Der Nationalrat hat beschlossen: Der Abschluß des nachstehenden Staats Vertrages wird genehmigt. Die Regierung der Republik Österreich und die Regierung der Italienischen Republik in der Erwägung, daß Zuwiderhandlungen gegen die Zollvorschriften den wirtschaftlichen, fiskalischen und kommerziellen Interessen ihrer Länder schaden; in der Erwägung, daß die Sicherung der genauen Erhebung von Abgaben wichtig ist; in der Erwägung, daß der Handel mit Suchtgiften und mit psychotropen Substanzen zur Versorgung des illegalen Marktes dieser Substanzen beiträgt, welche eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit und für die Gesellschaft darstellen; in der Überzeugung, daß der Kampf gegen diese Zuwiderhandlungen durch enge Zusammenarbeit zwischen ihren Zollverwaltungen noch wirksamer gemacht würde; unter Bedachtnahme auf die Empfehlung des Rates für Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens über gegenseitige Amtshilfe vom 5. Dezember 1953; sind wie folgt übereingekommen: Artikel 1 Für die Zwecke dieses Abkommens bedeutet 1. „Zollvorschriften" die von den beiden Zollverwaltungen zu vollziehenden Rechtsvorschriften über a) die Einfuhr, die Ausfuhr, den Verkehr und die Lagerung von Waren, einschließlich Zahlungsmitteln, b) die Erhebung, Sicherung und Rückzahlung von Eingangs- und Ausgangsabgaben, sowie c) die Kontrolle von Verboten und Beschränkungen der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr.

Ziffer 2 „Zollverwaltung" in der Republik Österreich das Bundesministerium für Finanzen und die ihm nachgeordneten Zollbehörden und in der Italienischen Republik die Zollverwaltung, einschließlich der Guardia di Finanza; 3. „Zollzuwiderhandlung" jede Verletzung der Zollvorschriften sowie den Versuch einer solchen Verletzung; 4. „Eingangs- und Ausgangsabgaben" die Zölle und die anderen von der Zollverwaltung anläßlich oder im Zusammenhang mit der Einfuhr oder Ausfuhr von Waren erhobenen Steuern, Gebühren und anderen Beträge; diese schließen in der Italienischen Republik die von den zuständigen Organen der Europäischen Gemeinschaften festgelegten Eingangs- oder Ausgangsabgaben ein. Artikel 2 1. Nach Maßgabe dieses Abkommens leisten die Zollverwaltungen der beiden Staaten, auch wenn sie im gerichtlichen Auftrag tätig sind, einander im unmittelbaren Verkehr Amtshilfe zum Zwecke der a) Sicherung der Befolgung der Zollvorschriften; b) Verhinderung, Ermittlung und Verfolgung von Zollzuwiderhandlungen. 2. Die Amtshilfe umfaßt nicht die Festnahme von Personen sowie die Einbringung von Eingangs- und Ausgangsabgaben oder von Geldstrafen und sonstigen Beträgen für Rechnung des anderen Staates. Artikel 3 Auf Ersuchen der Zollverwaltung eines der Staaten übt die Zollverwaltung des anderen Staates im Rahmen seiner Rechtsvorschriften und Verwaltungsverfahren eine besondere Überwachung aus über a) Ortsveränderungen, insbesondere die Ein- und Ausreise von Personen, die im ersuchenden Staat unter Verdacht stehen, Zollzuwiderhandlungen zu begehen; b) Transporte von Waren, von denen der ersuchende Staat mitgeteilt hat, daß der Verdacht besteht, daß sie in seinem Gebiet zu Zollzuwiderhandlungen führen können; c) Örtlichkeiten, wo ungewöhnliche Mengen an Waren gelagert werden, bei denen der ersuchende Staat Grund zur Annahme hat, daß sie zur illegalen Einfuhr in sein Gebiet bestimmt sind; d) Fahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge oder andere Beförderungsmittel, für die der ersuchende Staat Grund zur Annahme hat, daß sie zur Begehung von Zollzuwiderhandlungen in seinem Gebiet benützt werden könnten. Artikel 4 1 Die Zollverwaltungen der beiden Staaten erteilen einander unaufgefordert und unverzüglich alle verfügbaren Auskünfte über a) festgestellte oder geplante Vorgänge, die zu einer Zollzuwiderhandlung im anderen Staat führen oder führen können; b) neue Mittel oder Methoden der Begehung von Zollzuwiderhandlungen; c) Waren, von denen bekannt ist, daß sie den Gegenstand von Zollzuwiderhandlungen im anderen Staat bilden; d) Personen, die im Verdacht stehen, Zollzuwiderhandlungen zu begehen, sowie Fahrzeuge, Schiffe und Luftfahrzeuge, bei denen der Verdacht besteht, daß sie zur Begehung solcher Zuwiderhandlungen im anderen Staat verwendet werden. 2. Die Zollverwaltungen der beiden Staaten treffen Maßnahmen, damit Beamte ihrer Dienststellen, die mit der Ausforschung von Zollzuwiderhandlungen betraut sind, zum Zwecke des Austausches von Auskünften zur Verhinderung, Ermittlung oder Verfolgung von solchen Zuwiderhandlungen in persönlichem und direktem Kontakt stehen. Artikel 5 1. Die Zollverwaltungen der beiden Staaten erteilen einander über Ersuchen alle verfügbaren Auskünfte über Vorgänge, die eine Zollzuwiderhandlung im einen oder anderen Staat darstellen oder darstellen können, sowie über den Austausch von Waren, die Gegenstand einer Zollzuwiderhandlung sein können. 2. Über Ersuchen der Zollverwaltung des einen Staates nimmt die Zollverwaltung des anderen Staates nach Maßgabe des in seinem Gebiet geltenden Rechts alle erforderlichen Ermittlungen vor, insbesondere die Einvernahme von einer Zollzuwiderhandlung verdächtigen Personen, von Zeugen oder von Sachverständigen, und teilt dieser die Ergebnisse unverzüglich mit.

