Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext 2797/79

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

2797/79

Entscheidungsdatum

24.01.1980

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §41 Abs1;
  1. WRG 1959 § 41 heute
  2. WRG 1959 § 41 gültig ab 01.10.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/1997
  3. WRG 1959 § 41 gültig von 01.07.1990 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 252/1990

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2798/79

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Aigner, über die Beschwerde der RR in römisch zehn, vertreten durch Dr. Eberhard Molling, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maximilianstraße 9/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. Juli 1979, Zl. IIIa1-6786/2, betreffend wasserrechtliche Bewilligung einer Regulierung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde römisch zehn), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen

Begründung

Die Gemeinden Neustift, Fulpmes, Telfes, Mieders, Schönberg und Mutters haben bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck unter Vorlage eines vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft am 20. September 1978 technisch und finanziell genehmigten Projektes betreffend Sanierung der Hochwasserschäden am B-bach im Stubaital, soweit diese nicht im Zuge der Sofortmaßnahmen behoben worden sind, die wasserrechtliche Bewilligung beantragt. Das Projekt sieht die Behebung der im August 1978 entstandenen Hochwasserschäden am B-bach von der Mündung der B in die C bis zum Zuständigkeitsbereich der Wildbachverbauung, der sogenannten Nbrücke, kM 26,440, vor. Durch diese flußbaulichen Baumaßnahmen werden nur die unbedingt erforderlichen Sanierungsarbeiten zur Ausführung gelangen. Nach Durchführung dieser Arbeiten ist lediglich erreicht, daß die Abfluß- und Sicherheitsverhältnisse in der B in etwa gleich sind, wie sie schon vor dem Hochwasserereignis 1978 bestanden haben. Nur im Bereich zwischen Volderau und der N-brücke in Ranalt werden die Verhältnisse verbessert. In diesem Bereich ist eine bessere Linienführung und die Anwendung der Bautype römisch eins mit einem zirka 3 bis 4 m breiten Geländestreifen entlang der Böschungskronen für Befahrungszwecke bei Erhaltungsarbeiten vorgesehen. Zwischen Kampl und Größbach, in der Gemeinde Neustift, wird auf einer Länge von zirka 9,5 km in naher Zukunft eine Vollregulierung durchgeführt werden. Hier beschränkt sich die Baumaßnahme nur auf die einfache Wiederherstellung zerstörter Uferschutzbauwerke. Insgesamt werden vier typische Regelprofile für die Sanierung des B-baches angewendet.

