferner war der Beschwerdeführer neben Schulbesuch und Studium erwerbstätig, er verfügt in der autonomen Region Kurdistan nach wie vor über seine Eltern und einen Bruder und spricht die Mehrheitssprache seiner Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau. Es deutete daher nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat und dort in die autonome Region Kurdistan nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers stellt der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420).

Im gegenständlichen Verfahren ist insgesamt keine unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer festzustellen, die den zuständigen Behörden zur Last zu legen wären vergleiche hiezu auch VwGH 24.05.2016, Ro 2016/01/0001).

Der sohin in Anbetracht der erst kurzen Zeit des Aufenthaltes in Österreich und der fehlenden beruflichen Integration sowie des erst grundlegenden Spracherwerbs schwachen Rechtsposition des Beschwerdeführers im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, zumal der Beschwerdeführer weder in den Arbeitsmarkt integriert ist, noch eine Erwerbstätigkeit in Aussicht hat. Ferner ist relativierend darauf zu verweisen, dass der faktische Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich durch eine illegale Einreise herbeigeführt wurde und sich der Beschwerdeführer – insbesondere nach Erhalt des angefochtenen Bescheides – der Ungewissheit seines weiteren Verbleibes im Bundesgebiet bewusst gewesen sein musste.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vergleiche das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vergleiche dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde).

Soweit der Beschwerdeführer über private Bindungen in Österreich verfügt, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr in den Irak gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich) aufrecht zu erhalten. Schließlich ist von maßgeblicher Bedeutung, dass der Beschwerdeführer eine gemeinsame Zukunft mit seiner Ehefrau in der Bundesrepublik Deutschland anstrebt und nicht in Österreich. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes ist es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, die Ausstellung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger für die Bundesrepublik Deutschland in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.

Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten anhand des Artikel 8, Absatz 2, EMRK sowie nach Maßgabe der im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG angeführten Kriterien gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die individuellen Interessen des Beschwerdeführers im Sinn des Artikel 8, Absatz eins, EMRK – auch unter Berücksichtigung der Anwesenheit seines Bruders um Bundesgebiet – nicht so ausgeprägt sind, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen.

3.3.5. In Anbetracht der Abwägung der dargelegten Umstände in Ansehung der Person des Beschwerdeführers ergibt sich zwingend, dass ihm ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist zumal es an der in Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 angeführten Voraussetzung der gebotenen Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG mangelt.

Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung festgestellt, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach Paragraph 55, AsylG 2005 abzusprechen. Sohin war Spruchpunkt römisch III. des bekämpften Bescheides mit der Maßgabe zu bestätigen, dass in dessen erstem Satz der der negative Ausspruch nach Paragraph 55, AsylG 2005 entfällt (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0174).

3.3.6. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ist gemäß Paragraph 58, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung ist gemäß Paragraph 58, Absatz 3, AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Paragraph 10, Absatz eins, AsylG 2005 sieht ferner vor, dass eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz dann mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist, wenn etwa - wie hier - der Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen wird (Ziffer 3, leg. cit.) und von Amts wegen kein Aufenthaltstitel nach Paragraph 57, AsylG 2005 erteilt wird. Die Rückkehrentscheidung setzt daher eine vorangehende Klärung der Frage voraus, ob ein Aufenthaltstitel nach Paragraph 57, AsylG 2005 erteilt wird.

Im Ermittlungsverfahren sind keine Umstände zu Tage getreten, welche auf eine Verwirklichung der in Paragraph 57, Absatz eins, AsylG 2005 alternativ genannten Tatbestände hindeuten würden, insbesondere wurde vom Beschwerdeführer selbst nichts dahingehend dargetan. Dem Beschwerdeführer ist daher kein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen.

3.3.7. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG wider den Beschwerdeführer keine gesetzlich normierten Hindernisse entgegenstehen.

4. Schließlich sind im Hinblick auf Paragraphen 52, Absatz 9, in Verbindung mit 50 FPG und die dazu oben getroffenen länderkundlichen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak unzulässig wäre.

5. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ergibt sich zwingend aus Paragraph 55, Absatz 2, erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Die eingeräumte Frist ist angemessen und es wurde diesbezüglich auch in der Beschwerdeschrift kein Vorbringen erstattet.

6. Der angefochtene Bescheid erweist sich ob der vorstehenden Ausführungen als rechtsrichtig, sodass die dagegen erhobene Beschwerde in vollem Umfang als unbegründet abzuweisen ist.

Zu B)

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff und zur Frage der Aktualität der Verfolgung abgeht.

Ebenso wird zu diesen Themen keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2017:L521.2137725.1.00