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Entscheidungstext 9Ob50/11k

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

SV 2012,144 = bbl 2012,226/196 - bbl 2012/196 = ZIK 2013/56 S 38 - ZIK 2013,38 = Gartner, immolex 2013,331 = immolex 2014/8 S 27 (Prader) - immolex 2014,27 (Prader) = MietSlg 64.519 = Kerschner, SV 2013,139 (Rechtsprechungsübersicht)

Geschäftszahl

9Ob50/11k

Entscheidungsdatum

29.05.2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** W*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig und Dr. Harald Skrube, Rechtsanwälte in Hermagor, gegen die beklagte Partei Dipl.Ing. R***** M*****, Sachverständiger, *****, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in Villach, wegen 24.691,79 EUR sA (Revisionsinteresse 18.591,79 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. Juli 2011, GZ 4 R 60/11t-46, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 1. März 2011, GZ 29 Cg 115/09v-42, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.119,24 EUR (darin 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zum Schadenersatzanspruch des Erwerbers gegen den Gehilfen des Treuhänders iSd Paragraph 13, Absatz 2, BTVG eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle. Die Klägerin macht in ihrem „Revisionsrekurs“ gegen das Berufungsurteil - die unrichtige Benennung ihrer offensichtlich gemeinten Revision ist gemäß Paragraph 84, Absatz 2, ZPO unerheblich - geltend, dass die Begründung der Zulassung der ordentlichen Revision durch das Berufungsgericht verfehlt sei, weil der Sachverständige gemäß Paragraph 13, Absatz 2, BTVG nicht als Erfüllungsgehilfe des Treuhänders gelte. Die Revision sei jedoch zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs „zum Umfang des Schadenersatzanspruchs des Sachverständigen“ fehle. Es liege auch noch keine Rechtsprechung zum „Themenbereich“ des Rückforderungsanspruchs des Erwerbers gemäß Paragraph 14, BTVG vor. Demgegenüber bestritt der Beklagte ausdrücklich die Zulässigkeit der Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage und beantragte deren Zurückweisung. Der Grund des Anspruchs der Klägerin sei nicht mehr strittig; dessen Höhe sei vom Berufungsgericht aufgrund allgemeiner schadenersatzrechtlicher Grundsätze richtig gelöst worden.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichts nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO nicht gebunden (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO). Gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist die Revision nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Dies ist hier nicht der Fall. Die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs kann auf der Grundlage bereits vorhandener Rechtsprechung beurteilt werden. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO):

Unstrittig ist, dass die Errichtung der gegenständlichen Wohnungseigentumsanlage aufgrund des am 10. 8. 2007 abgeschlossenen Kauf- und Bauträgervertrags zwischen der Klägerin als Erwerberin und der C*****gmbH als Bauträgerin dem Bauträgervertragsgesetz (BTVG), BGBl römisch eins 1997/7, in der Fassung vor der Novelle BGBl römisch eins 2008/56, unterliegt (Paragraph 18, Absatz 6, BTVG). Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten, der beim gegenständlichen Bauvorhaben als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für das Bauwesen mit der Feststellung des Abschlusses der jeweiligen Bauabschnitte betraut war (Paragraphen 10,, 13 BTVG), wegen eines an die Bauträgerin verfrüht freigegebenen Betrags von (zuletzt eingeschränkt auf) 24.691,79 EUR sA aus dem Titel des Schadenersatzes in Anspruch. Nach den Verfahrensergebnissen macht die Klägerin zu Recht geltend, dass der Beklagte den Abschluss des Bauabschnitts „Fertigstellung der Rohinstallationen“ verfrüht festgestellt hat. Die Klägerin kann ihren Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten auf Paragraph 13, Absatz 2, BTVG stützen, wonach der Sachverständige dem Erwerber unmittelbar haftet. Davon zu unterscheiden ist ein allfälliger Rückforderungsanspruch des Erwerbers bei vorzeitiger Zahlung gegen den Bauträger nach Paragraph 14, BTVG. Ein derartiger Anspruch ist nicht Gegenstand des Verfahrens, weil der Beklagte nicht Bauträger ist. Auf diesen „Themenbereich“ kann daher entgegen der Auffassung der Klägerin die Zulässigkeit der Revision nicht gegründet werden.

Die Klägerin missversteht die berufungsgerichtliche Begründung des Ausspruchs der Zulässigkeit der Revision. Das Berufungsgericht ging nicht contra legem davon aus, dass der Beklagte „Erfüllungsgehilfe“ des Treuhänders gewesen sei, sondern sprach - der teilweise gebrauchten Terminologie im einschlägigen Schrifttum folgend - nur davon, dass der Beklagte im Rahmen der Feststellung des Baufortschritts „Gehilfe“ (bzw „Hilfsperson“) gewesen sei vergleiche Aufner/S. Bydlinski, BTVG² Paragraph 13, Rz 3, 5; Böhm/Pletzer in Schwimann, ABGB² römisch IV BTVG Paragraph 13, Rz 6 f ua). Der Grund der Haftung des Sachverständigen gemäß Paragraph 13, BTVG muss hier aber nicht weiter vertieft werden, weil die unmittelbare Schadenersatzpflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin von den Vorinstanzen ohnehin rechtskräftig bejaht wurde. Von ihr ist im Revisionsverfahren auszugehen. Die Zulässigkeit der Revision kann daher nicht auf Überlegungen zum Grund des Anspruchs gestützt werden.

