Der Nationalrat hat beschlossen: Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages wird genehmigt. Der Bundespräsident der Republik Österreich und Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg, von dem Wunsche geleitet, in den gegenseitigen Beziehungen zwischen den beiden Staaten die Anwendung des Haager Prozeßübereinkommens vom 1. März 1954 — im folgenden als Haager Übereinkommen bezeichnet — zu erleichtern und den Rechtsschutz ihrer Staatsangehörigen zu sichern, haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Abkommen zu schließen, und haben zu Bevollmächtigten ernannt: Der Bundespräsident der Republik Österreich: Herrn Dr. Franz Weidinger, Außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Österreich; Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg:, Herrn Gaston Thorn, Minister für Auswärtige Angelegenheiten und Außenhandel; die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten die nachstehenden Bestimmungen vereinbart haben: Artikel 1 Die Staatsangehörigen des einen der beiden Staaten genießen auf dem Gebiet des anderen Staates hinsichtlich ihrer Person und ihres Vermögens denselben Rechtsschutz, der den Staatsangehörigen dieses Staates eingeräumt ist. Artikel 2 (1) Die gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen, die für eine Person auf dem Gebiet des anderen Staates bestimmt sind, werden im unmittelbaren Verkehr nach Maßgabe des folgenden Absatzes übersandt. (2) a) Geht das Ersuchen von einem luxemburgischen Gericht oder Gerichtsvollzieher oder

einer luxemburgischen Staatsanwaltschaft aus und ist das zuzustellende Schriftstück in deutscher Sprache abgefaßt oder mit einer Übersetzung in die deutsche Sprache versehen, so ist das Ersuchen unmittelbar an das österreichische Bezirksgericht zu richten, in dessen Sprengel sich der Empfänger aufhält. Ist das Schriftstück in französischer Sprache abgefaßt und eine Übersetzung in die deutsche Sprache nicht angeschlossen, so ist das Ersuchen an dieses Bezirksgericht im Weg des Bundesministeriums für Justiz zu richten. b) Ersuchen österreichischer Gerichte um Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke sind unmittelbar an die Generalstaatsanwaltschaft Luxemburg zu richten. (3) Die zuzustellenden Schriftstücke sind in einer einzigen Ausfertigung zu übersenden. (4) Die Ersuchen um Zustellung dieser Schriftstücke und allfällige zusätzliche Mitteilungen betreffend die Zustellung können entweder in deutscher oder in französischer Sprache abgefaßt werden. (5) Das Empfangsbekenntnis oder die Bestätigung über die Zustellung ist unmittelbar an die Stelle zu senden, von der das Ersuchen ausgegangen ist. Artikel 3 In Ladungen, die im Gebiet des anderen Staates zugestellt werden, gelten Strafandrohungen für den Fall des Nichterscheinens ab nicht aufgenommen. Hinweise auf prozessuale Säumnisfolgen sind jedoch zulässig. Artikel 4 (1) Die Rechtshilfeersuchen in Zivil- und Handelssachen sind im unmittelbaren Verkehr nach Maßgabe des folgenden Absatzes zu übersenden. (2) a) Geht das Rechtshilfeersuchen von einem luxemburgischen Gericht aus und ist es in deutscher Sprache abgefaßt oder mit einer Obersetzung in die deutsche Sprache versehen, so ist es unmittelbar an das österreichische Bezirksgericht zu richten, von dem das Ersuchen erledigt werden soll. Ist das Rechtshilfeersuchen in französischer Sprache abgefaßt und eine Übersetzung in die deutsche Sprache nicht angeschlossen, so ist das Rechtshilfeersuchen an dieses Bezirksgericht im Weg des Bundesministeriums für Justiz zu richten. b) Rechtshilfeersuchen österreichischer Gerichte sind an das luxemburgische Bezirksgericht zu richten, von dem das Ersuchen erledigt werden soll.

