Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext 2004/16/0127

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Sammlungsnummer

VwSlg 8034 F/2005

Geschäftszahl

2004/16/0127

Entscheidungsdatum

02.06.2005

Index

E1E;
E3R E02305000;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
11997E249 EG Art249;
31983R0918 System der Zollbefreiungen Art39 Abs1;
31983R0918 System der Zollbefreiungen Art39;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
ABGB §6;
ABGB §7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Zollamtes Wien in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Zollsenat 4 (römisch eins), vom 11. Mai 2004, Zl. ZRV/0353-Z4I/02, betreffend Eingangsabgaben (mitbeteiligte Partei: M in S, vertreten durch Mondl Trummer Thomas & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Graben 29A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Anlässlich einer Nachschau im Betrieb der mitbeteiligten Partei hielten die Prüfer in einer Niederschrift fest:

     "4.2. Österreichischer Betriebssitz und allgemeiner

Sachverhalt

     Der Betriebssitz befindet sich in ... und ist bei der

regional zuständigen Bezirksbauernkammer ... unter der

Betriebsnummer ... erfasst.

Die Entfernung zur Zollaußengrenze der Europäischen Union unterschreitet 5 km.

(Die mitbeteiligte Partei) bewirtschaftet in Österreich landwirtschaftliche Nutzflächen im Ausmaß von ca. 60 Hektar (Eigen- und Pachtgründe), welche überwiegend zum Anbau von Mais, Hafer, Gerste, Senf und Raps dienen.

In Ungarn verfügt der geprüfte Landwirt über insgesamt ca. 223,37 Hektar Ackerflächen (Pacht- und Eigengründe, Stand 2001), von denen ca. 169,36 Hektar innerhalb der '5- Km Zone', und 54,01 Hektar außerhalb der '5-Km Zone' gelegen sind.

Von den genannten 169,36 Hektar wurden in den Vorjahren Gründe verpachtet, sodass Waren nicht von der gesamten 'begünstigten Zone' eingebracht wurden.

Seit 1997 werden (von der mitbeteiligten Partei) abgabenfreie Importe aus der '5-Km-Zone' im Rahmen des Titels römisch IX der Zollbefreiungsverordnung getätigt.

...

4.4. Bewirtschaftung durch den Landwirt

4.4.1. Bewirtschaftungsmodalität

Die Bewirtschaftung der ungarischen Liegenschaften erfolgt von österreichischer Seite ausschließlich über schriftlichen Auftrag (Vereinbarung über Lohnarbeit vom 05.01.1997); d.h. die wirtschaftliche Steuerung erfolgt zwar von Österreich aus, allerdings nur in vertraglich vereinbarter (mentaler) Form. Mit dem besagten Vertrag wird das Büro der landwirtschaftlichen Firma (der mitbeteiligten Partei) der ... Kft. ..., vertreten

durch die Gutsverwalterin ... in Ungarn beauftragt, die (von der

mitbeteiligten Partei) gepachteten oder im Eigentum stehenden Felder zu bewirtschaften, wobei landwirtschaftliche Geräte und Arbeiter von Kolchosen angemietet werden sollen. Die Kft. selbst besitzt keine eigenen landwirtschaftlichen Arbeitskräfte bzw. Geräte.

Bedingt durch diese Ermittlungen wird festgehalten, dass das Handling in Ungarn erfolgt, während die mentale Bewirtschaftung (Auftragsvergabe, Planung des Anbaus der Felder und die finanzielle Steuerung) von österreichischer Seite aus abgewickelt wird.

Zur ordnungsgemäßen Umsetzung des Bewirtschaftungsauftrages trifft die ungarische Gutsverwalterin zu regelmäßig festgelegten Zeitpunkten in Österreich zur Besprechung geschäftsorientierter Belange ein, in welcher nähere Details zur Durchführung erörtert werden.

Im Speziellen wird dabei die Technologie der Anpflanzung bestimmt, die Art der Pflanzensorten und die Verwendung des Saatgutes festgelegt.