Artikel 6 Die Auskünfte nach Artikel 4 oder 5 werden auch in Form von Berichten, Niederschriften oder Kopien von Dokumenten erteilt. Artikel 7 Die Zollverwaltungen der beiden Staaten können erhaltene Auskünfte und vorgelegte Schriftstücke nach Maßgabe dieses Abkommens sowohl in ihren Niederschriften, Berichten oder Zeugenaussagen als auch in Verfahren vor den Gerichten als Beweismittel heranziehen. Artikel 8 1. Die im Rahmen der Amtshilfe erhaltenen Auskünfte, Mitteilungen und Schriftstücke dürfen in zivilgerichtlichen, strafgerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nach Maßgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften nur für die in diesem Abkommen bestimmten Zwecke verwendet werden. 2. Diese Auskünfte, Mitteilungen und Schriftstücke dürfen anderen als den mit ihrer Verwendung betrauten Organen nur weitergegeben werden, wenn die Zollverwaltung, die sie mitgeteilt hat, dem ausdrücklich zustimmt und wenn die für die Zollverwaltung, die sie erhalten hat, maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. 3. Auskünfte, Mitteilungen und Schriftstücke, über die die Zollverwaltung des ersuchenden Staates in Anwendung dieses Abkommens verfügt, genießen denselben Schutz, welcher vom innerstaatlichen Recht dieses Staates Schriftstücken oder anderen Auskünften dieser Art gewährt wird. Artikel 9 Auf Ersuchen der Zollverwaltung des einen Staates ermächtigt die Zollverwaltung des anderen Staates nach Möglichkeit ihre Organe, als Zeugen oder Sachverständige in gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren betreffend Zollzuwiderhandlungen im Gebiet des anderen Staates auszusagen und die für das Verfahren notwendigen Gegenstände, Akten und andere Schriftstücke oder beglaubigte Abschriften hievon vorzulegen. Das Ersuchen auf Erscheinen legt insbesondere fest, in welcher Rechtssache und in welcher Eigenschaft das Organ aussagen soll. Die Zollverwaltung des Staates, an den das Ersuchen gerichtet ist, legt erforderlichenfalls in der von ihr ausgestellten Genehmigung die Grenzen fest, innerhalb welcher ihre Organe ihre Aussage zu halten haben. Artikel 10 Die für die Ermittlung von Zollzuwiderhandlungen zuständigen Organe der Zollverwaltung eines Staates können mit Zustimmung der Zollverwaltung des anderen Staates in dessen Gebiet bei zur Ermittlung und Feststellung solcher Zuwiderhandlungen durchgeführten Verfahren anwesend sein. Artikel 11 Wenn in den von diesem Abkommen vorgesehenen Fällen die Organe der Zollverwaltung eines Staates sich im Gebiet des anderen Staates befinden, müssen sie jederzeit in der Lage sein, ihre dienstliche Funktion nachzuweisen. Sie genießen in diesem Gebiet denselben Schutz, der Organen der Zollverwaltung dieses Staates von den geltenden Rechtsvorschriften gewährt wird. Artikel 12 Auf Ersuchen der Zollverwaltung des einen Staates stellt die Zollverwaltung des anderen Staates entsprechend den in diesem Gebiet geltenden Rechtsvorschriften Schriftstücke betreffend die Anwendung der Zollvorschriften den Empfängern zu. Artikel 13 Die beiden Staaten verzichten gegenseitig auf jeden Anspruch auf Rückvergütung der durch die Anwendung dieses Abkommens verursachten Kosten. Entschädigungen von im Artikel 9 genannten Organen, von Sachverständigen oder von Dolmetschern gehen jedoch zu Lasten des ersuchenden Staates.

