BUNDESGESETZBLATT
FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 2011

Ausgegeben am 28. April 2011

Teil I

21. Bundesgesetz:

EU-Mediations-Gesetz - EU-MediatG sowie Änderung der Zivilprozessordnung, des IPR-Gesetzes und des Suchtmittelgesetzes

(NR: GP römisch XXIV RV 1055 AB 1125 S. 99. BR: AB 8469 S. 795.)

[CELEX-Nr.: 32008L0052]

21. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über bestimmte Aspekte der grenzüberschreitenden Mediation in Zivil- und Handelssachen in der Europäischen Union erlassen sowie die Zivilprozessordnung, das IPR-Gesetz und das Suchtmittelgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Bundesgesetz über bestimmte Aspekte der grenzüberschreitenden Mediation in Zivil- und Handelssachen in der Europäischen Union (EU-Mediations-Gesetz - EU-MediatG)

Anwendungsbereich

Paragraph eins,

  1. Absatz einsDieses Bundesgesetz gilt für die Mediation in grenzüberschreitenden Streitigkeiten in Zivil- und Handelssachen. Auf Streitigkeiten über Rechte und Pflichten, über die die Parteien nach dem anwendbaren Recht nicht verfügen können, sowie über die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“) ist es nicht anzuwenden.
  2. Absatz 2Die Paragraphen 3, und 4 sind auch auf ein im Anschluss an ein Mediationsverfahren durchgeführtes Gerichts- oder Schiedsverfahren anzuwenden, das in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen eingeleitet wird, in dem die Parteien zu dem in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 3, genannten Zeitpunkten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatten.

Begriffsbestimmungen

Paragraph 2,

  1. Absatz einsIm Sinn dieses Bundesgesetzes bedeuten
    1. Ziffer eins
      Mediation: ein strukturiertes Verfahren ungeachtet seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeit zu erzielen, unabhängig davon, ob dieses Verfahren von den Parteien eingeleitet, von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet oder nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben wird;
    2. Ziffer 2
      Mediator: eine dritte Person, die ersucht wird, eine Mediation auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchzuführen, und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hat;
    3. Ziffer 3
      grenzüberschreitende Streitigkeit: eine Streitigkeit, bei der mindestens eine der Parteien zu dem Zeitpunkt, zu dem
      1. Litera a
        die Parteien nach Entstehen der Streitigkeit eine Mediation vereinbaren oder
      2. Litera b
        die Mediation von einem Gericht angeordnet wird oder
      3. Litera c
        nach dem Recht eines Mitgliedstaats eine Pflicht zur Nutzung der Mediation entsteht oder
      4. Litera d
        die Parteien von einem Gericht aufgefordert werden, eine Mediation in Anspruch zu nehmen,
                  ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat als eine der               anderen Parteien;
    1. Ziffer 4
      Wohnsitz: der Wohnsitz im Sinn der Artikel 59, und 60 der Verordnung 2001/44/EG über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L 12 vom 16. Jänner 2001, S. 1;
    2. Ziffer 5
      Mitgliedstaat: ein Mitgliedstaat der Europäischen Union.
  2. Absatz 2Ist strittig, ob die Voraussetzungen nach Absatz eins, Ziffer eins, oder 2 vorliegen, so kann das Gericht eine Stellungnahme des Ausschusses für Mediation (Paragraph 7, Zivilrechts-Mediations-Gesetz – ZivMediatG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 29 aus 2003,) einholen.

Vertraulichkeit

Paragraph 3,

Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, haben Mediatoren und in die Durchführung der Mediation eingebundene Personen in Gerichts- oder Schiedsverfahren in Zivil- und Handelssachen die Aussage zu Informationen zu verweigern, die sich aus oder im Zusammenhang mit einer Mediation ergeben, es sei denn, dass

  1. Ziffer eins
    diese Aussage aus vorrangigen Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) geboten ist, insbesondere um den Schutz des Kindeswohls zu gewährleisten oder eine Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder
  2. Ziffer 2
    die Offenlegung des Inhalts der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung zu deren Umsetzung oder Vollstreckung erforderlich ist.

Verjährung

Paragraph 4,

Der Beginn und die gehörige Fortsetzung einer Mediation hemmen den Ablauf der Verjährung sowie sonstiger Fristen zur Geltendmachung der von der Mediation betroffenen Rechte und Ansprüche.

Verhältnis zum ZivMediatG

Paragraph 5,

  1. Absatz einsFür eingetragene Mediatoren (Paragraph 13, ZivMediatG) und von diesen durchgeführte grenzüberschreitende Mediationen gelten die Vorschriften des Zivilrechts-Mediations-Gesetzes.
  2. Absatz 2Ein nicht eingetragener Mediator hat die Parteien über diesen Umstand zu informieren.