  1. Absatz 3Die Schreiben zur Übermittlung der Rechtshilfeersuchen und allfällige zusätzliche Mitteilungen betreffend die Rechtshilfeersuchen können entweder in deutscher oder in französischer Sprache abgefaßt werden. (4) Die in Erledigung eines Rechtshilfeersuchens verfaßten Schriftstücke sind unmittelbar an das Gericht zu senden, von dem das Ersuchen ausgegangen ist. Artikel 5 Die Richtigkeit von Übersetzungen der zuzustellenden Schriftstücke in die deutsche oder in die französische Sprache und der Rechtshilfeersuchen in die deutsche Sprache kann auch von einem beeideten Dolmetsch des ersuchenden Staates bestätigt werden. Artikel 6 Die Zustellung der gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke und die Erledigung der Rechtshilfeersuchen können nicht deswegen abgelehnt werden, weil die Gerichte des ersuchten Staates zur Entscheidung über den Rechtsstreit ausschließlich zuständig sind. Artikel 7 Aus Anlaß der Zustellung der gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke und der Erledigung der Rechtshilfeersuchen entstandene Gebühren und Auslagen werden auch in den im Artikel 7 Absatz 2 und im Artikel 16 Absatz 2 des Haager Übereinkommens bezeichneten Fällen nicht erstattet, ausgenommen die Sachverständigen gezahlten Vergütungen. Artikel 8 (1) Jeder der beiden Staaten räumt den juristischen Personen, die er als dem anderen Staat angehörig ansieht, die Vorteile des Artikels 17 des Haager Übereinkommens ein. (2) Absatz 1 gilt auch für Gesellschaften und Vereinigungen, die nach dem Recht des Staates, dem sie angehören, fähig sind, selbständig vor Gerichten aufzutreten, ohne Rechtspersönlichkeit zu besitzen. Artikel 9 Der Antrag, auf Grund einer Entscheidung über die Prozeßkosten nach den Artikeln 18 und 19 des Haager Übereinkommens die Exekution zu bewilligen (eine Entscheidung über die Prozeßkosten nach den Artikeln 18 und 19 des Haager Übereinkommens für vollstreckbar zu erklären), kann von dem Berechtigten unmittelbar bei dem zuständigen Gericht gestellt werden.

Artikel 10 Für die Anwendung des Artikels 19 Absatz 2 und 3 des Haager Übereinkommens a) sind vorzulegen 1. wenn die Entscheidung in Luxemburg gefällt worden ist, ein urkundlicher Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung, eine Bestätigung des Leiters der Gerichtskanzlei, daß gegen die Entscheidung weder Widerspruch noch Berufung offensteht, und in den Fällen, in denen die Kassationsbeschwerde die Vollstreckung hemmt, eine Bestätigung, daß keine Kassationsbeschwerde erhoben worden ist; 2. wenn die Entscheidung in Österreich gefällt worden ist, eine Bestätigung des Gerichts, das in erster Instanz entschieden hat, darüber, daß die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist; b) muß die Zuständigkeit der Behörde, die die im Buchstaben a vorgesehene Urkunde und die dort vorgesehenen Bestätigungen ausstellt, nicht von einer anderen Behörde bestätigt werden; c) müssen die in Luxemburg vorzulegenden Urkunden in französischer oder in deutscher Sprache abgefaßt und die in Österreich vorzulegenden Urkunden in deutscher Sprache abgefaßt oder mit einer Übersetzung in die deutsche Sprache versehen sein; die Richtigkeit der Übersetzung muß von einem beeideten Dolmetsch eines der beiden Staaten bestätigt sein. Artikel 11 (1) Dieses Abkommen ist zu ratifizieren und dir Ratifikationsurkunden sind in Wien auszutauschen. (2) Es wird am sechzigsten Tage nach dem Tag, an dem der Austausch der Ratifikationsurkunden stattfinden wird, in Kraft treten. Artikel 12 Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile kann dieses Abkommen durch an den anderen Hohen Vertragschließenden Teil gerichtete schriftliche Notifikation kündigen. Die Kündigung wird sechs Monate nach dem Tag dieser Notifikation wirksam werden. Artikel 13 Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Auslegung oder der Anwendung dieses Abkommens, die zwischen den Hohen Vertragschließenden Teilen entstehen konnten, sind auf diplomatischem Weg zu bereinigen. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen mit ihrer Unterschrift versehen.

Geschehen zu Luxemburg, am 17. März 1972, in zwei Urschriften in deutscher und französischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen verbindlich sind. Für den Bundespräsidenten der Republik Österreich: Franz Weidinger m. p. Für Seine Königliche Hoheit den Großherzog von Luxemburg: Gaston Thorn m. p. Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete, vom Bundeskanzler, vom Bundesminister für Justiz und vom Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten gegengezeichnete Ratifikationsurkunde wurde am 17. März 1975 ausgetauscht; das Zusatzabkommen tritt gemäß seinem Artikel 11, Abs. 2 am 17. Mai 1975 in Kraft.

Kreisky