Nach einer am 17. Mai 1979 durchgeführten mündlichen Verhandlung erteilte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit Bescheid vom 22. Mai 1979 gemäß Paragraphen 38,, 41, 98, 102, 107 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Verbauung der B von Flußkilometer 0,00 bis 26,44 zur Behebung der Hochwasserschäden 1978 nach Maßgabe der eingereichten Pläne bei Einhaltung bestimmter Auflagen. In Punkt römisch II. des Spruches wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerin mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, nach einer Stellungnahme des Vertreters des öffentlichen Wassergutes werde entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin die Uferverbauung zur Gänze auf öffentlichem Wassergut ausgeführt und die Liegenschaft der Beschwerdeführerin nicht beansprucht. Die Verbauung im Bereiche der Beschwerdeführerin sei im übrigen bereits als Sofortmaßnahme zur Behebung der Hochwasserschäden erstellt worden. Zum Einwand der Beschwerdeführerin, ihre Liegenschaft am orographisch rechten Ufer werde durch die Erhöhung des orographisch linken Ufers beeinträchtigt, habe der Amtssachverständige für Wasserbautechnik ausgeführt, daß die Sohlbreite der B gegenüber dem bisherigen Zustand um mindestens 50 m (richtig wohl 5 m) verbreitert worden sei bzw. noch werde und dadurch eine allfällige Vergrößerung der Überschwemmungsgefahr am rechten Ufer bei weitem kompensiert werde. Zur Oberflächenwasserabfuhr im Bereich des Anwesens der Beschwerdeführerin habe der Sachverständige darauf hingewiesen, daß das Gelände durch die Baumaßnahmen nicht verändert worden sei und daß durch die rauhe Verbauung die Abfuhrmöglichkeit des Wassers in die B im bisherigen Umfang weiterhin gegeben sei. Im Zuge des Hochwasserereignisses 1978 sei die seinerzeit bestehende Ufermauer in der Weise saniert worden, daß diese um eine vorgesetzte und 2 m tief fundierte Mauer verstärkt und unterfangen worden sei. Im weiteren sei diese Mauer rund 2 m bachabwärts verlängert worden. Abschließend habe der Sachverständige noch festgestellt, daß Schäden an der Ufermauer durch das Hochwasser 1978 entstanden seien und im Zuge der Hochwasserschadensbehebung diese Mauer saniert worden sei. Durch die Vergrößerung des Durchflußprofiles der B im Zuge der Schadensbehebung seien die Abflußverhältnisse in diesem Bereich wesentlich verbessert worden. Eine Erhöhung der Gefahr für das Anwesen der Beschwerdeführerin durch die Realisierung des gegenständlichen Projektes sei daher vom Sachverständigen ausgeschlossen worden. Da sohin die Liegenschaft der Beschwerdeführerin für die Realisierung des Projektes nicht in Anspruch genommen werden müsse bzw. worden sei und auch ihre Rechte sonst nicht berührt würden - eine Erhöhung der Gefahr für ihr Objekt sei nach Ansicht des Sachverständigen, und dieser Ansicht schließe sich auch die Behörde an, nicht gegeben - komme eine Parteistellung der Beschwerdeführerin nicht zu und es seien daher ihre Einwendungen als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid berief die Beschwerdeführerin. Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes wurde der Berufung nicht Folge gegeben. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbehörde habe das Ermittlungsverfahren durch eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle unter Zuziehung von Sachverständigen ergänzt und dabei an Hand der Projektspläne festgestellt, daß die unter Umständen auf dem Grund der Beschwerdeführerin durchgeführten Maßnahmen im zur Verhandlung stehenden Projekt nicht enthalten seien und daher auch nicht verhandlungsgegenständlich sein könnten. Eine Beeinträchtigung von Grundstücken der Beschwerdeführerin durch die im Projekt enthaltenen Sanierungsmaßnahmen an der B könnte daher nur in der Weise erfolgen, daß - wie behauptet eine größere Gefährdung der Liegenschaft durch die Errichtung des Uferdeckwerkes am gegenüberliegenden Ufer (im Projekt mit Pos. 19 bezeichnet) eintreten könnte. Das Deckwerk Pos. 19 - so habe der Vertreter der Bundeswasserbauverwaltung ausgeführt - sei im Zuge der Sanierungsarbeiten im Hinblick auf einen Hochwasserschutz für den Sommer 1979 namens der Gemeinde römisch zehn als Konsenswerberin im Frühjahr 1979 ausgeführt worden. Das Deckwerk sei dabei projektsgemäß bis zum natürlichen Gelände hochgezogen worden. Durch diese Arbeiten sei im gegenständlichen Bereich eine Sohlverbreiterung von zirka 5 m eingetreten; darüber hinaus sei auch eine Sohleintiefung von zirka 0,5 bis 1,0 m eingetreten. Die beim Augenschein über die Deckwerkshöhe hinaus besichtigte Aufschüttung sei im Wege der Zufahrterrichtung zum Haus römisch zehn Nr. nn von den Eigentümern dieses Wohnhauses geschüttet worden. Die Beschwerdeführerin sei diesem Vorbringen nur in der Weise entgegengetreten, daß sie behauptete, im Bereich ihrer Liegenschaft sei eine Verbreiterung der Sohle nicht eingetreten, wohl aber sei das gegenüberliegende Deckwerk zwischen 44 cm und 114 cm höher als die Oberkante der nach dem Hochwasser noch stehengebliebenen Ufermauer vor ihrem Hause. Der Amtssachverständige für Wasserbautechnik habe ausgeführt, daß nach einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Photo vor dem Hochwasser 1978 im Bereich ihrer Liegenschaft eine Wehranlage für die Wasserentnahme des Sägewerkes M bestanden habe. Durch den Wegfall dieser Sohlstufe sei es jedenfalls glaubhaft, daß die Sohle im gegenständlichen Bereich sich eintiefen müßte. Durch diese Eintiefung im Ausmaß von zirka 50 bis 80 cm werde jedenfalls eine allfällige Erhöhung des gegenüberliegenden Uferschutzes gegenüber dem ursprünglichen Zustand kompensiert. Eine Beeinträchtigung des rechten Ufers könne jedenfalls daraus nicht abgeleitet werden. Dazu komme noch eine allfällige Verbreiterung im gegenständlichen Bereich, da zumindest in der Natur keine Unregelmäßigkeiten in der Sohlbreite festzustellen seien. Dieses schlüssige Gutachten sei von der Beschwerdeführerin weiter nicht bekämpft worden. Sohin stehe nach den bisherigen Ausführungen und unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Ermittlungen fest, daß durch die Sanierungsmaßnahmen an der B Rechte der Beschwerdeführerin im Sinne der Paragraphen 12, Absatz 2 und 102 Litera b, WRG 1959 nicht beeinträchtigt worden seien. Die Erstbehörde habe daher zu Recht eine Parteistellung der Beschwerdeführerin verneint.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht dadurch verletzt, daß ihr im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß Paragraph 102, Absatz eins, Litera b, WRG 1959 nicht Parteistellung zuerkannt und über die von ihr erhobenen Einwendungen nicht abgesprochen werde. In der Beschwerde wird im wesentlichen gleichlautend wie im Verwaltungsverfahren ausgeführt, daß ihre Liegenschaft einerseits durch die Erhöhung des am gegenüberliegenden Ufer neu errichteten Deckwerkes einer größeren Hochwassergefahr ausgesetzt, andererseits durch die Errichtung einer Ufermauer an ihrem Haus ihr Grundeigentum beansprucht werde.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde eingebrachte Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Aus dem Projekt und dem übrigen Inhalt des Verwaltungsaktes ist zu entnehmen, daß es sich bei dem Vorhaben der Gemeinde römisch zehn nicht allein um eine Instandsetzung bestehender Anlagen, die mit Rücksicht auf ihren Zustand als bestehend angesehen werden könnten, handelt, sondern auch darüber hinaus die vor dem Elementarereignis bestehenden Abflußverhältnisse gleichwertig und verbessernd durch Maßnahmen wiederhergestellt werden sollen. Für ein solches Vorhaben ist jedenfalls eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß Paragraph 41, Absatz eins, WRG 1959 erforderlich.