Umsetzungshinweis

Paragraph 6,

Mit diesem Bundesgesetz wird die Richtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L 136 vom 24. Mai 2008, S. 3, umgesetzt.

Inkrafttreten und Schlussbestimmungen

Paragraph 7,

  1. Absatz einsDieses Bundesgesetz tritt mit 1. Mai 2011 in Kraft. Es ist auf Mediationsverfahren, die nach dem 30. April 2011 eingeleitet werden, anzuwenden.
  2. Absatz 2Soweit sich die in diesem Bundesgesetz verwendeten Bezeichnungen auf natürliche Personen beziehen, gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.
  3. Absatz 3Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesministerin für Justiz betraut.

Artikel II

Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2011, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 111 aus 2010,, wird wie folgt geändert:

Nach dem Paragraph 433, wird folgender Paragraph 433 a, samt Überschrift eingefügt:

„Mediationsvergleich

Paragraph 433 a,

Über den Inhalt der in einem Mediationsverfahren über eine Zivilsache erzielten schriftlichen Vereinbarung kann vor jedem Bezirksgericht ein gerichtlicher Vergleich geschlossen werden.“

Artikel III

Änderung des IPR-Gesetzes

Das IPR-Gesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 304 aus 1978,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 135 aus 2009,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, Paragraph 53, wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Paragraph 53, erhält die Absatzbezeichnung „(1)“.

b) Dem Absatz eins, wird folgender Absatz 2, angefügt:

  1. Absatz 2Nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern besteht die elterliche Verantwortung, die das bis zu diesem Zeitpunkt maßgebende Recht kraft Gesetzes einer Person zugewiesen hat, fort; die Zuweisung der elterlichen Verantwortung kraft Gesetzes an eine Person, die diese Verantwortung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nicht bereits hat, bestimmt sich nach dem nach Artikel 16, Absatz eins, dieses Übereinkommens maßgebenden Recht.“

Artikel IV

Änderung des Suchtmittelgesetzes

Das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 112 aus 1997,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 111 aus 2010, (Ziffer 42,), wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, In Paragraph 6, Absatz 6, wird der Verweis „4 oder 4a“ durch den Verweis „4, 4a oder 4b“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 2, Paragraph 24 c, Absatz eins, Ziffer 2, lautet:

  1. Ziffer 2
    eine Gleichschrift des Ergebnisses der Leichenbeschau oder im Falle einer Obduktion des Befundes und Gutachtens samt den Ergebnissen einer allfälligen chemisch-toxikologischen Untersuchung, wenn der Todesfall in einem unmittelbaren oder mittelbaren kausalen Zusammenhang mit dem Konsum von Suchtmitteln steht,
  2. Litera a
    vom Leiter der Universitätseinheit für gerichtliche Medizin oder dem Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, der kein Angehöriger des wissenschaftlichen Personals einer solchen Einrichtung ist, die oder der eine Leichenbeschau oder Obduktion nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung vornimmt,
  3. Litera b
    vom Leiter der Einrichtung, die eine Leichenbeschau oder Obduktion nach den sanitätspolizeilichen Bestimmungen oder eine Obduktion nach den Bestimmungen des Krankenanstaltenrechts vornimmt,“

Novellierungsanordnung 3, Paragraph 42, Absatz eins, lautet:

  1. Absatz einsWird ein Rechtsbrecher, der Suchtmittel missbraucht hat, nach Paragraph 27, oder Paragraph 30, zu einer sechs Monate nicht übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt, so unterliegt die Verurteilung mit ihrer Rechtskraft der Beschränkung der Auskunft im Sinne des Paragraph 6, Absatz eins und 2 des Tilgungsgesetzes 1972, Bundesgesetzblatt Nr. 68. Paragraph 6, Absatz 4 bis 6 des genannten Bundesgesetzes ist anzuwenden.“

Novellierungsanordnung 4, In Paragraph 47, wird nach dem Absatz 10, folgender Absatz 11, angefügt:

  1. Absatz 11Paragraph 6, Absatz 6, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 21 aus 2011, tritt am 1. Jänner 2011, Paragraphen 24 c, Absatz eins, Ziffer 2 und 42 Absatz eins, treten am Tag nach der Kundmachung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 21 aus 2011, in Kraft.“

Artikel V

Inkrafttreten und Vollziehung

  1. Absatz einsArt. römisch III (ZPO) dieses Bundesgesetzes tritt mit 1. Mai 2011 in Kraft. Paragraph 433 a, ZPO ist auf Vereinbarungen anzuwenden, die nach dem 30. April 2011 abgeschlossen werden.
  2. Absatz 2Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesministerin für Justiz betraut.

Fischer

Faymann