Nachdem das am 15. Juli 1966 in Wien unterzeichnete Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Französischen Republik über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechtes, welches also lautet: Der Bundespräsident der Republik Österreich und der Präsident der Französischen Republik, von dem Wunsche geleitet, in den Beziehungen zwischen den beiden Staaten die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden auf dem
Gebiet des Zivil- und Handelsrechtes zu sichern, haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Abkommen zu schließen, und haben zu Bevollmächtigten ernannt: Der Bundespräsident der Republik Österreich: Herrn Dr. Lujo Tončić-Sorinj, Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten, Herrn Dr. Hans Klecatsky, Bundesminister für Justiz, Der Präsident der Französischen Republik: Herrn Louis Roché, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter, die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten die nachstehenden Bestimmungen vereinbart haben. Artikel 1 Dieses Abkommen ist auf die von den Gerichten der Hohen Vertragschließenden Teile auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechtes gefällten Entscheidungen anzuwenden, mit Ausnahme jener im Konkursverfahren, im Ausgleichsverfahren und im Verfahren zur gerichtlichen Schuldenbereinigung (règlement judiciaire). Artikel 2 Im Sinne dieses Abkommens sind zu verstehen: 1. unter „Entscheidung" jede im streitigen Verfahren, oder im Verfahren außer Streitsachen gefällte Entscheidung, wie sie auch bezeichnet sein mag und auch, wenn sie von einem Strafgericht erlassen worden ist; 2. unter „Titelgericht" das Gericht, das die Entscheidung gefällt hat, deren Anerkennung oder Vollstreckung beantragt wird; 3. unter „Entscheidungsstaat" der Staat, in dessen Gebiet das Titelgericht seinen Sitz hat; 4. unter „ersuchtes Gericht" in Frankreich das Gericht, bei dem die Vollstreckbarerklärung, in Österreich das Gericht, bei dem die Vollstreckung beantragt wird; 5. unter „ersuchter Staat" der Staat, in dessen Gebiet die Anerkennung oder die Vollstreckung beantragt wird. Artikel 3 (1) Die von einem Gericht eines der Hohen Vertragschließenden Teile gefällten Entscheidungen werden in dem Gebiet des anderen anerkannt, wenn das Titelgericht gemäß den Artikeln 6 bis 11 dieses Abkommens zuständig war
und die Entscheidung nach dem Recht des Entscheidungsstaates rechtskräftig ist. (2) Im Fall einer Versäumnisentscheidung muß der Beklagte ordnungsgemäß geladen worden sein. Im Fall eines Zahlungsbefehls oder eines Zahlungsauftrags muß die Entscheidung dem Schuldner ordnungsgemäß zugestellt worden sein. Artikel 4 Die Anerkennung darf in folgenden Fällen versagt werden: 1. wenn sie der öffentlichen Ordnung des ersuchten Staates widerspricht; 2. wenn ein gleicher, auf denselben Rechtsanspruch gestützter Antrag zwischen denselben Parteien schon Gegenstand einer rechtskräftigen Entscheidung in der Sache selbst war, die in dem ersuchten Staat gefällt worden oder die in einem dritten Staat gefällt worden und in dem ersuchten Staat anerkannt ist; 3. wenn zwischen denselben Parteien ein gleicher, auf denselben Rechtsanspruch gestützter Antrag vor einem Gericht des ersuchten Staates anhängig und dieses Gericht vor dem Titelgericht mit der Sache befaßt worden ist; 4. wenn, im Fall einer Versäumnisentscheidung, die säumige Partei von dem Verfahren nicht zeitgerecht Kenntnis erhalten hat, um sich zu verteidigen, oder wenn es sich um einen Zahlungsbefehl oder einen Zahlungsauftrag handelt, der Schuldner nicht in der Lage gewesen ist, zeitgerecht Einwendungen (Widerspruch) zu erheben. Artikel 5 (1) Die Anerkennung darf nicht deswegen versagt werden, weil das Titelgericht ein anderes Recht angewendet hat, als nach den Regeln des internationalen Privatrechts des ersuchten Staates anzuwenden gewesen wäre, außer es handelt sich um den Personenstand oder die Handlungsfähigkeit. Selbst in diesen Fällen darf die Anerkennung nicht versagt werden, wenn die Anwendung der genannten Regeln zu dem gleichen Ergebnis geführt hätte. (2) Die Anerkennung darf versagt werden, wenn Vorschriften des Rechtes des ersuchten Staates über die Vertretung nicht oder nicht voll handlungsfähiger Personen verletzt wurden. Artikel 6 Dieses Abkommen berührt nicht die Vorschriften über die Zuständigkeit der Gerichte der Hohen Vertragschließenden Teile. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 sind Entscheidungen jedoch nur anzuerkennen, wenn das Titelgericht im Sinne der Artikel 7 bis 11 zuständig gewesen ist.