Aufgrund der dargestellten Bewirtschaftungskriterien kann jedoch davon ausgegangen werden, dass eine physische Bewirtschaftung von Österreich aus nicht erfolgt.

...

4.6. Einbringung in das Zollgebiet der EU

Die Einbringung der zollbegünstigt abgefertigten Feldfrüchte erfolgte stets über das Zollamt ...

Mit der Beförderung der Ware wurden zumeist die

Transportfirmen ... befasst.

Auftraggeber war in jedem Fall (die mitbeteiligte Partei)."

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2001 schrieb das Hauptzollamt Wien der mitbeteiligten Partei gemäß Artikel 204, Absatz eins, Buchstabe b und Absatz 3, Zollkodex (ZK) in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) die Eingangsabgabenschuld in der Höhe von S 1,348.850,-- an Zoll und S 264.979,-- an Einfuhrumsatzsteuer sowie eine Abgabenerhöhung gemäß Paragraph 108, Absatz eins, ZollR-DG von S 209.641,-- vor. In der Begründung heißt es, bei der im Betrieb der mitbeteiligten Partei durchgeführten Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass eine physische Bewirtschaftung der ungarischen Liegenschaften von Österreich aus nicht erfolge, sondern lediglich eine schriftliche Auftragsvergabe vorliege. Damit seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Befreiung von den Eingangsabgaben nicht gegeben.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die mitbeteiligte Partei vor, ein Betrieb habe immer nur einen Betriebssitz, dies selbst dann, wenn mehrere Betriebsstätten vorlägen. Ob eine Betriebsstätte oder ein selbständiger Betrieb vorliege, könne im Einzelfall schwer abzugrenzen sein. Ein wesentliches Element sei die dispositive Ebene bzw. Weisungsbefugnis. Sei ein organisatorisches Gebilde nicht mit dispositiven Leistungen betraut und habe es nach erteilten Weisungen zu wirtschaften, so spreche dies dafür, dass es sich dabei um eine Betriebsstätte und nicht um einen eigenen Betrieb handle. Der ungarische Betriebsteil besitze keine Entscheidungsbefugnis. Die in Ungarn bzw. Österreich gelegenen Betriebsstätten des landwirtschaftlichen Betriebes lägen in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze. Die räumliche Nähe täusche allerdings über die tatsächliche Erreichbarkeit. Mit landwirtschaftlichen Maschinen müsste der Grenzübergang H. benutzt werden, um von der Betriebsstätte eines Landes zu jener im anderen Land zu gelangen. Dabei sei eine Fahrtstrecke von bis zu 100 km zu bewältigen. Dieser Umstand bedeute ein enormes Hindernis. Aus diesen Gründen verbiete sich die Bewirtschaftung der Grundstücke in Ungarn und in Österreich mit denselben Maschinen. Für das Wesen eines bäuerlichen Betriebes sei nicht ausschlaggebend, ob die bewirtschafteten Flächen im Eigentum des Landwirtes stünden oder nicht. Ein landwirtschaftlicher Betrieb liege auch dann vor, wenn die benötigten Flächen nur gepachtet worden seien. Wenn nun nicht einmal das Eigentum am Produktionsfaktor Grund und Boden für die Frage, ob ein Betrieb vorliege, ausschlaggebend sei, so könne dies schon gar nicht für das Eigentum am Produktionsfaktor Betriebsmittel gelten. Auf Grund der einheitlichen Bewirtschaftung liege nur ein Betrieb vor und dass die in Ungarn zum Einsatz kommenden Maschinen nicht im Eigentum der mitbeteiligten Partei stünden, könne dem keinesfalls einen Abbruch tun.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom 5. Februar 2002 wies das Hauptzollamt Wien die Berufung als unbegründet ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen diesen Bescheid erhobenen Administrativbeschwerde Folge und hob die bekämpfte Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien auf. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, im Beschwerdefall sei strittig, ob die in den freien Verkehr übergeführten, in Ungarn gewonnenen Erzeugnisse des Ackerbaus von einem Landwirt erwirtschaftet worden seien, der seinen (alleinigen) Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft in unmittelbarer Nähe zum betreffenden Drittland habe. Es stehe dabei außer Streit, dass die mitbeteiligte Partei einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Sitz in B. führe, von dem aus auch eine klar erkennbare landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werde. Artikel 39, Absatz eins, Zollbefreiungsverordnung (ZBefrVO) setze nicht voraus, dass die Erzeugnisse auf Grundstücken, welche im Eigentum des Landwirtes stünden, erwirtschaftet werden. Die bewirtschafteten Flächen seien von ihm gepachtet worden oder in seinem Eigentum. Daraus folge, dass im Beschwerdefall die mitbeteiligte Partei die Erzeugnisse erwirtschaftet habe. Aus dem festgestellten Sachverhalt sei nicht abzuleiten, dass im Beschwerdefall keine einheitliche Betriebsführung vorliege. So würden die Entscheidungen über den Anbau und die Verwendung des Saatgutes von der mitbeteiligten Partei getroffen und es werde auch die Kontrolle darüber vom Betriebssitz in der Gemeinschaft aus vorgenommen. Der Auftrag an die Verwalterin,  die Bewirtschaftung vor Ort in Ungarn nach den Anweisungen der mitbeteiligten Partei zu organisieren, könne daran selbst dann, wenn die Verwalterin ein Büro unterhalte, nichts ändern. Nicht zuletzt würden auch die in Österreich gelegenen Flächen mit Hilfe eines Verwalters und von Mitarbeitern bewirtschaftet, ohne dass deshalb das Vorliegen einer einheitlichen Landwirtschaft in Frage gestellt werde. Ein weiterer Betriebssitz im Drittland existiere nicht. Die Art der Bewirtschaftung werde durch Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO nicht bestimmt und auch nicht eingeschränkt. Aus dem Wortlaut der Norm sei nicht erkennbar, dass ihr Adressat ein Landwirt sein müsse, der persönlich auf dem Feld arbeite. Daraus folge aber, dass die Disposition über die Art und Weise der Bewirtschaftung dem Landwirt freigestellt bleibe. Er könne sich daher sowohl für die in der Gemeinschaft als auch für die im Drittland liegenden Flächen fremder Betriebsmittel und Erntearbeiter bedienen; die Form der Bewirtschaftung müsse ihm überlassen bleiben. Diesbezügliche Einschränkungen unternehmerischen Handelns seien nicht normiert. Unabhängig davon, welcher Flächenanteil mit eigenen Maschinen und Angestellten bearbeitet worden seien und für welche Flächen Erntearbeiter und angemietete Maschinen zum Einsatz kämen, sei von einem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen. Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO verlange nicht den grenzüberschreitenden Einsatz von Arbeitskräften und Betriebsmitteln. Die Eingangsabgabenbefreiung sei daher nicht zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Zollamtes Wien, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Artikel 184, ZK legt der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission die Fälle fest, in denen auf Grund besonderer Umstände eine Befreiung von den Einfuhrabgaben bei der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr oder eine Befreiung von den Ausfuhrabgaben bei der Ausfuhr von Waren gewährt wird.