Im Revisionsverfahren geht es nur mehr um die Höhe des vom Beklagten zu ersetzenden Schadens. Dies hat die Klägerin erkannt, wobei aber aus dem Umstand, dass eine Rechtsprechung zum Umfang des „Schadenersatzanspruchs des Sachverständigen“ fehle, nichts zu gewinnen ist, weil es hier nicht um einen Schadenersatzanspruch des Sachverständigen, sondern um einen Schadenersatzanspruch gegen den Sachverständigen geht. Auch dieses Versehen der Klägerin kann aber vernachlässigt werden, weil erkennbar ist, was die Klägerin meint.

Paragraph 13, Absatz 2, BTVG ordnet die unmittelbare Haftung des Sachverständigen gegenüber dem Erwerber im Zusammenhang mit einer unrichtigen Beurteilung des Baufortschritts an vergleiche Gartner, BTVG Paragraph 13, Rz 17 ua). Nähere Regelungen zur Ersatzpflicht des Sachverständigen werden im BTVG nicht getroffen. Zum Sinn und Zweck der „Ratenplanmethode“ nach Paragraph 10, BTVG, die mit Hilfe der jeweiligen Feststellungen des Sachverständigen zu den einzelnen Bauabschnitten gemäß Paragraph 13, BTVG umgesetzt wird, führte der Oberste Gerichtshof bereits unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (RV 312 BlgNR 20. GP 22) aus, dass es darum geht, eine Entsprechung zwischen den Zahlungen des Erwerbers und der Erhöhung des Wertes der Liegenschaft bzw seines Liegenschaftsanteils durch die inzwischen erbrachten Bauleistungen zu gewährleisten (8 Ob 113/04g; Böhm/Pletzer in Schwimann, ABGB² römisch IV BTVG Paragraph 10, Rz 3 ua).

Der Schädiger hat den Geschädigten grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne schuldhaftes Verhalten gestellt wäre. Der Schadenersatzanspruch hat den Zweck, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittene Einbuße zukommen zu lassen vergleiche RIS-Justiz RS0022586, RS0023471 ua). Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln. Dabei ist zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen vergleiche RIS-Justiz RS0030153 ua). Zutreffend ging das Berufungsgericht - wie auch die Klägerin einräumt - davon aus, dass diese Grundsätze auch auf den Schadenersatzanspruch des Erwerbers gegen den Sachverständigen gemäß Paragraph 13, BTVG Anwendung finden. Dabei berücksichtigte das Berufungsgericht die Relation von Zahlungen und erbrachten Bauleistungen. Die Schadensberechnung des Berufungsgerichts stellt darauf ab, dass dem strittigen Bauabschnitt nicht ein völliges Fehlen von Leistungen der Bauträgerin zugrundeliegt, sondern 75 % der Rohinstallationen ohnehin erbracht wurden. Der von den Vorinstanzen festgestellte Fertigstellungsaufwand beläuft sich nicht wie eingeklagt auf 24.691,79 EUR, sondern auf 6.100 EUR. Auf die Details der berufungsgerichtlichen Ermittlung der Schadenshöhe geht die Klägerin nicht näher ein. Ihr Versuch, den Schadenersatzanspruch gegen den Sachverständigen gemäß Paragraph 13, BTVG mit dem Rückersatzanspruch gegen die Bauträgerin gemäß Paragraph 14, BTVG zu vermengen und mit diesem betraglich gleichzusetzen, ist hier nicht zielführend. Der Beklagte hat den Rückersatzanspruch gegen die Bauträgerin nicht vereitelt, sondern durch seine voreilige Annahme des Abschlusses der Rohinstallationen erst begründet.

Der Rückzahlungsanspruch gemäß Paragraph 14, BTVG soll eine entsprechende Vorfinanzierung der einzelnen Bauabschnitte durch den Bauträger sicherstellen vergleiche Böhm/Pletzer in Schwimann, ABGB² römisch IV BTVG Paragraph 10, Rz 3 ua). Nach der Lage des Falls geht es aber infolge Insolvenz der Bauträgerin nicht mehr um eine Vorfinanzierung durch die Bauträgerin, sondern um eine Fertigstellung des vertraglich bedungenen Bauzustands durch Ersatzvornahme. Der Beklagte wurde vom Berufungsgericht rechtskräftig zum Ersatz des mit der Ersatzvornahme verbundenen Aufwands von 6.100 EUR sA verpflichtet. Die Verursachung eines darüber hinausgehenden Schadens hat die Klägerin nicht nachgewiesen vergleiche zur Beweislast RIS-Justiz RS0022686 ua). Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 4 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Der Revisionsgegner hat ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979 ua).

Textnummer

E100995

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2012:0090OB00050.11K.0529.000

Im RIS seit

25.06.2012

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2014

Dokumentnummer

JJT_20120529_OGH0002_0090OB00050_11K0000_000

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