Artikel 7 (1) Die Gerichte des Entscheidungsstaates sind für Verfahren betreffend den Personenstand und die Handlungsfähigkeit zuständig, wenn zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens eine der Personen, deren Personenstand oder Handlungsfähigkeit betroffen wird, Angehöriger dieses Staates ist. (2) Dasselbe gilt, wenn alle Personen, deren Personenstand oder Handlungsfähigkeit betroffen wird, zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des Entscheidungsstaates haben und dem ersuchten Staat angehören. Artikel 8 Die Gerichte des Staates, in dem sich eine Liegenschaft befindet, sind für Verfahren zuständig, die ein dingliches Recht an dieser Liegenschaft zum Gegenstand haben. Sie sind für Nachlaßangelegenheiten betreffend unbewegliches Vermögen zuständig. Artikel 9 Die Gerichte des Entscheidungsstaates sind für Nachlaßangelegenheiten betreffend bewegliches Vermögen zuständig, wenn der Erblasser Angehöriger dieses Staates war oder auf dessen Gebiet seinen letzten Wohnsitz hatte. Artikel 10 In den Angelegenheiten, die nicht in den Artikeln 7 bis 9 angeführt sind, sind die Gerichte des Entscheidungsstaates zuständig: 1. wenn der Beklagte zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet dieses Staates hat; 2. wenn der Beklagte im Gebiet dieses Staates eine kaufmännische, gewerbliche oder sonstige Niederlassung oder Zweigniederlassung hat oder hatte und er dort wegen einer den Betrieb dieser Niederlassung oder Zweigniederlassung betreffenden Streitigkeit belangt wird; 3. wenn in einer Handelssache die vertragliche Verpflichtung, die Gegenstand der Streitigkeit ist, nach der ausdrücklichen oder stillschweigenden Übereinkunft zwischen Kläger und Beklagtem im Gebiet dieses Staates erfüllt wurde oder erfüllt werden sollte; 4. wenn das Verfahren Schadenersatzansprüche aus einer außervertraglichen Haftung zum Gegenstand hat und die schädigende Handlung im Gebiet dieses Staates begangen wurde; 5. wenn der Beklagte zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens im Gebiet dieses Staates Vermögen besitzt und er im Gebiet des anderen Staates weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Artikel 11 In den Angelegenheiten, die nicht in den Artikeln 7 bis 9 angeführt sind, ist das Titelgericht auch zuständig: 1. wenn sich der Beklagte der Zuständigkeit dieses Gerichtes, sei es durch Annahme eines Wohnsitzes (élection de domicile), sei es durch irgendeine andere Zuständigkeitsvereinbarung ausdrücklich unterworfen hat, vorausgesetzt, daß das Recht des ersuchten Staates dem nicht in Anbetracht des Streitgegenstandes entgegensteht; 2. wenn sich der Beklagte in die Sache selbst eingelassen hat, ohne die Zuständigkeit des Titelgerichtes bestritten oder erklärt zu haben, daß er sich dieser Zuständigkeit nur hinsichtlich des im Entscheidungsstaate gelegenen Vermögens unterwirft; 3. wenn es sich um eine Widerklage handelt und das Titelgericht gemäß den Bestimmungen des Artikels 10 oder dieses Artikels zur Entscheidung über die Hauptklage zuständig war. Artikel 12 Das Gericht, vor dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ist an Feststellungen von Tatsachen gebunden, die in der Entscheidung enthalten sind und die der Begründung der Zuständigkeit des Titelgerichts dienen. Artikel 13 Die Partei, welche die Anerkennung geltend macht, hat vorzulegen: 1. eine vollständige Ausfertigung der Entscheidung, welche die für ihre Echtheit erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; 2. a) wenn die Entscheidung in Österreich gefällt wurde, eine Bestätigung des Gerichtes, das in erster Instanz entschieden hat, darüber, daß die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist; b) wenn die Entscheidung in Frankreich gefällt wurde, einen urkundlichen Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung, eine Bestätigung des Leiters der Gerichtskanzlei, daß gegen diese Entscheidung weder Widerspruch noch Berufung offensteht, und in den Fällen, in denen die Kassationsbeschwerde die Vollstreckung hemmt, eine Bestätigung, daß keine Kassationsbeschwerde erhoben wurde; 3. im Fall einer Versäumnisentscheidung eine mit der Bestätigung der Richtigkeit versehene Abschrift der Ladung oder ein anderes zur Feststellung der ordnungsgemäßen Ladung des Beklagten geeignetes Schriftstück; 4. im Fall eines Zahlungsbefehls oder eines Zahlungsauftrages ein zur Feststellung der ordnungsgemäßen Zustellung der Entscheidung an den Schuldner geeignetes Schriftstück.