Die belangte Behörde führte in der Begründung des bekämpften Bescheides aus, an Hand der Projektspläne sei festgestellt worden, daß die unter Umständen auf dem Grund der Beschwerdeführerin durchgeführten Maßnahmen im in Verhandlung stehenden Projekt nicht enthalten seien. Die belangte Behörde schloß insofern eine Parteistellung der Beschwerdeführerin aus. Indes ergibt sich aber aus dem mit dem Vermerk "genehmigt nach Maßgabe des Bescheides vom 22. Mai 1979, Zl. 2-270/2-79" versehenen Plan Nr. 2 des Projektes für die Gemeinde römisch zehn (Katasterplan Maßstab 1:2880), daß im Bereich der Pos. 18 eine Verbauung in 160 m Länge mit der Bautype römisch III vorgesehen ist, wobei die mit einem roten Strich markierte Baulinie auch die Liegenschaft der Beschwerdeführerin berührt. Die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, durch die Baumaßnahmen werde die Liegenschaft der Beschwerdeführerin nicht berührt, ist sohin aktenwidrig; denn der im Akt weiters liegende Lageplan 1:1000, der allerdings keinen Genehmigungsvermerk trägt und nach dem die Verbauung im Bereich der Pos. 18 vor der Liegenschaft der Beschwerdeführerin endet und auf den die belangte Behörde auch in der Begründung des bekämpften Bescheides nicht Bezug genommen hat, kann nicht für die Beurteilung, ob die Beschwerdeführerin in ihrem Grundeigentum berührt wird, herangezogen werden. Bereits diese Aktenwidrigkeit führt zur Aufhebung des bekämpften Bescheides gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Litera c, Ziffer eins, VwGG 1965.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch veranlaßt, auf folgendes hinzuweisen:

Da durch die Erhöhung des Uferdeckwerkes am orographisch linken Ufer der B die Liegenschaft der Beschwerdeführerin am orographisch rechten Ufer berührt werden könnte, kann die Parteistellung der Beschwerdeführerin im abgewickelten Verwaltungsverfahren nicht zweifelhaft sein. Ob eine Beeinträchtigung tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, berührt jedoch nicht die Parteieigenschaft der Beschwerdeführerin. Zwar läßt der angefochtene Bescheid insgesamt erkennen, daß die Behörde eine Sachentscheidung nicht verweigerte, da die belangte Behörde zu diesem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwand ein Gutachten eingeholt hat, das in sich schlüssig und dem die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde mit sachkundigen Einwendungen entgegengetreten ist; die Partei wird allein dadurch, daß die belangte Behörde die "Zurückweisung" ihrer Einwendungen mit dem bekämpften Bescheid bestätigte, bei dieser Sachlage in keinem Recht verletzt vergleiche Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 24. März 1971, Zl. 1571/69, und vom 21. Dezember 1976, Slg. Nr. 9210/A).

Da bereits in der Sache entschieden worden ist, erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die Paragraphen 47 und 48 Absatz eins, VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da ein Zuspruch für Umsatzsteuer im Gesetz nicht vorgesehen ist und unter dem Begriff "Barauslagen" nicht der Ersatz entrichteter Stempelgebühren angesprochen werden kann vergleiche Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 28. Oktober 1968, Slg. N.F. Nr. 7432/A, u.a.m.).

Wien, am 24. Jänner 1980

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1980:1979002797.X00

Im RIS seit

18.05.2017

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2017

Dokumentnummer

JWT_1979002797_19800124X00

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