Gemäß Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO sind vorbehaltlich der Artikel 40 und 41 Erzeugnisse des Acker- und Gartenbaus, der Vieh- und Bienenzucht und der Forstwirtschaft, die auf Grundstücken in einem Drittland in unmittelbarer Nähe des Zollgebiets der Gemeinschaft von Landwirten erwirtschaftet werden, die ihren Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft in unmittelbarer Nähe des betreffend Drittlands haben, von den Eingangsabgaben befreit.

Das beschwerdeführende Zollamt vertritt in der Amtsbeschwerde die Ansicht, die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Liegenschaften sei unstrittig von österreichischer Seite aus ausschließlich mit schriftlichen Aufträgen erfolgt. Geräte und Arbeiter seien von der ungarischen Gutsverwaltung angemietet worden und es sei keine (physische) Bewirtschaftungstätigkeit vom Betriebssitz in Österreich aus vorgenommen worden. Diese Art der "Bewirtschaftung" vom österreichischen Betriebssitz aus erfülle nicht die in Artikel 39, ZBefrVO geforderten Voraussetzungen.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass eine einheitliche Betriebsführung vorliege, Entscheidungen über den Anbau und die Verwendung des Saatgutes auf den im Drittland befindlichen Flächen von der mitbeteiligten Partei getroffen würden und die Kontrolle der Bewirtschaftung von dem in Grenznähe liegenden Betriebssitz in Österreich aus erfolge. Ein weiterer Betriebssitz in Ungarn sei nicht gegeben und auch die in Österreich gelegenen Flächen würden mit Hilfe eines Verwalters und von Mitarbeitern bewirtschaftet. Diese Feststellungen werden in der Amtsbeschwerde nicht bestritten.

Auf welche Art und Weise die Erzeugnisse der Landwirtschaft im Drittland erwirtschaftet werden, regelt Artikel 39, ZBefrVO nicht. Nach dieser Bestimmung ist nicht Vorraussetzung, dass die Bewirtschaftung durch unmittelbare Tätigkeit des Landwirts (im Beschwerdefall der mitbeteiligten Partei) auf den landwirtschaftlichen Flächen oder durch Einsatz von bestimmten auch auf den inländischen landwirtschaftlichen Flächen verwendeten Maschinen und Geräten sowie durch österreichische Arbeitskräfte zu erfolgen hat.

Das beschwerdeführende Zollamt erachtet eine teleologische Reduktion des Inhalts des Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO auf Fälle geboten, in denen die Bewirtschaftung der drittstaatlichen landwirtschaftlichen Flächen mit den landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten des inländischen Betriebsteils und mit inländischen Arbeitskräften erfolgt, weil nach dem Sinn und Zweck der Befreiungsbestimmung an eine tatsächliche Bewirtschaftung vom Gemeinschaftsgebiet aus gedacht sei und sonst das Erfordernis der unmittelbaren Nähe zum Drittland keinen Sinn ergebe.

Bei der Auslegung von Rechtsakten ist auf die allgemeinen Auslegungsgrundsätze zurückzugreifen vergleiche Hetmeier in Lenz, EG-Vertrag Kommentar2, Rz 21 zu Artikel 249,).

Die teleologische Reduktion verschafft der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung (Bydlinski in Rummel, Kommentar zum ABGB I3, Rz 7 zu Paragraph 7, mit weiteren Zitaten).

Eine teleologische Reduktion einer nationalen Bestimmung wird von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts dann vorgenommen, wenn verfassungswidrige Ergebnisse, unverständliche oder nicht sachgerechte Ergebnisse vermieden werden sollen vergleiche das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 98/09/0338).

Voraussetzung ist stets der Nachweis, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Diese Rechtsfigur setzt jedenfalls das Vorliegen einer planwidrig überschießenden Regelung voraus und hätte dann zur Folge, dass die überschießend geregelten Fallgruppen nicht von der Regelung erfasst würden. Ebenso wie im Zweifel anzunehmen ist, dass das Unterbleiben einer gesetzlichen Regelung beabsichtigt war und insofern keine durch Analogie zu schließende Rechtslücke vorliegt ist - jedenfalls im Zweifel - auch nicht davon auszugehen, dass die Anwendung einer ausdrücklich getroffenen Regelung vom Gesetzgeber nicht auf alle davon erfassten Fälle - objektiv (insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit der gesamten Regelung des betreffenden Sachbereiches) erkennbar - beabsichtigt war vergleiche das hg. Erkenntnis vom 18. September 2002 Zl. 2002/17/0119).