Artikel 14 (1) Die Gerichte jedes der Hohen Vertragschließenden Teile haben, je nach den Vorschriften ihres innerstaatlichen Rechts, einen Antrag entweder zurückzuweisen oder die Entscheidung aufzuschieben, wenn ein gleicher, auf denselben Rechtsanspruch gestützter Antrag zwischen denselben Parteien schon vor einem Gericht des anderen Staates anhängig ist und darüber eine gemäß diesem Abkommen anzuerkennende Entscheidung gefällt werden kann. (2) Bei Dringlichkeit können jedoch bei den Gerichten jedes der Hohen Vertragschließenden Teile vorläufige oder sichernde Maßnahmen begehrt werden, gleich welches Gericht mit der Sache selbst befaßt ist. Artikel 15 (1) Jede von einem französischen Gericht gefällte Entscheidung ist in Österreich vollstreckbar, wenn sie in Frankreich vollstreckbar ist und die Voraussetzungen für ihre Anerkennung erfüllt sind. (2) Jede von einem österreichischen Gericht gefällte Entscheidung ist in Frankreich für vollstreckbar zu erklären, wenn sie in Österreich vollstreckbar ist und die Voraussetzungen für ihre Anerkennung erfüllt sind. Die Vollstreckbarerklärung kann nicht mit der „opposition" angefochten werden. Artikel 16 Die Partei, welche die Vollstreckung einer in Frankreich gefällten Entscheidung in Österreich oder die Vollstreckbarerklärung einer in Österreich gefällten Entscheidung in Frankreich begehrt, hat außer den in Artikel 13 angeführten Urkunden die erforderlichen Unterlagen zum Nachweis dafür vorzulegen, daß die Entscheidung im Gebiet des Entscheidungsstaates vollstreckbar ist. Artikel 17 (1) Die in Frankreich errichteten und dort vollstreckbaren öffentlichen Urkunden sind in Österreich vollstreckbar. Die in Österreich errichteten und dort vollstreckbaren Urkunden werden in Frankreich für vollstreckbar erklärt; die Vollstreckbarerklärung kann nicht mit der „Opposition" angefochten werden. (2) In jedem der beiden Staaten hat sich das Gericht auf die Prüfung zu beschränken, ob die Urkunde die erforderlichen Voraussetzungen für ihre Echtheit erfüllt und ob die Vollstreckung nicht der öffentlichen Ordnung des ersuchten Staates widerspricht.
schriftliche Notifikation kündigen. Die Kündigung wird sechs Monate nach dem Tag dieser Notifikation wirksam werden. (2) Die Kündigung kann sich auf die Departements und Gebiete beschränken, die Gegenstand eines Notenwechsels gemäß Artikel 20 Absatz 2 waren. Artikel 23 Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Auslegung oder der Anwendung dieses Abkommens, die zwischen den Hohen Vertragschließenden Teilen entstehen könnten, sind auf diplomatischem Wege zu bereinigen. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen mit ihrer Unterschrift versehen. Geschehen zu Wien, am 15. Juli 1966, in zweifacher Ausfertigung in deutscher und französischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind. Für den Bundespräsidenten der Republik Österreich: Dr. Lujo Tončić-Sorinj m. p. H. Klecatsky m. p. Für den Präsidenten der Französischen Republik: Louis Roché m. p. die verfassungsmäßige Genehmigung des Nationalrates erhalten hat, erklärt der Bundespräsident dieses Abkommen für ratifiziert und verspricht im Namen der Republik Österreich die gewissenhafte Erfüllung der darin enthaltenen Bestimmungen. Zu Urkund dessen ist die vorliegende Ratifikationsurkunde vom Bundespräsidenten unterzeichnet, vom Bundeskanzler, vom Bundesminister für Justiz und vom Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten gegengezeichnet und mit dem Staatssiegel der Republik Österreich versehen worden. Geschehen zu Wien, am 19. April 1967 Der Bundespräsident: Jonas Der Bundeskanzler: Klaus Der Bundesminister für Justiz: Klecatsky Der Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten: Tončić-Sorinj Die Ratifikationsurkunden zu dem vorliegenden Abkommen sind am 14. Juni 1967 ausgetauscht worden; dieses tritt daher gemäß seinem Artikel 21, Absatz 2, am 13. August 1967 in Kraft.
Klaus