Artikel 14 1. Die Staaten sind nicht verpflichtet, die in diesem Abkommen vorgesehene Amtshilfe zu leisten, wenn sie der Ansicht sind, daß diese geeignet ist, ihre Souveränität, ihre Sicherheit, den ordre public oder andere wesentliche Interessen zu beeinträchtigen. 2. Jede Ablehnung der Amtshilfe ist zu begründen. Artikel 15 Stellt eine Zollverwaltung ein Ersuchen um Amtshilfe und wäre sie nicht in der Lage, einem solchen zu entsprechen, so weist sie darauf in ihrem Ersuchen hin. Es steht der ersuchten Zollverwaltung frei, einem solchen Ersuchen zu entsprechen. Artikel 16 1. Die Maßnahmen zur Durchführung dieses Abkommens werden von den Zollverwaltungen der beiden Vertragsstaaten einvernehmlich festgelegt. 2. Fragen, die sich bei der Anwendung des Abkommens ergeben, werden durch diese Verwaltungen selbst einvernehmlich gelöst. 3. Zu diesem Zweck können besondere Besprechungen abgehalten werden. Artikel 17 Dieses Abkommen ist auf das Zollgebiet der Italienischen Republik, wie es im einheitlichen italienischen Text der Vorschriften auf dem Gebiet des Zollwesens festgelegt ist, und auf das Zollgebiet der Republik Österreich anwendbar. Artikel 18 1 Dieses Abkommen ist nach den verfassungsrechtlichen Verfahren jedes Vertragsstaates zu ratifizieren; die Ratifikationsurkunden werden in Rom ausgetauscht. 2. Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem der Austausch der Ratifikationsurkunden stattfindet. 3. Es kann von jedem der beiden Vertragsstaaten jederzeit schriftlich auf diplomatischem Weg gekündigt werden. In einem solchen Fall tritt es drei Monate nach dem Einlangen der Kündigung bei der anderen Vertragspartei außer Kraft. 4. Mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens tritt das am 26. Juni 1978 in Wien unterzeichnete Abkommen über die gegenseitige Amtshilfe Kundgemacht in Bundesgesetzblatt Nr. 468 aus 1979, außer Kraft. Artikel 19 Jede bei Auslegung der Bestimmungen dieses Abkommens entstehende Unstimmigkeit ist auf diplomatischem Weg zu bereinigen. GESCHEHEN in Wien am 17 Juli 1991, in zwei Exemplaren, in italienischer und deutscher Sprache, von denen beide Texte gleichermaßen authentisch sind. Für die Regierung der Republik Österreich: H. D. Schweisgut e. h. Für die Regierung der Italienischen Republik: M. del Giudice e. h.

 

 

 

Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete und vom Bundeskanzler gegengezeichnete Ratifikationsurkunde wurde am 24. August 1995 ausgetauscht; das Abkommen tritt gemäß seinem Artikel 18, Absatz 2, mit 1. November 1995 in Kraft.

Vranitzky