Die Eingangsabgabenbefreiung für Erzeugnisse des Ackerbaus ist nach Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO an mehrere Voraussetzungen geknüpft. Der räumliche Bereich der Grundstücke und des Betriebssitzes müssen in unmittelbarer Nähe der Zollgrenze liegen. Die Erzeugnisse müssen von Landwirten mit einem Betriebssitz im Zollgebiet der Gemeinschaft in unmittelbarer Nähe des Drittlandes erwirtschaftet werden. Die Bewirtschaftung hat daher - wie das beschwerdeführende Zollamt mit Recht fordert - auch aus dem Gemeinschaftsgebiet her zu erfolgen. Die Art der Bewirtschaftung des Betriebsteils im Drittland wird sich dabei aber nicht von der Art der Bewirtschaftung eines inländischen Betriebsteils unterscheiden müssen. Auch inländische Betriebsteile eines landwirtschaftlichen Betriebes können durch Einsatz von "nicht betrieblichen" Arbeitskräften sowie angemieteten Maschinen und Geräten bewirtschaftet werden, wobei diese Betriebsmittel und Arbeitskräfte nicht auf allen Betriebsteilen eingesetzt werden müssen. Setzt ein Landwirt im Inland solche Mittel ein, dann werden ihm die wirtschaftlichen Erzeugnisse zugerechnet; er hat die Erzeugnisse erwirtschaftet. Gleiches hat daher auch für die im Drittland befindlichen landwirtschaftlichen Flächen zu gelten. Unter diesen Gesichtspunkten kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO insofern eine planwidrig überschießende Regelung der Eingangsabgabenbefreiung aufweist, als nur solche durch inländische Betriebsmittel und Arbeitskräfte im Drittland erwirtschaftete Erzeugnisse des Ackerbaus begünstigt werden sollen.

Am Regelungsinhalt der anzuwendenden Befreiungsbestimmung besteht kein vernünftiger Zweifel. Eine Beschränkung der Eingangsabgabenfreiheit nur auf solche landwirtschaftliche Erzeugnisse, die mit inländischen Betriebsmitteln und Arbeitskräften erwirtschaftet wurden, ist in der Befreiungsbestimmung nicht enthalten. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher zur Einholung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der EG nicht verpflichtet vergleiche das Urteil des EuGH vom 6. Oktober 1982, Rs-283/81, C.I.L.F.I.T., 1982, 3415).

Sind die Voraussetzungen des Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO erfüllt, dann hat ein Landwirt ein Recht auf Befreiung von den Eingangsabgaben für seine Erzeugnisse des Ackerbaus aus dem Drittland. Einer vom beschwerdeführenden Zollamt befürchtenden missbräuchlichen Ausweitung dieser nur für einzelne Grundstücke und damit gleichzeitig auch nur für überschaubare Mengen an Einfuhrwaren gedachten Befreiung sind durch die in Artikel 39, Absatz eins, ZBefrVO angeführten räumlichen und betrieblichen Voraussetzungen Schranken gesetzt. In der Beschwerde wurde jedenfalls nicht aufgezeigt, dass solche Befreiungen in so übermäßigen und offenkundig gegen den Sinn und Zweck der Regelung stehenden Ausmaßen zu gewähren wären und deswegen die teleologische Reduktion der Bestimmung geboten wäre. Damit wurde auch kein Widerspruch zu den Erwägungen in der Präambel der Verordnung aufgezeigt, wonach eine derartige Abgabenerhebung unter bestimmten Umständen nicht gerechtfertigt ist, wenn z.B. die besonderen Bedingungen der Einfuhr keine Anwendung der üblichen Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft erfordern.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde daher gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 333 aus 2003,. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die von der mitbeteiligten Partei zusätzlich zum pauschalierten Schriftsatzaufwand geltend gemachte Umsatzsteuer.

Wien, am 2. Juni 2005

Gerichtsentscheidung

EuGH 61981J0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden VwRallg3/2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004160127.X00

Im RIS seit

19.07.2005

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013

Dokumentnummer

JWT_2004160127_20050602X00

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